19. Juni 2014

Heimattag in Dinkelsbühl: Vorbildliches Kulturerbe für ganz Europa

Unter dem Motto „Heimat ohne Grenzen“ feierten über 20000 Siebenbürger Sachsen bei hochsommerlichem Wetter ihren 64. Heimattag vom 6. bis 9. Juni in Dinkelsbühl. Sie gedachten vor allem zweier historischer Ereignisse – der Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen vor 70 Jahren und der Wende in Osteuropa vor 25 Jahren – die zu Leid, Heimatverlust, aber auch Aufbruch geführt haben.
Die Siebenbürger Sachsen brachten sich in den zurückliegenden Jahrzehnten kraftvoll in die Gesellschaft ihrer neuen Heimat ein, pflegten aber auch ihre Kultur und ihre Verbindungen zu Siebenbürgen. Das brachte ihnen viel Anerkennung und neue Freunde ein, von denen mehrere als Ehrengäste am Heimattag teilnahmen. Die Begegnungen und die niveauvollen Veranstaltungen des Pfingstfestes verdeutlichen einen Bewusstseinssprung hin zu mehr Verantwortung für das wertvolle siebenbürgisch-sächsische Kulturgut über Grenzen und Generationen hinweg.

Der Pfingstsonntag begann traditionell mit dem Gottesdienst in der Sankt-Pauls-Kirche. Dekan i.R. Hermann Schuller, Vorsitzender der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD, ging in der Predigt unter anderem der Frage nach: „Welches Geistes Kinder sind wir?“ Der Predigttext aus dem Korintherbrief spreche vom Geist aus Gott und dem Geist der Welt. „Doch, vereinigen wir, alle die guten Willens sind, nicht beides in uns selbst?“ fragte Dekan Schuller. Im Zusammenhang mit der problematischen Besetzung des EU-Kommissionspräsidenten zitierte er die Bundeskanzlerin Angela Merkel, die einige Tage zuvor gesagt hatte: „Die Entscheidungen, die über eine kontroverse Diskussion herbeigeführt werden, müssten in einem europäischen Geist stattfinden.“ Sicher werde eine solche Aussage unterschiedlich verstanden. Gemeint aber sei „mit Sicherheit der gute Geist, der dem christlichen Abendland geschenkt wurde, der leider nicht immer verstanden und umgesetzt wurde, wie die Katastrophen des 20. Jahrhunderts es zeigen: Es ist der Geist der Verständigung, in dem die Würde des Menschen voran steht, der Geist des Friedens und der Gerechtigkeit, und im Sinne des heutigen Tages, der Heilige Geist!“, so Schuller.
2700 Trachtenträger nahmen am Festumzug teil, ...
2700 Trachtenträger nahmen am Festumzug teil, hier die Kreisgruppe Biberach aus der Landesgruppe Baden-Württemberg, die Mitausrichter des Heimattages war. Foto: Siegbert Bruss
Höhepunkt des Pfingstfestes war der Festumzug von 2700 Trachtenträgern, geprägt von jugendlichen Gesichtern, an dem auch Michael Skindell, US-Senator in Ohio, teilnahm, der sich stolz zu seinen sächsischen Wurzeln bekennt. Erfreulicherweise kamen wieder neue Gruppen hinzu, darunter Deutsch-Weißkirch und Urwegen mit ihren wertvollen alten Trachten.

Altbischof D. Dr. Christoph Klein sprach das ...
Altbischof D. Dr. Christoph Klein sprach das Geistliche Wort vor der SChranne. Foto: Hans-Alfred Schüller
In seinem Geistlichen Wort betonte Altbischof D. Dr. Christoph Klein vor der Schranne: „Es gehört zu den schönsten Erfahrungen unserer Zeit, dass die Siebenbürger Sachsen angesichts der großen Veränderungen der letzten 25 Jahre gelernt haben und immer neu lernen, trennende Grenzen zwischen Sprachen, Kulturen und Religionen immer mehr zu überwinden. Dazu verhilft ihnen gewiss die Jahrhunderte lang gelebte Toleranz, Friedfertigkeit und Offenheit gegenüber andern und dem Andersartigen. Entscheidend beigetragen dazu haben wohl auch die schweren Heimsuchungen, die in Rumänien vor genau 70 Jahren begonnen haben. So haben sie es verstanden, sich auch Heimat über Grenzen hinweg zu bewahren. In ihrer Verwurzelung in der Kirche, im christlichen Glauben und ihren nachbarschaftlichen Strukturen haben sie Heimat erfahren auch dann, als sie verloren schien. Und sie haben erlebt, dass dies ‚nicht durch Heer oder Kraft‘, sondern durch die geistgewirkte Macht Gottes geschieht.“

Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius rief zu ...
Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius rief zu einer Kultur des Mitmachens und der Offenheit auf. Foto: Hans-Alfred Schüller
Eine positive Bilanz der 25 Jahre seit Zusammenbruch des Ostblocks zog Dr. Bernd Fabritius, MdB, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, in seiner Festansprache. „Wir feiern ein Vierteljahrhundert ohne todbringende Grenzzäune. Wir leben in Wohlstand und Sicherheit – es geht uns gut“, so fasste es Fabritius in seiner Ansprache bei der Festkundgebung am Pfingstsonntag zusammen. Er wehrte sich vehement gegen die Preisgabe des siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes und rief die Siebenbürger Sachsen auf, ihre reiche Kultur zu pflegen und sich gewinnbringend in die Gemeinschaft einzubringen. Den Rahmen fürs Mitmachen biete der Verband, der sich vielseitig für die Rechte der Mitglieder engagiere. Um das zu erreichen, sei ein kontinuierlicher Dialog notwendig und man sei auf wohlgesinnte Gesprächspartner in der bundesdeutschen und zunehmend der europäischen Politik angewiesen (siehe Rede in der SbZ Online).

Eine solche Stimme kam aus Baden-Württemberg. Innenminister Reinhold Gall, MdL, würdigte das in Gundelsheim ansässige „bedeutendste siebenbürgisch-sächsische Kulturzentrum in der Bundesrepublik“ und den „hohen fachlichen kulturpolitischen Rang“ des Siebenbürgischen Museums. Seitens der Landesregierung sicherte der SPD-Politiker weitere Unterstützung für den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat und die Arbeit der Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbandes zu (siehe Ansprache in der SbZ Online).
Festredner und Gäste bei der Festkundgebung vor ...
Festredner und Gäste bei der Festkundgebung vor der Schranne, von links: Aussiedlerbeauftragter Hartmut Koschyk, Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius, Innenminister Reinhold Gall, Bürgermeister Klaus Johannis mit Gattin Carmen, Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer sowie die Botschafter Werner Hans Lauk und Lazăr Comănescu. Foto: Siegbert Bruss
„Deutschland kann stolz sein auf seine Siebenbürger Sachsen!“ Mit diesen Worten würdigte Hartmut Koschyk, MdB, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, deren Aufbau- und Gemeinschaftsleistung in Deutschland. Die Siebenbürger Sachsen seien zugleich ein „stabiler Brückenfaktor“ der deutsch-rumänischen Beziehungen, betonte der Vorsitzende der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission. Der Aussiedlerbeauftragte sicherte ihnen seitens der Bundesregierung zu: „Wir werden uns weiter bemühen, das großartige kulturelle Erbe der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Rumänien zu erhalten.“ (siehe Rede in der SbZ Online)

Ein Grußwort vor der Schranne sprach Klaus Johannis, Bürgermeister der Stadt Hermannstadt und interimistischer Vorsitzender der Nationalliberalen Partei in Rumänien. Er ging der Frage nach: Was ist ein Europäer? – „Ich denke, ein Europäer ist jemand, der, egal, wo er hingeht, seine Heimat im Herzen mitnimmt, seine Kultur und seine Traditionen, wo es geht, pflegt. Und in diesem Sinne, liebe Landsleute, denke ich, sind wir Siebenbürger Sachsen recht gute Europäer“ (siehe Grußwort in der SbZ Online).

Klaus Johannis und Dr. Christoph Bergner wurden für ihr außerordentliches Engagement mit dem Ehrenstern der Föderation der Siebenbürger Sachsen, des weltweiten Dachverbandes der Siebenbürger Sachsen, geehrt. Beide hätten sich „weit über das übliche Maß hinaus um die Siebenbürger Sachsen verdient gemacht“, betonte Laudator Bernd Fabritius.

Europäisches Bekenntnis zur Eröffnung des Heimattages

Zur Eröffnung des Heimattages am Samstag spielte die Kinder- und Jugendblaskapelle Baden-Württemberg unter der Leitung von Walter Thiess die Europa-Hymne, „Ode an die Freude“ aus Beethovens 9. Symphonie – ein symbolhafter Hinweis auf die Verortung der Siebenbürger Sachsen im zusammenwachsenden Europa.

Dinkelsbühls Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer erinnerte an die Evakuierung und Flucht der Nordsiebenbürger Sachsen vor 70 Jahren im Herbst 1944. „Nur durch Erinnerung wird nichts vergessen und kann gegenseitiges Völkerverständnis und Achtung auch in Zukunft gewährleistet werden. Ursachen, historische Hintergründe und vielfältige Konsequenzen von Umsiedlungen, von Flucht und Vertreibung werden für die Öffentlichkeit verständlich gemacht.“ Er plädierte anhand geschichtlicher und aktueller Entwicklungen für ein Europa des Verständnisses und Dialogs (lesen Sie die vollständige Rede in der SbZ Online).

"Siebenbürgisch-sächsische Kultur ist älteste Freiheitskultur Europas"

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Christoph Bergner bezeichnete die siebenbürgisch-sächsische Kultur als eine der frühesten und sogar als „älteste Freiheitskultur Europas“. Das auf dem Königsboden in Siebenbürgen gewachsene Erbe zähle „zu den wertvollen Kraftquellen für die geistig-kulturellen Entwicklung unseres Kontinents“. Das Motto des Heimattages, „Heimat ohne Grenzen“, formuliere „die Aufgabe, siebenbürgisch-sächsische Kultur in Rumänien, Deutschland und Europa zu bewahren und für seine Fortschreibung in die europäische Zukunft zu sorgen“. Dass Bernd Fabritius seit der letzten Bundestagswahl Mitglied des Deutschen Bundestags sei, bedeute eine „Verstärkung“, wenn es um deutsch-rumänische Anliegen und Vertriebenenarbeit gehe. Besondere Kompetenzen bringe Fabritius als Siebenbürger Sachse auch für schwierige Aufgaben ein, etwa als OSZE-Wahlbeobachter in der Vielvölkerstadt Odessa (Bergners Rede wurde in der SbZ Online dokumentiert).
Nach der Festkundgebung des Heimattages (von ...
Nach der Festkundgebung des Heimattages (von rechts): die Botschafter Werner Hans Lauk und Dr. Lazăr Comănescu mit Dinkelsbühls Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer. Foto: Lukas Geddert
Erstmals seit 1995 nahmen die Botschafter beider Länder, Werner Hans Lauk, bundesdeutscher Botschafter in Bukarest, und Dr. Lazăr Comănescu, rumänischer Botschafter in Berlin, am Heimattag in Dinkelsbühl teil. Werner Hans Lauk widmet sich mit sehr viel Empathie sowohl den in Rumänien lebenden als auch den ausgewanderten Siebenbürger Sachsen. Viele von ihnen hätten in Deutschland eine neue geografische Heimat gefunden, ohne jedoch ihre alte Heimat zu verlieren, sagte er bei der Eröffnungsveranstaltung. Auch dieser Heimattag zeige, wie sich alte und neue Heimat verbinden ließen. Die Siebenbürger Sachsen seien „Mittler, Bindeglied und Katalysator zwischen unseren Ländern und Gesellschaften, und damit Teil unserer gemeinsamen Geschichte, Gegenwart und Zukunft“. Und deshalb sei es wichtig, dass sie ihre Kultur und Identität pflegen und bewahren (Lesen Sie ein Interview mit Botschafter Werner Hans Lauk in der SbZ Online vom 22. Juni).

Rumäniens Botschafter Dr. Lazăr Comănescu, der inzwischen zum sechsten Mal mit viel Freude und als Freund der Siebenbürger Sachsen am Heimattag teilnahm, stellte fest: „Sie haben in Ihrer über 850-jährigen Geschichte Siebenbürgen zu einer einmaligen Kulturlandschaft werden lassen. Die von Ihnen erbauten Kirchenburgen sind für alle Zeit Zeugnisse des Selbstbewusstseins der Sachsen. In Dinkelsbühl wird dieser Stolz wieder lebendig, hier schöpfen Sie Kraft und pflegen Ihre Identität.“ Er sei als Vertreter Rumäniens dankbar, „dass Sie den Kontakt zu uns, den Vertretern Ihrer alten Heimat pflegen“. Er sei überzeugt, „dass wir im stetigen Dialog Lösungen für bestehende Probleme finden können, und dass Offenheit und Aufgeschlossenheit von beiden Seiten der richtige Weg ist“.

Das Motto des Heimattages bringe den Wunsch einer Zugehörigkeit zu einer grenzüberschreitenden Gemeinschaft zum Ausdruck, sagte Christiane Cosmatu, Unterstaatssekretärin im Departement für interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der rumänischen Regierung. Sie dankte Bernd Fabritius, Botschafter Werner Hans Lauk und anderen Mitstreitern für die Unterstützung der deutschsprachigen Schulen, eine Hilfe, die auch künftig notwendig sein werde.

Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen brachte Leid, wurde aber durch gelungene Integration überwunden

Die Nordsiebenbürger Sachsen rückte Dr. Hans Georg Franchy, Vorsitzender der HOG Bistritz-Nösen e.V., in den Mittelpunkt seines Grußwortes. „Die Evakuierung der Deutschen aus Nordsiebenbürgen war in der Weltgeschichte eine Episode am Rande, für uns – die Betroffenen und deren Nachkommen – aber eine existentielle Herausforderung, sie war letztlich nicht nur Leid, sondern auch Erfolg.“ Das werde auch hier beim Heimattag durch die Ausstellung „Aufbruch ins Ungewisse“ und den Vortrag von Horst Göbbel verdeutlicht. Die Integration der Siebenbürger Sachsen sei gelungen. Die HOG Bistritz-Nösen lade ein zu Gedenkveranstaltungen am 13. September in Bistritz und am 27. September in Wels, wo jeweils auch die Partnerschaft zwischen den beiden Städten besiegelt werden soll. Die Heimatortsgemeinschaft habe entscheidend zu dieser Partnerschaft beigetragen.

Käthe Paulini bei der Festkundgebung vor der ...
Käthe Paulini bei der Festkundgebung vor der Schranne. Foto: Lukas Geddert
Käthe Paulini, Ehrenvorsitzende der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Kanada, überbrachte Grüße aus Kanada. Ihr Besuch in Dinkelsbühl sei gewissermaßen eine „Heimkehr“, denn während ihrer zehnjährigen Amtszeit als Bundesvorsitzende sei sie, in Begleitung ihres Mannes Michael, sieben Mal beim Heimattag in Dinkelsbühl und drei Mal beim Heimattag in Wels gewesen und habe drei Gruppenreisen nach Siebenbürgen organisiert. Die Flucht und Evakuierung habe sie vor 70 Jahren als Zwölfjährige miterlebt. Diejenigen, die nach Kanada ausgewandert seien, wüssten von den Schwierigkeiten zu erzählen, mit denen jeder Einzelne in einem Land, dessen Sprache sie nicht kannten, zu kämpfen hatten.

"Ja, man kann auch in Kanada Siebenbürger Sachse sein!“

„Aber wir Siebenbürger Sachsen bleiben nicht unten, und so dauerte es nicht lange, bis wir Kontakt suchten und ein lebhaftes Gemeinschaftsleben gründeten. Ja, man kann auch in Kanada Siebenbürger Sachse sein!“ In den späteren Jahren sei das zerrissene Band zu den Landsleuten in Europa neu geknüpft, die Föderation gegründet und der Kontakt zur Heimatkirche wieder aufgenommen worden. Zum Abschluss appellierte Käthe Paulini an alle, Mitglied in unserer Gemeinschaft zu werden. Sie zitierte dabei Schiller: „Immer strebe zum Ganzen, und kannst du selber kein Ganzes werden, als dienendes Glied schließ‘ an ein Ganzes dich an.“

Michel Skindell, US-Senator in Ohio, bekennt sich ...
Michel Skindell, US-Senator in Ohio, bekennt sich zu seinen sächsischen Wurzeln. Foto: Lukas Geddert
Michael Skindell, US-Senator in Ohio, übermittelte Grüße von dem Zentralverband der Siebenbürger Sachsen in den USA (Alliance of Transylvanian Saxons) und dessen Präsidenten, Thomas J. Manning. Er bekannte sich stolz zu seiner sächsischen Herkunft, zu seinen Wurzeln aus Maldorf und Hohndorf. Die Heimattage in Dinkelsbühl und Nordamerika seien gute Möglichkeiten, sich zu unserer Identität zu bekennen und die Tradition und Kultur fortzuführen. Auch seine Arbeit als Senator in Ohio werde ständig von der sächsischen Tradition begleitet.

Manfred Schuller, Stellvertretender Bundesobmann des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich, zitierte in seinem Grußwort Maria Seiler (1915-2006) aus Felldorf. In ihren Erinnerungen habe sie den über tausend Kilometer langen Weg geschildert, den die Nordsiebenbürger in endlosen Trecks vorwiegend zu Fuß zurückgelegt hatten. Kurz vor Wintereinbruch erreichten sie erschöpft Österreich, seien aber zunächst verhöhnt und verspottet geworden; sie lernten dabei demütig zu sein. Bernd Fabritius hatte bei der Eröffnung der Ausstellung „Aufbruch ins Ungewisse“ aufgerufen, auch das Positive der Flucht aus Nordsiebenbürgen zu sehen. Das tue er mit Genugtuung, „denn wir sind angekommen, wir wurden angenommen, wir leben unsere Bräuche, leben unsere Kultur, und das in einer Heimat ohne Grenzen!“, betonte Schuller. Die Städtepartnerschaft, die Wels in Kürze mit Bistritz eingehen werde, habe „Vorbildcharakter für Europa“. Manfred Schuller las ein Grußwort des Welser Bürgermeisters Dr. Peter Koits, der die Siebenbürger Sachsen für ihre Tugenden wie Fleiß, Einsatzbereitschaft und Wille, sich in die Gesellschaft einzubringen, lobte. „Heimat ohne Grenzen“ laute das Motto des Heimattages. „Seien sie froh, dass dank der Bemühungen um das europäische Friedensprojekt zahlreiche Grenzen zwischen den Ländern gefallen sind. Mögen sie auch in unseren Köpfen fallen!“, schrieb Koits.

Heimatkirche öffnet sich für ausgewanderte Siebenbürger Sachsen

Landeskirchenkurator Friedrich Philippi, der aus Hermannstadt angereist war, richtete Grüße von Bischof Reinhart Guib aus. Dass es die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien und auch viele Kirchenburgen „auch fünfundzwanzig Jahre nach der Wende immer noch gibt, verdanken wir denen, die sich in diesen Jahren für ihren Fortbestand haupt- und ehrenamtlich voll eingesetzt haben“, sagte Philippi. Die Kirche sei ein Teil unserer Heimat, und viele der Besucher des Heimattages seien in „unserer Kirche“ beheimatet. „Wenn wir aber eine Heimat haben wollen, dann müssen wir uns nach dem Motto: ‚Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es um es zu besitzen‘ (Goethe) auch für sie einsetzen, sie uns erwerben oder wieder erwerben!“

Finissage der Ausstellung "Menschen der Diakonie" ...
Finissage der Ausstellung "Menschen der Diakonie" mit Landeskirchenkurator Friedrich Philippi (rechts) und Pfarrer Dr. Stefan Cosoroabă. Foto: Hans-Werner Schuster
Unter dem Motto „Kirche ohne Grenzen“ habe sich die Evangelische Kirche A.B. diesem Gesichtspunkt in den letzten Jahren immer mehr angenähert, sagte Friedrich Philippi. So sei die Mitgliedschaft für ausgewanderte Siebenbürger Sachsen neu geregelt worden, so dass sie in verschiedenen Formen ihrer Heimatkirche wieder beitreten und sie unterstützen können. Um die Beziehungen zu den Organisationen der in Deutschland und Österreich lebenden Landsleute auszubauen, ist das Referat für Institutionelle Kooperation geschaffen und durch Pfarrer Dr. Stefan Cosoroabă besetzt worden, der dankenswerterweise in der Geschäftsstelle des Verbandes in München arbeiten kann. Zu seinen „Brückenbau-Projekten zum Abbau von Grenzen“ gehöre auch das Projekt „Entdecke die Seele Siebenbürgens“. Dass zur Seele Siebenbürgens nicht nur touristische Sehenswürdigkeiten, sondern auch seine Menschen gehören, zeigte die Heimatkirche in der Ausstellung „Menschen der Diakonie“ in Dinkelsbühl.

Manuel Westphal, CSU-Landtagsabgeordneter, bekundete seine Freude darüber, dass die Siebenbürger „ihr jahrhundertealtes geschichtliches Erbe, ihre christliche Tradition und ihren landsmannschaftlichen Zusammenhalt pflegen, fördern, erhalten und vor allem an ihre Jugend weitergeben.“ Sie haben aufgrund ihrer Tradition „die Zukunft Bayerns mitgestaltet und vorangebracht, sie haben unsere Heimat bereichert und vielfältiger gemacht und sie haben sich weiter über das normale Maß in die Gemeinschaft, in die Gesellschaft eingebracht.“ Dafür dankte der Abgeordnete ihnen.

"Jeder Heimattag hat mich im Bewusstsein gestärkt"

Karl Arthur Ehrmann erlebte den Heimattag zum 15. Mal. Zum ersten Mal war er vor 22 Jahren in Dinkelsbühl, damals mit gemischten Gefühlen, weil er gerade vom Präsidenten des Sozialwerks, Willi Schiel, die Geschäftsführung der von ihm gegründeten Saxonia Stiftung übernommen hatte.

Karl Arthur Ehrmann richtete zum Abschied ein ...
Karl Arthur Ehrmann richtete zum Abschied ein ausgesprochenes Dankeswort an alle Partner und Helfer. Foto: Lukas Geddert
Es sei etwas Neues, die Gegebenheiten in Rumänien seien nicht günstig gewesen, doch die Mentalität und die Menschen hätten sich mit den Jahren zum Positiven verändert. „Jedes Mal war der Besuch in Dinkelsbühl bei diesen sinnvollen Veranstaltungen ein Erlebnis, das mich stärkte in dem Bewusstsein, dass wir die Aufgabe erfüllen können und wollen.“ Nachdem Ehrmann nun einen Nachfolger als Geschäftsführer der Saxonia Stiftung gefunden habe, sprach er kein Grußwort, sondern richtete ein ausgesprochenes Dankeswort an alle, an die Partnerorganisationen, das Sozialwerk und den Verband, Privatpersonen und Institutionen, einschließlich an die politischen Vertreter beider Länder, denn von ihnen habe man mit den Jahren immer mehr Anerkennung und Unterstützung erfahren. „Wir glauben, damit einen bescheidenen Beitrag geleistet zu haben, dass der Stellenwert unserer Leute, unserer Vertreter, neuerdings auch unserer Politiker in beiden Ländern, so hoch ist.“

Vorsitzender Hans Gärtner bekundete den Willen des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, den Heimattag in Dinkelsbühl, der eine faszinierende Fülle von kulturellen und Jugendveranstaltungen biete, künftig noch mehr zu unterstützen, „damit wir dieses schöne Fest noch viele Jahre gemeinsam feiern können“. Das diesjährige Motto „Heimat ohne Grenzen“ charakterisiere uns Siebenbürger sehr gut. Denn das uneingeschränkte Miteinander ohne Grenzen ist das, was unser kleines Volk attraktiv und bewundernswert macht, das uns aber auch zusammenhält.“

Niveauvolles Programm

Zu dem niveauvollen Programm des Heimattages gehörten Ausstellungen, die Rede an der Gedenkstätte von Helge Krempels, Konzerte, Tanzveranstaltungen, eine kurzweilige Humor-Lesung mit Hans Bergel und Doris Hutter, eine Podiumsdiskussion zum Thema „Heimat ohne Grenzen“ und – als kultureller Höhepunkt – die Preisverleihungen am Pfingstsonntag in der St.-Pauls-Kirche. Mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis 2014 wurden der Historiker Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch und der Kunsthistoriker Dr. Dr. h.c. mult. Christoph Machat gewürdigt. In der Laudatio auf die beiden Kulturpreisträger betonte D. Dr. Christoph Klein als deren größtes Verdienst, „dass sie mit ihrer historischen Forschungsarbeit in unserer Zeit gewiss einen Beitrag zum Weiterbestand dieser Geschichte und Kultur und damit zur Zukunft der siebenbürgischen Existenz geleistet haben und weiterhin leisten“.

Der Ernst-Habermann-Preis 2014 der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung wurde an die Schriftstellerin Iris Wolff und den Musiker Steffen Schlandt überreicht. Der Siebenbürgisch-Sächsische Jugendpreis 2014 ging an Christine Greger (siehe Bericht in der SbZ Online).

Ilse Maria Reich, langjährige Leiterin der ...
Ilse Maria Reich, langjährige Leiterin der Siebenbürgischen Kantorei, wurde mit der Verdienstmedaille "Pro Meritis" geehrt. Foto: Hans Werner Schuster
Ilse Maria Reich wurde als Leiterin der Siebenbürgischen Kantorei mit der Uraufführung des „Sonnengesangs des Heiligen Franz von Assisi“ des Komponisten Heinz Acker verabschiedet und mit der Verdienstmedaille „Pro Meritis“ geehrt.

Mitausrichter des Heimattages war diesmal die Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbandes (lesen Sie die Danksagung des Landesgruppenvorsitzenden Alfred Mrass in der SbZ Online vom 20. Juni 2014).

Die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland gestaltete in bewährter Weise die Volkstanzveranstaltung „Aus Tradition und Liebe zum Tanz“, präsentierte den Nachwuchs in der Schranne und zeichnete verantwortlich für die Sportturniere, beste Partystimmung im Festzelt und vieles mehr. Der Heimattag wird in weiteren Berichten in den Folgen 10 und 11 der gedruckten Ausgabe sowie in der Siebenbürgischen Zeitung Online dokumentiert.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Heimattag 2014, Verband, Kulturerbe, Dinkelsbühl

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