21. Juli 2023

Skandalöse Missstände in Pflegeheimen: Arbeitsminister und Familienministerin zurückgetreten

Bukarest – Die Horror-Zustände in den heimischen Alten-, Kinder- und Pflegeheimen stellen ein systemisches Versagen des Staates unter Beweis. Bei mehr als tausend landesweit durchgezogenen Kontrollen stießen die Behörden wiederholt auf gravierende Missstände, sodass binnen drei Tagen knapp 40 Heime zeitweilig oder endgültig geschlossen wurden – die meisten davon in und um Bukarest, des Weiteren in Konstanza, Giurgiu, Ilfov, Temesch, Arad, Vâlcea, Hunedoara, Maramuresch, Muresch und Sathmar.
Im Eklat um die Horror-Altenheime vor den Hauptstadttoren trat Arbeitsminister Marius Budăi (PSD) zurück. Die Demission sei eine „Ehrengeste“, eine normale Reaktion inmitten dieser Krise, erklärte Premierminister Marcel Ciolacu (PSD) während einer Regierungssitzung. Seine Demission gab auch der Chefkommissar der Polizei ­Ilfov, Cristian Persinaru, bekannt, während der Polizeichef von Voluntari, Dumitru Barabula, seine Verrentung beantragte. Beide Abgänge erfolgen, nachdem die ihnen unterstellten Polizisten zahlreiche eingegangene Anzeigen bezüglich der Missstände in den Heimen vor Ort größtenteils ignoriert hatten.

Knapp zwei Wochen nach den Standortdurchsuchungen der Antimafiastaatsanwaltschaft DIICOT infolge der Enthüllungen der Medien sowie der Nichtregierungsorganisation Zentrum für juristische Ressourcen hat auch Familienministerin Gabriela Firea Pandele die Konsequenzen gezogen – die PSD-Politikerin trat nach einem Vier-Augen-Gespräch mit Regierungs- und PSD-Chef Marcel Ciolacu zurück. Wie die Medien unter Berufung auf Regierungskreise berichteten, soll der Premier den Rücktritt ausdrücklich verlangt haben. Der Regierungschef teilte nach dem Abgang seiner wichtigsten parteiinternen Rivalin via Facebook mit, ihm sei voll bewusst, dass Firea in die Affäre zwar nicht persönlich verstrickt sei, doch sei der Druck bezüglich ihres Abgangs in den letzten Tagen ein „haushoher“ gewesen, da einige ihrer Mitarbeiter erwiesenerweise damit zu tun gehabt hätten. Ciolacu spielte damit auf den inzwischen inhaftierten Betreiber der Horror-Heime bei Voluntari, Stefan Godei, an, der sich als langjähriger Wegbegleiter und Mitarbeiter Fireas entpuppt hatte.

Regierungschef Marcel Ciolacu hat nach dem Abgang von Familienministerin Gabriela Firea-Pandele weitere Rücktritte gefordert: Er erwarte, dass auch „Bürgermeister sowie Kreisratschefs, Behördenleiter und lokale Polizeichefs“, in deren Zuständigkeitsbereich die Horror-Altenheime bei Voluntari und Afumaţi fallen, „die Konsequenzen ziehen und den Schritt zurück machen“, stellte der Premier bei Facebook klar. Ciolacus unmissverständliche Rücktrittaufforderung galt zum einen dem amtierenden Bürgermeister von Voluntari, Fireas Ehemann Florentin Pandele, und zum anderen dem liberalen Kreisratschef von Ilfov, Hubert Thuma.

Die oppositionelle Reformpartei USR forderte den Regierungschef indes auf, das Familienministerium umgehend aufzulösen. Dieses sei extra für Firea gegründet worden, nun, da sie zurückgetreten sei, gehöre das „völlig nutzlose Ressort“, welches lediglich Haushaltsmittel verschlinge, aufgelöst, so USR-Chef Cătălin Drulă. Vor diesem Hintergrund ist wenig verwunderlich, dass das Vertrauen der Bürger in die wichtigsten Institutionen des Staates auf ein Rekordtief gesunken ist: Laut Ergebnissen einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Curs misstrauen 93 Prozent der Befragten Parlament und politischen Parteien, während 90 Prozent angaben, keinerlei Vertrauen in das Präsidialamt zu haben. Der Regierung misstrauen 88 Prozent der Befragten.

Quelle: Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (ADZ)



Verwendete ADZ-Meldungen:

Familienministerin Firea stürzt über Horror-Heime-Affäre

Regierungschef Marcel Ciolacu fordert weitere Rücktritte

Mehr als 1000 Kontrollen in Senioren-, Kinder- und Pflegeheimen / Arbeitsminister zurückgetreten / Vertrauen der Bürger in Institutionen auf Rekordtief

Schlagwörter: Pflegeheim, Altenheim, Ciolacu, Krise, Regierung

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