28. Juni 2017

Mihai Tudose als neuer Premier ernannt - Regierungskrise in Rumänien beendet?

Bukarest – Nach Beratungen mit den Fraktionen der im rumänischen Parlament vertretenen Parteien hat Staatspräsident Klaus Johannis am 26. Juni dem Vorschlag der Sozialdemokratischen Partei (PSD) und deren liberalem Koalitionspartner ALDE stattgegeben und den bisherigen Wirtschaftsminister und PSD-Vize Mihai Tudose mit der Regierungsbildung beauftragt.
Johannis begründete seine Entscheidung damit, der politischen Krise in Rumänien ein rasches Ende bereiten zu wollen, da diese dem Land sowohl wirtschaftlich als auch imagemäßig schade. Zudem hatten die Fraktionen keinen anderen Kandidaten für das Amt ins Feld geführt – mit Ausnahme der PMP, die den EU-Abgeordneten Siegfried Mureșan vorgeschlagen hatte.

Der designierte Premierminister Mihai Tudose hat nun zehn Tage Zeit, sein Kabinett aufzustellen und bestätigen zu lassen. Er tritt die Nachfolge des gestürzten Ministerpräsidenten Sorin Grindeanu an, der am 21. Juni nach einem Misstrauensantrag der eigenen Partei, der PSD, mit 241 Stimmen abgesetzt worden war. Die PSD und ihr Koalitionspartner ALDE haben damit nach nur sechs Monaten ihre eigene Regierung abgesägt; die Opposition hatte sich nicht am Votum im rumänischen Parlament beteiligt. Offiziell lautete der Vorwurf gegen Grindeanu, die Umsetzung des Wahlprogramms – und damit den Willen der Wähler – vernachlässigt zu haben. Tatsächlicher Grund dürfte aber dessen Weigerung gewesen sein, das Korruptionsstrafrecht zu lockern, worum sich PSD-Chef Liviu Dragnea, der selbst wegen Beihilfe zum Amtsmissbrauch vor Gericht steht, seit einiger Zeit bemüht. Grindeanu hatte im Januar auf Druck seines Parteichefs eine Eilverordnung erlassen, die die Verfolgung von Amtsmissbrauch erheblich erschwert hätte. Nach wochenlangen Straßenprotesten musste die Verordnung schließlich zurückgezogen werden.

Der 50-jährige Jurist Mihai Tudose ist nicht unumstritten, gilt er doch als langjähriger Vertrauter von PSD-Chef Liviu Dragnea, der wegen seiner Vorstrafe selbst nicht Premierminister werden kann. 2015 war Tudose außerdem in einen Plagiatsskandal verwickelt: Ein Viertel seiner 2010 an der Akademie des Inlandsnachrichtendienstes SRI abgelegten Doktorarbeit erwies sich als abgeschrieben, 2016 beantragte er selbst die Aberkennung seines Doktortitels. In seiner eigenen Partei sorgte die angeblich enge Beziehung Tudoses zum ehemaligen SRI-Vize Florian Coldea für Unmut. Tudose versicherte daraufhin öffentlich, nicht unter „doppeltem Kommando“ zu stehen. Spitzfindige Kritiker werfen ihm vor, eine wörtliche Negierung des Vorwurfs, verdeckter SRI-Offizier zu sein, geschickt vermieden zu haben. Hinzu kommt, dass ihm die eigene Partei erst vor wenigen Tagen bei der Bewertung der Tätigkeit der Regierung Grindeanu „null Leistung“ an der Spitze des Wirtschaftsressorts attestiert hatte.

NM

Schlagwörter: Regierung, Grindeanu, Tudose

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