20. Oktober 2017

Poesie von Licht und Schatten: Neuer Blick auf Kirchen und Burgen in Siebenbürgen

Die Interkulturelle Woche, die dieses Jahr unter dem Motto „Vielfalt verbindet“ stand, wurde in Regensburg vom Integrationsbeirat organisiert. Die Bandbreite der Veranstaltungen reichte vom wissenschaftlichen Vortrag über Musikworkshop, festlichen Empfang, Friedensgebet, Stadtführung, Kinovorführung bis zur Open Air Gallery. Auch der alljährliche Tag der Heimat fand heuer im Rahmen der Interkulturellen Woche statt. Ein großes Thema waren die Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum – auch für die Siebenbürger Sachsen, zumal sowohl in Regensburg als auch in Kronstadt im Jahr 1542 der erste evangelische Gottesdienst gefeiert wurde. Aus diesem Anlass organisierte die Kreisgruppe Regensburg zusammen mit dem Evangelischen Bildungswerk im Alumneum die Fotoausstellung „Ein feste Burg … Kirchenburgen in Siebenbürgen“ des Berliner Fotografen Jürgen van Buer.
Von den 60 Arbeiten des Berliner Fotografen Jürgen van Buer, die ursprünglich 2016 zu Pfingsten in Dinkelsbühl gezeigt wurden, fanden 30 im Januar 2017 den Weg nach Nürnberg, wo sie in der Gustav-Adolf-Vesperkirche einen Monat lang einem großen Publikum gezeigt wurden. Aus diesen 30 Fotoarbeiten wanderten circa 25 im Sommer 2017 nach Siebenbürgen, wo sie im Rahmen der „Kulturwoche Haferland“ auf der Repser Burg und in Deutsch-Kreuz dem Publikum in Siebenbürgen gezeigt werden konnten.

Die in Deutschland verbliebenen Fotos sind nun in Regensburg zu sehen. Die Vernissage der Ausstellung fand am 12. Oktober statt. Dr. Carsten Lenk, Geschäftsführer des Evangelischen Bildungswerkes, begrüßte die Anwesenden, ganz besonders den aus Schwabach angereisten Kurator der Nürnberger Ausstellung, Josef Balazs, der anschließend in die Ausstellung einführte. Balazs, geboren in Kronstadt, selbst leidenschaftlicher Fotograf und Kunstkenner, brachte dem interessierten Publikum nicht nur die Künstlerpersönlichkeit des Fotografen Jürgen van Buer nahe, sondern auch dessen besondere Darstellungsweise der alten Bauten. Der Künstler schafft mit einem neuen Kunst-Blick Ausschnitte, die den Betrachter auffordern, das Bild zu ergänzen. Das ist nicht immer einfach.

Rothbach: Wehrmauer und Kirchturm. Foto: Jürgen ...
Rothbach: Wehrmauer und Kirchturm. Foto: Jürgen van Buer
Eines der Fotos fällt besonders auf: die Kirchenburg Rothbach. Der Fotograf van Buer legt Wert darauf, keine Dokumentationsfotografie zu betreiben. Aber Zeit und Umstände sind nicht vorhersehbar. Als van Buer die Kirchenburg Rothbach fotografierte, konnte er nicht ahnen, dass er der letzte war, der den Turm der Kirche fotografisch festhalten konnte. Kurze Zeit danach stürzte der Kirchturm in sich zusammen. So hat sein Foto ungewollt auch dokumentarischen Charakter.

In einem noch nicht veröffentlichten Interview, das Josef Balazs am 10. März 2017 mit Prof. Dr. van Buer führte, zeigt sich dieser äußerst überrascht, dass seine Fotografien in so kurzer Zeit so großes Interesse fanden. „Vielleicht habe ich ein wenig auch einen Nerv der Zeit getroffen. Die Blätter über die Siebenbürger Kirchenburgen sind Fotografien über Bauten, die Jahrhunderte zurückreichen. Sie sind weithin sichtbar – wenn sie noch stehen, fordern geradezu Aufmerksamkeit, wenn man auf sie trifft. Und sie symbolisieren auf vielerlei Weise Geschichte, mit all den Leistungen, Entwicklungen, aber auch mit all ihren Brüchen“, so der Künstler.

In der Einführungsrede zur Münchner Vernissage wurde van Buers Kunst als „einmalig“ und als „Poesie von Licht und Schatten“ bezeichnet. Das empfindet er als eine große Ehre. „Ich fotografiere, wie mir mein Kopf zusammen mit meinem Herz und meiner Seele gewachsen ist. Aber nicht einfach drauf und los. Wissen spielt eine große Rolle für meine fotografischen Prozesse (…) Für mich ist Fotografie ein Spiel von Licht und Schatten, das auf eine bestimmte Weise einzufangen dieser – meiner – Empathie seine Gestalt gibt. Es ist kein vorgefertigtes Spiel. Aber es ist ein Spiel, das seine eigene Sprache hat und damit auch eine Grammatik, ein Lexikon.“
Josef Balazs bei der Vernissage in Regensburg. ...
Josef Balazs bei der Vernissage in Regensburg. Foto: Gertrud Balazs
Im September 2017 hat van Buer eine dritte und wohl letzte Fotoreise nach Siebenbürgen unternommen. Für Ende Januar, pünktlich zur Leipziger Buchmesse, ist ein Bildband geplant: „Der befestigte Glaube – Kirchenburgen in Siebenbürgen“. Gleichzeitig arbeitet der Künstler an einem fotografischen Buch über Granada, die Alhambra, den Palacio de Generalife und über Bauten öffentlichen akademischen Lebens in dieser Stadt. Siebenbürgen und Granada?!? Dazu sagt van Buer im Interview: „Man könnte meinen, dies seien zwei sehr verschiedene Dinge – Siebenbürger Kirchenburgen auf der einen Seite und Granada mit seinem maurischen Erbe auf der anderen. Ja, es stimmt – und doch stimmt es nicht ganz, denn die beiden Arbeiten befruchten sich gegenseitig, führen mit zu neuen, mir ungewohnten Verknüpfungen meiner fotografischen Kommunikation.“

Die Ausstellung ist bis 31. Oktober täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr im Alumneum, Haus der Kirche, Am Ölberg 2, 93047 Regensburg, im Foyer im ersten und zweiten Obergeschoss zu besichtigen.

Helmine Klein

Schlagwörter: Ausstellung, Vernissage, Regensburg, Kirchenburgen, Fotografie, Siebenbürgen

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