1. November 2020

Digitale Fachtagung des HOG-Verbands: "Netzwerke – von, mit und für Siebenbürger Sachsen"

„Wie war zu Cölln es doch vordem mit Heinzelmännchen so bequem.“ Irgendwie fühlt man sich in diesen Zeiten abgesagter oder ersatzweise digitaler Veranstaltungen an dies 1836 von August Kopisch verfasste Gedicht erinnert, dem wir vor langen Jahren fasziniert zugehört haben, welches wir später auch selbst gelesen oder zum Teil auswendig lernten.
Digitale HOG-Fachtagung: Das Netzwerk der ...
Digitale HOG-Fachtagung: Das Netzwerk der Referenten - aus unterschiedlichen Orten in Deutschland und Rumänien.
Die Heinzelmännchen, Zwerge, Wichtel oder Trolle, die nachts die Arbeit der Handwerksgesellen verrichteten – eine interessante Vorstellung aus der Kinderzeit. Vor etwa einem Jahr waren wir persönlich bei der HOG-Fachtagung in Bad Kissingen, haben dort den Vortragenden zugehört, diskutiert, in den Pausen Freunde getroffen und bis spät das gesellige Beisammensein genossen. Verabschiedet haben wir uns damals mit dem Wunsch auf ein Wiedersehen, spätestens in einem Jahr, am gleichen Ort.

Und nun sitzen wir vor dem Rechner, die Kopfhörer am Ohr, schauen und hören uns Beiträge an, welche die Referenten in den vergangenen Wochen erstellt haben und die auf dem YouTube-Kanal des Verbands der Siebenbürger Sachsen, dank der emsigen Arbeit des Videotechnikers Hermann Depner online zur Verfügung gestellt werden. Ja, es ist in der Tat im Umfeld viel Arbeit geleistet worden, wir Zuschauer und Zuhörer sehen und hören nun das Ergebnis. Der Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen, dass auch bei einer Veranstaltung vor Ort Ähnliches geschieht, etwa durch Studienleiter Gustav Binder und die anderen Mitarbeiter des „Heiligenhofs“. Dennoch ist es diesmal ganz anders. Wir sehen die anderen „Handwerksgesellen“, die im Hintergrund tätig waren, nicht, können uns nun aber an den Beiträgen der Referenten erfreuen.

„Netzwerke – von, mit und für Siebenbürger Sachsen“ war der Titel, der für die Fachtagung vor Ort vorgesehen war. Dieser Titel wurde auch für die digitale Veranstaltung vom 24. Oktober 2020 beibehalten, nachdem man sich vor einigen Wochen schweren Herzens dazu entschloss, die Tagung in Bad Kissingen abzusagen, jedoch die vorgesehenen Beiträge, wenn möglich, online zur Verfügung zu stellen. Dass die Siebenbürger Sachsen schon immer Meister im Knüpfen von Netzwerken waren, bestätigt die Vorsitzende des Verbands der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften e.V., Ilse Welther, in ihrer Begrüßung. Solche Netzwerke gab es in der Familie, in der dörflichen Nachbarschaft, in der städtischen Zunft, unter Kaufleuten, in der Volkskirche und deren Bildungseinrichtungen bzw. Schulen, in Vereinen, in der „Nationsuniversität“, im Forum, in Verbänden, Gemeinschaften usw. Die folgenden Beiträge der Referenten beleuchten verschiedene Aspekte und Arbeitsergebnisse solcher Netzwerke.

Horst Göbbel (Jaad/Nürnberg) stellt seinen Beitrag unter den Titel „Entstehung und Erfolge des HOG-Verbandes“, der in sehr zutreffender Weise auch dessen Inhalte vorwegnimmt. Der HOG-Verband entstand daraus, dass man spätestens in den 1990er Jahren den Bedarf nach Absprache, Erfahrungsaustausch und Koordination von Aktivitäten der bereits früher gegründeten Heimatortsgemeinschaften erkannte und als Lösung das „Netzwerk“, den HOG-Dachverband, gründete und mit Leben füllte.

Thomas Schneider, Vorsitzender der HOG Holzmengen, berichtet über „Erfolge eines neuen jungen Teams“. Der vor etwa zwei Jahren gewählte neue Vorstand hat sich, bildlich gesprochen, in die Arbeit hineinkniet und erzielt in kurzer Zeit beachtliche Erfolge. Über die 700-Jahr-Feier am 3. und 4. August 2019 in Holzmengen hat auch die deutschsprachige „Akzente“-Sendung des rumänischen Fernsehens TVR ausführlich berichtet. Dieser Fernsehbeitrag ist Teil der umfangreichen Dokumentation von Aktivitäten innerhalb der HOG Holzmengen. Es ist einfach ein großartiges Erlebnis zu sehen, wie man gemeinschaftlich mit den Menschen vor Ort feiert und das Motto umsetzt „In der Welt zuhause, in Holzmengen daheim“. Dass man noch ehrgeizige Pläne für die Zukunft hat, verrät uns der Beitrag ebenfalls. Wir dürfen gespannt sein.
Die gut besuchte HOG-Tagung fand vor einem Jahr ...
Die gut besuchte HOG-Tagung fand vor einem Jahr im "Heiligenhof" in Bad Kissingen statt. Im Corona-Jahr 2020 bietet der HOG-Verband die Tagung im Online-Format an. Foto: Udo Buhn
Dass zwischen den Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Österreich sowie den im Land Verbliebenen ein engmaschiges Netzwerk besteht, verdeutlicht der Beitrag von Martin Bottesch, Vorsitzender des Siebenbürgenforums, über die „Planungen zum Großen Sachsentreffen 2022“. Das ursprünglich für August 2021 geplante Treffen musste aufgrund der Pandemie-bedingten Unwägbarkeiten und Planungsunsicherheiten um ein Jahr verschoben werden. Dass man selbstverständlich auf den 2017 gemachten positiven Erfahrungen aufbauen will, im Umfeld des großen Treffens auch viele kleinere HOG-Treffen im jeweiligen Heimatort möglich gemacht werden und dass noch viel Detailarbeit in der Planung und deren Umsetzung zu leisten ist, unterstreicht die Bedeutung des in diesen Arbeiten involvierten Netzwerks.

Pfarrer Dr. Stefan Cosoroabă, Referent für institutionelle Zusammenarbeit der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, ist standesgemäß im Talar zu sehen und bekräftigt das „Bewusstsein, dass es eine innere Bindung zwischen Heimatkirche und Heimatortsgemeinschaften gibt“. In seinem weiteren, gemeinsam mit Hauptanwalt Friedrich Gunesch erarbeiteten, Beitrag berichtet der Referent zunächst über Auswirkungen der Corona-Krise auf das kirchliche Leben in Siebenbürgen. Neben negativen Aspekten gibt es Gott sei Dank auch mehrere positive Noten zu vermerken, z.B. das hohe Engagement in Online-Angeboten oder die begrüßenswerten Aktionen in der Ökumene. Die anschließend dargestellten statistischen Daten zur Struktur der EKR sind sehenswert und sollten uns zu Überlegungen führen, was wir für unsere Heimatkirche tun können. Die zuständige Landeskirchenversammlung hat den Auftrag erteilt, die bereits in die Jahre gekommene Kirchenordnung zu aktualisieren, damit man nicht mehr hört „das geht nicht, weil die Kirchenordnung es nicht vorsieht“. Seitens des Landeskonsistoriums wurden die HOGs aufgerufen, sich an der Ideenfindung im Hinblick auf die Kirchenordnung zu beteiligen. Auch in den Projekten hinsichtlich des Patrimoniums gibt es Kooperationspotenzial. Problematisch ist die Verfügbarkeit der Baufirmen, die solche Arbeiten fachgerecht ausführen können. Ebenfalls der Intensivierung der Bindungen zwischen unserer Heimatkirche und den HOGs dient die „digitale Gemeinde“, d.h. die Übertragung von Gottesdiensten über Facebook und Zoom, wie sie erstmalig am Reformationstag (16 Uhr MEZ) stattfinden soll.

Beatrice Ungar, Chefredakteurin der Hermannstädter Zeitung, berichtet über die „Deutsche Medienlandschaft in Rumänien“, insbesondere über die deutschsprachige „Akzente“-Sendung des rumänischen Fernsehens. Ein engagiertes Team von Redakteuren und Technikern, die unter schwierigen Bedingungen mit zunehmendem Zeitdruck arbeiten, sorgt für die regelmäßige Versorgung eines kleinen, aber interessierten und dankbaren Publikums.

Ruth István, in der Stiftung Kirchenburgen der EKR zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, referiert über „Netzwerke in Siebenbürgen“. Unter dem Oberbegriff der offenen Kirchenburgen wurde intensive Netzwerkarbeit mit Vertretern verschiedener Vereine aus dem Umfeld betrieben zur Transparenz der Aktivitäten, Innovation in der Vorgehensweise und Sensibilisierung der Beteiligten. Das unter dem Namen „Avantguards“ etablierte Netzwerk und die daran beteiligten Vereine werden den Interessierten detailliert vorgestellt, natürlich insbesondere im Hinblick auf mögliche Beiträge zum Erhalt und Ausbau unserer einmaligen Kirchenburgenlandschaft.

Michael Folberth, Leiter der HOG-Regionalgruppe Repser und Fogarascher Land, berichtet über die seit einigen Jahren regelmäßig vor Ort erfolgten Aktivitäten zum Erhalt des Kulturerbes Kirchenburgen in Siebenbürgen, in diesem Sommer 2020 in den Kirchenburgen von Galt, Hamruden und Deutschkreuz. Es ist fast wie selbstverständlich und dennoch außergewöhnlich, wenn sich die rumänische Gemeindeverwaltung mit Material und Arbeitskräften an den Arbeiten der freiwilligen Helfer beteiligt und damit am Ausbau des Netzwerkes mitwirkt.

In dem Beitrag „Bewegliche Kulturgüter – Erkennen, Bewerten, Dokumentieren, Schützen“ berichtet Horst Müller, stellvertretender Vorsitzender des HOG-Verbands, über das in der HOG-Regionalgruppe Burzenland initiierte Projekt sowie darin erlangte Erkenntnisse und zeigt mögliche Wege zur Fortführung des Projekts und zur Anwendung der Methoden auch andernorts auf. Ganz wichtig, insbesondere auch für Neueinsteiger, ist der Aufbau von Netzwerken mit ähnlich Interessierten und solchen, die über Fachwissen verfügen oder solche Aktivitäten bereits durchgeführt haben.

Ilse Welther, Vorsitzende des HOG-Verbands, zeigt konkrete Projekte, die vom in Felmern ansässigen Verein Renascendis zur „Dokumentation beweglicher Kulturgüter im Fogarascher Umland“ durchgeführt wurden. In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche A.B. in Fogarasch und unterstützt von den jeweiligen HOGs wurden herausragende Objekte aus den Kirchengemeinden Bekokten, Felmern, Großschenk, Gürteln, Kerz, Kleinschenk, Martinsberg, Rohrbach, Scharosch bei Fogarasch, Schirkanyen, Seiburg, Seligstadt und Tarteln erfasst und umfassend dokumentiert.

Philipp Harfmann, Geschäftsführer der Stiftung Kirchenburgen, berichtet über aktuelle Arbeiten seiner Stiftung. Zu den bau- und denkmalpflegerischen Projekten gehört das sogenannte „Dächerprogramm“, wo mit relativ einfachen und kostengünstigen Maßnahmen repariert und dem weiteren Verfall vorgebeugt wird. Umfassende Instandsetzungen und die bauliche Vorbereitung von Nutzungserweiterungen (z.B. Kulturtourismus), aber auch ein Notfonds für dringliche Sofortmaßnahmen, die strategisch-konzeptionelle Arbeit, Denkmalpflege und mobiles Kulturerbe sind weitere Programm- und Arbeitspunkte der Stiftung Kirchenburgen.

Über „Ausblicke in die Zukunft des Kultur- und Begegnungszentrums“ referieren Dr. Axel Froese und Heidrun Negura. Die zahlreichen Institutionen und Mieter im Schloss Horneck können nach Abschluss der Bauarbeiten nun in einer ansprechenden Umgebung ihrer jeweiligen Arbeit nachgehen, neue Projekte angehen, bestehende Netzwerke ausbauen und neue Verbindungen knüpfen. Das im Anschluss an statistische Daten und Präsentation von Eckdaten der Restaurierung gezeigte Video berichtet über die Historie und den Werdegang unserer Sachsenburg in Gundelsheim.

Der Vorstand des HOG-Verbands bedankt sich bei den Referenten und dem Videotechniker für die geleistete Arbeit sowie bei den Zuschauern für ihr Interesse und die positiven Rückmeldungen. Interessierte können den Link zur HOG-Fachtagung unter der E-Mail-Adresse vorstand [ät} siebenbuerger-sachsen-hog.de anfordern und die Beiträge, befristet bis zum Jahresende 2020, auf YouTube sehen.

Abschließend sei angemerkt, dass diese digitale Fachtagung natürlich nur einen Teil der unendlich vielen Netzwerke darstellen konnte. Wenn wir uns hoffentlich bald wieder persönlich treffen dürfen, können wir daran anknüpfen – die für ein jedes Netzwerk vermutlich am besten geeignete Tätigkeit.

Horst Müller

Schlagwörter: HOG, HOG-Verband, Tagung, EKR

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