6. April 2024

Leidenschaft – Gestaltungsfreude – Erfolg: Dr. Hans Georg Franchy, Vorsitzender der HOG Bistritz-Nösen, wird heute 80

Was Dr. Hans Georg Franchy für seine Heimatstadt Bistritz und die HOG Bistritz-Nösen bewirkt hat, ist eng verbunden mit seinem bisherigen Lebenslauf. Als Klassenkamerad, Freund und als Mitstreiter im Bistritzer Universum traue ich mir eine Würdigung zu seinem heutigen 80. Geburtstag zu.
Dr. Hans Georg Franchy am 9. März 2024 in Gmunden ...
Dr. Hans Georg Franchy am 9. März 2024 in Gmunden am Traunsee. Foto: Horst Göbbel
Geboren wurde Hans Georg Franchy im vorletzten Jahr des Zweiten Weltkrieges am 6. April 1944 in der Universitätsstadt Klausenburg als drittes Kind von vier Geschwistern. Sein Vater wurde kurz darauf zum ungarischen Militär einberufen, die Mutter kehrte mit den Kindern in das Elternhaus nach Bistritz zurück, in die Stadt, die Hans eindeutig als seine Heimatstadt zeitlebens empfunden hat. Da ist er aufgewachsen, da erfuhr er seine Prägung, da hat er sich wohl- und glücklich gefühlt. Und ist es auch heute.

Die im Herbst 1944 vonstatten gegangene Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen führte auch seine Mutter und seine Geschwister in das damalige Deutsche Reich. In Freistein (heute Tschechien) wurde er, schwer erkrankt, im März 1945 notgetauft. Während des Rücktransports aus sowjetischem Besatzungsgebiet nach Siebenbürgen im Frühsommer 1945 hing sein Leben am seidenen Faden. Glücklicherweise wurde er von katholischen Ordensbrüdern in einem Kloster in Großwardein aufgepäppelt. Die folgenden 1940er und 1950er Jahre, in denen Hungern, materielle und seelische Not sowie Entbehrungen an der Tagesordnung waren, als das karge Einkommen der Mutter und des Großvaters kaum für das Überleben reichte, blieb die intakte Großfamilie der entscheidende Halt.

Seinen Vater, der in amerikanische Gefangenschaft geraten war, lernte Hans erst 1956 kennen, nachdem Adenauer sensationell 1955 mit der UdSSR verhandelte, diplomatische Beziehungen aufgenommen wurden und die Heimkehr von Kriegsgefangenen möglich war.

Die Grundschule und das Gymnasium besuchte Hans in Bistritz. Seit der 5. Klasse bis zum Abitur 1962 waren wir Klassenkameraden (ab 2004 in der HOG Bistritz-Nösen Vorstandskollegen). Es folgte das Studium der Veterinärmedizin in Klausenburg auf Wunsch, Empfehlung und Druck seines Vaters. Eigentlich wollte er Sport studieren. Sport hat sein ganzes Leben begleitet. In der sehr erfolgreichen Handballmannschaft des Gymnasiums und später als Mitglied der Universitatea Cluj-Handballmannschaft lernte er einen Großteil Rumäniens kennen. Eine Lungentuberkulose während des Studiums beendete seine sportliche Karriere.

Als Student lernte Hans in Klausenburg seine Frau Lili kennen, die er im August 1968, eine Woche nach bestandenem Staatsexamen, auch geheiratet hat. 1971 kam ihr Sohn Christian zur Welt. Nach der Heirat wohnten sie im Elternhaus Franchy. Christian wuchs zweisprachig auf. Beruflich war Hans sieben Jahre als praktizierender Tierarzt in einem großen staatlichen landwirtschaftlichen Betrieb bei Bistritz tätig, ohne große berufliche Befriedigung zu erfahren. Drei Jahre lang konnte er Biologie und Erdkunde am deutschen Gymnasium in Bistritz unterrichten. Nach eigenem Bekunden hat er „in dieser Zeit mehr gebüffelt als jeder Schüler“, um dem Anspruch als Lehrer gerecht zu werden.

Seinem Wunsch, nach Deutschland auszureisen, entsprach seine Frau 1979, was für sie kein leichter Entschluss war. Lili entstammte einer alten rumänischen Familie. Mehrere Generationen ihrer Vorfahren waren rumänische orthodoxe Pfarrer.

Die Aussiedlung nach Deutschland entsprang der Überzeugung von Hans Franchy, als Deutscher unter Deutschen leben zu wollen. Ein Überleben der deutschen Minderheit in Nordsiebenbürgen erschien ihm aussichtslos. In Deutschland angekommen, orientierten sich Hans mit Lili und Christian Franchy nach vier Wochen Aufnahmelager in Unna-Massen nach Drabenderhöhe zu unseren Landsleuten und zu ihrer Großfamilie. Seine Mutter, seine Tante und sein Bruder Kurt lebten schon da.

Nach erfolgreichen Fachprüfungen in Gießen und Düsseldorf, anderthalb Jahren Referendariat, davon sechs Monate in Gummersbach, wurde er am 1. Februar 1981 beim Oberbergischen Kreis angestellt. Anschließend folgten elf Jahre Lebensmittelüberwachung und 14 Jahre Amtsleitung, bis er am 30. April 2007 in den wohlverdienten (Un-)Ruhestand eintrat.

Im Ruhestand war er für seine Frau, für die Familie seines Sohnes, vor allem als Opa für seine geliebten Enkelkinder, aber auch für das Ehrenamt da. Der Verlust seiner Lili im Frühjahr 2023 hat Hans schwer getroffen.

Zu seiner großen Liebe außer Lili, zum Sport als Hobby, hier einige Fakten. Schon als Jugendlicher hat Hans als Torwart der Handballschulmannschaft und der städtischen Auswahl Erfolg gehabt. Als Student war er dann ein Jahr lang in Rumäniens A-Liga aktiv. Die Lungenerkrankung mit 21 Jahren hat seine sportliche Karriere zunächst beendet. Mit 28 nahm er zum ersten Mal einen Tennisschläger in die Hand. Der Tennissport hat ihm das gegeben, was ihm mit dem Handball nicht vergönnt war.

Neben dem aktiven Sport war Hans schon in Rumänien ehrenamtlich als Sportfunktionär tätig, zuständig für die Ausbildung und Prüfung der Tennisschiedsrichter im Kreis Bistritz. Im Sommer 1979, im Jahr seiner Ausreise, wurde die Tennisanlage in Drabenderhöhe gebaut und eingeweiht. Mit ihrem ersten Geld wurden sein Sohn und Hans schon im August 1979 Mitglieder des Vereins. 1981 wurde er Jugendwart und ab 1982 war er 24 Jahre lang Vorsitzender dieses Vereins, der größtenteils in Eigenleistung zu dem geworden ist, was er heute ist. Die Organisation der Tennis-Kreismeisterschaften hat ihm 16 Jahre lang viel Freude bereitet. Auch heute noch, mit künstlichen Hüft- und Kniegelenken, ist er sportlich aktiv und spielt noch Tennis auf einem guten Niveau.

2004 wurde zum Wendepunkt im Leben von Hans Franchy. Seit 2004 ist er für die Heimatortsgemeinschaft Bistritz-Nösen als Vorsitzender tätig und weitet damit sein fruchtbringendes Wirken auf den Ort seines Ursprungs, auf Bistritz aus. Seit 2014 auch als Vorsitzender des Freundeskreises Wiehl-Bistritz. Seine Qualitäten als Vereinsvorsitzender, jahrelang im Drabenderhöher Sportleben eingeübt, sind eindeutig Gold wert, nun in einem geografischen Raum, wo seine Seele schon immer zu Hause war. Uns, seine Mitstreiter, hat er früh für diese neue Sache gewonnen.

Hans nimmt auch schwierige Situationen und komplexe Fragestellungen in Kauf, wenn es um Bistritz, wenn es um die HOG Bistritz-Nösen geht. Ehrenbürger von Bistritz zu sein (schon seit 2010!), das fällt nicht ganz einfach so vom Himmel. Da muss man auch einiges geleistet haben, und zwar erkennbares. Sein Naturell ermöglicht ihm, konsequent bei alldem zu bleiben, was er anpackt, was er zu einer Lösung führen will.

Sein Demokratieverständnis im Vereinsleben ist bemerkenswert. Jedes Abstimmungsergebnis etwa, auch wenn es nicht im Sinne seines eigenen Vorschlags ausgeht, nimmt er klaglos an und setzt es konsequent um. Das können wirklich nur wenige Menschen.

Seine Führungsqualitäten kamen ihm nicht nur im beruflichen Bereich, sondern auch in seinen vielfältigen ehrenamtlichen Tätigkeiten in besonderem Maße zugute. Dabei kann er nicht nur Menschen ansprechen, sondern sie auch zu Aktivitäten und Projekten motivieren. Auf ihn ist wirklich Verlass. Was er verspricht, das hält er. Was er anpackt, das schafft er. Und lässt dabei nicht locker, so lange, bis das Projekt überzeugend erledigt ist. Dabei scheut er die direkte, offene Ansprache, ja sogar die ein oder andere klare Auseinandersetzung nicht, wenn es um die Sache geht.

Wach im Urteilen, klar im Denken, präzise und lebensbejahend im Tun, konsequent, klar, deutlich und grundsätzlich dadurch auch erfolgreich – so kennen wir ihn. Und ideenreich und voller Initiativen, die seiner geliebten Heimatstadt Bistritz in besonderem Maße zugutegekommen sind. Hans kann Menschen für wertvolle Projekte begeistern. Von der Renovierung des ehrwürdigen Gotteshauses nach dem verheerenden Brand 2008 bis zu der Wiedereinweihung 2023 oder den beiden großen Sachsentreffen in Bistritz 2010 und 2019 unter seiner Ägide.

Hans Franchy hat Siebenbürgen und Rumänien auch für zahlreiche Freunde und Bekannte, viele Nichtsiebenbürger geöffnet. Seine langjährig von ihm initiierten und geleiteten Busreisen waren für viele voller neuer dankbarer Erkenntnisse und Erfahrungen. Und wenn es um die Heimatortsgemeinschaft Bistritz-Nösen, um Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen geht, werden die Aufgaben so bewältigt, dass wir alle im Einvernehmen und mit innerer Freude und Zufriedenheit daran mitwirken können. Hans schafft es seit Jahren, uns, seine Wegbegleiter, in diesen Bann zu ziehen, um auch für unsere Gemeinschaft da zu sein und mit ihr und durch sie Erfreuliches auch in Bistritz zu bewirken.

Wollen wir eine Bilanz der Heimatortsgemeinschaft Bistritz-Nösen während der letzten fast 20 Jahre ziehen, dann führt kein Weg an Hans Franchy vorbei. Für seine Heimatstadt Bistritz, für das Nösnerland, für die Bistritzer Gesellschaft von heute, für Bistritzer und Nordsiebenbürger in Deutschland und Österreich, für jeden von uns war und ist Hans ein Glücksfall. Das „Bistritzer Modell“, bei dem die Stadtverwaltung auf die berührende Geschichte der Siebenbürger Sachsen in dieser Stadt zurückgreift, wo seit zehn Jahren ein von der Stadt gefördertes Evakuierungsdenkmal steht (für das Denkmal am Dominikanerplatz hat die HOG 30 000 Euro ausgegeben, für die Gestaltung des Dominikanerplatzes die Stadtverwaltung 300 000 Euro), wo zwei Sachsentreffen in großem Stil von der Stadtverwaltung mitfinanziert wurden, wo jährlich für die kleine deutsche Gemeinschaft der Ostermarkt stattfindet, gäbe es ohne das entschiedene Zutun von Hans Franchy und „seiner“ HOG so nicht.

Hans Franchy hat immer wieder deutlich seinen Dank und seine Anerkennung für die fruchtbare Begleitung, für die Treue und weitreichende Unterstützung in all den Jahren den einzelnen Mitgliedern unseres Vereins, den großzügigen Spendern im Laufe der Jahre, ohne deren Einsatz wir kaum etwas erreicht hätten (etwa eine halbe Million Euro sind kein Pappenstiel!), den zahlreichen Mitgliedern, die in unserem Vorstand aktiv mitwirken an vielen sinnvollen Unternehmungen in Siebenbürgen, in Österreich, in Deutschland, den zahlreichen Partnern aus der Stadtverwaltung Bistritz, hier speziell den beiden Bürgermeistern Ovidiu Teodor Crețu und Ioan Turc, der evangelischen Kirchengemeinde Bistritz, hier seien Pfarrer Johann Dieter Krauss, das Presbyterium und besonders Kuratorin Katharina Borșoș hervorgehoben, aus dem Deutschen Forum Bistritz, hier seien Christian Roth und Hermine Pal lobend genannt, der deutschen Abteilung des Bistritzer Nationalkollegs „Liviu Rebreanu“, den aktiven Mitstreitern aus dem Nösnerland, aus dem Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Österreich, aus dem HOG-Verband ausgesprochen.

Dr. Hans Georg Franchy und wir mit ihm haben durch unser Tun und Mitwirken Großartiges erlebt, etwa die historische Feier 450 Jahre seit der Vollendung des Umbaus der Evangelischen Kirche 1563 durch Petrus Italus und der einzigartigen ökumenischen Erklärung der hohen Würdenträger der christlichen Konfessionen Siebenbürgens 2013, die aktuelle gründliche Renovierung des Bistritzer Gymnasiums, bemerkenswerte Bistritzer und Nordsiebenbürger Treffen im Laufe der Jahre, gemeinschaftsförderne Vorstandstreffen etwa in Nürnberg, in Drabenderhöhe, in Bistritz, in Altmünster, in Sulzheim, kürzlich in Gmunden – wir haben unter seiner gekonnten Leitung das Feld gut bestellt und können erhobenen Hauptes auf diesen wesentlichen Abschnitt der deutschen Mitwirkung für die uns zusammenführende Stadt Bistritz in Nordsiebenbürgen nach 1990 zurückblicken.

2024 ist ein besonderes Jahr für uns. Die Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen im Herbst 1944 jährt sich zum achtzigsten Mal. 2014 äußerte Hans Franchy dazu in Dinkelsbühl: „Die Evakuierung der Deutschen aus Nordsiebenbürgen war in der Weltgeschichte eine Episode am Rande, fü̈r uns – die Betroffenen und deren Nachkommen – jedoch eine existentielle Herausforderung. Aber sie war letztlich nicht nur Leid, sondern auch Erfolg.“ Die Integration der Siebenbürger Sachsen sei gelungen. Und unsere lobenswerte Beziehung zu unseren Ursprüngen sei auch unserer Heimatortsgemeinschaft zu verdanken.

Wir haben während der letzten 20 Jahre in Bistritz und in unserer noch festgefügten nordsiebenbürgischen Gemeinschaft Flagge gezeigt und blicken auf vielfach und vielseitig wahrnehmbare Erfolge zurück. Dazu gehört das im Januar 2024 in Bad Kissingen begonnene und noch vor uns liegende erlebbare Gedenken 2024 in Nürnberg, Dinkelsbühl, Drabenderhöhe, Wels, Dorna Watra und Bistritz.

Lieber Hans, ich behaupte: Du kannst anpacken, führen und begeistern! Was ist aus meiner Sicht deine Glanzleistung? Deine Glanzleistung ist dein herausragender und leidenschaftlicher Einsatz für Bistritz und unsere Heimatortsgemeinschaft. Der du treu gedient hast. Du hast dabei dein diplomatisches Geschick und zugleich viel Herzblut eingebracht. Wenn man über so viele Jahre verantwortungsvoll dieses Amt in verschiedenen Situationen zu führen hat, dann gewinnt auch deine Stimme, gewinnen deine Wortbeiträge und Ideen, deine Anregungen und Initiativen, die wir immer wieder schätzen durften, an Gewicht. Du hast immer den nötigen Mut gehabt, auch unbequeme Fragen zu stellen. Und wenn du selbst gefragt wurdest, auch unbequeme Antworten zu geben, wenn dies notwendig war, das haben wir ebenso geschätzt. Ausgezeichnet hat dich zu jeder Zeit deine zutiefst demokratische Einstellung, etwa Abstimmungen zu akzeptieren und neue Handlungsmöglichkeiten darzulegen. Über allem stand deine Überzeugung: Es muss unseren Interessen dienen sowie der Heimatortsgemeinschaft und der Stadt Bistritz nutzen. Das galt auch für die verstärkte Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb des Vereins, für deine Kontaktpflege zu allen politischen Instanzen und nicht zuletzt für deinen Einsatz um gute, fruchtbringende Zusammenarbeit mit all denjenigen, die letztlich für uns von Bedeutung sind: die örtliche Politik, die evangelische Kirche, das Demokratische Forum. Dein langjähriges Wirken war zielführend, gewinnbringend und zugleich beispielhaft. Dabei ist der gesellige Typ Hans Franchy nicht zu kurz gekommen. Wir haben erfolgreich versucht, ein Stück deutsche Kultur des Ostens zu retten. Das Aufrechterhalten und Festigen unserer Vereinsstruktur waren dir alle Mühen wert. Herkunft, Heimat und Herz sind berührt, lieber Hans, als Gestalter warst, bist und bleibst du ein würdiger, ehrbarer und verdienstvoller Bistritzer und gleichzeitig erfolgreicher Vereinsleiter der Heimatortsgemeinschaft Bistritz-Nösen. Danke, Hans.

Horst Göbbel

Schlagwörter: Verbandsleben, Bistritz, Nordsiebenbürgen, HOG, Wiehl

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