Kommentare zum Artikel

5. November 2009

Verbandspolitik

Europa heute: Wer bannt die Dämonen?

Bei den 32. Andechser Europatagen zog die Paneuropa-Union Deutschland eine Bilanz der 20 Jahre seit dem Fall des Eisernen Vorhanges. Nationalismus und etatistischer Provinzialismus bedrohen die europäische Einigung und alte Strukturen gewinnen wieder an Macht. Kann der klare Blick behalten werden und können die Gespenster der Vergangenheit gebannt werden? Darüber diskutierten die Teilnehmer des Podiumsforums am 18. Oktober im Kloster Andechs, zu dem Bernd Posselt, MdEP und Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, eingeladen hatte. mehr...

Kommentare

Artikel wurde 8 mal kommentiert.

  • bankban

    1bankban schrieb am 05.11.2009, 07:50 Uhr:
    Der Name von László Tőkés ist in beiden Bildunterschriften falsch geschrieben worden. Der kalvinische Bischof hat aber ein ziemlich großes Selbstbewusstsein, sich als "Repräsentant" der gesamten ungarischen Minderheit auszugeben. (Ich zumindest habe nirgends gelesen, er sei von DER ungarischen Minderheit beauftragt worden, sie auf dieser Tagung zu vertreten). Seine Sicht auf die Gegenwart ist, gelinde gesagt, simpel: einfach alles Übel auf den Kommunismus zurückzuführen, ohne die mentalitätsmäßigen Traditionslinien aus der Zwischenkriegszeit zu berücksichtigen, ist eine Verkürzung der komplexen Phänomene. Die Regierungen in Bukarest, Budapest etc. einfach mit dem Label "postkommunistisch" zu versehen, ist semantisch eine Nullaussage, denn jede Regierung nach dem Kommunismus ist eine postkommunistische Regierung. Er meinte wohl "neokommunistisch", ein Ausdruck mit dem Nationalisten in Rumänien wie in Ungarn die Sozialdemokraten benennen, um sie so in ein negatives Licht zu rücken. Tőkés spricht zurecht von den in Osteuropa vorhandenen Nationalismen, nur vergisst er seltsamerweise, zu erwähnen, welche Rolle er selbst in den 1990er Jahren spielte, als er eine alles andere als gemäßigte Position in den ungarisch-rumänischen Streitigkeiten bezog.
  • Manon

    2Manon schrieb am 05.11.2009, 10:40 Uhr:
    @ bankban:
    „Postkommunistisch“ ist sehr whl der richtige Begriff. Es braucht sich dabei nicht um Neokommunisten zu handeln.
    Kein Mensch würde etwa die Adenauer-Regierung als „postfaschistisch“ bezeichnen.
    Im Falle Rumäniens geht es um eine faktische Kontinuität der politischen Mechanismen und Geheimdienststrukturen, die während der Zeit des Kommunismus entstanden sind.
  • bankban

    3bankban schrieb am 05.11.2009, 10:51 Uhr:
    "Mit dem Begriff Postkommunismus (nach dem Kommunismus) bezeichnet man die Zeit bzw. die Staaten nach dem so genannten Realsozialismus, die vor allem nach den Umwälzungen und friedlichen Revolutionen ab 1989 und nach der Auflösung der Sowjetunion deren Nachfolge angetreten haben." Wikipedia.
    Die Adenauerregierung kann man schon deshalb nicht als "postfaschistisch" bezeichnen, weil das Dritte Reich kein faschistischer Staat war, sondern ein nationalsozialistischer. Und "postnationalsozialistisch" würde wiederum zutreffen.-
  • Manon

    4Manon schrieb am 05.11.2009, 11:36 Uhr:
    @ bankban:
    Danke für die nachträgliche Bestätigung dessen, was ich oben schrieb! Wenn man nämlich mit „Postkommunismus“ die Zeit bezeichnet, die Staaten nach dem so genannten Realsozialismus angetreten haben, so wird in dem hier kommentierten Artikel nichts anderes behauptet, als dass diese Zeitspanne 20 Jahre danach immer noch ununterbrochen fortbestanden hat und fortbesteht.

    Bei Ihrer Tendenz den Präfix „Post-“ zu verwenden, befinden wir uns im Jahre 2009 irgendwie immer noch in einer poststeinzeitlichen Epoche. (Natürlich lässt sich das auch in „neosteinzeitlich“ übertragen, was weder zu bestreiten noch als große Erkenntnis zu preisen wäre.)

    [Beitrag am 05.11.2009, 11:37 von Manon geändert]
  • bankban

    5bankban schrieb am 05.11.2009, 11:42 Uhr:
    @ Manon: "...was weder zu bestreiten noch als große Erkenntnis zu preisen wäre." und was hab ich anderes geschrieben in dem ersten Beitrag: "semantische Nullaussage"! q.e.d.
  • Manon

    6Manon schrieb am 05.11.2009, 11:45 Uhr:
    @ bankban:
    Erzählen Sie mal einem bundesdeutschen Politiker, dass er einer „postnationalsozialistischen“ Partei angehört!
  • bankban

    7bankban schrieb am 05.11.2009, 11:51 Uhr:
    kein Thema, bei der nächsten Gelegenheit! ;-))
  • Lavinia

    8Lavinia schrieb am 05.11.2009, 22:12 Uhr:
    "Nationalismus und etatistischer Provinzialismus bedrohen die europäische Einigung..."
    Tökés spricht von einer gewachsenen Toleranz zw. den Völkern SBB, die im 20 Jh. gestört worden sei. Von zwei Weltkriegen. Dann wird seine Argumentation monokausal und weist nur noch auf den Kommunismus als Grund für die Intoleranz hin. Dadurch, dass er den „flüchtigen“ Geist von Temesvar herausstellt, verklärt er ihn zu einem innewohnenden Teil der demokratischen Revolution, die jedoch nicht allein in Temesvar stattfand. Wie schnell er verflog, falls er überhaupt existierte und wie sehr er auf das Erlangen persönlicher Vorteile ausgerichtet war, zeigen, gleich nach der Revolution, die Zahlen der Ausreisewilligen. Seine Therapie: gemeinsame Anstrengungen auf EU-Ebene, um „die Dämonen“ zu beseitigen. Aha. Exorzismus also.
    Ein großes Übel(hier: Krebs… Vergleiche mit Teilen des menschlichen Körpers, mit Tieren oder Krankheiten haben immer das Ziel zu emotionalisieren, also vom Sachlichen abzulenken)ist die Korruption, stellt Prof. Kucera fest. „Dies versuche man vielfach durch Nationalismus und Populismus zu überspielen.“ Nein, diese Erklärung für den sich ausbreitenden Nationalismus ist hanebüchen. Und auf den (gottgegebenen?) Hass zwischen den Völkern abzustellen, dem man sich anschickt „geistige und moralische Werte“ entgegenzusetzen, wie einfach kann man sich Weltbilder eigentlich noch zusammenstricken?
    Fakt ist, dass Osteuropäer in Westeuropa hauptsächlich als Saisonsarbeiter, jung, kräftig und billig müssen sie sein, unterkommen oder im Rotlichtmilieu Abnahme finden. Fakt ist, dass die Osteuropäer sich viel mehr versprochen haben von einer EU. Die klaffende Wohlstandsschere, die sozialen Probleme, deren Lösung nicht in Angriff genommen wird, der enorme Konkurrenzdruck aus der Mitte der EU führt dazu, dass es immer mehr Befürworter für nationale Lösungsmodelle gibt. Der Nationalismus ist m.E. der Versuch, wenigstens regional und sozial begrenzt den Durchbruch zu schaffen. Vom Randbereich der EU in deren Mitte. Ich meine, dass eine Ethnisierung sozialer und ökonomischer Fragen nach 1989 passierte. Ob und wie viel die sehr konservative Pan-Europa Union, mit stark monarchistischen Tendenzen, dem Atheismus und dem Abtreibungsverbot zu einer Modernisierung auf sozialer Basis beitragen kann, wird im Zweifellsfall von der Richtigkeit ihrer Diagnose für Osteuropa abhängen.


    [Beitrag am 05.11.2009, 22:17 von Lavinia geändert]

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