3. Oktober 2007

"Humanismus und europäische Identität. Der Fall Siebenbürgen"

„Humanismus und europäische Identität. Der Fall Siebenbürgen: Die erste verbriefte Religionsfreiheit” ist ein internationales Symposium überschrieben, das die Melanchthon-Akademie und das Melanchthonhaus Bretten gemeinsam mit dem Siebenbürgen-Institut Gundelsheim vom 3. bis 6. Oktober 2007 in der Evangelischen Akademie in Neppendorf bei Hermannstadt (Sibiu)ausrichten.
Die internationale wissenschaftliche Tagung ergänzt die Präsentation der neu konzipierten Wanderausstellung des Melanchthonhauses mit dem Titel „Grenzen überwinden. Die europäischen Bedeutung Philipp Melanchthons”, die vor vier Wochen in Hermannstadt ihre Premiere hatte. Die Überblicksschau zeigt, dass Religion und Humanismus keinen Gegensatz bilden, sondern zu den wertvollsten Traditionen der Idee des Hauses Europa gehören, zu dem selbstverständlich auch die neuen Mitglieder der Europäischen Union in Ostmitteleuropa zählen. Schon Mitte des 16. Jahrhunderts galt gerade in Hermannstadt und Siebenbürgen eine gegenseitige Akzeptanz verschiedener Glaubensrichtungen. Die Religionsfreiheit war politisch verbrieft.

Mit Blick auf das Thema der Ausstellung wird ein wichtiger Aspekt des Symposiums in den vielfältigen Beziehungen zwischen Melanchthon und Siebenbürgen bestehen, die sich vor allem an zwei Namen festmachen lassen: Johannes Honterus und Valentin Wagner. Mit seinen inhaltlich eng untereinander verbundenen Bemühungen um Glaubens-, Bildungs- und Rechtsreform sowie mit seiner Tätigkeit auf allen Feldern der studia humaniora weist Honterus ein ähnliches intellektuelles Profil wie Melanchthon auf. Neben konkreten Abhängigkeiten scheint besonders die gemeinsame Verwurzelung im Humanismus ausschlaggebend. Der Humanismus, der eine neue Sicht auf die Tradition der Kirchenväter eröffnete, bildet auch die Grundlage für das Wirken von Valentin Wagner. Er war Schüler von Honterus und Student Melanchthons. Seine intensive Beschäftigung mit den Kirchenvätern folgt nicht nur der Intention der direkten, von der scholastischen Tradition ‚bereinigten’ Annäherung an die Bibel, sondern ebenso der Annäherung an die ostkirchliche Orthodoxie, um die auch Melanchthon bemüht war.

Siebenbürgen, dessen Reformationsgeschichte in besonderem Maße mit den vielfältigen politischen, kulturellen und religiösen Tendenzen in Europa verbunden ist, erweist sich als ein hervorragendes Beispiel, die komplizierte Vernetzung der gesamteuropäischen Entwicklungen deutlich werden zu lassen. Dabei lohnt es sich zu untersuchen, inwieweit nach dem Scheitern der universalistischen Einheitsidee es gerade die verbindende Kraft des Humanismus war, welche über die nationalen, kulturellen und konfessionellen Grenzen hinweg Möglichkeiten und Ansätze der Verständigung und des Ausgleichs eröffnete.

Die Tagung findet in der evangelischen Akademie Siebenbürgen in Neppendorf (Hermannstadt) statt. Es referieren Wissenschaftler der unterschiedlichsten Disziplinen aus Rumänien, Ungarn, Belgien, Österreich und Deutschland. Die wissenschaftliche Leitung der Veranstaltung hat der Kustos des Melanchthonhauses PD Dr. Günter Frank.

Franz Csiky

Schlagwörter: Tagung, Kirche und Heimat

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