11. Oktober 2006

Städtepartnerschaft Dinkelsbühl – Schäßburg offiziell besiegelt

Europa wächst zusammen. Über Ländergrenzen und räumliche Distanzen hinweg. Der europäische Gedanke setzt sich auch über vormals trennende Ideologien hinweg, über konfessionelle oder Mentalitätsunterschiede. Wie wirkmächtig diese politische Idee noch werden kann, hängt ab von dem Grad ihrer Ausbreitung in den Köpfen und Herzen der Bürger. „Europa“ durchströmte im mittelfränkischen Dinkelsbühl in den Tagen vom 29. September bis 1. Oktober gleichermaßen Politiker, Funktionäre und Bürger deutscher wie rumänischer Nationalität. Nach sechsjähriger Anbahnung wurde die Städtepartnerschaft zwischen Dinkelsbühl und dem siebenbürgischen Schäßburg am 29. September 2006 im Rahmen eines Festaktes offiziell besiegelt. Die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, die den Anstoß zu dieser Städtepartnerschaft gegeben hatte, war durch ihren stellvertretenden Bundesvorsitzenden und Vorsitzenden des Landesverbandes Bayern, Dr. Bernd Fabritius, vertreten. Ebenso in Dinkelsbühl veranstaltete die Heimatortsgemeinschaft Schäßburg an den beiden Folgetagen ihr in dreijährigem Turnus stattfindendes Treffen. Die Fränkische Landeszeitung berichtete über beide Ereignisse ausführlich.
Von einem „historischen Moment“ sprach Dr. Ingo Friedrich, Vizepräsident des Europaparlaments, in seiner Festrede anlässlich der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunden. Der Europapolitiker verknüpfte den Zeitpunkt der offiziellen Besiegelung dieser deutsch-rumänischen Städtepartnerschaft mit dem erst kürzlich festgelegten EU-Beitrittsdatum für Rumänien, dem 1. Januar 2007. Die Partnerschaft zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg stehe symbolisch für Europa, in dem es nach dem Zweiten Weltkrieg immer um die Aussöhnung ehemaliger Feinde gegangen sei. Persönliche Bindungen seien die beste Möglichkeit, Vertrauen zu den Nachbarn aufzubauen. Europa lebe von persönlichen Begegnungen und Freundschaften. Die neue Partnerschaft habe durch über 50 Heimattage der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl eine lange Tradition.

Gleichfalls mit einem Akzent auf dem zeitgeschichtlich relevanten europäischen Kontext betonte Dinkelsbühls Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer in seiner Ansprache die mit der neuen Partnerschaft einhergehende Verpflichtung von „uns allen, jetzt Raum für Begegnungen und Gedankenaustausch zu schaffen“. Alle Organisationen, Verbände, Einrichtungen und Menschen seien nun aufgefordert, die Zukunft zu gestalten. Durch die neue Partnerschaft solle auch verhindert werden, dass jene „Verwirrungen der vergangenen 100 Jahre“, die sich in Dinkelsbühl und Schäßburg widerspiegelten, jemals wieder geschehen.
Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde: Schäßburgs Bürgermeister Ioan Dorin Dăneșan (links) neben seinem Dinkelsbühler Amtskollegen Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer. Foto: Ingrid Metzner
Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde: Schäßburgs Bürgermeister Ioan Dorin Dăneșan (links) neben seinem Dinkelsbühler Amtskollegen Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer. Foto: Ingrid Metzner


Schäßburgs Bürgermeister Ioan Dorin Dăneșan erinnerte in seiner Rede an wichtige Etappen auf dem Weg zur Vollendung dieser Partnerschaft mit der Großen Kreisstadt. Beide Städte hätten nicht nur viele historische Gemeinsamkeiten, Parallelen ergäben sich auch bei modernen Projekten oder aktuellen Problemen. Das gegenseitige Interesse müsse im gegenseitigen Kennenlernen münden, denn nur durch den ständigen gegenseitigen Austausch könne Europa wachsen, so Daneșan. Zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg solle es gemäß den in der Partnerschaftsurkunde formulierten Zielen künftig gemeinsame Projekte geben, beispielsweise einen Schüleraustausch. Dinkelsbühl habe sich als „großartiger Gastgeber“ erwiesen. In einem feierlichen Zeremoniell, das den Festakt, dem ein ökumenischer Gottesdienst im Münster St. Georg vorausgegangen war, krönte, folgten die Unterzeichnung der Urkunde sowie der Eintrag in das Goldene Buch der Stadt.

„Heimatlicher Mittelpunkt der Siebenbürger Sachsen“


Das zweitägige Schäßburger Treffen am 30. September und 1. Oktober stand folgerichtig im Zeichen dieses Festaktes. Zur offiziellen Eröffnung fanden sich rund 500 Teilnehmer am Samstagnachmittag im Schrannen-Festsaal ein. Hermann Theil, stellvertretender Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft (HOG) Schäßburg e.V., begrüßte die Saalgäste im Namen der Ausrichter, der Schäßburger Nachbarschaft Nürnberg-Fürth-Erlangen sowie des Vorstandes der HOG Schäßburg. Die HOG habe, so Theil, das Vorhaben einer Städtepartnerschaft zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg von Anfang an befürwortet, „im Sinne der allseits beschworenen Rolle als Brückenbauer vermittelt, begleitet und gefördert“. Mit diesem Treffen verknüpfe er persönlich die Hoffnung, dass es „den natürlichen Rahmen für intensive Gespräche zwischen den Teilnehmern beider Städte bietet und sich dadurch Ansätze für weitere, intensive, breite Zusammenarbeit ergeben.“ Unter den Ehrengästen begrüßte der HOG-Sprecher u. a. den Dinkelsbühler Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer, Bürgermeisterin Hildegard Beck, stellvertretende Vorsitzende des Freundeskreises Dinkelsbühl – Schäßburg/Sighișoara, ferner Schäßburgs Bürgermeister Ioan Dorin Dăneșan, Hermann Baier, ehemaliger Leiter der Bergschule und Vorsitzender des Schäßburger Freundeskreises Sighișoara-Dinkelsbühl, als Festredner den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr mit Gattin, und nicht zuletzt, neben aus Schäßburg angereisten Vertretern der Evangelischen Kirche sowie des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, den Vorsitzenden des Dachverbandes der Heimatortsgemeinschaften, Michael Konnerth.

Wie die Fränkische Landeszeitung berichtete, wurde in den Grußworten der beiden Amtskollegen Dr. Christoph Hammer und Ioan Dorin Dăneșan, von Hildegard Beck und Hermann Baier die zur Verwirklichung dieser Städtepartnerschaft von der Heimatortsgemeinschaft und der Landsmannschaft geleistete Brückenbaufunktion nochmals anerkannt und gewürdigt. Den dynamischen Prozess der Anbahnung der Städtepartnerschaft nachskizzierend, wies Volker Dürr in seiner Festrede auf die im Verlaufe vieler Jahrzehnte gewachsenen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Dinkelsbühlern und Siebenbürger Sachsen hin. Diese hätten ihren Ausdruck gefunden in der beim Heimattag zu Pfingsten 1985 unterzeichneten Partnerschaftsvereinbarung mit der Stadt, die in dem Dokument als „heimatlicher Mittelpunkt der Siebenbürger Sachsen, Zentrum ihrer landsmannschaftlichen Begegnungen mit zahlreichen kulturellen Veranstaltungen, ihrer Darstellung der Heimattreue und des Gedenkens geworden“ sei. Auf dem Fundament dieser vertrauensvollen Partnerschaft zwischen der Stadt Dinkelsbühl und der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen sei vor sechs Jahren die „gemeinsame Initiative zur Schaffung einer weiteren Partnerschaft zwischen dem fränkischen Dinkelsbühl und dem siebenbürgischen Schäßburg in Rumänien“ erwachsen, die nun feierlich besiegelt worden sei. Zu dieser Partnerschaft beglückwünschte der Bundesvorsitzende „unsere Partnerstadt Dinkelsbühl und meine Vaterstadt Schäßburg“ im Namen der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und der Föderation der Siebenbürger Sachsen.

Die Eröffnungsveranstaltung umrahmten die Trachtengruppe der landsmannschaftlichen Kreisgruppe Dinkelsbühl-Feuchtwangen, eine Kindertanzgruppe aus Schäßburg sowie die Instrumentalgruppe „Siebenbürgisch-Sächsische Stubenmusik“ aus München. Am Nachmittag wurden eine Reihe von öffentlichen Vorträgen über Schäßburg und Siebenbürgen gehalten. Im Kleinen Schrannensaal referierten u.a. Dr. Christoph Machat, Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats, über Schäßburg und seine kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten, Jessica Douglas-Home, Vorstandsvorsitzende des Mihai-Eminescu-Trust, London, mit einer Video-Botschaft des britischen Thronfolgers Prince Charles, und Waltraud Eberle, Tochter des insbesondere auch in siebenbürgischen Kreisen ob seiner Kirchenburgen-Aquarelle bekannten Malers Friedrich Eberle, und Gustav Schneider über das traditionelle Skopationsfest auf der Schäßburger Breite. Mit abendlichem Tanz und Unterhaltung fand der erste Tag des Treffens seinen Ausklang. Die in den Veranstaltungsräumen gezeigte Ausstellung Schäßburger Künstler war eine zusätzliche Attraktion des Treffens, das am Sonntag seine Fortsetzung fand mit einem Festgottesdienst in der Evangelischen St.-Pauls-Kirche. In dem von Pfarrer Lothar Schullerus und Diakon Heinz-Georg Rieck gemeinsam gestalteten Gottesdienst sang der aus Schäßburg angereiste Kirchenchor unter der Leitung des Organisten Theo Halmen.

Im Rahmen des Schäßburger Treffens fand eine Mitgliederversammlung der HOG Schäßburg e.V. statt, bei der ein neuer Vorstand gewählt wurde. Dem aus dem Amt scheidenden, langjährigen Vorsitzenden Walter Lingner folgt der ehemalige Schäßburger Stadtpfarrer Dr. August Schuller nach. Um die Bedeutung des grenzüberschreitenden Brückenschlags in Form der frisch besiegelten Städtepartnerschaft zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg nachdrücklich zu unterstreichen, wurde beschlossen, dass das Schäßburger Treffen künftig immer in Dinkelsbühl stattfinden solle.

Christian Schoger



Schlagwörter: Städtepartnerschaft, Dinkelsbühl, Schäßburg, Christoph Hammer

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