21. April 2024

Hegt wird gesangen!: „De Kirsche blähn än asem Guërten“

Das wunderschöne Liebeslied „De Kirsche blähn än asem Guërten“ feiert heuer seinen 100. Geburtstag. Anna Schuller-Schullerus fügte es in das Bühnenstück „De Kircheväter vun Hiëlt“ (1924) ein. Auf den Hügeln in der Umgebung von Heltau wurde intensiver Obstbau betrieben. Die Kirschblüte im benachbarten Michelsberg, die alljährlich viele Ausflügler aus Hermannstadt und Umgebung anlockte – leider sind die Gärten inzwischen verwildert –, hüllte die Hügel in eine strahlend weiße Decke ein.
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Logo der Rubrik „Hegt wird gesangen!“, gestaltet von Sieglinde Bottesch
Hören Sie das Lied „De Kirsche blähn än asem Guërten“ mit dem Schäßburger Kammerchor unter siebenbuerger.de/go/871U, mit Waltraud Zoppelt und Hans Krauss unter siebenbuerger.de/go/872U sowie mit dem Reußmarkter Chor unter siebenbuerger.de/go/873U.

Anna Schuller-Schullerus, (*1869 Fogarasch, †1951 Hermannstadt) wuchs – trotz großer politischer, sozialer und wirtschaftlicher Veränderungen während ihrer Kindheit und Jugend – behütet in einer intellektuellen und sehr traditionsbewussten Pfarrfamilie in Schönberg auf. Ihr Vater, der namhafte, publizistisch tätige Theologe Adolf Gustav Schullerus (1833-1900), hatte in seiner Jugend Kontakte zu führenden Achtundvierzigern gehabt, als Pfarrer (Fogarasch, Schönberg, Großschenk) den Bischof G. D. Teutsch auf seinen Generalkirchenvisitationen begleitet und sich mit diesem aktiv für einen Pfarrstand als wirtschaftlich und sozial engagiertes, den Fortschritt tragendes Zentrum des Dorflebens eingesetzt. In diesem Geist wuchs Anna Schullerus gemeinsam mit den Brüdern D. Dr. Adolf Schullerus (1864-1928), dem später renommierten Volkskundler, Sprachwissenschaftler, Stadtpfarrer und Senator, sowie dem erfolgreichen Maler Fritz Schullerus (1866-1898) auf Pfarrhöfen (Schönberg ab 1872, Großschenk ab 1894) heran. Sobald Frauen als Lehrerinnen zugelassen wurden, legte sie die Befähigungsprüfung ab und nahm im Beruf ihre Möglichkeit des sozialen Engagements wahr. Von 1903 bis 1912 war sie Lehrerin an der Hermannstädter Mädchenschule. 1912 heiratete sie den Pfarrer Michael Schuller (1862-1940), dem sie nach Schaas folgte.

Seit 1887 veröffentlichte Anna Schuller-Schullerus mit jährlicher Regelmäßigkeit in Kalendern zunächst feinfühlige mundartliche Erzählungen aus der Kinderwelt, die in wechselnder Gestalt die Trübung behüteter Idylle und deren Bewältigung durch innere Kraft zum Gegenstand haben und die zum Teil 1904 in dem Band „Hiemwih“ und 1916 in vorzüglicher deutscher Übersetzung bei Amelang in Leipzig erschienen. 1898 erschien ihr auf den Dorfbühnen erfolgreiches mundartliches Theaterstück „Äm zwien Krezer“, dem weitere Lustspiele und Dramen folgten („Der Gänjzelroken“, „De Kircheväter vun Hiëlt“), bis hin zu dem nachgelassenen tragischen Stück „Der Hih Burchprich“. Weitere Erzählungen und Kunstmärchen markieren den Höhepunkt ihrer Mundartdichtung. 1917 wechselte sie häufiger ins Standarddeutsche und veröffentlichte erneut in Kalendern eine Serie Erzählungen, gesammelt in dem Band „Aus dem Waldland“ (1931), die häufiger tragisch umdüstert sind und nicht die heitere Gelenkigkeit der frühen erreichen. Ihre Gedichte hat Anna Schuller-Schullerus nie gesammelt. Einige sind in ihren Theaterstücken enthalten, andere verstreut in Anthologien. Mit Melodien versehen, haben ihre Lieder nichts an Popularität verloren und sind ein wichtiger Bestandteil unseres Liedschatzes in Mundart geworden: „De Schwalfker“ (Der Bäsch widd giël), „Riseliedchen“ (Der Sommer äs verblächen), „Det Gänjzelrokelied“ (Wonn Advent den Dåånz es spärrt), „De Honneffi det Fiëld beschregt“, „Risken“ (Ech kåm um Risestroch verbä), „Wonn der Härwest kitt iwwert Rej“, „Rosmarin“ (Rosmarinestrecheltchen). Sicher war sie für ihre jüngere Freundin Grete Lienert-Zultner ein Vorbild für ihre schöpferische Arbeit. Gemeinsam hielten sie Vortrags- und Liederabende.
„Es ist geradezu als ihr Hauptverdienst anzusehen, dass Anna Schuller-Schullerus es verstanden hat, in diesem engen Stoff- und Lebenskreis Bedeutungen zu entdecken, die die Enge überschreiten, Gestaltungsmittel, die volkstümlich und doch zutiefst künstlerisch sind, so dass sie aus der Sphäre der Kalender- und Heimatschriftstellerei in Bereiche wahrer Kunst vorzustoßen vermochte.“ (Michael Markel, S. 9, Anna Schuller-Schullerus, „Ausgewählte Schriften“, besorgt und eingeleitet von Michael Markel, Kriterion Verlag Bukarest 1972 – antiquarisch noch erhältlich)

Angelika Meltzer

Schlagwörter: Hegt wird gesangen, Lieder, Mundart

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