4. März 2024

„Die Kirchenburgen haben ihre Menschen verloren“: Geschäftsführer der Stiftung Kirchenburgen, Philipp Harfmann, hielt Vortrag in Luckau

Am Abend des 22. Februar folgte im Gemeindesaal der evangelischen Kirche St. Nikolai Luckau eine begeisterte Zuhörerschaft den Ausführungen Philipp Harfmanns, Geschäftsführer der Stiftung Kirchenburgen, über die Kirchenburgen in Siebenbürgen und die Arbeit der Stiftung.
Philipp Harfmann stellt sich nach dem Vortrag den ...
Philipp Harfmann stellt sich nach dem Vortrag den Fragen des Publikums. Foto: Brigitte Kramer
Luckau ist eine Kleinstadt in der Niederlausitz im Bundesland Brandenburg. Zwischen den Kirchengemeinden Luckau und Kronstadt in Siebenbürgen gibt es schon seit Jahren freundschaftliche Beziehungen. Zwischen der EKBO (Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz), zu der St. Nikolai Luckau gehört, und der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) besteht eine Partnerschaft. Die EKBO sieht sich mit dem Negativtrend in der Entwicklung der Mitgliederzahl konfrontiert. Was in Siebenbürgen nach 1990 schlagartig durch Abwanderung passierte (Anfang des 20. Jahrhunderts lebten etwa eine Viertelmillion Sachsen dort, heute sind es noch ca. 13.000), ist zwar in der EKBO nicht akut, geschieht dennoch, langsam aber stetig. Harfmann formulierte es so: „Die Kirchenburgen haben ihre Menschen verloren.“ In der EKBO sind es die Kirchen, die die Menschen verlieren.

Zu Beginn stellte Harfmann einige der 165 Kirchenburgen, von denen sieben zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören, 102 Dorfkirchen und zehn Grafenburgen sowie Flucht- und Höhenburgen vor, die ab dem 13. und 14. Jahrhundert entstanden und im Mittelalter zu Wehrburgen befestigt und ausgebaut worden waren. Die Zuschauer konnten sich ein Bild von der baulichen Vielfalt machen, von renovierter, historisch belassener Bausubstanz bis hin zu Ruinen verlassener Kirchenburgen.

All dieses Erbe ging schlagartig nach der großen Auswanderungswelle nach 1990 in den Besitz der EKR über. Die Stiftung Kirchenburgen wurde als Unterstützung der EKR 2015 gegründet und hat als Schirmherren den Präsidenten Rumäniens und den Bundespräsidenten.

Die Schwerpunkte der Tätigkeiten der Stiftung, die mit Beispielen erläutert wurden, sind:

Denkmalpflege mit Schulungen zur Erhaltung der Substanz, Dächerprogramm, Notprogramm, Pflegeprogramm, Erhaltungsprojekte für Kirchen mit Perspektiven, Uhrenprogramm

Nutzungserweiterung: Es sollte keine Kirche entwidmet werden. Beispielhaft für die Erweiterung wurde Holzmengen gezeigt, wo jährlich ein Musikfestival und ein Weihnachtsmarkt stattfinden, und Kirtsch, wo das Burghüterhaus mit EU-Mitteln repariert wurde. Es entstehen dort Gästezimmer, wo sich Mitte März die ersten Testgäste einfinden werden.
Philipp Harfmann erklärt die Wiederverwendung ...
Philipp Harfmann erklärt die Wiederverwendung historischer Bausubstanz. Foto: Brigitte Kramer
Ziel ist es, die Dorfbewohner an der Wertschöpfung teilhaben zu lassen.

Tourismus: Auf diesem Gebiet wird mit Projektpartnern zusammengearbeitet.

Fachtourismus: Unterstützung und Folgeaktivitäten ergeben sich durch Besuche von Fachverbänden und Studierenden, die ihre Arbeiten in dem Fachbereich schreiben.

Die Tätigkeiten im Bereich Bildung sind vielfach. Es wird Aus- und Weiterbildung mit dem Schwerpunkt „Arbeit mit Stein“ angeboten, da in diesem Bereich Fachkräftemangel herrscht.

Der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wird große Aufmerksamkeit geschenkt. Es wurde ein Quiz, ein Memory-Spiel und ein Kartenquartett entwickelt, wo Elemente der Kirchenburgen integriert sind und die man erwerben kann. Schulklassen organisieren Ausflüge und verwenden das Material. Ein Nebeneffekt ist, dass dabei die Eltern für die Denkmalpflege sensibilisiert werden.

Ein wichtiger Punkt der Öffentlichkeitsarbeit ist die Wanderausstellung. Es ist geplant, dass diese Wanderausstellung zu Sommeranfang auch in Luckau besichtigt werden kann.

Fundraising ist ein sehr wichtiges Anliegen der Stiftung. Ohne Geld kann man keine Projekte verwirklichen.

Nach einer kurzen Zusammenfassung hatten die sehr interessierten Zuhörer Gelegenheit, zu diskutieren und dem Referenten Fragen zu stellen. Im Raum stand zuerst die Frage, wozu die Kirchen(burgen) hier wie dort noch mit so viel Aufwand erhalten werden sollen. Diskutiert wurde die Nutzungserweiterung. Man möchte dem entgegentreten, Kirchen zu entwidmen. Eine Zuhörerin nannte das Beispiel einer Kirche in Brandenburg, in der sich nun eine Bank befindet. Durch Nutzungserweiterung könnten die Dorfbewohner aktiv beteiligt und zu Teilhabern der Wertschöpfung werden. Für den inhaltlich interessanten und gut präsentierten Vortrag dankte man am Ende Philipp Harfmann mit den Schlussworten: „Der Vortrag hat mir sehr, sehr gut gefallen.“

Schlagwörter: Vortrag, Kirchenburgen, Siebenbürgen

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