2. Januar 2024

Die Reformation und ihre Ausstrahlung in Siebenbürgen

Die Reformation stellte einen tiefen Einschnitt nicht nur in der deutschen, sondern auch europäischen Geschichte dar und veränderte die politischen und kulturellen Verhältnisse. Der Wittenberger Thesenanschlag hatte Auswirkungen auch im Südosten Europas bis hin nach Siebenbürgen.
Das Honterus-Denkmal vor der Schwarzen Kirche in ...
Das Honterus-Denkmal vor der Schwarzen Kirche in Kronstadt. Foto: Ladislau Dudas
Die Ursachen der Reformation waren in Siebenbürgen kaum anders als in Deutschland. ­Begünstigt durch die Erfindung der Buchdruckerkunst, verbreiteten sich auch hier die Schriften und Flugblätter des Reformators Martin Luther. Siebenbürgische Kaufleute kauften auf ihren Handelsreisen durch Deutschland Luthers Schriften und Studenten oder Wanderprediger brachten sie schon 1519 nach Siebenbürgen mit. Schon 1520 entstand in „Haupt- und Hermannstadt“, dem politischen und religiösen Zentrum der Siebenbürger Sachsen, eine Bewegung, die ins öffentliche Blickfeld trat. Hier hatte die Reformation ihre erste Resonanz in Siebenbürgen. Die humanistisch geprägte Stadtreformation konnte sich endgültig auch in Kronstadt unter maßgeblichem Einsatz des Humanisten Johannes Honterus, des Theologiefreunds von Dr. Martin Luther, durchsetzen. Als Absolvent der Wiener Universität mit Kontakten zu humanistischen Kreisen und deren reformatorischen Gedanken und auch während seines Basler Aufenthaltes unter dem Einfluss von Professoren, die der Wittenberger Ausrichtung anhingen, wurde Joannes Honterus zum Reformator der Siebenbürger Sachsen. 1533 nach Kronstadt zurückgekehrt, richtete er hier eine Druckerei ein, um Luthers Schriften und seinen Werken die Verbreitung zu ermöglichen. Die Forschung ist sich aber einig, dass die Kronstädter mit Honterus an der Spitze erst 1541 auf die Wittenberger Linie einschwenkten.

Wie der Chronist Hieronymus Ostermayer berichtet, wurde in Kronstadt bereits 1542 der katholische Gottesdienst, die „papistische Messe“, abgeschafft und zu Gottes Lob und Ehre die „evangelische Messe“ eingeführt. Ein einheitliches Vorgehen in ganz Siebenbürgen war aber notwendig und daher erteilte der Stadtrat Honterus den Auftrag, zum Abschluss der Reformation und zur Herstellung der kirchlichen Einheit die Reformen schriftlich festzuhalten. So entstand 1543 Honterus „Reformationsbüchlein für Kronstadt und das gesamte Burzenland“. Zunächst lateinisch verfasst, wurde es durch den Hermannstädter Ratschreiber Lukas Trappolder ins Deutsche übersetzt, und das Kronstädter Kapitel schickte drei Exemplare an Mathias Ramser, den Hermannstädter Stadtpfarrer und Dechanten des Hermannstädter Kapitel. Über ihn gelangte es dann zur Begutachtung durch die Reformatoren Luther, Melanchthon, einen Weggefährten Luthers, und Bugenhagen (Stadtpfarrer von Wittenberg). Nachdem es geprüft worden war, erhielt Ramser von allen dreien zusagende und lobende Schreiben. Martin Luther, der ein waches Auge für die Anliegen der siebenbürgisch-sächsischen Kirche hatte, lobte in einem persönlichen Schreiben an Mathias Ramser die reformatorischen Ideen. So wurde auch die Kirche in Hermannstadt im Sinne des Kronstädter „Reformationsbüchlein“ reformiert und ein von der lutherischen Nationsuniversität der Sachsen aus Siebenbürger eingesetzter „Rat gelehrter Männer“ erarbeitete die „Kirchenordnung aller Deutschen in Siebenbürgen“. Die lutherische Kirche wurde bereits 1550 offiziell anerkannt und die Verkündigungssprache ist seitdem Deutsch. Die deutsche Bibel, die deutsche Predigt, in deren Mittelpunkt das Evangelium stand, und das deutsche Kirchenlied hielten ihren Einzug in das Gotteshaus. Mit dem Kirchenlied „Ein feste Burg ist unser Gott“ wurde Luther uns gegenwärtig. Bischof Friedrich Teutsch fasste alles mit den Worten zusammen: „Das Siebenbürger Sachsenvolk wäre nicht deutsch geblieben, wäre es nicht evangelisch geworden.“

Die wichtigsten Errungenschaften und Änderungen, die durch die Reformation in Siebenbürgen erreicht wurden, kann man folgendermaßen zusammenfassen:

- Die evangelisch geprägte Konfession erreichte Selbstständigkeit gegenüber der katholischen Kirche.

- Die „deutsche“, lutherisch geprägte Kirche nahm 1572 ein Bekenntnis („Formula Pii Consensus“) an, wodurch es zur Entstehung der „Evangelischen Kirche A.B. in Siebenbürgen“ kam, wie die Kirche bis heute, allein um die Erweiterung auf das Gebiet von ganz Rumänien „Evangelische Kirche A.B. in Rumänien“ (Landeskirche A.B.), heißt. Auch die rumänischen Orthodoxen aus Siebenbürgen wurden mit den Inhalten der Reformation bekannt gemacht und haben einige Impulse aufgegriffen. Der Einfluss der Reformation und des Luthertums war auch im Kontext der Orthodoxen Theologie spürbar. Die Reformation leistete einen entscheidenden Beitrag für das Selbstvertrauen der Menschen im Bereich des Glaubens und kann als zeitgenössische ökumenische Bewegungen betrachtet werden. Es steht außer Zweifel, dass Orthodoxie und Protestantismus sich innerhalb dieser Bewegung näher kennen gelernt haben. Luthers christlicher, unbeugsamer Glaube hat alles reformiert und zum Miteinander vieler Konfessionen geführt. Luther forderte alle, Protestanten, Katholiken und Orthodoxen auf, das christliche Selbstverständnis und die theologischen Aufgaben zu bedenken.

Heutzutage werden ökumenische Gottesdienste überall gefeiert, und die Ökumene hat es so weit gebracht, dass es im Gottesdienst einen einheitlichen Text für das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis in der jeweiligen Sprache gibt. Die Dringlichkeit einer „Ökumene der Religionen“ ergibt sich auch aus dem Zusammenleben in der multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft in Siebenbürgen. Sie soll zur Versöhnung und Frieden führen.

Peter Betsy, Augsburg

Schlagwörter: Reformation, Siebenbürgen, Geschichte

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