12. Juli 2017

Reformationsprojekt: Krakau – Wittenberg – Marburg – Mediasch – Krupina

Was haben diese fünf Orte aus vier Ländern gemeinsam? Sind es Partnerstädte oder sind es Stationen einer Reisegruppe? Oder sind es gar Filialen eines europaweiten Konzerns? Nichts von alledem und doch etwas von allem. Tatsächlich hat ein weit verzweigter „Konzern“ in diesen Orten Vertretungen, und zwar die evangelisch-lutherische Kirche. Und in gewisser Weise geht es hier auch um Stationen einer Reisegruppe, allerdings nicht um eine einheitliche, konstante Gruppe, sondern es sind die Vertreter der Heimatkirche, des Verbandes und der Gemeinschaft evangelischer Siebenbürger Sachsen, die sich jeweils gezielt und immer wieder auf den Weg machen. Und letztlich geht es auch um eine Art Partnerstädte, denn all diese fünf Orte sind Partner in der siebenbürgischen Reformation.
Das Reformationsprojekt „12 Apfelbäumchen für ein klares Wort“ verbindet nun alle die eingangs genannten Elemente. Gemeinsam haben wir uns 2017 auf den Weg gemacht, um an Stätten, die für die siebenbürgische Reformation wichtig sind, je ein Batull-Bäumchen als Zeichen der Hoffnung zu pflanzen; um ein deutliches Wort zu einem aktuellen Thema zu sprechen; um Beziehungen aufzufrischen, die im 16. Jahrhundert Teil des normalen Horizontes waren.

In Krakau organisierte Johannes Honterus sein humanistisches „Start Up“-Unternehmen, das ihn lebenslang begleiten wird. Hier hat er erstmalig Bücher herausgegeben, darunter den Bestseller einer griechischen und lateinischen Grammatik, der viele Auflagen erleben wird. Dieses Ereignisses gedachten die siebenbürgischen Besucher am 13. und 14. Mai 2017 unter dem Thema „Sprache“, zusammen mit dem Goethe-Institut und der evangelischen Kirchengemeinde in Krakau. (siehe dazu: Kirche und Heimat in Folge 11 vom 5. Juli 2017, Seite 13) Jetzt wissen die Krakauer wieder, wer Honterus war, und die Siebenbürger, wie Krakau aussieht! Wer in den nächsten Jahren als Besucher in diese spezielle Stadt kommt, möge das siebenbürgische Bäumchen besuchen, das auf der Flaniermeile knapp unter der Wawelburg steht.
Landeskirchenkurator Friedrich Philippi begrüßt ...
Landeskirchenkurator Friedrich Philippi begrüßt die Krakauer. Foto: Georg Hutter
In Wittenberg ist das Bäumchen schwerer zu finden. Es steht versteckt im Garten des kirchlichen Forschungsheims, aber unweit des berühmten Augusteum, in dem Professor Martin Luther sein Wohnhaus hatte. Der Batull wurde am 26. Mai unter dem Motto „Kirche und Kontext“ gepflanzt. Dabei war eine bunte Schar, begonnen von dem Oberbürgermeister und Regionalbischof von Wittenberg, über siebenbürgische Freunde der Region bis hin zu Reisenden der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR), des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften (HOG) sowie der „Gemeinschaft“. Nicht unerwähnt sei die Teilnahme des Vorsitzenden des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates, Dr. Harald Roth, der in präziser Weise in die Verbindungen Wittenbergs mit Siebenbürgen einführte.

In Marburg hat das siebenbürgische Bäumchen schon die Feuertaufe hinter sich. Es steht seit dem 8. Juni im Garten des Landgrafenschlosses. Dieser ist allerdings auch der Garten des Stipendiatenwohnheims, deren Bewohner am 9. Juni ihre alljährliche Party daselbst feierten. Ob jeder von ihnen wusste, wo Siebenbürgen liegt? Die Teilnehmer an der Zusammenkunft am Tag davor wussten es spätestens am Schluss der großangelegten Veranstaltung zu „Reformation als Bildungsereignis“. Unter der Schirmherrschaft des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier versammelte sich im Fürstensaal eine ganze Riege von Vertretern: Landtagspräsident Norbert Kartmann und Kultusminister Prof. Dr. Alexander Lorz, Vertreter der Universität und Stadt, die Bischöfe Dr. Martin Hein und Reinhart Guib, der rumänische Botschafter aus Berlin und viele Siebenbürger und Freunde Siebenbürgens.

Damit sind wir aber schon in der Gegenwart angekommen, denn Mediasch und das slowakische Krupina (Karpfen) liegen noch in der Zukunft. Darum, herzliche Einladung an alle „Freunde der Reformation“, zuerst nach Mediasch, wo im Rahmen des Heimattreffens zu 750 Jahren Mediasch auch der Reformationsereignisse in jener Stadt gedacht wird. Denn gerade hier hat im Jahre 1545 die Generalsynode der „Ecclesia Dei nationis Saxonicae“ die lutherische Reformation für die ganze Gemeinschaft beschlossen. Am 13. August wird im Mediascher Kirchenkastell Bischof Reinhart Guib die Predigt des Festgottesdienstes halten sowie Thomas Șindilariu im Rahmen der Ausstellung „Reformation in Osten Europas – Siebenbürgen“ einen Vortrag zum Thema. Die Pflanzung des nunmehr sechsten Bäumchens begleitet Pfarrer Gerhard Servatius Depner.

Die Reise in das slowakische Krupina, das oberungarische Karpfen, ist dem zweiten evangelischen Bischof Siebenbürgens, Matthias Hebler, gewidmet. Dieser wurde nach dem frühen Tod Paul Wieners 1556 in Hermannstadt zum Superintendenten gewählt. Er gab später sein Werk, „Brevis Confessio“ („Kurzes Bekenntnis“) heraus, das die Trennung der „Lutheraner“ von den „Calvinsten“ einläutete. Ihm und seinen geistigen Kämpfen haben es die Siebenbürger Sachsen zu verdanken, dass sie bis heute „Evangelisch A.B.“ sind. Da diese theologischen Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts ideologischer Natur waren, soll der Nachmittag des 25. September in der Evangelischen Kirche A.B. Krupina dem Thema „Ideologie“ gewidmet werden. Nach dem Gottesdienst, in dem Bischof Reinhart Guib erneut predigt, wird Dr. Konrad Gündisch über die Verbindungen zwischen Karpfen und Siebenbürgen sprechen sowie Dr. Hermann Pitters über die Person Matthias Hebler. Der slowakische Generalbischof Dr. Milos Klatik spricht danach ein klares Wort zu „Ideologie im 21. Jahrhundert“. Auch dort wird danach ein Batull-Apfelbäumchen die nächste Generation an Siebenbürgen und dessen Reformation erinnern. Den Ablauf des Projektes kann man auf der Website www.12apfelbaeumchen.com/ detailliert verfolgen.

Stefan Cosoroabă


Schlagwörter: Reformation, Reformationsjubiläum, Projekt, Apfelbäumchen, EKR

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