7. Dezember 2015

Kulturreferententagung über und für Schloss Horneck

42 Teilnehmer waren der Einladung von Bundeskulturereferent Hans-Werner Schuster gefolgt und widmeten sich vom 20.-22. November im Exerzitienhaus St. Paulus in Leitershofen dem Thema „Siebenbürgisch-sächsischer Kultur in Deutschland eine Zukunft geben“. Namhafte Referenten und gehaltvolle Beiträge waren Garanten für den Erfolg der Tagung, die über das Haus des Deutschen Ostens vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration gefördert wurde. In deren Zentrum stand das Kulturzentrum Schloss Horneck, wobei die Kulturarbeit an der Basis ebenso wenig vernachlässigt wurde wie die Nachwuchsarbeit.
36 Kulturreferenten und in der Kulturarbeit engagierte Landsleute konnte Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster am Freitagabend zum Auftakt der Tagung begrüßen, darunter Gerhild Rudolf, Leiterin des Friedrich-Teutsch-Hauses in Hermannstadt. Nach organisatorischen Erläuterungen und seiner Einführung in das Thema stellten sich die Teilnehmer vor und berichteten aus der Kulturarbeit der 24 Kreisgruppen, drei Landesgruppen und weiteren siebenbürgischen Einrichtungen, die sie vertraten. So stellte Gerhild Rudolf das Friedrich Teutsch-Haus als Begegnungs- und Kulturzentrum mit Archiv, Bibliothek und Museum vor, in dem Sonderausstellungen und weitere Veranstaltungen geboten werden und in dem die Buchhandlung und das Café Erasmus weitere Anziehungspunkte sind.

Die Referenten beehrten uns erst am Samstag, wobei Dieter Thiess, Geschäftsführer des Vereins Siebenbürgisches Kulturzentrum „Schloss Horneck“ e.V., den Reigen eröffnete. Er informierte über die Entstehung und Struktur des Vereins sowie über all das, was in nächster Zukunft sowie langfristig beabsichtigt und umzusetzen ist. Anhand sprechender Bilder und Pläne machte er deutlich, welches Potential im Schloss Horneck steckt, wie viel dafür noch zu tun und mit welch hohen Kosten das verbunden ist. Mit dem Dank für die Spendenfreudigkeit, die den Kauf von Schloss Horneck und damit die Rettung der dort ansässigen Kultureinrichtungen möglich gemacht hat, verband er daher die Bitte um weitere Spenden und weiteres Engagement für und auf Schloss Horneck.
Der Heilige Martin, der seinen Mantel mit einem ...
Der Heilige Martin, der seinen Mantel mit einem Bedürftigen teilt, als sprechendes Symbol: Auch bei den Teilnehmer der Kulturreferententagung stand nicht das ICH im Vordergrund, sondern die Solidarität mit den Kultureinrichtungen auf Schloss Horneck. Foto: Hans-Werner Schuster
Mit dem angestrebten Umbau des Schlosses zu einer Begegnungsstätte mit Konferenzsälen und Übernachtungsmöglichkeiten werden das Museum, die Bibliothek und das Archiv zusätzliche Räume nutzen können. Welche genau und wie die zukünftige Entwicklung der einzelnen Kultureinrichtungen verlaufen soll, das wurde in weiteren Referaten vermittelt.

Die Geschichte und die Perspektive des Sieben­bürgischen Museums Gundelsheim wurden von Dr. Irmgard Sedler, der Vorsitzenden des gleichnamigen Trägervereins, dargestellt. In der Rückschau auf die Entwicklung ab 1960 hin zu dem 1991 zuerkannten Status eines Landesmuseums strich Sedler, ebenso wie im weiteren Verlauf ihrer Darlegung, die Ernsthaftigkeit und Professio­nalität heraus, mit der in dieser Institution gear­beitet wird und verdeutlichte das anhand spre- chender Beispiele. Die Zuhörer konnte sie mit den Erläuterungen zu dem geplanten Ausbau begeis­tern, u.a. mit dem neu zu schaffende Eingangsbereich im Schlosshof, mit der Schatzkammer in der ehemaligen Kapelle oder mit dem neuen Schaudepot der grafischen Sammlung. Damit soll der Gedächtnisort Museum seiner Aufgabe, Zeug­nisse der Geschichte Siebenbürgens und seiner Bewohner zu bewahren, zu konservieren und zu zeigen, noch besser nachkommen. Erst recht, da es hoffen kann, endlich wieder institutionell gefördert zu werden und es endlich auch wieder eine zweite wissenschaftliche Mitarbeiterin hat, die demnächst in dieser Zeitung vorgestellt wird.

Das Siebenbürgen-Institut an der Universität Heidelberg mit Bibliothek und Archiv wurde von Dr. Harald Roth, vorgestellt. Nach einem Rückblick auf die Entwicklung des Bibliotheks- und Archivwesens bei den Siebenbürger Sachsen zeichnete er eine ähnliche Entwicklung wie beim Museum nach. Ab 1955 hat sich aus bescheidenen Anfängen in Rimsting die „Siebenbürgische Bibliothek“ zur umfassendstes Sammlung von Transylvanica außerhalb Rumäniens und Budapest entwickelt mit rund 80000 Titeln und einer Ausleihquote von 20 Prozent pro Jahr. Seit 1960 hat sie ihren Sitz auf Schloss Horneck hat, wo sich seit 1970 auch das Siebenbürgische Archiv und seit 1992 das Siebenbürgen-Institut ähnlich gut entwickelt haben. Das Institut führt eigene Forschungen durch, publiziert mehrere Schriftreihen und Zeitschriften, pflegt den wissenschaftlichen Austausch zwischen Ost und West und fördert gezielt Nachwuchskräfte im internationalen Rahmen. Die Arbeit am Institut, in der Bibliothek und im Archiv wird größten Teils privat finanziert, ehrenamtlich unterstützt – seit 1992 vom Verein Freunde und Förderer der Siebenbürgischen Bibliothek e.V. und seit 1999 auch von der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek – und vom Land Baden-Württemberg gefördert. Dem Siebenbürgen-Institut stehen mit dem Umzug des Archivs und der Geschäftsräume aus dem Haus in der Schlossstraße große Veränderung bevor, die man dank weiterer Spenden und öffentlicher Förderung meistern wird.

Hon.-Prof. Dr. Konrad Gündisch stellte den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat vor, dessen Vorsitzender er ist. Bevor er dessen Entstehung und Entwicklung, Struktur und Aufgaben nachzeichnete, hob er anhand eines Zitates aus Erwin Wittstocks „Das Jüngste Gericht von Altbirk“ dessen Grundfunktion hervor, die ebenso für alle anderen auf Schloss Horneck ansässigen Kultureinrichtungen gelte: Unsere Geschichte vor dem Vergessen zu bewahren sowie zur Bildung und Bewahrung unserer Gruppenidentität beizutragen. Daher hat auch der 1969 gebildete Zusammenschluss überregional tätiger siebenbürgisch-sächsischer Organisationen und Institutionen aus Deutschland, Österreich und Rumänien – zurzeit sind es zwölf Mitglieder – die Aufgabe Projekte und Anliegen zur Sicherung, Bewahrung und Weiterentwicklung der Kultur und Geschichte der Deutschen in und aus Siebenbürgen abzustimmen, zu koordinieren und deren Förderung zu beantragen. Dr. Ulrich Wien, Vorsitzender des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde e.V. Heidelberg (AKSL), betonte in seinem Referat, dass der AKSL in der Tradition des 1840 in Hermann­stadt gegründeten Vereins für Siebenbürgische Landeskunde steht und als dessen Nachfolger 1962 in Deutschland gegründet wurde. Er stellte die Erforschung, Dokumentation und Publikation der politischen, kultur-, religions- und sozialgeschichtlichen Entwicklung in Siebenbürgen als Aufgabe vor. Diesen Aufgaben wird in den einzelnen Sektionen – Geschichte, Zeitgeschichte, Naturwissenschaften, Genealogie, Schulgeschichte, Germanistik, Kirchengeschichte, Kunst­geschichte, Rechtsgeschichte, Volkskunde – und auch in der rumänisch- und ungarischsprachigen Sektion des AKSL in Rumänien nachgegangen, beschränkt sich doch das Arbeitsgebiet nicht auf die Siebenbürger Sachsen alleine. Mit dem Hinweis, dass jede und jeder in der Sektion seiner Wahl mitarbeiten könne, warb er um Mitglieder, versicherte aber, dass man sich auch über Fördermitglieder freue.

An dieses Referat schlossen sich ebenso wie an die vorangegangenen lebhafte Diskussionen an. Schloss Horneck wurde auch bei den gemein­samen Mahlzeiten weitergewälzt und verfolgte uns auch beim geselligen Beisammensein, das allerdings nicht in der gemütlichen Zirbelstube stattfinden konnte. Wegen Renovierungsarbeiten war sie ebenso gesperrt wie die großen Tagungs­säle.

Damit aber durch Schloss Horneck nicht das eigentliche Tätigkeitsgebiet der Kulturreferenten in den Hintergrund gedrängt wird, hatte man mit dem Besuch des Vereinsheim und einem Referat zur Jugendarbeit einen Kontrapunkt gesetzt. Es war anrührend, wie gastfreundlich sich die Augsburger zeigten, uns alle mit Pali, Sekt, Kaaffe und feinstem Gebäck empfangen haben. Der Kreisgruppenvorsitzende Gottfried Schwarz hatte mit Unterstützung weiterer vier Amtsträgern und zwei Helfer für einen reibungslosen Transport gesorgt und die Vereinsräume im Haus der Begegnung liebevoll herausgeputzt. Nachdem er skizzierte hatte, wie sie dank der Zusammenarbeit mit der Landsmannschaft der Russlanddeut­schen zu diesen Räumlichkieten gekommen waren, informierte er wie die gemeinsame Nutzung geregelt ist und über all das, was seit zwei Jahren an lebendiger Vereinsarbeit dort stattfindet. Dass es leider nicht ganz die ideale Lösung ist, verschwieg er nicht, ist doch der stattliche Saal für die Chor- und Blaskapellenproben zu klein.

Über die Jugendarbeit im Verband informierte Stephanie Kepp, stellvertretende Bundesjugendleiterin der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD). Zunächst skizzierte sie ihren eigenen Werdegang, und berichtete dann über den von ihr initiierten Wiederaufbau der Tanzgruppe in Nürnberg und die Aktivitäten der SJD. Ihr Fazit war, dass Jugendarbeit sehr wichtig ist und dass die Erwachsenen mehr Vertrauen in die Jugendlichen haben und sie darum auch „machen lassen“ sollen. Vor allem aber dürfe wegen Schloss Horneck nicht bei der Jugend gekürzt werden. Mit großem Beifall wurde Steffi Kepp für ihre Arbeit und ihre sympathische Art belohnt, und es entspann sich eine lebhafte Diskussion. Darin bedauerte manch einer, dass es in ihren Kreisgruppen nicht gelungen sei, gelangweilte und alles ablehnende Kinder und Jugenliche in begeisterte Tänzer und aktive Mitglieder der Kreisgruppe zu verwandeln.

Die Tagung hat viele offene Fragen zum Thema Schloss Horneck beantwortet. Dass die Rettungsinitiative so erfolgreich angelaufen ist, führte Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster, Organisator und Moderator der Tagung, auf den gleichen Sachverhalt zurück, der auch die erfolreiche ehrenamtliche Tätigkeit unseres Verbandes insgesamt ermöglicht: „dass sich unter unseren Landsleuten immer wieder jemand findet, der die Initiative ergreift und Verantwortung übernimmt, dürfte in der jahrhundertelangen Tradition der Autonomie und Selbst­verwaltung der Siebenbürger Sachsen begründet sein sowie in dem ausgeprägten Gemeinschafts­bewusstsein, das wiederum den Privilegien zu verdanken ist, die unseren Vorfahren gewährt und von ihnen über Jahrhunderte hinweg verteidigt worden sind“.

Mit neuem oder gefestigtem Wissen, mit neuen oder gefestigten Bekanntschaften, mit frischer Zuversicht und zwei Buchgeschenken machten sich die Teilnehmer auf den Heimweg, hoch motiviert, in ihren Kreisgruppen und unter unseren Landsleuten für „unser“ Kulturzentrum zu werben. 315,00 Euro haben sie Konrad Gündisch als Spende für den Trägerverein Siebenbürgisches Kulturzentrum „Schloss Horneck“ e.V. übergeben. Aber es ist die finanzielle Unterstützung eines jeden Einzelnen von uns nötig, damit es recht bald so dastehen kann, wie jeder von uns es sich wünscht.

Johannes Kravatzky
Gerlinde Schuller

Schlagwörter: Schloss Horneck, Kulturreferenten

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