27. Januar 2012

Leidenschaftliche Diskussion im Treffpunkt Langwasser

Am Jahreswechsel ist es grundsätzlich gestattet, ja sogar geboten, zurück und zugleich nach vorne zu blicken. Stichworte für den Rückblick standen auch am 18. Januar beim ersten Treffpunkt Langwasser im Nürnberger Haus der Heimat im neuen Jahr zur Genüge zur Verfügung. Der Kreis der interessierten Anwesenden diskutierte leidenschaftlich zu herausragenden Themen und Fragen des letzten Jahres.
Etwa zur „Arabellion“. Hat der „arabische Frühling“ den Menschen in Nordafrika wirklich mehr Freiheit und Demokratie gebracht oder übernehmen nun islamisch bzw. islamistisch geprägte Parteien in Tunesien, Ägypten, Libyen die Macht? Welche Folgen hat dies für das nach wie vor bedrohte Israel? Wie geht der Westen mit den Veränderungen um? Werden progressive Frauen einiges zu befürchten haben? Wie steht es um die Chancen der riesigen Zahl junger Menschen ohne große wirtschaftliche, soziale, politische Perspektiven in diesen arabischen Gesellschaften? Und schließlich: Wird sich Assad in Syrien halten oder stürzt er und mit ihm der Nahe Osten in neue Unwägbarkeiten? Der japanische Tsunami mit der Fukushima-Katastrophe und der deutsche „Atomausstiegstsunami“ 2011 bot ebenfalls viel kontroverses Diskussionspotential. Die „Eurokrise“, eigentlich die Staatsschuldenkrise mit ihrem exponierten Beispiel Griechenland (jedoch auch mit dem Blick auf Italien, Spanien, Frankreich, die osteuropäischen Länder) nahm auch großen Raum in der Diskussion ein. Dabei konnte die derzeit starke Position Deutschlands in dem europäischen Wirtschafts- und Finanzgefüge nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich enthielt das Thema Bundespräsident Christian Wulff einen großen Vorrat zur verbalen Auseinandersetzung, vom spektakulären Kentern des Kreuzfahrtschiffes „Concordia“ (lat. Eintracht) vor der toskanischen Küste gar nicht zu sprechen. Hier diente ein aussagekräftiger Beitrag von Dirk Schümer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 17. Januar als exzellente Grundlage, üblicherweise nicht beachtete Zusammenhänge des Kreuzfahrt-Massentourismus (bisher vorwiegend für zahlungskräftige, inzwischen über günstige Pauschalangebote auch für große Teile der immer größer werdenden Schar von rüstigen deutschen, holländischen, französischen oder italienischen Senioren) zumindest zu bedenken: Gefahren für besuchte Städte, wenn schlagartig tausende Touristen z. B. in Dubrovnik, Venedig, Neapel, Pisa oder Rom gegen alle Bedenken von Denkmalschützern und Ökologen förmlich „einbrechen“, jedoch zugleich viele Händler, Unternehmer, Busfahrer andererseits darauf finanziell angewiesen sind (auch Städte wollen auf die sechsstelligen Liegegebühren der Kreuzfahrtgiganten nicht verzichten) u.a.m. Dirk Schümer meint ironisch: „Konzerne wie Costa ha­ben eine schwimmende Altentagesstätte für fidele Achtzig- oder Neunzigjährige auf dem Mittelmeer errichtet, auf dem in der Hochsaison eine ganze deutsche Großstadt die sinkende Capri-Sonne feiert ... Dass es sich bei solch einer Sekt- und Kaffeefahrt um eine unwägbare Seereise handelt, vermögen die Veranstalter hinter ihren poetischen Titeln zu verschleiern.“ Die abrupt am Freitag, dem 13. (!) Januar, zu Ende gegangene Concordia-Kreuzfahrt trug den Titel „Duft der Zitrusfrüchte“.

Horst Göbbel

Schlagwörter: Nürnberg, Treffen, Diskussion, Politik

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