18. Dezember 2017

Zwei Generationen – ein Thema: Schloss Horneck

Über die Bedeutung von Schloss Horneck für die siebenbürgisch-sächsische Jugend sprach der 69-jährige Hermannstädter Dr. Konrad Gündisch, Vorsitzender des Schlossvereins, mit dem Musiker Jürgen aus Siebenbürgen (Hans Jürgen Dörr) am Rande seines Auftritts während der Fernsehaufnahmen im Schloss von Christel Ungar für die deutsche Sendung „Akzente“ des Rumänischen Fernsehens vom 3. Dezember. Der 34-Jährige stammt aus Mediasch, lebt in Bad Wimpfen, ist Fachkraft für Arbeitssicherheit in Heilbronn und nebenberuflich Sänger der Band „Amazonas-Express“. Das Gespräch hat Heidrun Negura aufgezeichnet.
Konrad: Du bist der Sympathieträger vieler Jugendlicher und Junggebliebenen. Dein Lied „Stille Nacht“, auf Sächsisch von dir im Festsaal von Schloss Horneck gesungen, wurde innerhalb von 5 Tagen 7188-mal angeklickt! Was bedeutet Schloss Horneck für dich?

Jürgen: Für mich bedeutet Schloss Horneck die Chance, dass wir ­unsere siebenbürgisch-sächsische Kultur hier in Deutschland nicht nur bewahren, sondern sie auch leben und verändern können. Ich schaue aus meinem Fenster direkt auf Schloss Horneck und bin hier in der Umgebung aufgewachsen. Ich mag sowohl die schwäbische, als auch die sächsische Mundart. Ich bin überzeugter Siebenbürger Sachse und stehe zur siebenbürgischen Kultur.


Konrad: Ist die siebenbürgisch-sächsische Jugend am Kulturzentrum „Schloss Horneck“ interessiert? Wenn ja, welche Vorstellungen verbindet sie damit?

Jürgen: Ich kann nicht für alle sprechen,
Der Musiker Jürgen aus Siebenbürgen (Hans Jürgen ...
Der Musiker Jürgen aus Siebenbürgen (Hans Jürgen Dörr) in Aktion.
genau das wäre ein Fehler. Ich glaube, dass die Jugend Schloss Horneck kaum kennt. Ich finde ein Begegnungszentrum hier im Schloss sehr gut, aber als Begegnungszentrum, das nicht nur in die Vergangenheit blickt, sondern auch der Jugend zeitgerechte Angebote macht oder sie mit einbindet und sich auch für deutsche Mitbürger öffnet. Das Kulturzentrum muss sich öffnen und darf nicht nur sächsisch bleiben. Kultur muss sich mit dem Zeitgeist der Jugend verändern, um zu überleben, muss lebendig bleiben und junge Ideen zulassen. Ich möchte nicht, dass das Kulturzentrum eine Momentaufnahme einer vergangenen Zeit wird und da stehen bleibt. Das ist verstaubt und verschreckt junge Leute.


Konrad: Kennst du die Erwartungen der Jugendlichen gegenüber dem Schlossverein?


Jürgen: Die siebenbürgische Jugend möchte von den älteren Sachsen so akzeptiert werden, wie sie ist, und nicht als extra Teil der Gesellschaft angesehen werden. Es ist sehr viel Jugend da, ich bewundere ihre Arbeit und wundere mich, das immer wieder neue Leute auftauchen. In den Sozialen Medien merkt man auch deutlich, dass unsere Gruppe sehr aktiv ist. Die Jugend will in einem Kulturzentrum kein totes Museum und keine verstaubte Bibliothek.


Konrad: Heißt das wirklich,
Dr. Konrad Gündisch, Vorsitzender des ...
Dr. Konrad Gündisch, Vorsitzender des Schlossvereins. Foto: Christian Schoger
dass das „tote“ Museum und die „verstaubte“ Bibliothek mit Archiv für die Jugend keinen Sinn machen und nicht fortbestehen sollten?



Jürgen: Nein, im Gegenteil. Ich selber liebe alte siebenbürgische Volksmärchen und besuche oft die Bibliothek. Um zu wissen, woher wir kommen, und zu verstehen, wer wir sind, brauchen wir unsere Geschichte. Beide Geschichten müssen eine Rolle spielen: die von der Burg Horneck und die Siebenbürgens. Das bedeutet: Ritter, Burgen, Wehranlagen, Transylvanien, Stoff für richtig gute Geschichten, vielleicht sogar im Vergleich. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Museum interessant zu machen. Durch Interaktion, Erlebniswelten, durch moderne Technik können Jugendliche und Erwachsene etwas erfahren und lernen. In der Bibliothek könnte es Lesungen für Kinder mit Schauspielern geben. Vielleicht auch Workshops für Jugendliche im Archiv, wo man etwas über die Heimatdörfer der Eltern erfahren kann. Nur so haben Museum und Bibliothek Zukunft für Jugendliche, glaube ich. Ein gutes Beispiel ist die Experimenta in Heilbronn.


Konrad: Und was will die Jugend konkret?

Jürgen: Sie will lebendig sein und leben. Sie will auch andere Musik hören, was von den älteren Sachsen nicht gerne gesehen wird. Man muss die alten Lieder immer so singen, wie man sie vor 100 Jahren gesungen hat, man muss die Trachten genauso tragen, wie sie vor 100 Jahren getragen wurden. Früher gab es in den Dörfern auch eine Entwicklung einer Kultur, die ist ja auch nicht stehen geblieben. Wir möchten gerne Ideen haben können, wir möchten dass Veränderungen zugelassen werden. Wir leben nicht mehr in Siebenbürgen, sondern hier in Deutschland und da gibt es auch andere Einflüsse.


Konrad: Hast du konkrete Pläne für das Schloss?


Jürgen: Ich möchte gerne in Zukunft ein Unplugged-Konzert im schönen Festsaal spielen, mit traditionellen sächsischen Liedern, die ich noch von meiner Großmutter kenne, aber auch mit meinen eigenen Liedern. Ich möchte gerne alte Traditionen neu interpretieren. Ich werde dann auch in meinen Kreisen Werbung machen, damit Schloss Horneck auch für Jugendliche bekannter wird.


Konrad: Vielen Dank, Jürgen, und viel Erfolg! Ich freue mich schon auf dein Konzert im Schloss und auf weitere Anregungen!

Schlagwörter: Schloss Horneck, Gundelsheim, Gespräch, Generationen, Gündisch, Jürgen aus Siebenbürgen, Jugend

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