3. Juni 2018

Ein Leben für die siebenbürgisch-sächsische Traditionspflege: Nachruf auf Thomas Wollmann

Thomas Wollmann, Ehrenvorsitzender der Kreisgruppe Wolfsburg und der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen, ist nach einem erfüllten, der siebenbürgischen Gemeinschaft gewidmeten Leben am Karfreitag im Alter von knapp 96 Jahren in Wolfsburg gestorben.
Geboren am 25. Juli 1922 als Sohn von Johann und Susanna Wollmann in Holzmengen, wuchs Thomas Wollmann in einem gut behüteten Elternhaus mit drei Geschwistern auf. Sieben Jahre ging er in die evangelische Volksschule seines Heimatortes und sang schon als Kind im Kirchenchor der Gemeinde mit. Er arbeitete auf dem elterlichen Hof, bevor er am 1. April 1943 zum rumänischen Militär einberufen wurde. Anfang Juni des gleichen Jahres wechselte er zur deutschen Wehrmacht. Die einschneidenden Erlebnisse während des Krieges bis hin zur Gefangenschaft begleiteten ihn und führten ihn 1946 nach Heiligendorf, einem Dorf neben Wolfsburg, wo er, wie so viele Flüchtlinge, Arbeit bei einem Bauern fand. Hier traf er auf zwei Schulfreundinnen aus Holzmengen, Agnetha Drotleff (verheiratete Sutoris) und Katharina Kraus.
Thomas Wollmann, Ehrenvorsitzender der ...
Thomas Wollmann, Ehrenvorsitzender der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen, bei der 30-jährigen Jubiläumsfeier des Wolfsburger Chors, August 2012. Foto: Herta Speri
Es begann ein neuer Lebensabschnitt in und um Wolfsburg. Nach einer Umschulung zum Maurer schuf er sich mit Hilfe siebenbürgischer Landsleute in kürzester Zeit ein neues Zuhause. Von 1950 bis 1956 arbeitete er als Facharbeiter am Bau. Bei seinem ganzen Wirken und Wachsen hat ihn stets das Singen begleitet und ihm Kraft gegeben.

1952 heiratete er seine Frau Jutta. Zum vollkommenen Glück wurde im November 1952 Sohn Ralf geboren, der leider viel zu früh im Alter von 46 Jahren verstarb. Von 1957 bis 1981 war Thomas Wollmann im Volkswagen-Werk beschäftigt. Ebenfalls 1957 trat er der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen bei. Seine erste Tätigkeit im Vorstand der Kreisgruppe Wolfsburg war die des Schriftführers, die er bis 1963 ausübte. Von 1964 bis 1984 war er erster Vorsitzender. Während seiner Amtszeit entstanden unterschiedliche Kulturgruppen in Wolfsburg. Die bereits 1953 gegründete Blaskapelle Wolfsburg festigte sich. 1982 gründete er mit 20 Sängern und Sängerinnen den Chor der Siebenbürger Sachsen Wolfsburg, den er bis kurz vor seinem Tode mit viel Freude und Begeisterung aktiv unterstützte. Ebenfalls Anfang der 80er Jahre wurde die Jugendtanzgruppe gegründet. Zudem wurden verschiedene Veranstaltungen ins Leben gerufen: Monatsversammlungen der Kreisgruppe mit Musik der „Adjuvanten“, Kinderfasching, Muttertagsfeier, Holzfleischessen im Sandkamp, Weinlesefest, Weihnachtsfeier, Kappenfest und viele andere mehr.

Bei der Mitgliederversammlung im November 1989, zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Maueröffnung, wurde Thomas Wollmann zum Vorsitzenden der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen gewählt. Das Amt übte er bis Herbst 1994 aus, er musste es aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Besonders verbunden fühlte er sich dem „Altenheim Siebenbürgen“ in Osterode, in dessen Vorstand er als stellvertretender Vorsitzender und auch als Beisitzer bis 2012 aktiv war. Träger des 1964 gegründeten Altenheims ist der Hilfsverein „Samuel von Brukenthal“ in Osterode im Harz.

Für sein vorbildliches Engagement für die Siebenbürger Sachsen wurde er vielfach ausgezeichnet und geehrt. Dennoch blieb er stets bescheiden und sagte mir im Jahre 2012 in einem Interview für die Siebenbürgische Zeitung anlässlich seines 90. Geburtstages: „Ich bin bereit, unserer Gemeinschaft aus tiefstem Herzen und Einsatzbereitschaft zu dienen, siebenbürgisch-sächsisches Brauchtum weiterhin zu pflegen, zu erhalten und an nachfolgende Generationen weiterzugeben.“

Am Karfreitag, dem 30. März 2018, starb er nach einem langen, erfüllten Leben und kurzer Krankheit im Alter von fast 96 Jahren im Krankenhaus in Gifhorn. Auf seinem letzten Wege am 10. April, zu den Klängen der Siebenbürger Blaskapelle Wolfsburg, begleiteten ihn neben der Familie sein über alles geliebter Chor, viele Bürger aus Wolfsburg, viele Landsleute und Vertreter anderer Landsmannschaften in Wolfsburg.

„Als lebendes Geschichtsbuch ist er für immer verstummt und hat ein friedliches Ende gefunden“, sagte Michael Sutoris, ein guter Bekannter und Sohn einer ehemaligen Schulfreundin. Was war, was ist, was wird sein – Thomas Wollmanns Spuren und Namen bleiben eng verbunden mit unserem Verbandsleben. Mit ihm verliert der Verband der Siebenbürger Sachsen, insbesondere die Kreisgruppe Wolfsburg, einen Motor, Organisator, aufopfernden Mitstreiter und einen treuen Freund.

Herta Speri

Schlagwörter: Verbandsleben, Nachruf, Wolfsburg, Niedersachsen/Bremen, Holzmengen

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