20. September 2023

„Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht“/Rundreise der HOG Kleinscheuern durch Siebenbürgen

„Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht“, dieses Zitat von dem ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Theodor Heuss, beschäftigte uns, als wir uns in diesem Sommer auf die Reise machten, die Spuren der Vergangenheit zu entdecken. Der Anlass war die 700-Jahr-Feier Kleinscheuerns, des Heimatortes unserer Eltern. Die Frage nach dem Woher und Wohin beschäftigte uns, wir wollten erfahren und begreifen, wer wir sind und was im Laufe der Generationen geschehen ist. Warum unsere Eltern uns die Liebe zu ihrer alten Heimat, zur siebenbürgischen Tracht und zur siebenbürgischen Sprache vorgelebt und weitergegeben haben. Wir wollten die Einzigartigkeit der Kirchenburgen kennenlernen und über sie nachdenken.
Reisegruppe der HOG Kleinscheuern vor der ...
Reisegruppe der HOG Kleinscheuern vor der Kirchenburg Deutsch-Weißkirch.
Unsere Rundreise startete am 15. August in Kleinscheuern. Eine besondere Ausstellung, die ihresgleichen sucht, von dem Historiker Martin Rill auf dem Marktplatz Kleinscheuerns erzählte die Geschichte Kleinscheuerns in zwei Sprachen. Von der ersten urkundlichen Erwähnung vor 700 Jahren bis zur heutigen Zeit konnten wir in Schrift und Bild alles verfolgen. Wie sehr freuten uns auch die Bilder aus der heutigen Zeit, da sie Zeichen des Weiterlebens einer noch lebendigen Kultur bedeuten.

Nach den Festivitäten in Kleinscheuern ging es dann mit einem modernen Reisebus weiter nach Mediasch und ins siebenbürgische Weinland. Dort besuchten wir die Kirchenburg, auch Kastell genannt, die wahrscheinlich im 13. Jahrhundert entstanden ist, und die Margarethenkirche in Mediasch mit ihrem wertvollen Hauptaltar, dessen Flügel der Festtagsseite die Symbole der Evangelisten zeigt. Auch das Geburtshaus einer der bedeutendsten und bekanntesten Persönlichkeiten der Siebenbürger Sachsen ist hier zu finden: das Stephan-Ludwig-Roth-Haus.

Dann ging es weiter nach Birthälm, wo wir eine der beeindruckendsten Kirchenburgen in Siebenbürgen besuchten, die nicht umsonst Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO gefunden hat. Das Herz der Anlage ist die größte Hallenkirche des Weinlandes. Weiter ging es in das Schäßburger Gebiet, den Raum am linken Ufer der Großen Kokel. Hier besuchten wir Schäßburg, eine Stadt, die von der UNESCO ebenfalls als Weltkulturerbe ausgewiesen wurde. Nach einem sehr guten Mittagessen in dem mondänen Hotel Korona besichtigten wir die Stadt und die Bergkirche.

Nach einer exklusiven Übernachtung im Hotel Mercure (ehemals Binder Bubi) ging es weiter ins Repser und Fogarascher Land. Deutsch-Weißkirch beeindruckte uns sehr, ein Straßendorf in abgeschiedener Lage, dessen mittelalterliche Siedlungsstruktur, Bausubstanz und Kirchenburg intakt geblieben sind. Wir wurden hier sehr freundlich empfangen, besuchten die Kirchenburg und das Heimatmuseum, das in den Türmen und Basteien der Südseite der Kirchenburg ist, mit den schön bemalten Bauernmöbeln, Werkzeugen, Hausrat und Fotos. Die Häuserzeilen, sehr authentisch mit den Torbögen und dem verzierten Mauerputz im Giebel, in dem der Besitzername oder das Renovierungsjahr steht, beeindruckten uns sehr. An den Fenstern hingen Vorhänge mit handgefertigten Spitzen und man fühlte sich wie in einer anderen Welt. Das Mittagessen auf dem Bauernhof war vom Feinsten: Hochzeitssuppe und gefülltes Kraut. Natürlich gab es Bauernbrot und Rahm dazu. Schnaps und Wein rundeten das Ganze ab. Zum Nachtisch gab es frische Krapfen.

Weiter ging es ins Burzenland. Auf dem Marktplatz in Tartlau steht die wohl eindrucksvollste siebenbürgisch-sächsische Kirchenburg, die vom 14. bis zum 16. Jahrhundert in mehreren Etappen gebaut wurde. Beeindruckend waren auch die über 30 Meter langen tonnengewölbten Torwehre, die durch Fallgatter und Eisentore versperrbar sind. Nicht weniger eindrucksvoll war die Kreuzkirche mit ihrem Flügelaltar, der die Kreuzigung Christi zeigt.

Am nächsten Tag besichtigten wir in Kronstadt zunächst die Korn- und Blumenzeile am Marktplatz und danach die Schwarze Kirche, die als bedeutendster gotischer Kirchenbau Südosteuropas gilt. Anschließend ging es in die Gemeinde Kerz. Wunderschöne Blumen an jeder Brücke vor den Häusern begrüßten uns. Hier besuchten wir die Zisterzienserabtei, deren Ruinen auch heute noch jeden Besucher nachhaltig beeindrucken, ganz gleich, von welcher Seite er sich Kerz nähert. Hier wurde ein deftiges Gulasch für uns zubereitet, mit Grießhanklich als Nachtisch, und wir genossen die Zeit in dem schönen Burghof, in dessen Bächlein wir uns erfrischten. Abends kehrten wir nach Sibiel ein, wo wir die nächsten zwei Nächte verbrachten. Freundliche rumänische Gastgeber erwarteten uns mit einer „Gustare“ mit Auberginensalat, Zucchini aus dem eigenen Garten, frischem Schafskäse und weiteren Köstlichkeiten. Auch wurde zum Braten ein leckerer Hauswein serviert.

Am nächsten Tag war Hermannstadt angesagt mit einer kleinen Stadtführung und dem Brukenthal-Museum. Die Rundfahrt beendeten wir in Sibiel mit einer guten Gulaschsuppe und Grillfleisch für alle.

Kaum zu glauben, wie schnell diese Tage voller Kultur und interessanten, bereichernden Informationen von Martin Rill vergingen. Es bleibt zurück eine tiefe Dankbarkeit an ihn, der nicht vergessen hat, von wo er kommt, und selbst im Ruhestand an der historischen Erforschung Siebenbürgens und der Weitergabe der Informationen unermüdlich weiterarbeitet. Somit leistet er einen großen Beitrag dazu, Menschen für ein unermesslich wertvolles Kulturgut zu sensibilisieren.

Diese Rundreise war für uns neben der Sammlung an Informationen über Siebenbürgen auch eine Suche nach der Seele Siebenbürgens in den ehemaligen Kirchenburgenlandschaften und ihren Menschen, Bauten, Natur, ihrer Geschichte und Tradition. Wir haben ein Stück Heimat neu entdeckt und denken nach dieser großartigen Rundreise schon über den nächsten Rumänienurlaub nach.

Lara, Teresa und Anna Schuster
HOG Kleinscheuern

Schlagwörter: Kleinscheuern, Reise, Siebenbürgen

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Neueste Kommentare

  • 02.10.2023, 11:33 Uhr von ingenius mobile: Ich finde diesen Artikel über die Siebenbürgenreise der Kleinscheuerner sehr gelungen: er fühlt ... [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

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