27. Juli 2023

Leserecho: Über die rechtliche Lage der Deutschen in Siebenbürgen

Leserbrief zum Artikel „Wohin geht unsere Gemeinschaft, Initiative zum Erhalt der Identität der Siebenbürger Sachsen / Aufruf zur Diskussion und zum Mitmachen“ von Rainer Lehni in Folge 8 vom 22. Mai 2023, Seite 1 f. Als gewesener Kurator und gewesener Bürgermeister, als aktiver Landwirt, als Mann, der ein Erbe von 250.000 Euro für seine Kirchengemeinde in Rode von einem Nachlassgericht in Deutschland erfolgreich erlangen konnte, als studierter Jurist und Praktiker, der die Gesetzeslage für Immobilien in Rumänien kennt, geht Adolf Hedrich aus Rode im Folgenden auf die rechtliche Lage unserer Deutschen in Rumänien ein.
Als vor über 800 Jahren unsere Vorfahren nach Siebenbürgen einwanderten, kamen sie auf Basis eines Vertrages, und zwar: ihr kommt hierher und bekommt diese und jene Rechte. Die staatliche Oberhoheit über diese Gebiete wechselten: ungarische Könige, das siebenbürgische Parlament, Oberhoheit der Osmanen, Habsburg, die kaiserliche Krone, Ungarn, seit 1918 Rumänien. Diese Basisrechte wurden von all diesen Staaten und Gebilden übernommen und diese müssen auch heute beachtet werden. Unsere Volksgruppe ist durch Schicksalsschläge immer wieder getroffen worden. Leider waren die härtesten Schläge nicht von den Nachbarn unseres Siedlungsgebietes, sondern von der deutschen Obrigkeit aus Österreich und Deutschland. Von Österreich: Aufhebung unserer Nationsuniversität, Beginn des Ersten Weltkriegs; von Deutschland: Beginn des Zweiten Weltkrieges, Einzug in die SS. Rumänien hat auch seine Verantwortung, und zwar das Nichteinhalten seiner Versprechungen von 1918, die Verstaatlichung Teile unseres Eigentums 1921-1923, das Zulassen, dass rumänische Staatsbürger in die Waffen-SS einberufen, 1945 Abtransport unserer Leute zur Aufbauarbeit nach Russland, die Agrarreform im März 1945, die uns das Eigentum wegnahm, Grund und Boden, den unsere Vorfahren mit harter Arbeit, Fleiß und Schweiß in bescheidenen Formen angesammelt hatten, sowie die Verstaatlichung unserer Fabriken 1948. All diese Tatsachen müssen von uns nicht erbettelt, sondern beantragt werden in einer juristischen Form für alle diese drei Staaten (Rumänien, Österreich, Deutschland) und dann haben wir die Mittel, unser „Deutsches“ in Rumänien zu erhalten. Früher hatten wir ja unsere Schulen und Kirchen in eigener Verwaltung. Diese eigene Verwaltung brauchen wir wieder. Es wurde viel gemacht, aber noch nicht alles erreicht.

Ein anderer wichtiger Punkt, nicht einmal 500 km von uns entfernt, beginnt ein Wirtschaftsraum von über 100 Millionen Menschen (Österreich, Deutschland, Schweiz). In diesem Wirtschaftsraum ist die Amtssprache Deutsch, genau das Deutsche, das wir in Rumänien besser oder weniger in unseren Schulen und Klassen lehren und lernen. In unseren Gebieten in Rumänien ist noch viel Raum für industrielle und wirtschaftliche Entwicklung. Die Infrastruktur ist eine ganz andere als vor 800 Jahren. Die anderen, die zu uns kommen, sind begeistert. Ich verstehe das „weg, weg“, und dann im Anschluss „mer weallen bleiwen, wat mer seng“. Es war die Angst, nicht mehr seine Sprache, seine Sitte, und all das, was uns prägte und prägt in Siebenbürgen, behalten zu können. Diese Hoffnung, dieses Gefühl wird durch unsere HOGs bei unseren Treffen gefördert. Es sind dieselben Tanzveranstaltungen, Treffen, die bei uns so üblich waren in der Vorkriegszeit, der Nachkriegszeit, Theater, Tanz und Hochzeiten. Dieses kulturelle Leben wird auch durch die Bundesländer in Deutschland und besonders durch die Landsmannschaften gepflegt. Und jetzt kommt der Gedanke auf, diese Kraft des Überflusses, was ja auch schon teilweise geschieht, wieder zu uns nach Siebenbürgen zu bringen. Ich war kürzlich bei der Wiedereinweihung der Bistritzer Kirche und als ich sah, mit welchem Schwung die Blaskapellen von Drabenderhöhe, von Traun dort mitmachten, in einer Selbstverständlichkeit, da kam wieder Hoffnung auf, auf das, was ein Klausenburger Historiker „germanitatea din ardeal“ nennt. Ich würde das ausweiten wollen auf „das Deutsche in Rumänien“.

Unsere rumänischen „Brüder“ aus Siebenbürgen, besonders die in den sog. Ortschaften der Grenzregimente vor 150 Jahren, wurden von der österreichischen Krone als vollwertige Staatsbürger Österreichs angesehen. Und diese konnten dadurch die Minderwertigkeitskomplexe aufgrund ihrer angeblich niederen sozialen Lage abbauen und das spürt man noch heute, ich habe es in Bistritz selbst erlebt. Sie achten uns, sie kennen unseren Beitrag für Ordnung und all das Deutsche, was uns prägte. Auf dieses Denken und Handeln unserer rumänischen Mitbürger können wir bauen, um das zu erweitern, was uns durch das Schicksal genommen wurde. Natürlich auch durch andere Träger. In diesem Sinne ist es wichtig, ungefähr folgende Tatsachen durchzuführen: unsere evangelische Kirchenordnung muss so neugestaltet werden, dass ländliche Kirchengemeinden, die die Kraft haben, wieder selbst als juristische Person zu bestehen, von dem Bezirk wieder abgekoppelt werden, das heißt dass nicht mehr eine Seelenzahl festgelegt wird, ob eine ländliche Kirchengemeinde ihre Attribute als juristische Person wahrnehmen kann. Zahlen, die eine Kirchengemeinde einstufen, ob sie als juristische Person bestehen kann, müssen abgeschafft werden. Der Vermerk, dass Mitglied einer Kirchengemeinde den Wohnsitz in Rumänien haben muss, muss auch wegfallen: wenn eine Verbindung besteht, und diese bestehen bei den Mitgliedern und den HOGs, dass also wer es möchte, auch vollständiges Mitglied dieser Gemeinde werden kann. Genauso empfinde ich es für das Forum. In diesem Sinne können wir unsere Kirchengemeinden und unsere politische Organisation stärken, indem wir den Überfluss, den wir in Deutschland und Österreich haben, wo eine Art Untätigkeit festzustellen ist, zum Erstarken des Deutschen in Siebenbürgen umleiten.

Unsere Kirche und unser Forum werden geduldet. Wir wollen aber nicht geduldet werden, wir wollen unsere Rechte erlangen seit dem Andreanum, die uns durch die Verträge durch die Jahrhunderte zustehen und in diesem Sinne können wir den Staaten, die uns geschadet haben, dies abverlangen. Wir haben unsere Eliten, wir haben hoch qualifizierte Personen und in diesem Sinne müssen sie auch aktiv werden in ihrem Denken und Können. Wir haben führende Persönlichkeiten in unseren Reihen, die auf hohe Politiker einwirken könnten, wir haben außerdem in unseren Reihen Menschen, die zu hohen finanziellen Mitteln gekommen sind, und diese könnten wir angehen, damit wir das heutige hauptsächlich Dringendste tun: Dächer über unsere Kirchen und Kirchenburgen und Häuser reparieren. In dem Gedankengang, in dem wir verlangen sollten, was uns zusteht, müssen wir auch anmerken, dass in unseren Schulen und in unseren Kirchen die Lehrkräfte und Pfarrer und alle Mitarbeiter in diesen Institutionen die Jahre, die sie in diesen Bereichen tätig sind, auf die Rente der Bundesrepublik angerechnet werden, denn diese Menschen machen Integration pur. Sie lehren in Rumänien die Verwaltungssprache Deutschlands und bilden Menschen heran, die Brückenbauer zwischen den beiden Staaten sind. Es muss überdacht werden, dass Mittel, die in Deutschland für bestimmte Organisationen von den Bundesländern erbracht werden, um den Menschen, die hierher kamen, ein Gefühl des Weiterlebens in einer Kulturgemeinschaft zu vermitteln, dass diese Mittel teilweise umgeleitet werden sollten nach Siebenbürgen.

Das Hauptproblem unserer fehlenden Unterstützung ist Folgendes: Wer in den vergangenen Jahren nach Deutschland auswanderte, hatte als Hauptmotiv die Furcht um seine Existenz als Deutscher. Und jetzt ist dieses Hauptmotiv und seine Handlung, dass es doch bei uns in Siebenbürgen eine Hoffnung und ein Weiterleben geben kann. Etwas muss ich eingestehen, die Kinder, Enkel und Urenkel haben in Deutschland höhere berufliche Möglichkeiten und diese haben sie voll ausgenutzt. Richten dürfen wir nicht, aber manches sagen dürfen wir schon. Das Zusammenschrumpfen in eine kleine und enge Gemeinschaft ist unser Schicksal. Aber als Christen dürfen wir die Hoffnung behalten und aktiv werden im Rahmen unserer Möglichkeiten und der neuen Gegebenheiten. Kommentare und Beiträge zu dieser Thematik können Sie gerne an den Autor dieses Leserbriefes schicken: Adolf Hedrich, RO-547655 Zagăr/ Rode, Haus Nr. 268, Kreis Muresch, Telefon: (00 40-265) 71 25 42.

Adolf Hedrich, Rode

Schlagwörter: Leserbrief, Gemeinschaft, Zukunft, Identitätsdiskussion, Kulturerbe

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