25. September 2023

Schenkung von hoher symbolischer Bedeutung: Dieter Stefani überlässt sein Haus dem Verband der Siebenbürger Sachsen

Am 19. Juli 2023 hat Dieter Stefani sein Haus in München notariell dem Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland geschenkt. Dem Kronstädter wurde nach seinem Empfinden in Rumänien alles weggenommen, nach der Ausreise 1972 nach Deutschland war er beruflich als Vermessungsingenieur erfolgreich und konnte hier sehr viel aufbauen. Der Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen fühlt er sich stark verbunden und überlässt nun als Achtzigjähriger, inzwischen verwitwet, einen Teil seines Eigentums dem Verband der Siebenbürger Sachsen.
Dieter Stefani (3. von links) empfing Dr. Johann ...
Dieter Stefani (3. von links) empfing Dr. Johann Schmidt, Ute Brenndörfer und Rainer Lehni (von links nach rechts) in seinem Haus in München. Foto: Siegbert Bruss
Bundesvorsitzender Rainer Lehni ist äußerst dankbar. Am 19. Juli nahm er gemeinsam mit der Kanzlei Dr. Johann Schmidt den Notartermin in München zur Unterzeichnung der Überlassung wahr. Aufgrund dieses Vertrages hat Dieter Stefani lebenslanges Wohnrecht im Haus, der Verband würde als Eigentümer eingetragen werden. Aufgrund eines eventuellen notariellen Nachtragsvertrags würde der Verband erst nach seinem Ableben als endgültiger Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden. Diese Frage wird derzeit geklärt.

„Ich möchte Dieter Stefani für diese großzügige Schenkung herzlich im Namen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland danken“, so Rainer Lehni. „Das Haus ist eine gute finanzielle Absicherung des Verbandes, die natürlich erst nach dem Ableben des Veräußerers zum Tragen kommen wird. Ich hoffe, dass auch andere Landsleute diesem Beispiel folgen und den Verband ihrerseits durch Spenden, Schenkungen oder Erbschaften stärken werden.“

Nach dem notariellen Termin besuchte der Bundesvorsitzende zusammen mit Rechtsanwalt Dr. Johann Schmidt, Bundesrechtsreferent des Verbandes, Bundesgeschäftsführerin Ute Brenndörfer und Chefredakteur Siegbert Bruss den großen Förderer des Verbandes in dessen Haus in München-Hadern. Dieter Stefani empfing die Gäste zusammen mit seiner Freundin Hanni Pfeiffer aus dem Markgräfler Land und führte sie durch das Haus, das für zwei Familien konzipiert ist – mit zwei deckungsgleichen Wohnungen im Erdgeschoss und Obergeschoss. Vieles im Haus, z.B. kleine Buddha-Statuen, erinnert an seine Frau Margarete und die Reisen in ferne Länder, Bilder des Malers Friedrich Bömches hingegen halten die Erinnerung an Siebenbürgen wach.

Dieter Rolf Stefani wird am 11. April 1943 in Kronstadt geboren, im Januar 1945 werden seine Eltern zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert, er wächst beim Großvater, der einen oder anderen Tante und zeitweise im Waisenhaus auf. Es ist die Zeit der kommunistischen Repression: sein Stefani-Großvater in Marienburg wird enteignet (Krämerladen, Ackergrund und Familienhaus), ebenso sein Albert-Großvater, der Aktionär bei der Scherg- und Schiel-Fabrik in Kronstadt war. 1949 kehren die Eltern aus der Deportation zurück, ein Jahr später wird die Schwester Anneliese Ursula geboren, die heute verheiratet in Würzburg lebt, mit zwei Kindern. Nach den ersten vier Klassen in der Blumenau und den Klassen 5-7 an der deutschen Volksschule am Kirchhof der Schwarzen Kirche wird Dieter Stefani die Aufnahmeprüfung in das deutsche Lyzeum verwehrt, da Professor Karl Arz den pazifistischen, freiheitsliebenden Schüler in Verfassung, der Lehre des neuen sozialistischen Regimes, durchfallen lässt. Er kann aber das neu gegründete rumänische Sport-Lyzeum in Kronstadt besuchen, das er 1961 mit der Abiturprüfung absolviert. Er erzielt beachtliche Erfolge als Geräteturner, doch zu den Sportwettkämpfen ins Ausland darf er nicht reisen, auch nach Bulgarien nicht. Er beginnt sein Studium an der Bukarester Sporthochschule ICF, wird aber nach kurzer Zeit exmatrikuliert, da er einen Ausreiseantrag gestellt hat. Nach der Fachschule für Schmiede und Härterei Steagul Roșu (1961-1964) und der Universität für Forstwesen in Kronstadt (1964-1969), Abteilung Ausbeutung im Forstwesen, d.h. Straßen- und Eisenbahnbau, Seilbahnen, Vermessung (Geodäsie) usw., arbeitet der junge Ingenieur als Vermesser beim Bauunternehmen TRCL in Kronstadt. Dem Siebenbürger Sachsen gelingt es, nicht im rumänischen Militär zu dienen, nachdem sein Arbeitgeber ihn als unentbehrlichen Angestellten gegenüber dem Kommissariat ausgewiesen hat.

Seinen 80. Geburtstag feierte Dieter Stefani im ...
Seinen 80. Geburtstag feierte Dieter Stefani im Frühjahr mit zahlreichen Freunden in München. Foto: Ute Pfeiffer
Mit seinem Freund Johannes Kravatzky kauft er sich ein Motorrad MZ 125, beide reisen viel in Siebenbürgen und bis ans Schwarze Meer. Einmal, als sie am Motorrad in der Ägrischgasse basteln, kommt Margarete Ganzert (geb. 1947), die in der Nachbarschaft wohnt, vorbei. „Sie war das Glück meines Lebens, die konnte und wollte ich lieben und verwöhnen“, erinnert sich Dieter. Sie heiraten zu Weihnachten 1966. Für die Familie gibt es, nachdem auch viele Freunde ausgereist sind, nur noch ein Ziel: „Weg aus Rumänien!“

Die Ausreise gelingt 1972 und nun geht das Leben bergauf. Ihre Ausbildung wird anerkannt. Margarete arbeitet als Innenarchitektin und dann als Konstrukteurin in München. Dieter Stefani, der ausgebildeter und anerkannter Forstwirtschaftsingenieur ist, bewirbt sich zunächst als Diplom-Bauingenieur, bewährt sich aber beruflich als Vermessungsingenieur: Von 1972 bis zur Verrentung 2013 arbeitet er beim Ingenieurbüro Obermeyer in München mit vielen Einsätzen im Ausland: in Spanien (1974), Afghanistan (1976), der Türkei (1978), Saudi-Arabien, China, Rumänien (2008), wo er das EU-Projekt des Eisenbahnzubringers von Craiova zur bulgarisch-rumänischen Brücke Vidin–Calafat leitet (Geologie, Geodäsie, Trassierung, Prüfstatik, Ausschreibung). Beeindruckend ist etwa die Vermessung der Straße von Matac bis Bamyan (nördlich von Kabul) in Afghanistan (1976), ein Projekt der Weltbank. Der Siebenbürger Sachse leitet die Expedition am Fuße des Hindukusch und vermisst dabei auch große, in Fels gemeißelte Buddhas an einer alten Kultstätte der Buddhisten.

In München ist die Untertagevermessung der U-Bahn Hauptbahnhof – Stachus – Odeonsplatz (1979-1980), unterhalb der S-Bahn, erwähnenswert. 1987-1988 bildet sich Dieter Stefani im Bau-Rechtswesen an der Sabel-Schule in München weiter, von 1989-1991 unterrichtet er Vermessung im Bauwesen an der Schule für Polieren und Meister im Bauwesen in Krailing.

Sehr viel reist er auch mit seiner Frau Margarete durch die ganze Welt, die diese Individualreisen bestens plant. „Alle Reisen waren schön, der Islam, der Buddhismus und der Hinduismus sind Weltkulturen, die jede Reise interessant machen. Mich haben die alten Kulturen und Weltreligionen wie Islam, Buddhismus und Hinduismus sehr beeindruckt“, erinnert er sich. In Belize, dem ehemaligen Britisch-Honduras, treffen sie auch Mennoniten, eine deutsche Minderheit, die in drei Dörfern lebt und aus christlicher Überzeugung keinen Militärdienst leistet. In China gibt es 52 Minoritäten, wobei er sich mit den Uiguren, einem Turkvolk, auf Türkisch unterhalten kann. Die berühmte Tempelanlage „Angkor Wat“ bewundert das Ehepaar in Kambodscha, ebenso die Pyramiden in Mexiko und Belize (Mittelamerika). Auf den Galapagos-Inseln schwimmen sie im Pazifischen Ozean in einem tausend Meter tiefen Wasser. Weitere Reisen führen – neben Europa – auch in den Nahen Osten (Persien, Oman, Emirate, Jemen) oder nach Südafrika, Namibia, Swasiland und Botswana, um nur einige Länder zu erwähnen.

In München pflegt das Ehepaar einen großen Freundeskreis, der vorwiegend aus Kronstädtern und Hermannstädtern besteht. Richtig heimisch werden sie 1979, als sie sich, zusammen mit Margaretes Eltern, ein Haus in München-Hadern bauen. Überhaupt sieht Dieter Stefani Hauseigentum als wichtiges Mittel, um sich in der neuen Heimat zu bewähren. Er zitiert das Lied „Mein Sachsenland“ (Weise: Rudolf Lassel, Text: Franz Obert: „Ich kenn ein Fleckchen auf der Welt, das ist gar winzig klein,/ doch kann unter dem Sternenzelt, nur da ich glücklich sein“, wobei er in München heimisch und glücklich geworden ist.

Ende der achtziger Jahre setzte sich Dieter Stefani, zusammen mit dem Busunternehmer Eduard Gierscher dafür ein, dass eine Gruppe von Siebenbürger Sachsen gemeinsam eine günstige Hütte in den Alpen kaufen und ihr den Namen „Siebenbürger Hütte“ geben. Doch wurde er überstimmt, trat enttäuscht aus dem Deutschen Alpenverein aus und erwarb 1990 ein eigenes Ferienhaus in den Alpen, in Gröbming am Fuße des Dachsteins in der Steiermark, das ihm auch heute gehört.

Sehr erfolgreich konnte sich Dieter Stefani als Vorstandsmitglied im Hilfsverein „Stephan Ludwig Roth“ e.V., dem Trägerverein des Siebenbürgerheims in Rimsting, einbringen. Er ist glücklich, „dass uns gegen alle Widerstände, die Aufstockung des Hauses 5 gelungen ist (2016-2020). Ich war der große Befürworter und habe immer gesagt: ,Ich bin angetreten, um unser Hab und Gut zu mehren.‘“

2014 wird Margarete krank, trotzdem reisen sie noch einmal nach Indien und in die Türkei. Es folgen sehr schöne Jahre, da er sich ausschließlich seiner Frau widmen kann, die er am 3. August 2020 verliert. Sie stirbt zu Hause, bis zum Schluss liebevoll betreut von ihrem Ehemann. „Es ist mein größter, eigentlicher einziger Verlust im Leben. Sonst war ich immer auf der Gewinnerseite“, sagt Dieter Stefani.

Dieter Stefani blickt heute auf ein bewegtes und erfolgreiches Leben zurück, das ihn hin und her geschwemmt hat. „Ich habe meist richtig entschieden, immer in Absprache mit meiner Gattin.“ Im Ausland habe er den guten Ruf der Deutschen vermutlich vermehrt. „So wurde ich in der Türkei der alman amgea (deutscher Onkel) genannt, in China wurde ich als seine Exzellenz angeschrieben, in Rumänien war ich der Projektmanager eines von der EU finanzierten Projektes.“ Seine Botschaft an die junge Generation lautet: „Lerne, lerne ein Leben lang!“

In Rumänien habe man ihm und seiner Familie alles weggenommen, in Deutschland sei es ihm seit 1972 gelungen, vieles aufzubauen, auch Eigentum. Nun sei die Zeit gekommen, sein Haus in München-Hadern an die Gemeinschaft zu verschenken, der er sich stark verbunden fühlt: „Ich bin ein Sachs und sag‘s mit Stolz.“ Dieter Stefanis Wunsch ist es, dass der Verband der Siebenbürger Sachsen das Haus, das verkehrsgünstig nahe der U-Bahn-Haltestelle liegt, zum Beispiel als Büro, für Ausstellungen oder als Wohnung nutzt und dass es den Namen „Siebenbürgen-Haus“ bekommt. „Ich hoffe, dass es dem Verband einen großen Nutzen bringen wird“, betont er gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Verband, Schenkung, München, Kronstadt

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