30. Mai 2020

Pfingstbotschaft des Bundesvorsitzenden Rainer Lehni

Liebe Landsleute, das Pfingstfest vereint die Siebenbürger Sachsen von nah und fern seit 1951 (mit zwei Ausnahmen 1952 Rothenburg o.T., 1953 Wels) in Dinkelsbühl, der Partnerstadt der Siebenbürger Sachsen. Jährlich treffen sich Tausende von Landsleuten, oft auch über 20000, in der ehemaligen Freien Reichsstadt. Die Stadt Dinkelsbühl öffnet gerne Jahr für Jahr ihre historischen Stadttore. Wir fühlen uns hier daheim, auch wenn Siebenbürgen über tausend Kilometer weit entfernt ist. Dinkelsbühl ist am Pfingstwochenende das Zentrum unseres siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaftslebens. So war das fast sieben Jahrzehnte, bis die Corona-Pandemie kürzlich über die ganze Welt hereinbrach. So können wir den 70. Heimattag nicht in diesem Jahr in Dinkelsbühl begehen, wir werden ihn hoffentlich 2021 feiern.
Rainer Lehni, Bundesvorsitzender des Verbandes ...
Rainer Lehni, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.
„Um es vorwegzunehmen: das Erfreulichste in Dinkelsbühl war der Gleichklang der Herzen. Er stellt sich wohl leicht im Festestrubel der Sichwiedersehenden her.“ Das schrieb Hermann Schlandt nach dem ersten Heimattag, der zu Pfingsten 1951 stattfand. Wie Recht der Schreiber dieser Zeilen hatte. Heute ist das nicht anders.

Nach jahrzehntelanger guter Zusammenarbeit besiegelten die Stadt Dinkelsbühl und die damalige Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen beim Heimattag 1985 eine Partnerschaft, die bis heute andauert und für die der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland sehr dankbar ist. Der Erste Bürgermeister Dr. Jürgen Walchshöfer führte bei der Eröffnung des damaligen Heimattags aus, dass Dinkelsbühl zum „Symbol des Zusammenhalts der Siebenbürger Sachsen in der ganzen Welt“ geworden sei. Beim Heimattag 2019 würdigte der heutige Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer die Siebenbürger Sachsen, für die Dinkelsbühl der Mittelpunkt siebenbürgisch-sächsischen Lebens in Deutschland geworden sei. Er erinnerte auch an die Monat für Monat in Dinkelsbühl stattfindenden Heimatortstreffen und die seit 2001 bestehende Städtepartnerschaft mit Schäßburg. Dinkelsbühl und die Siebenbürger Sachsen gehören heute einfach zusammen.

Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland ist heute ein gefestigter Verband und vertritt vehement die Interessen unserer Landsleute. In Politik und Gesellschaft sind wir erster Ansprechpartner für unsere Gemeinschaft. Wir setzen uns beispielsweise für die Rücknahme der ungerechten Fremdrentenkürzungen aus den 1990er Jahren bei der deutschen Bundesregierung ein, ebenso fordern wir mit Nachdruck die Lösung der Restitutionsproblematik bei den rumänischen Behörden. Bund und Länder fördern dankenswerterweise unsere siebenbürgisch-sächsische Kultur, die wir als Teil der gesamtdeutschen Kultur pflegen. Auch Schloss Horneck in Gundelsheim am Neckar mit seinen Kultureinrichtungen spielt für uns eine herausgehobene Rolle. Dem Bund und allen anderen Geldgebern sind wir für die finanzielle Unterstützung des Schloss­umbaus dankbar. Die Gliederungen unseres Verbandes, die Heimatortsgemeinschaften, Spender, Helfer und Verantwortliche des Trägervereins „Siebenbürgisches Kulturzentrum Schloss Horneck e.V.“ haben ebenfalls einen wertvollen Beitrag dazu geleistet, dass der Umbau bald abgeschlossen sein wird.

In den neun Landesgruppen und über 100 Kreisgruppen unseres Verbandes wird eine hervorragende Kulturarbeit geleistet. Chöre und Blaskapellen, Tanzgruppen und Theatergruppen, Senioren- und Frauenkreise sowie viele andere Gruppen entfalten ein reiches Gemeinschaftsleben. Sie tragen damit entscheidend zu unserer gelungenen Beheimatung in den neuen Wohnorten bei. Wir alle hoffen, dass unser Gemeinschaftsleben – nach der durch die Corona-Pandemie bedingten Pause – bald wieder voll durchstarten wird.

Die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD), die Jugendgliederung unseres Verbandes, schafft es immer wieder, junge Menschen für unsere Gemeinschaft zu begeistern. Die heute in der SJD aktiven jungen Leute finden das richtige Maß: Sie lernen die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft hier in Deutschland kennen, wo sie geboren wurden, besuchen aber auch oft die alte Heimat Siebenbürgen, um auch diese kennen und schätzen zu lernen.

In diesem Jahr erinnern wir an mehrere Ereignisse der Neuzeit, die unsere Geschichte in Siebenbürgen und Deutschland geprägt haben. In erster Linie sind zwei historisch einschneidende Ereignisse zu nennen. Vor 75 Jahren, im Januar 1945, wurde die arbeitsfähige deutsche Bevölkerung in Rumänien zur Zwangsarbeit in die damalige Sowjetunion deportiert. Eltern blieben ohne Kinder, Kinder ohne Eltern, Kleinkinder wurden von den Großeltern aufgenommen, für viele begann eine bis zu fünfjährige schwere und entbehrungsreiche Leidenszeit. Praktisch jede deutsche Familie in Rumänien war betroffen. Viele Verschleppte verloren ihr Leben und fanden fern der Heimat ihre letzte Ruhe. Diejenigen, die überlebten, wurden teilweise nach Deutschland entlassen, oder konnten zum größten Teil Ende 1949 nach Rumänien zurückkehren. Die Russlanddeportation war ein kollektives Trauma, das unsere Lebensgrundlage in Siebenbürgen tief erschüttert hat und auch heute in unserem geschichtlichen Bewusstsein verwurzelt ist.

Ein Wendepunkt für unsere Gemeinschaft war das Jahr 1990 durch den Umbruch und den beginnenden Massenexodus der deutschen Bevölkerung aus Rumänien. Innerhalb von wenigen Monaten brachen die traditionellen Strukturen der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft größtenteils zusammen. Und doch ist viel Positives und Neues entstanden, was vor 30 Jahren nicht vorauszusehen war. Die Beziehungen zum Deutschen Forum und zur Heimatkirche in Siebenbürgen sind heute hervorragend. Wir sind alle aufeinander angewiesen, um die weltweit verstreute Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen zukunftsfähig zu machen. Zu dieser Gemeinschaft zählen auch unsere Landsleute in Österreich, Kanada und den USA, mit denen wir ebenfalls einen hervorragenden Austausch pflegen.

Einen besonderen Fokus legen wir 2020 auf unsere Medien. Im Juni 1950 erschien die erste Ausgabe der Siebenbürgischen Zeitung als Organ des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. In 70 Jahren haben zahlreiche Redakteure und Mitarbeiter ein Blatt geschaffen, das umfassend über die Siebenbürger Sachsen und Siebenbürgen informiert. Auf vielen tausend Seiten haben unsere haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter die bewegte Zeit der letzten 70 Jahre zu Papier gebracht, wofür ihnen herzlich gedankt sei. Das Archiv der Siebenbürgischen Zeitung, das digital erfasst wurde und allen Mitgliedern zugänglich ist, bildet einen wichtigen Fundus zu allen für unsere Gemeinschaft relevanten Ereignisse der letzten sieben Jahrzehnte.

Das Verbindungsglied, das uns heute international digital alle vereint, ist das Internetportal www.siebenbuerger.de, das der Verband der Siebenbürger Sachsen vor genau 20 Jahren ins Leben gerufen hat. Tatkräftige und engagierte Webmaster haben seit 2000 das umfangreichste Portal über Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen geschaffen. Hinzu kamen nach und nach die Präsenz von Siebenbuerger.de auf Facebook, Instagram und YouTube. Zwanzig Jahre sind für ein Internetportal eine lange Zeit, daher war ein Relaunch dringend erforderlich. Innerhalb weniger Wochen haben unsere Webmaster es geschafft, die Internetseite auf den neuesten technischen Stand zu bringen und ihr ein neues Antlitz zu geben. Seit dem 9. Mai ist die neugestaltete Seite online. Den Webmastern möchte ich für diese tolle Arbeit herzlich gratulieren und danken.

Wie eingangs erwähnt, können wir uns diesmal zu Pfingsten in Dinkelsbühl nicht wiedersehen. Der Verband bietet aber mit seinem Digitalen Heimattag am Pfingstwochenende eine Alternative an. „Zuhause und doch verbunden“ werden wir über das Internet sein und in diesem Jahr eine andere Form des Zusammenseins pflegen. Dazu lade ich Sie alle herzlich ein. Frohe Pfingsten und „nur de Gesand“!

Rainer Lehni, Bundesvorsitzender

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