11. September 2007

Hermannstädter Stadtpfarrkirche: pro und contra Einsturzgefahr

Dass das Kreuzgewölbe im Mittelschiff der Hermannstädter Stadtpfarrkirche vom Einsturz bedroht sein soll, hatte die Siebenbürgische Zeitung Online bereits am 23. August 2007 gemeldet. Dieses Themas hat sich nun auch die Süddeutsche Zeitung/SZ (Ausgabe vom 5. September 2007, Seite 14) angenommen, just da sich in Hermannstadt mit der 3. Ökumenischen Versammlung (vom 4. bis 9. September) ein wichtiges Kirchentreffen ereignete. In dem „Der kirchliche Makel“ betitelten Artikel von Kathrin Lauer werden die unterschiedlichen Positionen im Streit um eine Kirchturm-Sanierung gegenübergestellt – nicht ohne eine Prise Süffisanz.
Rund zweitausendfünfhundert Delegierte der christlichen Kirchen Europas waren zur 3. Ökumenischen Versammlung in der Europäischen Kulturhauptstadt 2007 zusammengekommen. Entsprechende Resonanz fand das Kirchentreffen in der breiten Medienberichterstattung. Angesichts der Dimension und Tragweite der in Hermannstadt behandelten theologischen wie kirchenpolitischen Problemstellungen relativiert sich der Streit zur Marginalie: Der Baustatiker Balint Szabo hat in einem Gutachten die Einsturzgefahr der fünfhundert Jahre alten Holzkonstruktion im Mittelschiff der Stadtpfarrkirche festgestellt. Daraufhin ließ der ev. Stadtpfarrer Kilian Dörr den Zugang zum Mittelschiff sperren. Sein Vorgesetzter, D. Dr. Christoph Klein, Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, ließ diese Sperrung wieder aufheben mit der Begründung, dass die Beweise für die Gefahrenlage dürftig seien.

Wie die Autorin weiter ausführt, wurzele „dieser siebenbürgisch-sächsische Streit in allerlei Eitelkeiten, Eifersüchteleien und im Misstrauen, dass sich die Denkmalschützerszene durchsetzen könnte“. So werde Szabo, zugleich Leiter der siebenbürgischen Denkmalkommission und Inhaber einer Forschungs- und Bauplanungsfirma, Eigennutz unterstellt dahingehend, dass ihn bei diesem Gutachten das Motiv geleitet habe, einen lukrativen Sanierungsauftrag zu bekommen. Das Gutachten haben zwischenzeitlich zwei Münchner Baustatiker geprüft und bestätigt: „Vielleicht stürzt das Gewölbe nicht heute ein, vielleicht aber morgen.“, so der frühere TU-Professor Heinrich Kreuzinger laut SZ. Der Hermannstädter Architekt Dr. Ing. Hermann Fabini, neben Prof. Dr. Paul Niedermaier diesjähriger Siebenbürgisch-Sächsischer Kulturpreisträger, in dem SZ-Artikel als „graue Eminenz des Denkmalschutzes in Siebenbürgen“ bezeichnet, lehnt das Szabo-Gutachten entschieden ab. Unter Fabinis Leitung war die Dachhaut der Kirche in den achtziger Jahren renoviert worden.

Die Gesamtkosten einer Sanierung beziffert Kilian Dörr auf 700 000 Euro. Zuschüsse der öffentlichen Hand würden nicht ausreichen, Sponsorengelder seien erforderlich. Der Stadtpfarrer habe sich entschlossen gezeigt, das Mittelschiff nach dem Ende der Ökumenischen Versammlung wieder sperren zu lassen, berichtet die SZ und schließt mit dem Ausblick: „In jedem Fall aber muss ein zweites Gutachten erstellt werden – und zwar am besten von Experten jenseits der sieben Berge Transsilvaniens, um jeglichen Zweifel an deren Unparteilichkeit auszuschalten.“

Christian Schoger

Schlagwörter: Kulturhauptstadt, Kirche und Heimat, Denkmalpflege

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Neueste Kommentare

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