9. September 2019

Frauennachbarschaft in Keisd: Frischer Wind für die ganze Region

Dank ihnen wird jedes Jahr ein ganzes Dorf gratis durch den Gesundheitscheck geschleust. Ihre Idee war auch das jährliche Rhabarberfest. Der evangelische Pfarrer Johannes Halmen lobt sie in den höchsten Tönen: „Sie werden nicht glauben, wie fein die backen können!“ Und der Trüffelzüchter aus dem nahen Arkeden freut sich, dass seine Sommertrüffeln, dank ihrer Initiative, bald online bestellt und ausgeliefert werden können, wie viele andere Produkte der Region. Soziales Engagement, Tourismus, Unterstützung lokaler Produzenten, aber auch Kulturveranstaltungen, Erziehungsmaßnahmen und Bildung liegen den 32 Frauen in Keisd am Herzen, die sich regelmäßig zur gemeinnützigen Freiwilligenarbeit treffen. Die Mitglieder der Frauennachbarschaft haben eine sächsische Tradition neu belebt und damit frischen Wind ins Dorf gebracht. Warum es diese Nachbarschaft gibt, was sie von der althergebrachten sächsischen Organisation unterscheidet, was die rührigen Keisderinnen bis jetzt alles geschafft und sich für die Zukunft noch vorgenommen haben, darüber plaudern Oana Poledna und Diana Schuster-Costea in Keisd mit Nina May.
Seit wann gibt es diese Frauennachbarschaft – und warum?
Oana Poledna: Als Nichtregierungsorganisation [NRO bzw. aus dem Englischen Non-governmental organization, NGO] seit 2015. Wir waren 23 Frauen und da wir uns ohnehin regelmäßig trafen, sagten wir, lasst uns doch etwas Offizielles draus machen.
Diana Schuster-Costea: In unserer Region waren die Sachsen traditionell in Nachbarschaften organisiert. Nachdem sie ausgewandert sind, übernahmen das die Rumänen. Die Frauennachbarschaften waren ursprünglich nur zur Unterstützung der Männernachbarschaften gedacht.

Mit anderen Worten, die Frauen haben gekocht und gebacken?
O.P.: Ja. Und da haben wir gedacht, wir wollen etwas Stärkeres für diesen weiblichen Part. Außerdem: Wenn du etwas Soziales oder Kulturelles machen willst, musst du mit Frauen arbeiten, nicht mit Männern.

Was gehört zu euren wichtigsten Aktivitäten?
D. S-C.: Wir organisieren jedes Jahr das Rhabarberfest. Da backen wir verschiedene Kuchen mit Rharbarber, aber auch Brioches und Baklava.
O.P.: Also nicht nur traditionelle Rezepte. Wir sind offen für Innovation. Wer Lust hat, backt zuhause und wir servieren die Kuchen dann. Davor machen wir eine große Parade und präsentieren sie mit Blasmusik, damit alle sehen, wer was gebacken hat. Das hat einen starken visuellen Impakt! Es gibt auch immer ein Konzert in der evangelischen Kirche, Aktivitäten für Kinder und einen Markt für lokale Produkte.
Oana Poledna (links) und Diana Schuster-Costea ...
Oana Poledna (links) und Diana Schuster-Costea bieten frischen Kuchen aus Keisd. Foto: George Dumitriu
Spielen die ausländischen NGOs vor Ort, z.B. Adept oder Pivnița Bunicii, dabei eine Rolle?
O.P.: Wir arbeiten hervorragend mit diesen NGOs zusammen. Die Bürgermeisterei unterstützt uns logistisch, wie auch die evangelische Kirche. Und sie loben uns vor den Touristen, denn in der Tat, es ist irgendwo schon eine Wiederbelebung der Gemeinschaft. Und wir haben eine lokale Aktionsgruppe, welche Finanzierungen für unsere ländliche Region garantiert. Dort haben wir auch ein Projekt eingereicht, den „Korb für lokale Produkte“.

Klingt interessant! Was bietet der „Korb für lokale Produkte“?
O.P.: Die Frauennachbarschaft ist eine Partnerschaft mit lokalen Produzenten eingegangen, die Produkte für diesen Korb liefern wollen. Eine Webseite ist gerade in Arbeit, wo man diese auswählen kann. Dann liefert ein Fahrer die Körbe aus. Am Anfang liefern wir nur im Kokelgebiet und rund um Schäßburg.

Welche Produkte sind das?
D.S-C.: Obst, Gemüse, Trüffeln, Marmeladen, Sirupe, Käsesorten … Wir haben uns vergewissert, dass die Produkte gute Qualität haben und die Produzenten alle Standards erfüllen. Ein Jahr lang wird uns das Gehalt für den Fahrer bezahlt. Danach hoffen wir, dass es sich von selbst trägt.

Welche Aktivitäten gibt es noch?
D.S-C.: Wir gestalten den „Tag des gemeinsamen Lesens“ mit Kindern. Es gibt eine NGO auf nationalem Niveau, die Material zur Verfügung stellt, um das Lesen zu fördern. Damit gehen wir in die Schule und lesen den Kindern vor. Denn Erziehung und Bildung ist ein großes Defizit auf dem Dorf.

Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?
O.P.: Vor allem, dass der „Korb für lokale Produkte“ gut anläuft. Auch mit Kindern würden wir gerne mehr arbeiten, in Richtung nonformale Bildung. Dann liegt uns der „Gesundheitsmarkt“ sehr am Herzen, wir wollen eine breitere Palette an Analysen anbieten. Eine Chance zur Erweiterung unserer Pläne erwarten wir durch den Zugang zu EU-Fonds.

Schlagwörter: Interview, Keisd, Nachbarschaft, Frauen

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