2. Mai 2017

Geschichte von Schloss Horneck, 6. Folge: Ende der Ordensherrschaft

Seit Mitte des 13. Jahrhunderts befand sich Schloss Horneck im Besitz des Deutschen Ordens, der es zu wiederholten Malen um- und neugebaut hat und dem es weitgehend seine heutige Gestalt verdankt. Die Barockisierung in den Endzwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts war sein letzter Beitrag zur Baugeschichte von Horneck. Die Säkularisation der Ordensbesitze zu Beginn des 19. Jahrhunderts leitete eine Zeit der Unsicherheiten und der Stagnation ein, die den Historiker Julius Hartmann d. J. (1836-1916) in seiner „Beschreibung des Oberamts Neckarsulm“ (1881) zu der an Gustav Schwabs „Wanderungen durch Schwaben“ angelehnten Feststellung veranlasste, des Schlosses „epheuumrankte Mauern und Thürme“ ragten „wie halbausgebrochene Zähne aus dem Gebiß einer wilden und räuberischen Zeit aus dem gähnenden Schlund der Vergangenheit in die Lüfte“.
Diesem von mir erst kürzlich gefundenen, 716 Seiten umfassenden Buch, das eine ausführliche Darstellung von Gundelsheim enthält und die Geschichte, den Bau und die Kunstdenkmäler des Schlosses eingehend und aufmerksam beschreibt, ist eine notwendige Korrektur meiner Aussage in Folge 5 der Schlossgeschichte zu verdanken: Nicht die Baumeister Franz und Johann Keller haben die Grabplatten der Deutschmeister aus der früheren Kapelle entfernt und in die Zufahrt gestellt, denn Hartmann berichtet 1881 mehrmals über den „Saal mit den Rittergrabsteinen“, die ehemalige Schlosskapelle, in dem sie „je zwischen 2 Fenstern [...] in die Wand eingelassen [sind]“. Die Umsetzung erfolgte erst später, wie in der nächsten Folge dieser Schlossgeschichte erläutert werden wird.

Die letzten Jahrzehnte der Ordensherrlichkeit

Wir erfahren aus Hartmanns Beschreibung auch, dass Johann Christoph von Buseck – der fast dreißig Jahre (1729-1759) lang Komtur von Horneck war, in dessen Amtszeit die Barockisierung des Schlosses vollendet wurde und welcher in der Gundelsheimer Stadtpfarrkirche St. Nikolaus beerdigt ist – sein Wappen nicht nur in der Bannwirtschaft in der Schlosssstraße anbringen ließ (wo es heute noch bewundert werden kann), sondern gleich dreimal auf Schloss Horneck. Das eine ist bis heute über dem Eingang zum Untergeschoss des Schlosses sichtbar (siehe Abbildung 1), das zweite, mit der Jahreszahl 1732 und den Buchstaben „B.C.z.J.O.R.“ (Buseck, Komtur zu Horneck Ritter des Jerusalemer Ordens), befand sich laut Hartmann über dem Eingang zur Schlosskapelle (heute aus dem Lesesaal der Bibliothek, neben dem Portal zur Wendeltreppe), das dritte „an dem durch die Weinberghalden auf den Michaelsberg führenden Fußpfad, gestiftet von Baron von Buseck, Rathsgebietiger etc. „wegen Errettung meines Lebens in einem todgefährlichen Fall an diesem Orth, so geschehen im jahr 1750 den 20. Martii“.
Abbildung 1: Wappen des Komturs Johann Christoph ...
Abbildung 1: Wappen des Komturs Johann Christoph von Buseck über dem Eingang zum Kellergeschoss. Foto: Anneliese Vater
Der Denkstein stand ursprünglich an der gegenüberliegenden nördlichen Seite des Schlosses. Buseck soll dort vom Fenster in den Hirschgraben gefallen sein, ohne Schaden zu nehmen.“ (Hartmann) Der Komtur war übrigens, wie der Historiker Bernhard Demel in seinem Aufsatz über den Deutschen Orden und die Stadt Gundelsheim (1999) berichtet, wegen seiner anmaßenden Amtsführung immer wieder in Rechtsstreitigkeiten mit den Bürgern von Gundelsheim und den anderen Gemeinden der Kommende verwickelt. Der Graben zwischen „denen da oben“ und den Gundelsheimern vertiefte sich.

Unter dem seit 1780 als Hoch- und Deutschmeister wirkenden Maximilian Franz von Lothringen, dem jüngsten Sohn von Maria Theresia, wurden – im Geist des aufgeklärten Absolutismus seiner Mutter und seines Bruders Kaiser Joseph II. – Justiz- und Verwaltungsreformen durchgeführt, die auch der Stadtbevölkerung zugute kamen. 1788 gründete er innerhalb der Kommende Horneck das „Neckaroberamt“, das nunmehr die Besitzungen des Ordens in dieser Region verwaltete. 1797 weilte Maximilian Franz – der übrigens zugleich Kurfürst und Erzbischof von Köln sowie Fürstbischof von Münster war – auf Schloss Horneck; hier bewirtete er seinen Vetter Karl Ludwig, der ihm 1801 im Amt des Hoch- und Deutschmeisters nachfolgte, und beriet mit ihm die Folgen des Vormarsches der Truppen von Napoleon Bonaparte. Erzherzog Karl Ludwig – der mehrmals das Schloss besuchte – wurde übrigens nach seinem Rücktritt als Hochmeister zu einem der glänzendsten Heerführer des Hauses Habsburg und errang 1809 den Sieg von Aspern über Napoleon.

Zwischen dem 13. und 21. Mai 1805 besuchte mit Hoch- und Deutschmeister Anton Viktor von Österreich, ein Sohn Kaiser Leopolds II. und Bruder seines Vorgängers Karl Ludwig, der letzte regierende Ordensobere und Landesfürst Schloss Horneck. Kurz danach, im November 1805, besetzte die französische Armee während des Dritten Koalitionskriegs auch das Neckaroberamt. Am 19. November 1805 ließ Kurfürst Friedrich von Württemberg, gegen den Willen des letzten Hornecker Komturs Karl Philipp Ernst von Nordeck zu Rabenau (1794-1805), die Deutschordensbesitzungen am Neckar „okkupieren“, überraschenderweise unter starkem Protest der Gundelsheimer Bürgerschaft, die ihrem rechtmäßigen Landesherren trotz wiederholt unguter Erfahrungen mit den bisherigen Besitzern treu bleiben wollte. Unter militärischem Druck musste sie am 9. Oktober 1806 Friedrich I., dem nunmehrigen württembergischen König von Napoleons Gnaden, auch „dicker Friedrich“ oder „schwäbischer Zar“ apostrophiert, die Erbhuldigung leisten.

Württembergische Kaserne, dann Bierbrauerei

Der Friede von Preßburg (1805) zwischen Napoleon und Kaiser Franz I. besiegelte das Ende der Deutschordensherrschaft am Neckar. 1809 schließlich dekretierte der französische Kaiser: „Der Deutsche Orden ist [...] aufgehoben. [...] Das Gebiet von Mergentheim mit den an das Hochmeistertum geknüpften Rechten Domänen, Revenüen wird mit der Krone Württemberg vereinigt.“ Das hatte der „dicke Friedrich“ bereits getan und die beweglichen Güter 1807 von Horneck nach Ludwigsburg bringen lassen, unter anderen den Stifteraltar aus dem 15. Jahrhundert, der sich heute im Germanischen Nationalmuseum befindet.

Schloss Horneck wurde in eine Militärkaserne umgewandelt. Am 31. Dezember 1807 kam das Füsilier-Regiment von Neubronn in Garnison, 1809 wurde es vom Infanterie-Regiment von Scharffenstein abgelöst. Zwischen November 1813 und Juli 1814 wurden hier nicht weniger als 835 Offiziere, 14460 Soldaten und 9439 Pferde untergebracht und verpflegt. Im Herbst 1814 wurde hier ein Militärspital eingerichtet, in welchem laut Hartmann von ca. 500 Kranken 16 Österreicher, 4 Franzosen, 2 Bayern und 4 Würzburger starben und „in den Hetzenberg begraben wurden“.

Um der Raumnot zu begegnen wurde ­damals in die ehemalige Ordenskapelle ein Zwischendeck eingezogen. Im oberen Teil (den heutigen „Fürstenzimmern“ im ersten Obergeschoss) wurde ein Raum als Bethaus genutzt, der untere Teil diente als Warenlager u.a. für den von der späteren Bierbrauerei benötigten Hopfen. Doch schon 1824 verkaufte die Oberfinanzkammer Württembergs diesen Besitz an den Kaufmann Johann Dietrich Kopp aus Moskau für 10000 Gulden; die Gundelsheimer Hospitalsverwaltung erwarb dann 1831 das Schloss, stieß es aber bereits 1832 an den Kaufmann Eberhard Friedrich Sandel aus Schwäbisch Hall für 6200 Gulden ab. 1836 hatte dieser hier, wie Gustav Schwab in seinen eingangs erwähnten „Wanderungen“ berichtet, einen prominenten „Mietgast“: „Herr Wellesley, ein Neffe Wellingtons, Gesandtschaftssekretär am Stuttgarter Hofe“. Es handelte sich dabei um den britischen Diplomaten Henry Richard Charles Wellesley, 1. Earl Cowley (1804-1884), einen Neffen des Herzogs Arthur Wellington, des Siegers von Waterloo.

Sandel hat übrigens den Betsaal, der durch die Unterteilung der ehemaligen Schlosskapelle durch Einzug von Dielen entstanden war „für den evangelischen Gottesdienst“ zur Verfügung gestellt, „der abwechslungsweise von den Pfarrern von Mühlbach, Haßmersheim und Neckarsulm besorgt“ wurde, wie Julius Hartmann berichtet. Der umtriebige Kaufmann Sandel errichtete bald nach dem Schlosskauf über dem ehemaligen Marstall den „Südbau“ (wo heute – nach entsprechendem Um- und Neubau durch den Hilfsverein Johannes Honterus – das Pflegestift Gundelsheim von „Dienste für Menschen“ betrieben wird) als „Bierbrauereigebäude mit Wohnungen für die Arbeiter, mit einer – nach den neuesten Grundsätzen eingerichteten – Bierbrauerei und Branntweinbrennerei, wobei die gewölbten Gähr- und Wachskeller, der große Bierkeller und 2 große Gersten- und Malzböden kaum zu wünschen lassen“, wie Sandel in einer Verkaufsannonce des Schlosses 1840 in der Allgemeinen Zeitung München hervorhob.
Annonce zum Verkauf von „Schloß und Schloßgut ...
Annonce zum Verkauf von „Schloß und Schloßgut Hornek“, 1840 in der Allgemeinen Zeitung München gleich dreimal publiziert.
„Vorzüglich zur Bierfabrication geeignet“ sei „dabei befindliches Wasser, welches überall hin, wo man seiner bedarf, geleitet werden kann.“ Dieses kam wohl aus den zwei Schlosshöfen, wo sich – annociert Sandel – „zwei fließende Brunnen“ befanden. „Vor kurzer Zeit“ habe er einen „450 Schuh langen Felsenkeller erbaut, zu welchem bergab eine – 91 Tritt zählende – Staffel führt“. Dabei wurde – wie auch einem Schlusstein im Gewölbe zu entnehmen ist – zwischen 1834 und 1841 der Fluchtweg der Deutschritter aus dem Schloss in die „Burghalde“ (im Anbachtal) vergrößert und gemauert, um als Bierkeller für die Reifung und Lagerung des „Schloss Hornek Bräu“ zu dienen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde dieser Felsenkeller als Luftschutzraum genutzt.
Blick in den Felsenkeller von Schloss Horneck. ...
Blick in den Felsenkeller von Schloss Horneck. Foto aus: https://fgut.wordpress.com/bauwerke/wk2/ziviler-luftschutz/stollen/gundelsheim-schloss-horneck/#jp-carousel-1330
In seiner Annonce hatte Sandel auch den „Thurm“ gelobt, „welcher eine Thürmerwohnung, Glocken und vortreffliche Uhr hat [...] und dem Ganzen vollends ein äußerst imposantes Aussehen“ verleiht. Trotzdem fand sich damals aber offenbar kein Käufer. Jedenfalls befindet sich im Hohenlohe-Zentralarchiv von Neuenstein eine auf 1854 datierte Akte „Projektierter Ankauf von Schloß und Brauerei Horneck in Gundelsheim“, die auch eine „Beschreibung des Inventars, der Gebäude und Grundstücke“ enthalten soll. Dieser Online-Information des Landesarchivs Baden-Württemberg muss noch nachgegangen werden.

Wir wissen allerdings von Erwin Wörner (Chronik von Gundelsheim und Horneck, 1925), dass Sandels Erben das Schloss samt Brauerei erst 1858 an zwei Heidelberger Unternehmer für 45.000 Fl. verkauft haben. 1873 wurde Wilhelm Würth aus Stuttgart Schlossbesitzer; die Bierbrauerei verkaufte er 1874 an eine Aktiengesellschaft („Schlossbrauerei Hornegg AG“), blieb aber in deren Verwaltungsrat. Ob eine Verwandtschaft besteht mit Ludwig Würth, dem Gründer der Privatbrauerei Würth in Windischeschenbach (die inzwischen in dritter Generation das Zoigl-Bier herstellt) oder mit Adolf Würth, dem Gründer der heutigen Würth-Gruppe mit Sitz in Künzelsau, konnte leider nicht ermittelt werden.

Dr. Konrad Gündisch

Schlagwörter: Schloss Horneck, Gundelsheim, Geschichte, Deutscher Orden, Gündisch

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