27. Juni 2015

Gedenkveranstaltung im Nürnberger Rathaus

„Wir sichern uns die Heimat nicht durch den Ort wo, sondern durch die Art, wie wir leben.“ (Georg Baron von Örtzen). Mit diesen Worten endete am 20. Juni in Nürnberg eine große Gedenkveranstaltung für die Opfer von Flucht und Vertreibung. Stadträtin Helmine Buchsbaum, Banater Schwäbin, und Stadtrat Hans Werner Henning, Siebenbürger Sachse aus Nadesch, ist großer Dank zu sagen und zuteil geworden: Ihrer Bitte an Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, am 20. Juni im Nürnberger Rathaus eine Veranstaltung zum Gedenken an Flucht und Vertreibung durchzuführen, hat Maly sofort zugestimmt und in den Historischen Rathaussaal eingeladen.
Oberbürgermeister Maly übernahm bei der Gedenkveranstaltung die Begrüßung mit einer historischen und tagesaktuellen Einordnung von „Zwangsherauslösungen aus der Heimat“ unter dem Titel „Heute wie gestern - Menschen auf dem schwierigen Weg in eine neue Heimat“. Dabei dankte er ausdrücklich Helmine Buchsbaum und Werner Henning für ihre Initiative, betonte die Vergleichbarkeit von Flucht und Vertreibung der deutschen vor 70 Jahren und der gegenwärtigen Flüchtlingsdramen, und hob das Grundrecht auf Heimat hervor. Ein Impulsreferat von Anna Büllesbach, Leiterin der Außenstelle Nürnberg des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), dokumentierte die weltweit schwierige Problematik von Vertreibung und deren Handhabe während der letzten 65 Jahre. Flucht und Vertreibung vor 70 Jahren sei nicht zu trennen vom heutigen Flüchtlingselend in unserer so fragilen Welt.
Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly dankt den ...
Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly dankt den Diskussionsteilnehmern im Nürnberger Rathaus. Foto: Horst Göbbel
Prof. Christoph Lindenmeyer, ehemaliger Redakteur und Moderator beim Bayerischen Rundfunk, moderierte anschließend eine Podiumsdiskussion zum Motto „Der schwierige Weg in eine neue Heimat“ mit Keli Kpedzroku (Flüchtling aus Togo), Irma Moser (Russlanddeutsche aus Kasachstan), Roman Müller (Sudetendeutscher), Ivona Papak (Bosnierin), Dr. Sieghard Rost (Pommer) und Erwin Schulz (Banater Schwabe). Gelebte Geschichte wurde in vielfachen Facetten individueller Flucht- bzw. Vertreibungs- und Aussiedlungserfahrungen aufgerollt. Spannend und zukunftsweisend wurde dabei neben persönlichen Schicksalen auch das Allgemeingültige hervorgehoben. Während etwa unmittelbar nach dem Krieg die Aufnahme von 12 bis 14 Millionen deutscher Flüchtlinge und Vertriebener in ein besiegtes, zerstörtes, am Nullpunkt angelangtes Land keineswegs reibungslos, schmerzfrei oder harmonisch verlief („Flüchtlingspack“), jedoch insgesamt bestens gelungen ist, während im und unmittelbar nach dem Krieg zwischen Deutschen und ihren Nachbarn oft offener Hass existierte, setzte man schon 1950 in der Stuttgarter Charta der Vertriebenen auf den Verzicht auf Rache und Gewalt trotz des gerade erlittenen Unrechts und auf ein klares Bekenntnis zur Schaffung eines einigen Europa, zur Verständigung zwischen den Staaten, den Völkern und Volksgruppen. Dr. Sieghart Rost betonte, wie sehr wir heute, in Zeiten großer Flüchtlingsprobleme, auf Ausgleich, auf Verständnis, Versöhnung, Schutz und Sicherheit setzen. Beim anschließenden Empfang in der Ehrenhalle des Rathauses nutzten die Teilnehmer die individuellen Begegnungen für vielfältige Nachgespräche, Bewertungen.

Horst Göbbel

Schlagwörter: Nürnberg, Gedenken, Flucht und Vertreibung

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