4. Juni 2013

"Oberths Energie": Vom Weltraumspiegel zum Drachenkraftwerk

Die beim diesjährigen Heimattag in Dinkelsbühl gezeigte sehenswerte Sonderausstellung „Oberths Energie - Vom Weltraumspiegel zum Drachenkraftwerk“ informierte überblicksartig über vielfältige Forschungsprojekte und -ideen des „Vaters der Raumfahrt“ Prof. Dr. h.c. Hermann Oberth (1894-1989). Der 2. Vorsitzende des „Hermann-Oberth-Raumfahrt-Museum“ in Feucht, Robert Adams, betonte in seiner Eröffnung, es sei „eine bleibende Aufgabe“, das wissenschaftliche Vermächtnis „dieses bedeutendsten und anerkanntesten Wissenschaftlers, der aus den Reihen der Siebenbürger Sachsen hervorgegangen ist, zu bewahren und das Verständnis für seine Bedeutung, nicht nur für die Weltraumfahrt, aber auch für den Menschen Oberth wach zu halten“. Adams Einführung wird im Folgenden leicht gekürzt wiedergegeben.
(…) Der „Vater der Raumfahrt“ Prof. Dr. h.c. Hermann Oberth hatte schon vor Jahrzehnten weitreichende Ideen und auch Lösungen für Energie- und Umweltfragen von einer weithin unbekannten, aber hochaktuellen Seite. Die Sonderausstellung „Vom Weltraumspiegel zum Drachenkraftwerk“ zeigt, dass man sich aktuell und heute noch viel abschauen kann. Was der zehnjährige Hermann Oberth bereits 1904 in Siebenbürgen in seinem Erfinderbüchlein notierte, lässt auch heute noch aufhorchen: Mit einer „Wassermühle“ wollte er die Kraft der Niagarafälle nutzbar machen - ein Projekt, das auch umgesetzt wurde -, mit einer „Blitzfabrik“ die Energie der Blitze einfangen.

Robert Adams führte in die Ausstellung "Oberths ...
Robert Adams führte in die Ausstellung "Oberths Energie" in Dinkelsbühl ein. Foto: Christian Schoger
„Obgleich ich erfinde und dichte, bleibe ich doch stets am Boden der Wahrheit. Immer wird ein Zeitpunkt kommen, wo die Schöpfung der Wissenschaft die der Einbildungskraft noch weit übertreffen“ (wird). Als der französische Schriftsteller Jules Verne diese Vision seiner umfangreichen naturwissenschaftlichen und technischen Studien (…) niederschrieb, konnte er nicht ahnen, dass in seinem Todesjahr 1905 die beiden Romane „Von der Erde zum Mond“ 1865 und „Reise um den Mond“ 1870 den dann elf Jahre alten Jungen in Siebenbürgen besonders ansprechen und fesseln würden.

Hermann Julius Oberth, am 25 Juni 1894 in Hermannstadt geboren, war von der Lektüre begeistert. Zum ersten Mal bekam er eine Vorstellung davon, wie ein Flug zu anderen Planeten möglich sein könnte. Damit entstand der Grundgedanke eines von der Rakete und der Weltraumfahrt geprägten Lebens des „Begründers und Visionärs der wissenschaftlichen Astronautik“. Unbestritten wurde Hermann Oberth nicht nur zum fundamentalsten deutschen Raumfahrtpionier, sondern zum bedeutendsten und anerkanntesten Wissenschaftler, der aus den Reihen der Siebenbürger Sachsen hervorgegangen ist.

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Unser Jahrhundert, welches in der Geschichte der Menschheit einmal als das Jahrhundert eingehen wird, in dem der Mensch zum ersten Mal seine irdischen Fesseln sprengte und den Schritt in den Weltraum wagte, wird für alle Zeiten mit dem Namen Oberth verknüpft sein, als einem der ganz wenigen Männer dieses Jahrhunderts, die ihm Ziel und eine Richtung gaben. Er träumte von einem Flug zum Mond – und fand dafür bereits mit 14 Jahren die Lösung: die Rakete! 1923, heute vor 90 Jahren, veröffentlichte er das Buch „Die Rakete zu den Planetenräumen“. Das Werk löst nicht nur „die Schlacht der vielen Formeln“ aus, sondern eine europaweite wissenschaftliche Diskussion über die Möglichkeit des Weltraumfluges. Sein Werk liefert das wissenschaftliche Fundament, auf dem sich die technische Entwicklung der Raketentechnik und Raumfahrt vollziehen wird. Darin bereits enthalten ist seine Lieblingsidee, der Weltraumspiegel.

Schon in den 1920ern dachte er in seiner eisigen Studentenbude an einen Weltraumspiegel, der Metropolen des Nachts beleuchten und wärmen, arktische Häfen eisfrei halten und das Klima so verändern könnte, dass die Sahara wieder bewohnbar werden würde. Nachdem die zweite Auflage von 1925 bald vergriffen ist, erscheint 1929 eine erweiterte, dritte Fassung unter dem Titel „Wege zur Raumschifffahrt“. Es wird und bleibt das bedeutendste Werk Hermann Oberths, wird in fast alle Kultursprachen übersetzt und gilt bis heute als das Standardwerk der Raumfahrt.

Energetische Betrachtungen gehören dabei von Beginn an zum selbstverständlichen Rüstzeug für Oberths umfassende Raketen- und Raumfahrttheorie. Aus Konzepten für die Raumfahrt entwickelt er mit dem Weltraumspiegel und einer Sonnenkraftmaschine auch Ideen für die Energieversorgung der Erde aus dem All.

Hermann Oberth machte aber bei der Theorie nicht halt. Er nahm zahlreiche praktische Tests und Versuche vor und entwickelte so den ersten Raketenmotor für flüssige Treibstoffe, die Kegeldüse. Unterstützt wurde er bei den Versuchsarbeiten von jungen Technikern. Einer von ihnen war Wernher von Braun, den er in Berlin kennenlernte. Der erst 17 Jahre alte Student hatte begeistert Oberths Bücher gelesen und wurde zu seinem Meisterschüler.

1977 entwarf Oberth in Feucht ein Drachenkraftwerk. Damit hätte man die Jetstreams, die stetigen Winde in 10 km Höhe, nutzbar machen können. Dafür sollte eine Turbine, gehalten von einem Zeppelin, in der Luft schweben. Weil das Bundesforschungsministerium ausgerechnet die Kernforschungsanlage Jülich mit der Bewertung des Konzeptes beauftragte, wurden Oberths Pläne jedoch verworfen.

Oberth war seiner Zeit voraus. Seine Aussagen konnten oft erst Jahre später verstanden und richtig einsortiert werden. Dass seine Visionen nicht umgesetzt wurden, betrübte Oberth. Er schreibt: „Die Zeit drängt. Je mehr umweltfeindliche Kraftwerke geplant oder gebaut werden, ein desto größeres Risiko bedeutet es für die Menschheit. Ich muss mich daher beeilen, mindestens zu zeigen, dass es zur Atomkraft, zu Kohle und Öl auch Alternativen gibt, und die Leute von voreiliger unnötiger Planung abhalten.“

Die Gegenwart gibt dem Professor Recht – die Ereignisse in Fukushima haben deutlich gemacht, welche Bedeutung die Suche nach erneuerbaren Energien für die Menschheit hat. Weltweit befassen sich immer mehr Firmen, Arbeitsgruppen in internationalen Forschungsprojekten mit den weit in die Zukunft reichenden Vorschlägen Oberths. Zum Beispiel forscht der ehemalige Astronaut und heutige Raumfahrt-Prof. Wubbo Ockels zum Thema Höhenwindkraftwerke, auch die NASA untersucht das Potential der Jetstreams. Doch wenn man gleich auf Oberth gehört hätte, könnte man eben schon 30 Jahre weiter sein.

Mit der „Wählerfibel für ein Weltparlament“ formuliert der Visionär Hermann Oberth seine letzte Botschaft für uns: Die nächsten Jahrzehnte werden auch ohne Atomkriege oder andere militärische Auseinandersetzungen für die Menschheit dramatisch genug. Die langsam auch in das Bewusstsein dringende Kenntnis der Gefahren, wie Überbevölkerung, Umweltzerstörung, zur Neige gehende Rohstoffe, mangelnde Bildung und Intelligenz, legen den Regierungen Weitblick, Reaktionsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen in einem bisher noch nicht dagewesenen Ausmass auf“. Ich wünsche Ihnen nun viel Freude beim Entdecken von Oberths Ideen! Ich lade Sie herzlich ein unser Hermann-Oberth-Raumfahrtmuseum in Feucht zu besuchen und dabei Oberth weiter zu entdecken, Raumfahrtgeschichte bis zur Neuzeit mit vielen Originalen zu erleben, Filme anschauen und Experimente durchführen.

Schlagwörter: Heimattag 2013, Oberth, Wissenschaft

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  • 04.06.2013, 19:23 Uhr von orbo: "1977 entwarf Oberth in Feucht ein Drachenkraftwerk. Damit hätte man die Jetstreams, die stetigen ... [weiter]
  • 04.06.2013, 14:08 Uhr von orbo: p=m*v [weiter]

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