29. August 2011

Band 53 der "Forschungen zur Volks- und Landeskunde" liegt vor

Einzige deutschsprachige Publikation der Rumänischen Akademie sind die vom Forschungsinstitut für Gesellschaftswissenschaften Hermannstadt herausgegebenen „Forschungen zur Volks- und Landeskunde“, deren 53. Band – für das Jahr 2010 – seit geraumer Zeit vorliegt und nachfolgend vorgestellt wird.
Das gut 200-seitige Heft eröffnet mit einem Rückblick von Gudrun-Liane Ittu auf die im Oktober 2009 stattgefundene Tagung zum 50-jährigen Jubiläum der „Forschungen“. In Ihrem Beitrag fasst Ittu diese 50 Jahre wie folgt zusammen: „Die Gründung einer Forschungsstelle und die Herausgabe einer wissenschaftlichen Zeitschrift war zur Zeit des kleinen politischen Tauwetters, das nach dem Tode Stalins in den Satellitenstaaten der Sowjetunion einsetzte, von deutschen Intellektuellen Rumäniens beantragt und von den zuständigen Parteiorganen als Maßnahme der Wiedergutmachung für das Unrecht, das der Minderheit nach Ende des Zweiten Weltkrieges widerfahren war, bewilligt worden. Während die Forschungsstelle bereits 1956 ins Leben gerufen worden war, verzögerte sich das Erscheinen der Zeitschrift, da mittlerweile eine neue politische Eiszeit eingesetzt hatte. 1959 konnte das erste Heft der Forschungen zur Volks- und Landeskunde erscheinen, eine Publikation, die der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse der Mitarbeiter der Forschungsstelle / des Forschungsinstituts diente sowie anderer Wissenschaftler, die sich mit der Erforschung (insbesondere) des siebenbürgischen Raumes mit dem Schwerpunkt deutsche Minderheit befassten. Die in der Zeitschrift veröffentlichten Beiträge können den Bereichen Kulturgeschichte, Geschichte, Archäologie, Soziologie, Linguistik und Volkskunde zugeordnet werden. Außer der Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse war die Zeitschrift zur Zeit des Kommunismus auch ein Politikum, ein Aushängeschild für die Minderheitenpolitik der Partei. Wenn bis zur politischen Wende alle Phänomene im Lichte der marxistisch-leninistischen Theorie dargestellt werden mussten, gab es nach 1989 keine politischen Zwänge mehr. Die Schwierigkeiten, die nun überwunden werden mussten, waren finanzieller Natur. Ungeachtet der politischen Gängelung bis 1989 und den späteren finanziellen Zwängen ist es den Herausgebern der Zeitschrift ein halbes Jahrhundert lang gelungen, ein entsprechendes wissenschaftliches Niveau der Publikation zu wahren und diese zu einer der wertvollsten akademischen Veröffentlichungen Rumäniens zu machen.“ (S. 10).

Diesem wissenschaftlichen Anspruch werden auch die Beiträge gerecht, die im Jahrbuch 2010 erschienen sind. Einige davon fußen auf Vorträgen bei der Jubiläumstagung, die neben einem einleitenden Rundtischgespräch und einem Rückblick durch ehemalige und den derzeitigen Schriftleiter insgesamt 35 Referate in vier Sektionen (Geschichte und Archäologie, Kulturgeschichte, Ethnologie, Wissenschaft und Kommunikation – 50 Jahre Forschungen zur Volks- und Landeskunde) umfasste.

Der Bereich „Studien und Mitteilungen“ umfasst folgende Beiträge zu Siebenbürgen: „Zur anthropomorphen Venus-Statuette der Vinca-Kultur von Limba – Oarda de Jos (Kreis Alba)“ von Marius M. Ciuta; „Studiosi Cibiniensis – Hermannstädter Studierende an europäischen Universitäten vor 1850, mit besonderer Berücksichtigung der Mediziner“ (von Robert Offner); „Harald Krasser, ein Mitarbeiter des Hermannstädter Akademie-Instituts und der Zeitschrift ‚Forschungen’“ (von Joachim Wittstock); „Hermannstadt und die Walachei bis zum 18. Jahrhundert“ (Stefan Firu); „Die Pläne zur Neugliederung der Verwaltung in Siebenbürgen. Zu den Anfängen der Aufhebung der siebenbürgisch-sächsischen Autonomie nach dem Ausgleich von 1867“ (Judit Pál) sowie „Kazinczy Ferencz, ein Reisender in Siebenbürgen. Sein Besuch in Hermannstadt/Sibiu im Jahre 1816“ (Maria Ordeanu).

In dem Bereich „Kolloquium“ stellt Paul Niedermaier „Sieben Thesen zur Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen“ - insbesondere aus siedlungsgeschichtlicher Sicht – auf. Diese sind: Die „Sachsen“ wurden weitgehend in einem wenig siedlungsfreundlichen Gebiet Siebenbürgens angesiedelt; Für die Ansiedlungstätigkeit der Siebenbürger Sachsen in verschiedenen Gebieten bildet der Baustil der Kirchen einen sicheren Hinweis; Die Ansiedlungsetappen entsprechen einem strategischen Konzept. Auf den Ansiedlungsvorgang und die Dorfgröße weisen besondere Merkmale von Siedlungskernen hin. Im Kontext der Einwanderung und Umsiedlung lassen sich hypothetisch Siedlerzahlen bestimmen; Die Einwanderung und Umsiedlung erfolgte langsam, im Laufe vieler Jahre. Die siebenbürgisch-sächsischen Siedlungen waren vergleichsweise sehr beständig. Wüstungsvorgänge spielten eine untergeordnete Rolle.

Beiträge zu den Minderheiten Rumäniens sowie ihren Publikationen, dem Banat und anderen Themen runden das Spektrum der „Forschungen“ ab. Eine Bücherschau sowie die Rubrik „Chronik“ beschließen das Heft. Einziger Kritikpunkt ist die Hermannstadt-Lastigkeit der Beiträge, die vermutlich auch dem Sitz der herausgebenden Institution geschuldet ist.

uk

Schlagwörter: Rezension, Forschung, Landeskunde, Hermannstadt

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