6. März 2010

Nösner „Ochsengespann“ erstmals auf Nürnberger Fastnachtsumzug

Die Begeisterung kannte kaum Grenzen. Und das nicht erst am letzten Faschingssonntag 2010. Schon viele Monate vor dem 14. Februar hatte die zündende Idee von Kulturreferentin Annemarie Wagner, einen alten nordsiebenbürgischen Faschingsbrauch hier in Franken aufleben zu lassen, begeisterte Anhänger und zu jeder Faschingstat entschlossene Mitstreiter gefunden.
Nach minutiöser Dokumentation – Erinnerungen von Zeitzeugen, Fotoalben und Heimatbücher wurden zu Rate gezogen – folgte die Umsetzung. Und diese Umsetzung, sie hatte es in sich. Klar, da freuen sich viele über die neue, ungewohnt aussehende lustige Truppe, klar, da jubeln viele lautstark im tosenden Schabernacktreiben mit, aber die innere und nach außen voll zu erfassende Begeisterung der Akteure selber, ja, das war eine, nein, das war die eigentliche großartige Geschichte. Man sah es der Rumpelstielzchen-Annemarie, man sah es dem Anführer des „Ochsengespanns“, man sah es jeder einzelnen närrischen Person an – und konnte es auch im Schlachtruf „NOSA Helau“ akustisch wahrnehmen: Alle waren richtig aus dem Häuschen. Und dass sich diese innere Begeisterung vielfach auf das große Narrenvolk überträgt, ist ja klar.
Nösner Premiere: Gruppenfoto beim Faschingslauf ...
Nösner Premiere: Gruppenfoto beim Faschingslauf in Nürnberg. Foto: Annemarie Wagner
Auf der kilometerlangen Strecke durch die Altstadt konnte man immer wieder – nicht nur als Siebenbürger Sachse mit gewaltig pochendem Herzen – beobachten, welch ursprüngliche Freude am Heiteren, welch Lust am Miteinander, am Wiederbeleben närrischen Treibens hier herrschte. Diese Art Faschingsfreude, bei der ein althergebrachter Brauch aus Nordsiebenbürgen hier in Deutschland erstmals und mit viel Engagement wiederbelebt wurde, enthält auch die Botschaft – bei den Urzeln, die seit Jahren aus dem Faschingsgeschehen an mehreren Orten in Deutschland und seit 2007 auch in Agnetheln nicht mehr wegzudenken sind, ist dies schon längst selbstverständlich: „Wir sind hier in dieser Gesellschaft ohne Wenn und Aber angekommen, wir erleben hier Teilhabe auch in dieser verrückt-närrischen Form, was wirklich gut tut.“

Beim Vorbeiziehen an der Narrentribüne verkündete der Moderator der Zuschauermenge fränkisch locker und zugleich sachlich präzise über die Lautsprecher: „Allmächd, etz kumma die Siebnbürger Hexn! Sie jagen zusammen mit Zigeunerfrauen, Schneemännern und Schneefrauen vor sich her, gefolgt von einer Burschengruppe und einem Ochsengespann. Es wird vom Altknecht geführt, der Bauer aber darf aufsitzen. Hinterher schleppen die Ochsen einen Pflug, auf dem ein junges Paar sitzt, der Peter und die Gretel. Ochsentreiber spornen die Zugtiere mit schnalzenden Peitschen an, und was die Sämänner als Saatgut verteilen, erweist sich im Nürnberger Fasching als Bonbons. Zwei Gestalten, die diesem Zug hinterher laufen, tun so, als würden sie Eier und Speck aufsammeln, um hinterher auch noch was vom Fest zu haben.

Aus Nordsiebenbürgen stammt dieses fantasievolle Arrangement im Nürnberger Faschingszug. Es ist einem wahrhaften Faschingsbrauch nachempfunden, der so das Winteraustreiben zeigt. Nur eines ist nicht ganz echt: der Zeitpunkt. Denn in Siebenbürgen gibt es diesen ‚Ochsenlauf’ nicht schon am Faschingssonntag, sondern erst am Aschermittwoch.“ – Wenn nun jemand meinen sollte, der Umzug hätte den Narrischen gereicht, dann liegt er/sie falsch. Mit der U-Bahn vom Weißen Turm ging’s ins Gemeindehaus der Nikodemus-Kirche, längst auch ein Treffpunkt für Siebenbürger Sachsen. Dort fing der gesellige Teil des närrischen Treibens erst richtig an. Helfer, Akteure und Freunde feierten den sehr gelungenen Auftritt ausgelassen. Der Musiker Hans Müller sorgte für eine super Stimmung. Die Narren ließen sich anstecken, der Funke sprang über, das Publikum war kaum zu bändigen. Es wurde gesungen, getanzt und gelacht – vom Enkel bis zum Opa, alle machten mit.


„Es war toll, was ihr heute in Nürnberg auf die Beine gestellt habt, danke Anny, danke allen, die mitgewirkt haben“, bedankte sich Inge Alzner, unsere Kreisverbandsvorsitzende, bei Annemarie Wagner für das zielstrebige Verfolgen ihrer Idee, bei den fleißigen Näherinnen Maria Bidner, Katharina Böhm, Maria Böhm, Sofia Frühm, Katharina Hanek, Erika Hofgräff, Rosina Kauntz, Rosina Nierlich, Ilse Penteker, Maria Penteker, Maria Pfingstgräff, Rosina Stierl, Annemarie Wagner, Maria Wagner, Maria Werner sowie bei Familie Pohl und Familie Engler, die den Pflug bzw. den Bollerwagen zur Verfügung gestellt hatten. Bei Johann Nierlich, der für den Umbau des Pfluges zuständig war, bei den Köchen Erika und Helmut Hoos, Annemarie und Hans Wagner, Maria Pentecker, und den Bäckerinnen, die für das leibliche Wohl des närrischen Volkes gesorgt hatten, bedankte sich Inge Alzner ebenfalls. Das Szegediner und das Kartoffelgulasch und die herrlichen Kuchen haben hervorragend geschmeckt. Im Rahmen der Veranstaltung überreichte Inge Alzner die „Ehrenurkunde des Verbandes der Siebenbürger Sachsen“ an Erika und Helmut Hoos, an Katharina Böhm und Johann Nierlich für ihren Einsatz zur „Erhaltung und Pflege siebenbürgisch-sächsischer Kultur“. Die Stunden vergingen wie im Flug. „NOSA Helau“!

Hildegard Steger, Horst Göbbel, Inge Alzner

Schlagwörter: Nürnberg, Fasching

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Neueste Kommentare

  • 06.03.2010, 22:41 Uhr von gloria: ....DIE NORDSIEBENBÜRGER...... [weiter]

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