14. April 2007

Als deutsche Studentin in Bukarest

Das Interesse deutscher Studenten an Rumänien nimmt vor allem im wirtschaftlichen Bereich konsequent zu. Die Kenntnisse bezüglich des Landes und der Sprache wirken sich auf jeden Fall positiv auf die zukünftigen Berufschancen aus. Dieses Fazit zieht Simone Fleischer, Studentin der Wirtschaftsuniversität in Wien (WU), nach dem Wintersemester 2006/2007, das sie an der Wirtschaftsuniversität (Academia de Studii Economice - ASE) in Bukarest verbracht hat. Die 23-Jährige, die übrigens im Sommer 2006 ein Praktikum bei der Siebenbürgischen Zeitung erfolgreich absolvierte, konnte ihr Rumänisch verbessern und generell ihre Erfahrungen und Sichtweisen erweitern. Ein Erfahrungsbericht der in Bietigheim-Bissingen geborenen Siebenbürgerin, deren Eltern aus Heltau und Victoria stammen.
Als ich Anfang Oktober in Bukarest ankam, war ich erst einmal erschlagen. Die Hauptstadt wimmelt nur so von Menschen und Autos, als wäre sie im Dauerlauf. Bukarest ist zwar von der Einwohnerzahl nicht viel größer als Wien, wo ich studiere, aber um einiges lauter, hektischer und auch chaotischer.

Natürlich hat mich der Taxifahrer, der mich vom Flughafen zum Studentenheim gefahren hat, erst einmal kräftig übers Ohr gehauen. So macht man seine Erfahrungen. Von unserem Studentenheim war ich angenehm überrascht. Alles war ziemlich neu und sauber und jedes Zweier Zimmer hatte sein eigenes Bad. Außerdem gab es pro Etage eine Küchenzeile und eine Waschmaschine. Verglichen mit der Unterkunft unserer rumänischen Kollegen wohnten wir fast luxuriös. Die rumänischen Studenten waren in anderen Heimen zu viert oder fünft pro Zimmer untergebracht. Sie hatten nur Gemeinschaftsbäder und keine Waschmaschinen, geschweige denn einen Fernseher.

Von der Organisation an der Universität war ich dagegen etwas enttäuscht. Wir hatten keine richtige Unterstützung oder Ansprechperson, die uns zu Beginn bei der Orientierung zur Seite stand. Die Administration in Rumänien ist generell schrecklich träge, und wenn ich eines gelernt habe, dann mich in Geduld zu üben.

Das Unterrichtsniveau ist mit dem in Deutschland oder Österreich vergleichbar. Allerdings wird immer noch häufig zitiert, und man braucht Geduld, um sich Unterrichtsmaterialien zu beschaffen. Da die Bücher ziemlich teuer sind (bis zu 60 oder 80 Euro), wird fast alles kopiert. Das Sprachniveau der Studenten, sei es Englisch, Französisch oder Deutsch, ist sehr hoch. Die Professoren sind hingegen nicht immer so sprachsicher. Weiters lernt man die bei uns übliche akademische Viertelstunde zu schätzen. In meinen Klassen wurde teilweise bis zu einer Dreiviertelstunde auf den Professor gewartet. In Deutschland oder Österreich wären alle Studenten inzwischen gegangen. So sind mir mehrere Sachen, die mir früher als selbstverständlich und normal erschienen, erstmals richtig bewusst geworden.

Insgesamt hat mir mein Semester an der ASE sehr gut gefallen. Ich habe auf alle Fälle sehr viel gelernt. Es ist etwas ganz anderes, ob man Urlaub macht in einem Land oder dort studiert oder arbeitet. Man macht sehr nützliche Erfahrungen.

Ich habe viele nette Leute kennen gelernt, darunter auch zwei Siebenbürger Sachsen, die, wie ich, nicht zweisprachig aufgewachsen sind und sich dennoch für Rumäniens Kultur und Sprache interessieren. Das Auslandssemester war auf jeden Fall ein Gewinn.

Simone Fleischer

Schlagwörter: deutsch-rumänische Beziehungen, Wirtschaft, Studium

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