9. Januar 2024

Hermann Pitters - herausragender Vermittler zwischen den Konfessionen und lauterer Charakter in schwerer Zeit

Am 23. Dezember 2023 ist Professor Dr. Hermann Pitters im hohen Alter von beinahe 92 Jahren in seiner Heimatstadt Hermannstadt, nach kurzer Krankheit friedlich entschlafen. Hermann Pitters war eine Hermannstädter Persönlichkeit, bekannt als langjähriger Dekan des Theologischen Instituts, als Mitbegründer der Evangelischen Akademie Siebenbürgen und des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien.
Professor Pitters im Garten seines Hauses in ...
Professor Pitters im Garten seines Hauses in Hermannstadt, aufgenommen im November 2022. Foto: Konrad Klein
Als Kirchenhistoriker hat ihn vor allem die Kirchengeschichte Siebenbürgens beschäftigt. Nicht hoch genug eingeschätzt werden kann sein Beitrag zum ökumenischen Dialog, vor allem jenem zwischen der Orthodoxie und der Evangelischen Kirche. Mit seiner Übersetzung der „Orthodoxen Dogmatik“ von Dumitru Stăniloaie ins Deutsche hat er maßgeblich zur Verständigung zwischen der orthodoxen und der evangelischen theologischen Denkweise auf europäischer Ebene beigetragen. Generationen von Theologinnen und Theologen sind von ihm geprägt worden.

Geboren wurde Hermann Pitters am 25. Januar 1932 in Schäßburg, als fünfter und zugleich jüngster Sohn des damaligen Klosdorfer Predigerlehrers Samuel Pitters und seiner Frau Hilde, geb. Schuster. Kindheit und Jugend verbrachte er in Hermannstadt, im Familienhaus auf der Leschkircher Straße (heute str. Stefan cel Mare), da sein Vater 1938 Lehrer an der hiesigen Martin Luther Schule geworden war. Nach dem Zweiten Weltkrieg, zwei seiner Brüder starben im Krieg und ein dritter verblieb in Deutschland, besuchte Hermann Pitters zunächst in Schäßburg das pädagogische Lehrerseminar, um danach zwischen 1951 und 1955 auf dem neu gegründeten protestantisch-theologischen Institut mit Universitätsgrad in Klausenburg Theologie zu studieren. 1955 heiratete er Helga, geborene Rehner. Dem Paar wurden drei Söhne geschenkt, Thomas, Andreas und Hannes. Prägend für den jungen Pfarrer sowie auch gleichermaßen für die Gemeinde war seine Zeit in Zied (1955 bis 1960), einem kleinen Dorf in der Nähe von Agnetheln.
Ansicht der Kirchenburg in Zied, um 1955, Öl auf ...
Ansicht der Kirchenburg in Zied, um 1955, Öl auf Pappe, 19,5 x 28,5 x cm. Familienbesitz Hermannstadt. Das von Eduard Morres gemalte Bild mochte Professor Pitters sehr. Er hatte es vom Künstler selbst erworben, der mehrmals in Zied weilte. Das junge Pfarrerehepaar verbrachte hier fünf glückliche Jahre seines Lebens. Foto: Konrad Klein
Ab 1960 war Hermann Pitters zunächst Dozent, und dann ab 1978 Professor am mittlerweile nach Hermannstadt übersiedelten deutschsprachig-lutherischen Zweig des Theologischen Institutes. Er hat dieses Institut, mit seiner Persönlichkeit und seinem Wissen, über die Zeit von nahezu fünf Jahrzehnten, zuletzt noch als aktiver Pensionist, mitgestaltet. Mehrere Generationen von Theologinnen und Theologen sind durch seine „Schule“ gegangen. Als Dekan prägte Pitters zwischen 1986 und seiner Emeritierung 1998 eine Glanzzeit dieser theologischen Lehranstalt. Gerade nach 1989 sind viele Studenten, auch aus dem Ausland, gerne nach Hermannstadt gekommen. Dekan Pitters ist es in jener Zeit gelungen, mit seiner einladenden Persönlichkeit aber vor allem auch mit seinem großen, europaweiten theologischen Netzwerk, dahingehend zu wirken, dass auch hochkarätige Gastprofessoren von überall gerne nach Hermannstadt kamen. So konnte er die neu gewonnene Freiheit nach 1989 nützen, das Institut zu bis dahin ungekannter Blüte zu führen.

Nebenamtlich versah er, neben Forschung und Lehre, von seiner Frau Helga mit Sekretariatsdiensten tatkräftig unterstützt, in der Zeit von 1978 bis 2000 die Chefredaktion der Kirchlichen Blätter.

Prof. Dr. Hermann Pitters beim Vorstellen eines ...
Prof. Dr. Hermann Pitters beim Vorstellen eines Buches über die christlichen Märtyrer im kommunistischen Rumänien (2018). © George Dumitriu/ex fide lux
Einen publizistischen Meilenstein setzte er aber sicher mit der Übersetzung ins Deutsche der im orthodoxen Bereich bedeutendsten und umfangreichsten dogmatischen Theologie, der „Teologia Dogmatică Ortodoxă“, des großen rumänischen Theologen Dumitru Stăniloaie (1903-1993). Dadurch wurde die orthodoxe Theologie dem deutschen Sprachraum zugänglich gemacht. Zusätzlich war Pitters jahrzehntelang Mitglied von verschiedenen Kommissionen für das lutherisch-orthodoxe Gespräch, sowohl im Rahmen der bilateralen Gespräche zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, sowie auch jener des Lutherischen Weltbundes mit der Panorthodoxen Konferenz. Für diese Tätigkeit hat ihm die Orthodoxe Theologische Fakultät Bukarest den Titel eines Ehrenprofessors verliehen und die Ovidius Universität in Constanţa hat ihn mit dem Ehrendoktortitel (Dr. h.c.) geehrt.

Doch waren Ruhm, Ehre und Anerkennung dem bescheidenen, stets freundlichen und gewinnenden Charakter des Verstorbenen nicht wichtig. Viel eher war es die Aufarbeitung des kommunistischen Systems, die ihm seit dem Umschwung von 1989 am Herzen lag. In diesem Zusammenhang ist sein Mitwirken bei der Gründung des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen (Gründungssitzung im Dekanat des Theologischen Instituts!), und jenes bei der Begründung der Evangelischen Akademie Siebenbürgen (erster und langjähriger Vorstandsvorsitzender!) zu sehen. Ebenso sein Mitwirken beim monumentalen Dokumentationsband „Märtyrer aus der Zeit des Kommunismus in Rumänien“, wo die Biographien der um ihres Glaubens willen durch das Unrechtsregime des Kommunismus zu Tode Gekommenen dokumentiert sind.

Im Januar 2023 konnte, vom Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien und der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien organisiert und gefördert, der 90. Geburtstag von Hermann Pitters nachgefeiert werden. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Festschrift „Leben in Fülle“ präsentiert, in welcher sich eine Reihe von Autorinnen und Autoren, die den Weg von Pitters begleitet haben oder von ihm wesentlich beeinflusst worden sind, zu Wort gemeldet haben, um ihren Mentor zu würdigen. Hier ist auch eine Zusammenstellung seiner eigenen vielfältigen Publikationen zu finden. Im August dieses Jahres konnte er noch ein großes Pitters-Familientreffen, mit seinen Kindern, den sieben Enkelkindern und acht Urenkeln sowie auch vielen anderen Familienmitgliedern, fröhlich miterleben.
Professor Dr. Hermann Pitters und Ehefrau Helga ...
Professor Dr. Hermann Pitters und Ehefrau Helga mit ihrem Sohn Dr. Thomas Pitters auf einer Jubiläumstagung für Eginald Schlattner in der Evangelischen Akademie in Hermannstadt im September 2023. Foto: Konrad Klein
Nun hat sich das erfüllte Leben von Hermann Pitters zum Ende geneigt. Bischof Reinhart Guib schrieb im Vorwort der oben genannten Festschrift: „Wir danken Gott dem Herren, der Leben in Fülle schenkt, für Prof. Dr. Hermann Pitters und sein Wirken in unserer Kirche!“ Der Einschätzung kann man sich, auch im Namen anderer Institutionen, nur anschließen!

Dr. Thomas Pitters

Dr. Thomas Pitters (geb. 1956), ältester Sohn von Dr. Hermann Pitters, neun Jahre ev. Stadtpfarrer von Linz-Stadt, danach Gefängnisseelsorger und Diakoniepfarrer; derzeit Lehrbeauftragter für Diakoniewissenschaft und Seelsorge an der Lucian-Blaga-Universität in Hermannstadt, Abteilung Protestantische Theologie.

Schlagwörter: Kultur, Nachruf, Theologe, Pfarrer, Hermannstadt

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