16. Dezember 2020

Dem Draaser Schwert zu Ehren: Der Verein Bernd Wagners will die Draaser Kirchenburg retten

Als der Rückkehrer Bernd Wagner, im burzenländischen Heldsdorf ansässig, zum freiwilligen Arbeitseinsatz nach Draas aufrief, sammelten sich an einem Wochenende Mitte Oktober rund 15 Mann. Ohne sich vorzustellen, begann man sofort mit der Arbeit: Kirche kehren, Wände abstauben, Gestrüpp und Unkraut sowie Müll aus dem Burghof beseitigen. Man lernte sich erst bei der Kaffee- und Mittagspause kennen. Im trostlos leeren Kirchenraum war eine Tafel mit Speisen aufgestellt. Hier erlebte man die erste Überraschung: Auf der Mensa im Chorraum erglänzte im Kerzenschimmer ein mächtiges Metallschwert. Bernd Wagner, der Anreger dieser Aktion, war ständig auf Trab: auf dem Kirchendach, beim Balkenschleppen und Baumroden. Erst beim zweiten Treffen war er zu einem Gespräch bereit, das Christa Richter mit ihm für Radio Bukarest führte und das hier erstmals abgedruckt wird.
Bernd Wagner als Schwertträger vor dem von ihm ...
Bernd Wagner als Schwertträger vor dem von ihm restaurierten Westportal in Draas. Fotos: Archiv des Vereins
Herr Bernd Wagner, was tut sich hier im abgelegenen, verlassenen Draas, das zwar nicht am Ende der Welt, aber am Ende des Königsbodens liegt?
Ja, am Ende des sächsischen Vaterunser! Ich habe hier vor, die Kirchenburg zu renovieren und den drei Türmen ohne Dach eine Bekrönung zu schenken. Das war die erste Idee.

Aber sind Sie Draaser? Wie kommen Sie her?
Ich komme aus Heldsdorf. Schon lange vorher hatte ich die Absicht, das Schwert von Draas nachzuschmieden. Im Februar hatte ich damit begonnen, aber nie gedacht, was noch alles auf mich zukommen sollte. Das neue Schwert ist eine Kopie eins zu eins des ursprünglichen Schwertes, im 18. Jahrhundert wurde es genau vermessen und beschrieben. Außer dem Draaser hat es noch das Brooser Schwert gegeben.

Weiß man inzwischen, was mit diesen Schwertern geschehen ist?
Das Brooser Schwert ist in der Schlacht auf dem Brotfeld 1479 verschwunden, an der 4600 Sachsen teilgenommen hatten. Das von Draas wurde 1944 auf Anordnung Heinrich Himmlers von den flüchtenden Sachsen nach Berlin mitgenommen und ist dort verschwunden.

Wie ich sehe, kennen Sie sich auch in Geschichte gut aus. Wie ging es dann mit Ihren Plänen weiter?
Ich hätte nie gedacht, dass ich im Oktober, kurz vor meinem Geburtstag, „Herr“ der Draaser Burg sein werde...

Wie haben Sie das geschafft?
Ich habe mit den Leuten vom Kronstädter Kirchenbezirk geredet. In diesem Land geht so vieles kaputt. Da habe ich mich angeboten, hier in Draas alles zu reparieren. Sie waren einverstanden. Dieses ist das erste Projekt mit Rückhalt von der Landeskirche, das erste internationale Projekt, in dem Sachsen von hier und Ausgewanderte zusammen an einem Strick ziehen, denn bislang haben wir immer gegeneinander gearbeitet. HOGs gegen Hiergebliebene, Landeskirche gegen die anderen usw. Vor rund zehn Jahren gab es hier ein Projekt vom Kulturministerium, doch anstatt nur zu reparieren, wurde viel kaputtgemacht.
Sie haben mal 30 m Mauer unterminiert und wollten es ausgießen, doch bis der Betonmischer kam, sind 30 m Mauer samt einem Turm eingestürzt.

Woher wissen Sie das?
Ich war dabei, habe mir alles angesehen. Vor einigen Jahren haben sie auf der Südwest-Seite einen archäologischen Suchgraben angelegt und von zwei Seiten die Mauer unterminiert. Es waren die vom Ministerul Cultelor. Später ist die Ringmauer an genau dieser Stelle eingestürzt. Das Schönste ist, dass sie oben das Dach repariert haben und, anstatt die Firstziegeln zu mauern, sie mit Draht und Nägeln angemacht und in zwei geschnitten haben, wodurch eine Windorgel entstand. Ein starker Wind konnte das Kirchendach einfach abdecken. Jetzt habe ich die Firstziegeln wieder eingemauert.
Die Draaser Kirche von Süden – nach der ...
Die Draaser Kirche von Süden – nach der Aufräumaktion durch Bernd Wagner.
Sie machen das wirklich großartig! Woher kennen Sie das alles?
Ich bin Tischler, Zimmermann, Maurer, Schmied, Restaurator. Ich habe an Portalen der Schwarzen Kirche und der Birthälmer Kirchenburg gearbeitet. Ich bin 1982 als 21-Jähriger aus Deutschland zurückgekehrt. Dort hatte ich den Beruf eines Tischlers und Zimmermanns erlernt, hier habe ich alles weitere von alten Meistern abgesehen.

Wie hat die Kirche reagiert, als so ein aktiver Mann hier auftauchte?
Bislang sehr positiv. Wir haben auch viel geleistet. Das Dach ist nun winterdicht, wir haben Baumaterial retten können und den ganzen Burghof gesäubert. Ich hoffe auf Spenden, um drei Türmen das Dach aufzusetzen. Was mir an diesem Projekt gefällt: mit Sachsen zu arbeiten, die aus ganz Siebenbürgen kommen. Ich bin der Fachmann, die Leute lernen und machen mit! Wir werden es schaffen!

Das wäre von außen. Aber was ist mit der ganzen Inneneinrichtung geschehen?
Sie wurde in letzter Minute gerettet, und das ist das Verdienst meines Großvaters Karl Wagner. Ihm ist zu verdanken, dass alles rechtzeitig ausgelagert wurde. Er war Bezirkskirchenkurator und hat geahnt, was da kommt. Die Orgel kam nach Reps, der Altar in die Schwarze Kirche, das Gestühl nach Großscheuern und die Kanzel nach Tartlau; mit der Bedingung, alles zurückzubringen, wenn die Kirchenburg wieder in Ordnung ist!

Das ist ein gewichtiges Erbe, aber auch eine große Verpflichtung für Sie! Viel Energie auch weiterhin, Sie werden sie brauchen.

Mitten in der Arbeit tauchte eine Fahrradtruppe mit Studenten aus Klausenburg auf. Sie betrachteten neugierig unser Bemühen, am liebsten hätten sie mitgemacht. Wir luden sie zur Mitarbeit im nächsten Sommer ein. Eine Touristenpension gibt es hier!

Am schönsten wäre es jedoch, wenn Draaser aus Deutschland sich melden würden. Es gibt bestimmt Neugierige unter ihnen, die sehen möchten, was sich hier tut. Eine Kirchenburg retten, die zu den wertvollsten Baudenkmälern der Siebenbürger Sachsen gehört und sogar wieder ein „historisches“ Schwert besitzt, damit kann sich nicht jeder loben!

Schlagwörter: Interview, Draas, Kirchenburg, Kulturerbe, Restaurierung, Renovierung, Verein

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