18. Dezember 2012

Zum 325. Geburtstag von Dr. Johann Albrich (1687-1749)

Es ist bekannt, dass es in der geschichtsträchtigen Atmosphäre von Kronstadt zahlreiche namhafte Historiker und historisch interessierte Bürger lebten. Unter ihnen finden wir nicht wenige Mediziner, wie zum Beispiel: Dr. Paulus Kertzius, Dr. Johann Albrich, Dr. Martin Lange, Dr. Johann Plecker, Dr. Eduard Gusbeth, Prof. Dr. Valeriu L. Bologa, Dr. Zoltán Szabó, Prof. Dr. Arnold Huttmann, um nur einige wenige exemplarisch zu nennen.
Johann Albrich wurde vor 325 Jahren, am 1. September 1687 – kurz vor Annektierung des Fürstentums Siebenbürgen an das Habsburgerreich – als Sohn des gleichnamigen Kronstädter Gymnasiallektors und der Sara Schunkabunk geboren. Als Dreijähriger verlor er seinen Vater und wuchs in intellektuellem Milieu des Hauses seines Stiefvaters, des späteren Stadtrichters Stefan Filstich (1657-1737), zusammen mit dessen Sohn, dem späteren Historiker Johann Filstich (1684-1743), auf.

Nach dem Besuch des evangelisch-lutherischen Gymnasiums seiner Vaterstadt brach er mit einer Gruppe von sechs wissensdurstigen Kronstädter Jugendlichen, darunter auch seinem Stiefbruder, zum Studium auf. Wegen der damals herrschenden Kurutzenkriege in weiten Teilen des Landes zogen sie im August 1706 auf Umwegen, über die Walachei, Serbien, Kroatien, Slawonien und Steiermark „unter großen Gefahren und Mühseligkeiten“ (Trausch) nach Wien, beziehungsweise von da über Schlesien nach Halle an der Saale. Im November des gleichen Jahres bezog Albrich die junge, aber bereits berühmte Universität zu Halle, den Wirkungsort zweier der bedeutendsten deutschen Medizinlehrer des 18. Jahrhunderts, Georg Ernst Stahl und Friedrich Hoffmann. Im März 1708 immatrikulierte er sich an der berühmten Universität zu Wittenberg und ein Jahr später ging er in die Niederlande. An der calvinischen Akademie zu Utrecht promovierte er am 23. Dezember 1709 mit einer Dissertation „über die Blutungen im allgemeinen“ zum Doktor der Medizin und besuchte auch noch die bedeutende Medizinische Fakultät zu Leiden (NL), wo damals Prof. Herman Boerhaave, der „Vater des klinischen Unterrichts“, wirkte. Er hatte Gelegenheit, an Spitzenhochschulen zu studieren.

Der junge Arzt kehrte 1711 nach Kronstadt zurück und heiratete ein Jahr später Sara, die Tochter des Kronstädter Stadtrichters Georg Drauth. Dieser Ehe entstammten zwei Kinder, Tochter Sara, die später den Arzt Dr. Samuel Drauth heiratete, und Sohn Martin Gottlieb Albrich, dessen Sohn Johann Martin Albrich sich als k.u.k. Hauptmann den Adel mit dem Prädikat von Albrichsfeld erwarb.

Albrichs Palladium ...
Albrichs Palladium
Im Auftrag seines Schwiegervaters führte Johann Albrich von März bis August 1714 eine Sichtung und Ordnung der alten Urkunden und Privilegien des Kronstädter Stadtarchivs durch. Unterstützt von einigen jungen Juristen und Theologen ließ er die wichtigsten Urkunden in einen großformatigen ledergebundenen Band (338 Seiten) abschreiben, um die Originale zu schonen, aber auch um dadurch die Rechte der Stadt besser verteidigen zu können, oder wie er selber meint: „die Kenntnis der Kronstädter Freiheiten zu befördern, die wichtigste Hilfsquelle der Geschichte, woraus durch Lehren der Vergangenheit Verhaltungen für die Zukunft genommen werden können“ (Trausch). Diesem Abschriftenband gab Albrich den Namen „Palladium Coronense sive Thesaurus Literarum etc.“, nach dem Schutzheiligen der Stadt Troja. Sämtliche hier enthaltene Urkunden bis 1486 sind später im Urkundenbuch der Stadt Kronstadt veröffentlicht worden. Albrichs Mühe war also keineswegs vergeblich. Er legte außer dem Palladium auch einen Index Generalis Literarum Privilegiam etc. des Kronstädter Archivs an, in dem 425 Urkunden aus den Jahren 1342–1662 verzeichnet sind. In den Vorworten zu diesen Arbeiten legte er seine Auffassung über die Bedeutung der Urkunden und über die Aufgaben der Archivare dar. Das Palladium und weitere Handschriften von ihm befinden sich im Archiv der Honterusgemeinde in Kronstadt.

Diese erste große Leistung für das öffentliche Leben seiner Stadt trug gewiss zu seinem steigenden Ruf und nicht zuletzt zu seiner beruflichen Beförderung wesentlich bei. Als 1715 das Stadtphysikat durch das Vorrücken von Dr. Lukas Seuler zum Senator und Stadthann frei wurde, erhielt Dr. Johann Albrich die Stadtarztselle. In seine Dienstzeit fiel die größte Pestepidemie, die jemals die Kronstädter Gegend heimgesucht hatte. Johann Albrich wurde als Stadtphysikus zum Mitglied des Directoriums berufen, das anstelle der meist auf das Land geflüchteten Magistratsräte die Verwaltung der Stadt übernahm. Die Seuche der Jahre 1718-1719 hat allein im Burzenland mehr als 18000 Opfer gefordert. Über den Verlauf der Seuche machte er ausführliche Aufzeichnungen, die nicht nur seinen Nachfolgern von Nutzen waren, sondern von medizinhistorischem Wert sind: Observationes de peste Barcensi praesertim Coronae saeviter a. 1718 et 1719 grassante. Bis auf den medizinischen Teil dieser Schrift, der in deutscher Übertragung in der Sie­benbürgischen Quartalschrift 3 (1793) No. 2 auf den Seiten 121-142 (Beschreibung der grossen Cronstädter Pest vom jahr 1718 und 19.) veröffentlicht wurde, blieb diese Geschichte der Pest ein Manuskript.

Albrichs Dissertation ...
Albrichs Dissertation
Wie es bei den Ärzten jener Zeiten üblich war, gründete Albrich 1720 in Kronstadt eine neue (die vierte) Apotheke, die den Namen „Zum Schwarzen Adler“ erhielt. Diese blieb über 40 Jahre lang im Besitz seiner Familie und wurde erst später vom Nachfolger in „Schutzengel“ umgetauft. Bald wandte sich der vielseitig interessierte Mediziner auch anderen Bereichen, und zwar dem Bergwesen zu. Im Burggrund ließ er eine Schmelzhütte errichten und übernahm auch die Aufsicht über das Bergwerk bei Zernescht (Zărnești), das er sogar selbst finanzierte.

Johann Albrich kam über seinen Schwiegersohn, den Arzt Dr. Samuel von Drauth (1706-1739), Mitglied der Kaiserlich Leopoldinischen Akademie der Naturforscher, mit dieser ältesten naturwissenschaftlichen Gesellschaft Europas (gegr. 1652) in Kontakt. Die Übersendung seiner „Bemerkungen über die Pest im Burzenlande“ sowie einiger Mineralien, Goldproben, Münzen und anderer Raritäten an den Professor Johann Heinrich Schulz in Halle dürfte dann die Veranlassung zu seiner Aufnahme am 25. Juni 1740 in die „Leopoldina“ unter dem Namen Chrysipus III. gegeben haben. Wissenschaftliche Veröffentlichungen Albrichs im Publikationsorgan der „Leopoldina“ (Ephemeridum medico-physicarum germanicum curiosarum) sind nicht bekannt, nur einige seiner Briefe sind im Archiv der Akademie in Halle erhalten geblieben.

Trotz seiner vielseitigen Beschäftigungen praktizierte er höchst erfolgreich Medizin und war ein sehr geschätzter und angesehener Arzt seiner Zeit. Angeblich soll einer seiner dankbaren Patienten, Graf Richard Georg von Laasperg, Oberst in Kronstadt, ihm 1727 sogar eine kostenlose Reise nach Wien ermöglicht haben. Als 1737 die Pest in Siebenbürgen (Hermannstadt) erneut ausbrach, organisierte Albrich ein neues Directorium zur Bekämpfung der Pest und stellte seine einschlägigen Erfahrungen sofort zur Verfügung. Die Pestepidemie der Jahre 1737-1739 betraf weniger das Burzenland, sondern viel mehr Zentralsiebenbürgen und das Szeklerland, wo insgesamt 26000 Todesopfer zu beklagen waren. Er hatte das Amt des Stadtarztes bis 1732 inne. Auch er wurde 1730 als Ratsherr (Senator) in den Stadtmagistrat aufgenommen und in der Folgezeit wurden ihm zahlreiche Ämter im öffentlichen Dienst übertragen. Er war auch Kirchenkurator. Der 1743 verwitwete Albrich heiratete ein Jahr später Susanna Fleischer, jedoch dauerte dieses Eheglück nicht lange, da er am 23. Dezember 1749 den Folgen eines Schlaganfalls erlag. Ein Bildnis von ihm ist leider nicht überliefert.

Sein Biograph Joseph Trausch hat ihn sehr zutreffend charakterisiert: „Neben der Medizin war die vaterländische Geschichte sein Lieblingsfach, und er hat sich um dieselbe, vorzüglich in Beziehung auf Kronstadt, durch Sammeln schätzbarer handschriftlicher Nachrichten und das damit seinen Landsleuten zuerst gegebene rühmliche Beispiel, sowie hauptsächlich durch das benannte Urkundenbuch eine unverwelkliche Lorbeerkrone erworben“.

Robert Offner

Schlagwörter: Arzt, Geburtstag, Kronstadt, Porträt

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