9. April 2002

Sektion Karpaten: Geheimtipp für Skitourengeher

Dass das Skitourengehen die Königsdisziplin im Bergsteigersport ist und sich immer größerer Beliebtheit erfreut, bestätigte sich bei der Ankunft mehrerer Mitglieder der Sektion Karpaten des DAV auf der Bamberger Hütte (1 800 m). Reinhold Kraus berichtet:
Obwohl die Hütte 90 Plätze bietet, war sie voll belegt. Gut, dass wir gebucht hatten. Drei Stunden dauerte der Aufstieg zur Hütte. Ausgangspunkt ist der Gasthof Wegscheid 1 144 m. Es war ein Märzabend, an dem unsere Gruppe im Schein der Stirnlampen und den tausenden Sternlichtern zur Hütte aufstieg. Nach dem Abendessen erläuterte Stefan Kovacs, der Organisator dieses Wochenendes, die Skitourenmöglichkeiten. Das Angebot ist groß in dieser Region und ein Geheimtipp für Skitourengeher. Das Geheimnis liegt in der Geschmeidigkeit des Reliefs. Viele Gipfel weisen eine Kuppenform auf und sind mit Ski gut begehbar. Sechs Gipfel stehen zur Auswahl, mit Gehzeiten von eineinhalb bis vier Stunden. Für die Samstagstour fiel die Wahl auf den Schafsiedel (2 447 m). Acht Uhr kleppten wir die Felle an unsere Ski, ohne die ein Aufstieg nicht möglich ist, prüften unsere Lawinenpiepser und die Ausrüstung. Dazu gehören auch die Lawinensonde und eine Lawinenschaufel, die im Notfall zum Einsatz kommen. Die Snowcart, die nicht sehr lange auf dem Markt ist, dient zum Feststellen der Hangneigung und zeigt auch die Gefahrenstufe an. Der Lawinenbericht war für dieses Wochenende „freundlich“, das Wetter ebenso. Da lacht das Herz. Trotz allem ließen wir bei der Wahl der Aufstiegsspur Vorsicht walten. Erst ging es über sanfte Steigungen hinauf in das weiße Paradies. Der letzte Abschnitt zum Gipfel führt über einen Grat. Groß war die Freude auch diesmal am Gipfelkreuz. Man war froh, sich auf den Weg gemacht zu haben, um Körper und Seele zu erfreuen. Der etwas weiche Schnee erlaubte es nicht, bei der Abfahrt mit den Ski die berühmten „Zöpfe“ einzuzeichnen. Trotzdem machte es Spaß, längere Zeit auf den Brettern durch die Schneewüste zu gleiten. Sonntag mussten wir wegen starken Schneefällen 100 Höhenmeter vor dem Salzachgeier Gipfel umkehren. Dafür erreichten wir aber am nächsten Tag gleich zwei Gipfel, den Tristkopf 2 359 m und das Kröndlhorn 2 444 m, die nicht weit auseinander liegen.
Der Geheimtipp, das diese Region ein Skitourengenuss ist, bestätigte sich. Mit von der Partie waren Stefan Kovacs, Grete und Horst Kraus, Adelheid Breckner, Nelu Manta und der Berichterstatter.

Skitour mit Hindernissen

Als an einem Wochenende Mitte März um 7.30 Uhr unsere Skitour in den Stubaier Alpen, Sellrainer Berge bei guten Wetteraussichten begann, ahnte unsere fünfköpfige Gruppe noch nicht, wie erlebnisreich dieser Tag werden würde. Die Route, die Horst Kraus, der Organisator der Tour, ausgewählt hatte, sollte auf den Roten Kogel führen, gefolgt von der Abfahrt zur Potsdamer Hütte. Doch der schneearme Hang brachte uns von dem Winterweg ab. Wir entschieden uns das Ziel über den Gallwieser Mittelgrat zu erreichen. Kein leichtes Unterfangen auf dem abschüssigen Dach, da die Ski auf dem Rucksack festgeschnallt waren und den Druck auf unsere Schultern erhöhten. Die brennende Sonne und die Anstrengungen des Aufstiegs im oberen Bereich des Grates, führten bei einem Teilnehmer zu Kreislaufproblemen. Als Gegenmaßnahme verteilten wir den Inhalt seines Rucksacks und verlängerten die Pausen. Über Schneebrücken, Eisplatten und Felskletterpassagen erreichten wir erst 14.00 Uhr den Gipfel. Allerdings nicht den Roten Kogel, sondern einen „No Name“ Gipfel 2 843m. Der Anblick der 40 Grad steile Rinne, die wir abfahren mussten, und die für Skitouren fortgeschrittene Zeit dämpften unsere Gipfelfreude. Nach kurzer Rast entschieden sich Michael und Hans Werner, die Rinne mit Ski abzufahren. Grete, Horst und ich bewältigten diesen Abstieg per pedes. Die technisch schwersten Passagen hatten wir nun hinter uns, jetzt galt es nur noch die Hütte bei Tageslicht zu erreichen. Doch es kam anders. Grete Kraus geriet in eine Mulde voller Triebschnee, versank in dem Bruchharsch und brach sich den Fuß. Die Ausrüstung für Notfälle kam zum Einsatz. Mit einem Schlaf- und einem Biwacksack umhüllten wir Grete. Der Höhenmesser zeigte 2 700 m, und es war 16.30 Uhr. Es galt schnell Hilfe zu holen, noch vor Einbruch der Dunkelheit, da die Hubschrauber in der Nacht nicht mehr fliegen. Grete war sehr gefasst, das erleichterte die Planung der Bergung. Horst und Hans Werner blieben bei der Verletzten. Michael und ich fuhren los in Richtung Potsdamer Hütte um den Rettungsdienst zu verständigen. Auf den Handys, die wir mit uns hatten, war kein Netz vorhanden. Kurz vor 18.00 Uhr, nach einer anstrengenden Abfahrt erreichten wir die Potsdamer Hütte und verständigten den Rettungsdienst. 18.00 Uhr landete der Hubschrauber auf ein Schneefeld und barg Grete, die anschließend im Krankenhaus Hall neben Innsbruck operiert wurde. Horst und Hans Werner mussten allerdings zur Hütte abfahren. Die dunkle Nacht, der Pulverschnee, die Triebschneeansammlungen und die Strapazen des Tages machten es schwierig, den Höhenunterschied von 700 Metern zu bewältigen. 21.30 Uhr konnten wir das Licht zweier Stirnlampen in Hüttennähe erkennen. Erleichterung löste die Spannung ab. Wir waren alle froh, dass wir die Situation, den Umständen entsprechend, gut gelöst hatten. Mit einem Besuch im Krankenhaus in Hall und einer Erfahrung mehr endete das Wochenende.

Reinhold Kraus

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