27. Oktober 2001

"Hoffnung ist unser Recht"

Bloß einen einzigen Beschluss haben die Vertreter des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) auf ihrer Vollversammlung am 20. Oktober in der Stadt am Zibin angenommen und einstimmig abgesegnet: Statt der bisher 1 700 Lei pro Jahr und zahlendes Mitglied sollen ab 2002, eben inflationsangepasst, 2 200 Lei in die Haushaltskasse des Landesforums auf diese Tour über die fünf Regionalforen fließen.
Auch das ist nur ein Pappenstiel, wenn man bedenkt, dass die Beitragszahlungen kaum ein Prozent des veranschlagten DFDR-Budget ausmachen. Mal abgesehen von der Tatsache, dass bis zur Stunde ohnehin nur rund 17 000 der vermutlich 50 000 Mitglieder dieser Pflicht nachgekommen sind, im Banat waren es gerade noch 1 764, deren Beitrag ordnungsgemäß im DFDR-Zentrum eingegangen ist.
Ansonsten verlief die nunmehr zweite Vertreterversammlung des Jahres erneut im Hermannstädter Forumsspiegelsaal ordnungs- wie satzungs-, also fast schon routinegemäß: Grußworte, Berichte und Diskussionen wurden als Tagungspunkte schrittweise abgehakt und die dabei aufkommenden Probleme größtenteils zur Lösung dem Vorstand, also der Exekutive, überlassen.
Aber gerade davor warnte der DFDR-Ehrenvorsitzende Paul Philippi in seinem gleichfalls schon für diesen Anlass traditionell vorgesehenen Grußwort zum Auftakt solcher "Zusammenkünfte an einem Ort", wo man sich auf "das Wesentliche konzentrieren sollte". Und wesentlich sei nun die immer wieder frische Besinnung auf "politische Ziele, die uns als deutsche Gemeinschaften in Rumänien verbinden. Denn nur so werde man zahlreicher und bewusster in den Vertreterversammlungen zusammenströmen." (Philippi)
Jedoch nur knapp 30 Vertreter von Suceava bis Temeswar sind diesmal zusammengeströmt und bestätigten mithin, was seit geraumer Zeit im Landesforum befürchtet wird: Routine an Stelle des begeisterten Beginns Anfang der 90er Jahre, auch wenn Demokratie nicht nach Sensationen strebt, wie Philippi meinte, und der Routine oftmals sogar bedarf.
Allerdings Perspektiv-Probleme in diesem Sinne wurden kaum angesprochen, mehr auf Vergangenes nahmen Berichterstatter mit Verantwortung in diesem Gremium und darüber hinaus Bezug. So auch der Bericht des DFDR-Vorsitzenden Wolfgang Wittstock, obschon der Forums-Abgeordnete diesmal seinen Beitrag unter den Titel "Diese Hoffnung ist unser gutes Recht" setzte und darin mit Recht und Hoffnung auf eine gerechte Rechtsprechung pochte. Allerdings wurde das erwünschte Ziel bezüglich der Bodenrückgabe noch nicht erreicht, lediglich positive Signale habe man von rumänischen Entscheidungsstellen erhalten. Wittstock hatte die Diskriminierung der deutschen Minderheit bei der Bodenrückgabe gegenüber der Regierung und dem Präsidialamt angemahnt, Demarchen bis nach Berlin sind zudem angesagt. Eine neuerliche Nationalisierung über den Dringlichkeitserlass der Regierung Nr. 102 vom 27. Juni "können und dürfen wir nicht akzeptieren. Unser Forum, das die politischen Interessen unserer deutschen Sprach- und Kulturgemeinschaft vertritt, setzt sich u.a. auch für ein normales, auf gegenseitigem Vertrauen beruhendes Verhältnis zwischen den Behörden des Staates, in dem wir leben, und den Personen, die unserer Gemeinschaft angehören, ein..... Die jetzige Wiederbestätigung der Enteignung vom Jahr 1945 und damit die Billigung dieser Enteignung, die sicherlich die schlimmste Schicksalsstunde unserer Gemeinschaft war, ist keineswegs geeignet, dieses Vertauen zu stärken."
Offenbar wird aber nicht nur in Bukarest "fehlgedacht", so Philippi. Auch in Berlin wurde nur jüngst eine Maßnahme getroffen, die mit der Streichung des Postens eines Minderheitenreferenten an der Bukarester deutschen Botschaft in den Augen des Forums den Verdacht aufkommen ließ, "dass die deutschen Behörden der deutschen Minderheit in Rumänien weniger Bedeutung und Beachtung als bisher beizumessen geneigt sind", meinte unter Fragezeichen Wolfgang Wittstock.
Und forumsinterne Fragezeichen tauchten auf, als der neue Unterstaatssekretär im Minderheitendepartement, Ovidiu Gant, seinen Standpunkt erstmals in einer DFDR-Vollversammlung darlegte. Er wurde zwar vom Forum nach "langwierigem Prozess" für dieses Amt bestimmt, vermisst aber die volle Unterstützung dieses Gremiums. Noch mehr: Ein Kronstädter Forumsmitglied habe nur jüngst über ihn den Amtskollegen vom Ungarnverband sprechen wollen in einer Angelegenheit, die jene Minderheit betrifft, für deren Interessenvertretung er in die Regierung mit entsandt wurde.
Dass es sich dabei auch um persönliche Empfindlichkeiten handelt, machte die nicht mehr enden wollende Debatte klar, wie auch klar ist, dass sich Wittstock und Gant öfters kurzschließen sollten, um solche Kurzschlüsse in aller Öffentlichkeit zu vermeiden. Denn im Grunde genommen verfolgen beide, wenn man die Berichterstattung aufmerksam verfolgte, die gleichen Ziele, und beide sind sodann ins politische Leben Rumäniens eingebunden, wie schlichtend dazu der Hermannstädter Bürgermeister Klaus Johannis zu bedenken gab.
Die Haushaltsdebatte hingegen fand einen dergleichen Schlichter oder eine Schlichtungskommission nicht, dafür hörte man im Foyer des Sitzungssaals das Urteil hinter vorgehaltener Hand der Vorsitzenden des Bukowina-Forums, Maria Gheorghiu: Frauen seien nichts gegenüber den Männern, wenn diese sich mal in Diskussionen einlassen. Dabei handelte es sich aber nur um eine fast schon abgemachte Haushaltsumschichtung für dieses Jahr, das demnächst ohnehin abgelaufen ist. Was der neue Haushalt bringt, wissen die Götter, doch eine neue Verteilung müsse gefunden werden, und inflationsbedingt, wie Ovidiu Gant sagte, sollte man bei der DFDR-Geschäftsstelle auch nicht mehr denken. Weil dem aber bislang so war, ist die deutsche Minderheit, einst bevorzugt bei Regierungszuschüssen über den Minderheitenrat, nun in die etwas peinlichen Lage geraten, bloß die Hälfte jener Zuwendungen zu erhalten, die den Ukrainern mittlerweile zustehen - und das obwohl weder eine über den Raum Rumäniens hinaus wichtige Tageszeitung herausgibt noch grenzübergreifenden Tagungen und Heimattreffen der Deutschen veranstaltet.
Überhaupt tut sich die DFDR-Geschäftsstelle am Zibin schwer, überregional zu denken. Seit Jahren nämlich klagen die Banater über Schwierigkeiten für Finanzierungen ihrer regionalspezifischen Veranstaltungen, das Siebenbürgenforum fürchtet aus gleichem Grund nun neuerdings den finanziellen Bankrott nach dem letzen Sachsentag in Birthälm, und die Jugend (ADJ), diesmal übrigens diskussionsfreudiger als sonst durch Karla Singer (Temeswar) und Benjamin Josza (Hermannstadt) vertreten, sieht weitgehend ihre mehrheitlichen Kulturveranstaltungen zurückgestellt gegenüber so genannten Wirtschaftsprojekten, die die DFDR-Fachkommission erstmals so richtig in die Zukunft projizierte, aber offensichtlich den erwarteten Erfolg nicht hatte. Und das nicht nur unter der Jugend. Familienbetriebe, vorrangig in der Landwirtschaft, wolle man künftighin fördern, zumal Großprojekte im Raster der BMI-Förderungen unterdessen durchgefallen sind, hieß es seitens der Kommission, die tags zuvor getagt hatte. Allerdings können Familienbetriebe gerade in der Landwirtschaft hierzulande den gesteckten Erwartungen möglicherweise nicht entsprechen, gaben einige Teilnehmer zu bedenken. Wichtig ist, dass die Wirtschaftskommission nun klare Kriterien für eine mögliche Förderung des Klein- und Mittelstandes aufgestellt hat.
Am wichtigsten jedoch war allen die Erfolgsmeldung, die der DFDR-Vorsitzende aus seinem Bericht wohl wissend darum aussparte, weil die Schulkommission darauf noch ausführlich eingehen sollte: auf die ersten Lehrbücher in deutscher Sprache, die nach vielen Jahren nun den Lyzeanern unserer Schulen wieder bereitgestellt wurden. Es war dies ein Verdienst des DFDR-Schulmannes Martin Bottesch und des ehemaligen Lenau-Lyzeums-Direktor Ovidiu Gant, die offenbar beide an der DFDR-Geschäftsstelle vorbei jenes Vorhaben erfolgreich durchboxten. Und wieder musste sich die Geschäftsstelle Kritik anhören, zudem die Hermannstädter Honterus-Druckerei, die in dieser Angelegenheit gleichfalls ihrem ursprünglichen Auftrag nicht gerecht wurde. Darum wolle man Sinn und Zweck dieser einstigen BMI-Einrichtung gemeinsam mit den anderen Gesellschaftern - den Landsmannschaften aus Deutschland - demnächst neu überdenken und die Druckerei vermehrt für Anliegen unserer Landsleute in die Verantwortung nehmen. Und schließlich: "Der Appell an das humanitäre Herz des Bundestages", vom Temeswarer Bernd Fischer im Sinne einer Wiedergutmachung für ehemalige Russland-Deportierte verfasst, fand unter dem Tagungspunkt "Allfälliges" gleichermaßen Applaus wie der Vorschlag der Saxonia-Stiftung, den übrigen Kriegsgeschädigten aus erhaltenen Zuwendungen kostenlos ein ADZ-Jahrbuch unter den Weihnachtsbaum zu legen.

Martin Ohnweiler

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