27. November 2005

Festschrift zum 625-jährigen Jubiläum der Brukenthalschule

Zum 625-jährigen Jubiläum gibt die Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt eine Festschrift unter dem Titel „Eine Pflanzstätte des Gemeinwesens“ heraus, die sich in jeder Hinsicht sehen lässt.
Im ersten Drittel des 297 Seiten umfassenden Bandes ist es ein wissenschaftlich gestaltetes, historisch-pädagogisches Grundlagenwerk mit einem Exkurs zur Geschichte des Schulgebäudes. Im breit angelegten mittleren Teil überwiegt der facettenreich-lebendige Bericht über schulische und außerschulische Aktivitäten der letzten 50 Jahre, dem sich Erinnerungen und Anekdoten aus dem 20. und dem beginnenden 21. Jahrhundert anschließen. Im letzten - weitgehend - statistischen Teil werden vorrangig seit 1851 erfasste Daten über Schüler, Lehrer und Direktoren der Schule geboten.

Im Vorwort der Jubiläumsschrift stellt Gerold Hermann, der heutige Leiter des Gymnasiums, fest: „Das Jubiläum unserer Schule ist ein willkommener Anlass, gedanklich aus der schnelllebigen Gegenwart zu flüchten und sich auf Bleibendes zu konzentrieren: Fakten, Ereignisse, persönliche Erinnerungen, aber auch die Überzeugung von vielen tausend Absolventen, die Brukenthalschule habe sie in guten wie in schlechten Zeiten maßgeblich geprägt – all das wird der Leser dieser Festschrift entnehmen können.“ 54 Beiträge von jeweils einem, zwei oder mehreren Autoren (wie im Falle der Anekdoten und lustigen Begebenheiten aus dem Schulleben) ergeben eine fast unüberschaubare Vielfalt von Perspektiven und Schreibstilen. Es ist die redaktionelle Leistung von Konrad Gündisch - zugleich Autor der Schulgeschichte von den Anfängen bis 1918 -, diese Fülle zu einem Ganzen zusammengefügt zu haben.


Bevor sich vier Beiträge aus der alten und neuen Heimat der historischen Darstellung zuwenden, beleuchtet Bischof Christoph Klein in einem Aufsatz das Verhältnis der Schule zur Kirche in Siebenbürgen unter besonderer Berücksichtigung der Brukenthalschule. Das Schulwesen der Siebenbürger Sachsen und seine Bedeutung für die Region wie kein Zweiter ausgelotet zu haben, ist das Verdienst des Hochschulpädagogen Walter König. Indem er wesentliche Charakteristiken des Schulwesens der Siebenbürger Sachsen herausarbeitet, belegt König die hohe Qualität des Unterrichts sowie den europäischen Rang dieses Schulwesens.

Die Schulgeschichte ist unter besonderer Berücksichtigung der Jubilarin in dem Kapitel Vergangenheit und Gegenwart Gegenstand wissenschaftlich bis essayistisch gestalteter Beiträge von drei Historikern und einem Naturwissenschaftler: Konrad Gündisch (Oldenburg) sowie Dieter Nowak, Hermann Schmidt und Gerold Hermann (jeweils Hermannstadt). Zugleich wird hier auch der historische Rückblick auf mehr als sechs Jahrhunderte mit dem sachlichen Blick auf die Gegenwart und dem hoffnungsvollen Ausblick auf die Zukunft (Prof. König und Direktor Hermann) verquickt.

Die zentralen Themen des Abschnittes Schulisches und Außerschulisches reichen von der Musikpflege und darstellenden Kunst über den Sport, Skilager und Schulreisen bis hin zum geselligen Leben und den Schülerzeitschriften. Wenn hierbei die Verdienste von Musiklehrern wie Franz Xaver Dressler und Kurt Scheiner oder von Sportlehrern wie Rudolf Schneider und Alexander Kindermann herausgestellt werden, verdeutlicht dieser Tatbestand die Potenz der Brukenthalschule, schöpferisch auf situative Herausforderung zu antworten. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang bloß, dass Fachschaften wie Deutsch oder Geschichte mit herausragenden Lehrerpersönlichkeiten wie Harald Krasser, Hans Wiesenmayer oder Nikolaus Hubert viel weniger gewürdigt werden. Dafür kommen bei den Erinnerungen an das Schulleben zwei Schulleiter zu Wort: Edda Gross, Schulleiterin 1965-1978, und Richard Schuller, Direktor 1959-1960. Einer seiner damaligen Schüler, Erhard Mathias, betitelt seinen Beitrag Professor Richard Schuller – unser Schuki. Dieses Prädikat, bestehend aus Spitzname und dem Possessivpronomen, wohl die höchste Auszeichnung, die eine Schule zu vergeben hat, zeichnet jemanden aus, der für die anderen Mitglieder des Gemeinwesens da ist, ob als Lehrer, stellvertretender Schulleiter, Direktor oder ganz einfach als Ansprechpartner und Helfer.

Im Kapitel mit den Erinnerungen verschiedener Autoren sind zumindest zwei weitere Berichte bemerkenswert. Über die Schulgeschichte und die Zensur eines diktatorischen Regimes referiert Dieter Nowak aus eigener Erfahrung. Der Beitrag Chronik des Unfassbaren von Alfred Mrass berichtet über das Lawinenunglück am Bulea-See (17. April 1977), bei dem 23 Opfer zu beklagen waren (darunter 16 Schüler und vier Lehrer). Im nächsten Kapitel folgen Anekdoten aus dem Schülerleben. Der Beitrag von Günther Ott Spitznamen als Ausdruck von Zwischenmenschlichkeit ist hier sehr treffend platziert. Kein Zufall ist es wohl, dass zwei Erzähler humorvoller Anekdoten zu den 14 bislang gekürten siebenbürgischen Rittern wider den tierischen Ernst gehören: Alfred Mrass, der auch für die Koordination des Buchprojektes verantwortlich zeichnet, und Udo-Peter Wagner. Der abschließende – für die wissenschaftliche Forschung unerlässliche – Teil der Festschrift enthält neben statistisch aufbereiteten Daten und Fakten auch einen Kurzbeitrag in Wort und Bild von Konrad Gündisch, der im Falle der Familien Albrich und Hermann anhand von jeweils drei Lehrergenerationen nachweist, dass der Lehrerberuf mitunter Familientradition wurde. Alles in allem ein lesens- und empfehlenswertes Buch, das durch die Qualität seiner Texte wie auch der fotografischen Beiträge und die Vielfalt der darin gestalteten Themen brilliert.

Siegfried Habicher



Das Buch kann zum Preis von 15 Euro, zuzüglich Versandkosten, bestellt werden bei: Alfred Mrass, Lichtensternstraße 7/1, 74343 Sachsenheim, Telefon: (0 71 47) 9 20 71, E-Mail. Zu erwerben auch in der Bundesgeschäftsstelle der Landsmannschaft, Karlstraße 100, 80335 München, Telefon: (089) 23 66 09-0, zu den üblichen Bürozeiten.

Bewerten:

3 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.