15. Oktober 2005

Streiflichter aus drei Jahrzehnten Sektionstätigkeit

Als der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) in Bonn-Bad Godesberg zu seiner 13. Jahrestagung (10.-12. Oktober 1975) zusammenkam, wurde mit der Gründung der Sektion Naturwissenschaften am 11. Oktober 1975 ein Vorhaben umgesetzt, das die vielfältigen Forschungsarbeiten des Arbeitskreises mit einem großen Fachbereich erweitern und bereichern sollte. Die Anregung dazu kam von Dr. Ernst Wagner, dem damaligen Ersten Vorsitzenden des AKSL.
Bereits im Vorfeld der Tagung veröffentlichte die Siebenbürgische Zeitung am 15. September 1975 einen "Aufruf zur Gründung einer Naturwissenschaftlichen Sektion des AKSL", in dem alle an einem solchen Vorhaben interessierten Naturwissenschaftler, Ärzte, Apotheker, Land- und Forstwirte sowie Naturfreunde um ihre Mitarbeit gebeten wurden. Dem Aufruf waren 26 Teilnehmer gefolgt und hoben unter der Leitung von Dr. Ernst Wagner die neue Sektion aus der Taufe. Zur Durchführung von Sektionstätigkeiten wurden Oberstudienrat Alfred Bartmus, Dr. Heinz Heltmann und Dr. med. Arnold Huttmann vorgeschlagen. Die Gesamtleitung verblieb zunächst bei Dr. Ernst Wagner.

Die neue Sektion beabsichtigte sowohl Forschungen zur Geschichte der Naturwissenschaften als auch aktuelle Geländeforschungen durchzuführen. Diese Aufgaben hatte sich der 1840 gegründete "Verein für Siebenbürgische Landeskunde" von Beginn an gestellt, sie ab 1846 in einer eigenen naturhistorischen Sektion weiter verfolgt und schließlich von 1849 und bis 1949 im Rahmen des "Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften" intensiv betrieben. In seiner Kontinuität und Tradition stand und steht die Sektion Naturwissenschaften des AKSL.

Teilnehmer der internationalen Fachtagung am 30. Juni 1992 in Illnitz am Neusiedler See (Burgenland) in Österreich. Foto: Günter Volkmer
Teilnehmer der internationalen Fachtagung am 30. Juni 1992 in Illnitz am Neusiedler See (Burgenland) in Österreich. Foto: Günter Volkmer
Die Arbeit der Sektion wurde schon bei der Gründungssitzung durch Vorträge von Alfred Bartmus und Heinz Heltmann eingeleitet. Die Vorschläge für ein künftiges Arbeitsprogramm enthielten unter anderen die Herausgabe eines Bandes in der Reihe Siebenbürgisches Archivs, III. Folge, mit Beiträgen zur Geschichte des naturwissenschaftlichen Vereinswesens in Siebenbürgen, die Veröffentlichung von Biographien bedeutender siebenbürgischer Naturwissenschaftler als Ergänzung zum Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen sowie die Herausgabe von bislang nicht veröffentlichten Beiträgen verstorbener Naturforscher.

Während der 16. Jahrestagung des AKSL im September 1968 in Heidelberg wurden die Arbeiten der Sektion Naturwissenschaften auf Wunsch von Dr. Ernst Wagner erstmals von Dr. Heinz Heltmann geleitet. Die Mitgliederversammlung wählte ihn als Vertreter der Sektion Naturwissenschaften in den Vorstand des Arbeitskreises und beauftragte ihn mit der Sektionsleitung. Diese Funktion hatte er über drei Amtszeiten als Vorstandsmitglied des AKSL (1977-1995) inne. Um den wachsenden Aufgaben gerecht zu werden, wurde 1987 Hansgeorg von Killyen zum Schriftführer der Sektion gewählt.

Um einen Wechsel in der Sektionsleitung zu ermöglichen, verzichtete Heinz Heltmann auf der 33. Jahrestagung des AKSL in Walberberg/Köln (10. September 1995) freiwillig auf seine Wiederwahl in den Vorstand. Zu seinem Nachfolger wurde Dr. Haino Uwe Kasper/Brühl gewählt. An der Sektionsleitung waren weiterhin auch OStR Hansgeorg von Killyen und Dr. Heinz Heltmann beteiligt.

Bei der AKSL-Jahrestagung im September 2001 wählte die Mitgliederversammlung Dr. Erika Schneider als Vertreterin der Sektion Naturwissenschaften in den Vorstand. Zu Beginn ihrer Amtszeit wurden die Vorhaben der Sektion in Abstimmung neu definiert, ältere Vorhaben integriert, neue hinzugenommen und in einem Positionspapier öffentlich bekannt gemacht.

Start mit Vortragstagungen

Im Rahmen der Jahrestagungen des AKSL fand sich die Sektion Naturwissenschaften im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens regelmäßig zu sektionseigenen Tagungen mit unterschiedlichen Fachvorträgen zusammen. Die Tagungen ermöglichten den Mitgliedern, ihre Forschungsergebnisse einem breiteren Publikum vorzustellen und kritisch beurteilen zu lassen, und waren eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Sektionstätigkeit.
Von 1977 bis 1986 fanden die Vortragstagungen der Sektion jährlich statt. Bei der 25. Jahrestagung des AKSL im September 1987 in Gundelsheim wurde erstmals keine Sektionstagung abgehalten. Nach 1991 tagte die Sektion Naturwissenschaften jeweils im Wechsel mit anderen Sektionen des AKSL.
Von 1975 bis 2000 wurden bei den Vortragstagungen 149 Referate und Diavorträge aus unterschiedlichen Bereichen der Naturwissenschaften gehalten und sowohl in den Publikationen des AKSL als auch in anderen Fachzeitschriften veröffentlicht.

Arbeitstagungen - "Märztagungen"

Um den Zielsetzungen und den vielfältigen Aufgaben der Sektion gerecht zu werden, erwiesen sich, außer den Vortragstagungen weitere Treffen als notwendig. So wurden die Sektionsmitglieder erstmals im Februar 1979 zu einer Arbeitstagung nach Gundelsheim eingeladen. Seit 1981 finden die Arbeitstagungen jährlich im März, vorwiegend in Gundelsheim statt und haben sich als fester Bestandteil der Sektionstätigkeit etabliert.

Um den Teilnehmerkreis zu erweitern, traf sich die Sektion öfters in gemeinsamen Tagungen mit der Sektion Karpaten des DAV (1990, 1995, 2001, 2003), mit der Fachgruppe "Techniker- und Ingenieurwissenschaften" (1991-1993) sowie mit dem "Verein Rumäniendeutscher Agraringenieure" (1999-2001).

Während der 28 abgehaltenen März-Tagungen, wurden insgesamt 228 wissenschaftliche Referate und 30 Diavorträge gehalten. Letztere waren oft für ein breites Publikum gedacht, so auch für die Bewohner des Gundelsheimer Altenheimes, bei denen die Dia-Abende stets großen Anklang fanden.

Internationale Fachtagungen

Um die Erforschung der Naturverhältnisse Siebenbürgens über den Rahmen der Sektion hinauszutragen und zu bereichern, wurden Fachleute aus Deutschland, Österreich, Ungarn und Rumänien zu wissenschaftlichem Austausch eingeladen. Einen optimalen Rahmen dazu boten und bieten weiterhin die von der Sektion durchgeführten internationalen Fachtagungen.

Eine im Sommer 1979 mit Studenten und Dozenten der Universität Bonn durchgeführte botanische Exkursion nach Rumänien brachte den Stein ins Rollen. Damals reifte der Entschluss, die während der Exkursion gewonnenen Erkenntnisse auf einer Fachveranstaltung vorzustellen. Auf Einladung von Prof. G. Wendelberger/Wien, der an der Exkursion teilgenommen hatte, wurde im September 1980 eine gemeinsame Tagung der Sektion Naturwissenschaften des AKSL mit der österreichischen "Zoologisch-botanischen Gesellschaft" in Wien durchgeführt. Zum Gelingen der Tagung "Beiträge zur Pflanzengeographie des Südost-Karpatenraumes" trugen Prof. G. Wendelberger, ein guter Kenner des Pannonischen Raumes, Doz. Dr. Harald Niklfeld/Wien, Mitverfasser des "Atlas der Donauländer", Prof. Dr. Siegmar-W. Breckle/Bielfeld, Mitautor des bekannten Standardwerkes zur "Ökologie der Erde", und andere namhafte Referenten bei. Der "Eiserne Vorhang" verhinderte die Teilnahme von Referenten aus Rumänien und der DDR.

Zwölf Jahre später, im Mai 1992, widmete sich eine weitere, in der Biologischen Station Illmitz im Nationalpark Neusiedler See abgehaltene internationale Tagung dem Thema "Naturwissenschaftliche Forschungen über Siebenbürgen - neue Ergebnisse". Sie stand unter neuen Vorzeichen: acht Referenten aus Rumänien und drei aus Ungarn konnten daran teilnehmen. Eine naturwissenschaftlich-kulturhistorische Exkursion durch das Burgenland stellte eine zusätzliche Bereicherung der Tagung dar.

Anlässlich dieser Tagung erklärte sich Doz. Dr. Franz Speta, damals Leiter des Biologiezentrums am Oberösterreichischen Landesmuseum Linz an der Donau bereit, die nächste Tagung (12.-15. Mai 1994) in Zusammenarbeit mit der Sektion Naturwissenschaften des AKSL in Linz zu organisieren. Mitveranstalter war das Haus des Deutschen Ostens in München. Als Tagungsthema wurde "Der aktuelle Stand naturwissenschaftlicher Forschungen in Siebenbürgen" gewählt. Den geeigneten wissenschaftlichen Rahmen zur Tagung bot das Biologiezentrum mit einer Ausstellung über Leben und Werk des Botanikers Ferdinand Schur, der im 19. Jahrhunderts die botanische Erforschung Siebenbürgens in bedeutendem Maße geprägt hat. Unter den Referenten fanden sich Wissenschaftler von internationalem Rang wie Prof. Dr. Friedrich Ehrendorfer und Prof. Dr. Gustav Wendelberger/Wien, der weltweit bekannte rumänische Zoogeograph Dr. Petre Banarescu/Bukarest, der Klausenburger Vegetationskundler Dr. Nicolae Boscaiu und viele andere. Die Referate wurden 1996 in der "Stapfia" genannten Schriftenreihe des Oberösterreichischen Landesmuseums in Linz veröffentlicht.

Drei Jahre später gelang es der Sektion, eine Tagung in Klausenburg zu veranstalten (24.-26. Mai 1997). Dazu hatten der Leiter des dortigen Instituts für Biologische Forschungen, Dr. Gheorghe Coldea, und Dr. Adriana Pop - Letztere auch stellvertretend für die Rumänische Phytosoziologische Gesellschaft - bereits in Linz eingeladen. Das Rahmenthema hieß wieder "Beiträge zur naturwissenschaftlichen Erforschung Siebenbürgens" und wurde mit Fachexkursionen in das Siebenbürgische Westgebirge und die Siebenbürgische Heide ergänzt.

Die Feier zur 150. Wiederkehr der Gründung des "Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt" wurde zum Anlass genommen, dessen 100-jähriges segensreiches Wirken für die naturwissenschaftliche Forschung in Siebenbürgen in einem entsprechenden Rahmen in Hermannstadt zu würdigen. Die Organisation der Jubiläumstagung (25.-27. Mai 1999) übernahm Gheorghe Ban, Leiter des Naturwissenschaftlichen Museums in Hermannstadt. Im Vordergrund stand die Geschichte des Vereins und seines Museums sowie die wissenschaftlichen Leistungen im Gefüge der europäischen Forschungen. Der überwiegende Teil der 27 Vorträge wurde in einem Jubiläumsband zusammengefasst, der 2003 von Heinz Heltmann und Hansgeorg von Killyen im hora Verlag/Hermannstadt herausgegeben wurde.

Der Erfolg dieser internationalen Tagungen wirkt anregend. So sind weitere Veranstaltungen geplant. Eine Premiere in jeder Hinsicht steht 2006 in Pécs-Fünfkirchen in Südungarn an. Die fächer- und länderübergreifende Tagung der Sektionen Volkskunde und Naturwissenschaften des AKSL, des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim und des Pécser Janusz Pannonius Museums soll neue Perspektiven eröffnen. In Hermannstadt beteiligt sich die Sektion Naturwissenschaften im Rahmen der AKSL-Tagung am Programm, das die Stadt am Zibin 2007 gemeinsam mit Luxemburg als Kulturhauptstadt Europas anbieten wird. Für 2008 ist eine weitere Tagung im Biologiezentrum in Linz ins Auge gefasst.

Veröffentlichungen der Sektion Naturwissenschaften (1979-2003)

Die Vorträge der Fachtagungen wurden mit Ausnahme jener der Linzer und der Hermannstädter Tagung in der Reihe "Naturwissenschaftliche Forschungen über Siebenbürgen" im Siebenbürgischen Archiv, III. Folge, im Böhlau Verlag in Köln veröffentlicht. Ein wertvolles Vorhaben ist auch die Aufarbeitung von Nachlässen, beispielsweise jenes von Hans Salmen "Die Ornis Siebenbürgens", die 1980, 1982 und 1988 im Böhlau Verlag veröffentlicht wurden. Im Jahr 2000 erschienen auch die Schriften aus dem Nachlass von Dr. med. Arnold Huttmann, und zwar "Kronstadts medizinisch-pharmazeutische Bibliographie 1530-1930" (Südostdeutsches Kulturwerk München) und "Medizin im alten Siebenbürgen" (hora Verlag Hermannstadt). Mit der Herausgabe (2002) eines auch für Buchliebhaber und Botaniker interessanten Nachdrucks der "Alpenflora der Südkarpaten" von Dr. Karl Ungar (Hermannstadt 1913) ehrte der AKSL mit seiner Sektion Naturwissenschaften ihren langjährigen Vorsitzenden H. Heltmann zu seinem 70. Geburtstag.

Mitglieder der Sektion waren auch am Bildband "Die Karpaten" und mit der Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins am Band "Der Siebenbürgische Karpatenverein 1880-1945" beteiligt. Sie erschienen wie auch der von Heinz Heltmann und Gustav Servatius 1993 herausgegebene "Reiseführer Siebenbürgen", im Wort und Welt Verlag Thaur/Insbruck.

Mit all diesen und weiteren nicht genannten Veröffentlichungen wurden wichtige Akzente für die naturwissenschaftliche Forschung in und über Siebenbürgen sowie angrenzender Gebiete gesetzt. Die Vorhaben der Sektion wurden in einem Positionspapier zusammengefasst, in dem neue, auch fachübergreifende Themen stehen. Sie verstehen sich als integrative Konzepte von Forschungen in und über Siebenbürgen in einem heute immer wichtiger werdenden gesamteuropäischen Rahmen.

Heinz Heltmann, Erika Schneider
Hansgeorg von Killyen

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