Was ist Heimat?

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Friedrich K
schrieb am 08.01.2013, 12:06 Uhr (am 08.01.2013, 12:22 Uhr geändert).
@Schrägstrich

Kennst Du den CFR-Geruch? Kannst Du den beschreiben?
Unlängst versuchte ich es, schaffte es aber nicht.

Ich trage diesen Geruch heute noch in der Nase weil ich auf einem Bahnhof aufgewachsen bin wo ich angefangen von dem sächsischen „sef de gara“, seine drei Kinder, so gut wie jeden Lokführer, über die „manevranti si frinari“, die meisten Gleisarbeiter, jede Weiche mit Petroleumlampe und jedes Gleis kannte.

Der CFR-Geruch lässt nicht nur das Herz eines kleinen Jungen sondern auch das eines eisenbahn- und technikbegeisterten gestandenen Mannsbildes höher schlagen: Öl, Ruß, Schmierfett, kokelnde Schlacke eben aus dem Kessel „gekratzt“, Wasserdampf, eingeölte hölzerne Bahnschwellen, frisch geschlagene Baumstämme, Zuckerrüben, Kartoffeln, Kies und Schotter. Dazu gehört auch der ungemein bunte Geruch der Waggons mit Holzbänken (Schweiß, Rauch, Zwiebeln, Schnaps, Knoblauch und am Markttag der Geruch von Gänsen, Hühnern und Ferkeln). Am meisten beeindruckt haben mich selbstverständlich die Gerüche und Geräusche in dem zugigen Führerstand wo ich sehr oft mitfahren durfte. Auch die Gerüche der meist aus Holz gefertigten Bremserhäuschen konnte man bei einer „iuteala maxima 15 km/h“ ausgiebig genießen und sich einprägen.

Dann wäre da noch der Geruch der „CFR Porzellan & Beton Facilities“ – deren Gerüche und Charakteristiken sowie deren Behandlung und Beschreibung überlasse ich liebend gerne unserem Porzellankackguru und Gartenkloexperten aurel.

@Zum Thema Heimat
Nachdem ich weit mehr als die Hälfte meines Lebens weit weg von Siebenbürgen verbracht und es recht selten besucht habe betrachte ich diesen Landesteil des heutigen Rumänien als die Heimat meiner Vorfahren und als mein Geburtsland – diese Betrachtung ist ziemlich frei von Sehnsucht und Heimweh aber nicht frei von dem Wunsch vertraute Gegenden wieder aufzusuchen, Vergessenes wieder zu entdecken, Neues zu betrachten. Siebenbürgen ist für mich Erinnerung, sehr viel Erinnerung an das neu gebaute Elternhaus, an die Häuser und Höfe der Großeltern, an die Kindheit und Schulzeit, an die Petroleumlampe bei der ich Lesen und Schreiben gelernt habe, an den Bahnhof, an im Kindergarten geschlossenen Freundschaften die bis auf den heutigen Tag Bestand haben, an die erste Liebe, an den ersten Kuss, an die große Liebe, an die vielen mehrwöchigen Radreisen (nicht nur durch Siebenbürgen) ab meinem 13-ten Lebensjahr, an die Verstorbenen, an die Schikanen, an die Bräuche und Feste, an die Demütigungen, an die bescheuerte Militärzeit, an die beeindruckende Kirchenburg, an die ewigen Fluchtgedanken, an den Hass auf ein verschissenes System, an das altehrwürdige und traditionsreiche Lyzeum, seine Aula und Professoren, an die Arbeit, an die Kollegen, an die Mädchen vom Päda, an die dämlichen „tovarasi“, an die Nachbarn, an die Gestalten vom CC, an die sehr toleranten Eltern, an die lieben Großeltern, an die „demonstratii de 1 Mai, an die „sedinte de UTC, an die Horden von ciumpalaci, an den cincinal, an ...

Wie Slash weiter oben sagte, all die positiven Sachen hätte ich in fast jedem anderen Land auch haben können aber weit weniger negative. Einem Weggehen auf Zeit oder für immer von da wo ich jetzt „dahoam“ bin steht kaum etwas im Weg (war auch fest eingeplant und könnte mit der gleichen Leichtigkeit vor sich gehen wie das Weggehen aus Siebenbürgen aber ohne dabei Kopf und Kragen zu riskieren) weil ich mit fremden Kulturen keine Berührungsängste habe, weil ich vermutlich in jedem Fremden einen Freund sehe der mir noch nicht begegnet ist, weil ich mich in Australien genau so wohl fühlen könnte wie in Frankreich, oder Kanada, oder Italien, oder …

@Salsh
@Mynona
Ihr zwei beiden habt mir aus der Seele gesprochen - Seelenverwandtschaft
Herzchen
schrieb am 08.01.2013, 12:14 Uhr
Eine sehr schöne und berührende, weil so gefühlvoll und lebendig geschilderte Reise in vergangene und gegenwärtige Gefilde, Fridolin. Danke.
Slash
schrieb am 08.01.2013, 12:17 Uhr (am 08.01.2013, 12:19 Uhr geändert).
Thanks, Friedrich! Du hast es geschafft, daß mein Kaffee just nach CFR roch! Na, wenn das kein Kompliment ist!
Haiduc
schrieb am 08.01.2013, 12:24 Uhr
Haiduc: „...Nein, Heimat ist, was ohne Hüllung
einst vor dem Blick des Kindes stand...“ (Henry Mackay)

sebeg: Danke Heiduc!
So ist es! Der Blick des Kindes vor unverhüllten nackten Tatsachen...Schrecken und Wunder zugleich, steht davor und träumt und wünschelt und sehnsüchtelt sich in seinen/ihren „Ödipus“ hinein

Mynona: "Das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat."
(Ernst Bloch)


Vor dem Blick des Kindes steht seine Lebenssituation und eine (für das Kind) unendlich scheinende Zukunft. Kinder denken nicht an Kindheit, im Gegenteil: als Kind will man schnell erwachsen sein. (außer einem ) Als Kind kann man mit dem Begriff „Heimat“ nicht viel anfangen, man lebt als Kind somit nicht bewusst in der „Heimat“, man befindet sich (aus Kindersicht) nicht in der Heimat, höchstens Zuhause. Erst als Erwachsene sprechen wir von Heimat, als Erwachsene blicken wir zurück und verbinden mit Heimat (fast immer) unsere Kindheit („in die Kindheit scheint“) in die wir nicht mehr zurück können. Das Kind war also von der Wahrnehmung her nie dort, als Erwachsener kann man in die Kindheit nicht zurück, ergo: „worin noch niemand (bewusst) war“.
Friedrich K
schrieb am 08.01.2013, 13:42 Uhr
@Herzchen
@Slash

;-)
nixe
schrieb am 08.01.2013, 14:15 Uhr
@ Slash

:D soll ich mal dein Spiel spielen und aus dem was du schreibst auf deine Vorlieben schließen ?

Du kannst deine Meinung behalten brauchst sie mit niemandem teilen und dich selbst in ihrem Strahl sonnen. Ich gönne es dir! Ganz nebenbei gönne ich dir auch die Gesellschaft von ganz vielen dir gleichgesinnten Menschen :)

Wahrheit ist und bleibt das was sie ist! Auch dann wenn man gerne möchte, dass die eigene Wahrheit von anderen angenommen wird

Mach´s besser
Herzchen
schrieb am 08.01.2013, 14:39 Uhr (am 08.01.2013, 14:43 Uhr geändert).
soll ich mal dein Spiel spielen und aus dem was du schreibst auf deine Vorlieben schließen ?

Ich wollt´slash auch schon fragen, ob er masochistische Bedürfnisse hat und die Peitsche braucht.
Aber womöglich reichten die Peitschen nicht hier in diesem Sammelbecken von Sado-/Masochisten .
Ein Pärchen treibt es so unverhohlen, dass man seine Namen ruhig einmal nennen darf, sozusagen als "Ansporn": friedrich k und el sam, wobei beide sowohl als auch können und wollen, glab i,ge, Fridolin?
Struwwelpeter
schrieb am 08.01.2013, 14:46 Uhr
@ Friedrich

dein Beitrag ist wie ein Zeitraffer, der Einblicke in die Vergangenheit ermöglicht
und zugleich Lebensgefühle und -erfahrungen fern von jedweder Nostalgie darlegt,
die berühren oder in denen einige von uns sich wiedererkennen.
Friedrich K
schrieb am 08.01.2013, 15:01 Uhr
@Herzchen
Ich wollt´slash auch schon fragen, ob er masochistische Bedürfnisse hat und die Peitsche braucht.
Fragen Sie ihn halt; vielleicht werdet ihr auch ein treibendes Pärchen (mit oder ohne Peitsche).

... glab i,ge, Fridolin?
Wonnst maanst … Fritz ist mir übrigens lieber obwohl in meiner Geburtsurkune mit schräger und zittriger Besoffenenhandschrift „Frederic“ steht – auch „so“ eine Erinnerung an „die Heimat“.

@Struwwelpeter

… Lebensgefühle und -erfahrungen fern von jedweder Nostalgie …
Realist – nix Dampfplauderer – wenn man‘ s rafft.
Slash
schrieb am 08.01.2013, 15:07 Uhr (am 08.01.2013, 15:10 Uhr geändert).
Ich wollt´slash auch schon fragen, ob er masochistische Bedürfnisse hat und die Peitsche braucht.
Wenn jemand oberlehrerhaft mit erstens, zweitens, drittens losrattert, ist meine Ernsthaftigkeit bei 4. 5.... längst schon dahin. Eine Peitsche? I wo, die ist unspektakulär!

PS:Fragen Sie ihn halt; vielleicht werdet ihr auch ein treibendes Pärchen (mit oder ohne Peitsche).
Fiedrich, nicht einmal dann, wenn ich die Peitsche halten dürfte!
seberg
schrieb am 08.01.2013, 15:13 Uhr (am 08.01.2013, 15:17 Uhr geändert).
Der Schilderung von Friedrich möchte ich mich auch anschließen: besonders der "CFR-Geruch", der Duft von "eingeölte hölzerne Bahnschwellen" wenn die Sonne darauf brannte zwischen den Schienen und sich an der Schwarzmeerküste dann auch noch vermischt mit der Briese voll Salz, Tang und Fisch irgenwo zwischen Constanţa und Mangalia...ganz besoffen konnte man werden vor "dor de ducă"... , weg, einfach nur weg von aller beschissenen "offiziellen" "Heimat"...
Mynona
schrieb am 08.01.2013, 15:19 Uhr (am 08.01.2013, 15:20 Uhr geändert).
Mynona: "Das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat."
(Ernst Bloch)


Vor dem Blick des Kindes steht seine Lebenssituation und eine (für das Kind) unendlich scheinende Zukunft. Kinder denken nicht an Kindheit, im Gegenteil: als Kind will man schnell erwachsen sein. (außer einem ) Als Kind kann man mit dem Begriff „Heimat“ nicht viel anfangen, man lebt als Kind somit nicht bewusst in der „Heimat“, man befindet sich (aus Kindersicht) nicht in der Heimat, höchstens Zuhause. Erst als Erwachsene sprechen wir von Heimat, als Erwachsene blicken wir zurück und verbinden mit Heimat (fast immer) unsere Kindheit („in die Kindheit scheint“) in die wir nicht mehr zurück können. Das Kind war also von der Wahrnehmung her nie do


@Heiduc, danke dass du dir Gedanken gemacht hast Bloch's Zitat zu analysieren und es nicht gleich abgetan hast, ich finde das ist dir trefflich gelungen.

@Friedrich, ja ist doch schön wenn man ein Seelenverwandten findet;-)
Gerade bei Slash's Ausführungen hab ich mich absolut gespiegelt gesehen-nicht zum ersten Mal...
Herzchen
schrieb am 08.01.2013, 15:24 Uhr (am 08.01.2013, 15:25 Uhr geändert).
slash
Immer wieder stänkern und sich dann wundern bzw. vorhalten, wenn man, provoziert von Ihnen mehr als genug, auf seine Weise sooo in den Wald zurück ruft, wie es heraus schallte.
Feige nennt man das.
Vielen Dank übrigens für das "Kompliment".
Ganz lady like.
Aber nicht verstanden, dass nicht ich die Peitsche gegeben hätte, sondern lediglich allgemein augenzwinkernd auf vorherige Bemerkung eingegangen war.
Sie sind EIN Beispiel hier für das, was nie ein Ende nehmen wird, solange gewisse Menschen, zu denen ich gehöre, hier im Forum sind.
Wenn Sie in und mit Ihrer Familie auch so "gerecht" walten und so "nett" und "anständig" umgehen wie mit mir und anderen , die Ihnen nicht die Zigarre reichen wollen, ständig diese Leute provozieren bzw. auf sie einhacken und und immer wieder nur klischeebehaftet herumfaseln, dann wundert einen nichts und wäre der geplante Umzug ans Weltende durchaus eine vernünftige Lösung.
Slash
schrieb am 08.01.2013, 15:31 Uhr
Erstaunlich, was Sie immer wieder auf sich münzen, obwohl von anderen Usern die Rede ist - und natürlich gleich in die Luft gehen.

dann wundert einen nichts und wäre der geplante Umzug ans Weltende durchaus eine vernünftige Lösung.
Im Zeitalter des Internets, eher nicht.
Struwwelpeter
schrieb am 08.01.2013, 15:38 Uhr
Ja, wir waren besoffen vom "dor de ducă", vom Fernweh,
angetrieben von der Hoffnung auf Freiheit und auf ein besseres Leben.
Ein Wehrmutstropfen ist und bleibt: es hat in meinem Fall 17 Jahre gedauert,
bis es soweit war und die empfinde ich als verlorene Jahre,
Jahre, die mir von meinem Leben gestohlen wurden.

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