Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.

bankban
schrieb am 24.02.2010, 10:55 Uhr (am 24.02.2010, 11:07 Uhr geändert).
Natürlich war es richtig von Wagner, die Lügen des ehem. Offiziers bzw. ihn selbst zurechtzuweisen. Wogegen ich mich ausgesprochen habe, ist diese in meinen Augen willkürliche Moorhuhnjagd, wobei das Wort "Moorhuhn" für die ehemaligen Spitzel sicherlich eine Verharmlosung ist. Was ich noch kritisiere, ist der unsachliche, unsachgemäße Umgang mit Akten und Schicksalen. Ich wende mich gegen das einfache Denunzieren und wünsche mir eine umsichtige, abgesicherte und den damaligen zeitlichen Umständen gerecht werdende Darstellung der Vorgänge. Das wäre für mich ein Teil einer professionellen Aufarbeitung, woran aber Wagner wie Totok offensichtlich scheitern. Dass parallel dazu der Stoff künstlerisch bearbeitet wird, ist notwendig, denn die wissenschaftliche Aufarbeitung kann allenfalls ein paar hunderte von Menschen erreichen. Hingegen bewegt ein guter Film Zehntausende.
Selbstverständlich ist meine (Auf)Forderung nach einer Versachlichung Teil der emotional gewordenen Debatte und ohne sie kaum denkbar, von ihr kaum trennbar. Doch da den Emotionen aus meiner Sicht (die niemand teilen muss) bislang genüge getan ward, ist die Zeit der Versachlichung gekommen. Diese wiederum kann am besten duch den Einsatz von Fachtermini, Fachsprache und mit Methoden der Fachwissenschaften erreicht werden.
P.s. (Auch als Antwort an Lavinia in puncto Objektivität): Ich stimme dem israelischen Historiker Shmuel Ettinger zu und halte ich nichts von Historikern "die meinen, sie könnten objektiv sein und die historischen Fakten wie Briefmarken sammeln und sie in einer Reihe anordnen". Denn die Quellen müssen sortiert, abgewogen und bewertet werden. Doch kann man gute historische Werke von schlechten trennen, indem wir den Umgang der Autoren mit den Quellen überprüfen, ihre Prämissen analysieren und ihre Schlussfolgerungen mit den unsrigen sowie dem Forschungsstand vergleichen. Wenig ist dagegen gewonnen, wenn alle 6 Wochen ein neuer Name durch die Medien gejagt wird... wie ich im ersten heutigen Beitrag schrieb: ohne dass wir wüssten, auf wessen Geheiß, unter welchen Kriterien er ausgewählt wurde, warum gerade jetzt und nicht vor dem anderen Namen etc. Daher müsste eine Kollektivprosopographie her, die Querverweise, biografische Zwangslagen, mögliche Langzeitwirkungen oder kurzzeitige Folgen etc. nachweist. Sie hätte zudem den Vorteil, dass man heute noch die Akteure durch die Methoden der oral history befragen und ihre Aussagen gegenüberstellen könnte.
Karin Decker
schrieb am 24.02.2010, 11:03 Uhr (am 24.02.2010, 12:21 Uhr geändert).
„Fachleute, die eloquenter sind als die gemeinen Opfer der Securitate & Co., sollen die Aufarbeitung übernehmen, damit der neuerlichen Verfolgung von Menschen (diesmal der einstigen Erfüllungsgehilfen des rumänischen Unrechtssystems) Einhalt geboten wird!“

So lautet wohl Ihre Forderung, bankban, die bestimmt jedermanns Zustimmung findet. Aber, wie der Dichter so schön sagt: „Die Botschaft hör’ ich wohl, – allein, mir fehlt der Glaube.“

Bei den Enthüllungen über die Spitzeltätigkeiten auch siebenbürgisch-sächsischer und banater-schwäbischer Prominenter für die Securitate oder über die Regimetreue der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien vor dem Sturz der rumänischen Diktatur, die eine Herta Müller, ein Richard Wagner, ein William Totok, und andere, m.E. allesamt sehr verantwortungsbewusste deutsche Intellektuelle aus Rumänien, ans Licht der Öffentlichkeit gebracht haben, handelt es sich trauriger Weise aus der Perspektive fast aller politischer Organisationen (ausgenommen jene, die ausdrücklich Menschenrechte verteidigen) um gefährliche Pannen, die ein bereits eingesetzt habendes Vergessen erneut bewusst machen und sogar das Fortbestehen der Securitate-Seilschaften aufzeigen.

Wovon sich viele erhofften, dass es gleichsam organisch in die gewünschte Normalität hinübergleite, wird zum blanken Entsetzen dieser Leute (welche zum Großteil freilich nur peinlich berührt und selber nicht in die Machenschaften involviert sind!) als düsterer Schatten der Vergangenheit neu erlebt und erlitten.

Es wäre deshalb höchst verwunderlich, wenn in den Gremien der zu einer echten Aufarbeitung überhaupt Fähigen die – eigentlich sehr verständliche – Haltung des Aussitzens aufgegeben würde.(*) Solches kann nur stattfinden, wenn die Not es gebietet. Das heißt: Die für ein seriöses Forschungsprojekt nötige Energie und das damit verbundene Geldbudget werden nur aufgebracht werden, wenn es gar nicht anders geht. Was wiederum soviel bedeutet, wie: Wenn der Schaden, der durch die Unterlassung entsteht, größer zu werden droht, als die Aufwendungen, die man mit einer wissenschaftlichen Untersuchung der Securitatemechanismen und ihres Fortwirkens hätte, dann bestünde eine leichte Hoffnung, dass man sich in gehöriger Weise des Themas annähme.

Damit diese Not aber von den entscheidenden Persönlichkeiten empfunden wird, kann ich Herrn Richard Wagner und seinen Freunden nur wünschen, dass sie genügend Katzen im Sack haben, die sie nach und nach bei großem Gemaunze herausspringen lassen!

(*) Falls ich mit meiner diesbezüglichen These Unrecht habe, bitte ich alle, welche diese Zeilen lesen und zu einer gemeinnützigen Organisation gehören (gerne auch staatliche oder karitative Organisationen, denn der während des rumänischen Nationalkommunismus institutionalisierte Geheimdienst, der in eine mafia-ähnliche Verbindung übergegangen ist, bedroht über kurz oder lang auch unsere rechtsstaatlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland), mich eines Besseren zu belehren, indem sie im Namen ihrer Organisation eine klare Stellung beziehen und zunächst in einem Beitrag dieses Forums bekennen (spätere Taten werden dann gewiss nicht ausbleiben):

„Ja, wir sind heilfroh, dass es zu einer Diskussion über die Aufarbeitung der Securitate-Vergangenheit gekommen ist und wir werden alles uns Mögliche unternehmen, den weiteren Aufklärungsprozess zu fördern und die Folgeerscheinungen der auf Securitatestrukturen basierenden Korruption in Rumänien nachhaltig bekämpfen.“ (Mal sehen, wer dermaßen Farbe bekennt!)
bankban
schrieb am 24.02.2010, 12:50 Uhr (am 24.02.2010, 13:24 Uhr geändert).
"„Fachleute, die eloquenter sind als die gemeinen Opfer der Securitate & Co., sollen die Aufarbeitung übernehmen, damit..."
damit sie sachlich, nachprüfbar, professionell und im Rahmen des wissenschaftlich Möglichen objektiv erfolgen kann (im Gegensatz zu der bisherigen willkürlichen, für Außenstehende nicht nachvollziehbaren Vorgehensweise"-

So lautet meine Forderung, Frau Decker.
Dass dies einen gewissen Schutz der damaligen Spitzel bedeuten kann (denn sie stünden bei einer solchen Aufarbeitung weniger im Rampenlicht), nehme ich als den Preis der Versachlichung in Kauf.
Ich wiederhole: es ist ein Gebot des Anstandes und eine gewisse Wiedergutmachung für die damaligen Opfer, dass und wenn die Namen der Spitzel bekannt wird. Nur halte ich alttestamentarisch anmutende Feldzüge nicht für zweckdienlich (Zweck: eine friedliche und bessere und gerechtere Gesellschaft...?), zumal wenn sie allmählich Züge eines neuen Mccarthysmus annehmen.
Georg51
schrieb am 24.02.2010, 12:56 Uhr (am 24.02.2010, 13:13 Uhr geändert).
An alle die es interessiert (sehr glaubhaft finde ich). - Wäre eher ein Fall für den Europäischen Gerichtshof, oder den Internationale Gerichtshof, IGH in Den Haag!!

Ceausescus Sturz vor 20 Jahren
Der kurze Weg von der Anklage bis zur Hinrichtung
Von Ernest Wichner

- Ende eines Artikels aus der FAZ;
Zwanzig Jahre nach dem Ende der kommunistischen Diktatur, einige Jahre nach dem Beitritt zur Europäischen Union ist und bleibt Rumänien wegen der nicht aufgearbeiteten faschistischen und kommunistischen Geschichte ein unberechenbares, nicht einzuschätzendes Land am Rande Europas. Korruption, Vetternwirtschaft und Kleinkriminalität prägen den Alltag. Die staatlichen Institutionen funktionieren nicht. Wer auf den Staat und seine Dienststellen angewiesen ist, braucht jemanden, der einen kennt, welcher wieder einen kennt. So konnte man auch in der finstersten Zeit des Kommunismus überleben.

Bis zum Sturz der Diktatur waren mehrere Generationen sogenannter Leistungsträger aus dem Land geflohen. Seither hat sich dieser Prozess noch beschleunigt. Zurück blieben die "Spezialisten" vom Schlage eines Radu Tinu, die Privatisierungsgewinnler aus Partei und Geheimdienst. Sie stellen ihren neuen Reichtum aus, beherrschen Wirtschaft, Politik und Medien und haben wie der ehemalige Temeswarer Securitate-Offizier irgendwo ein Foto des faschistischen Marschalls Ion Antonescu stehen, den sie dafür bewundern, dass er Ordnung geschaffen hatte im Land.

Der Schriftsteller Ernest Wichner, geboren 1952 in Guttenbrunn, war Gründungsmitglied der Aktionsgruppe Banat. Seit 1975 lebt er in Berlin, wo er seit 2003 das Literaturhaus leitet.



Text: F.A.Z.
Bildmaterial: AFP, Barbara Klemm, dpa


- hier der Link dazu: www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~E89198DD59F5246E0B4D6AE5B05033700~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Karin Decker
schrieb am 24.02.2010, 13:30 Uhr (am 24.02.2010, 13:35 Uhr geändert).
@ bankban:

Danke für die Komplettierung der Ihnen von mir unterstellten Forderung. In diesem Sinne hatte ich Sie auch verstanden und muss Ihnen zu 100 Prozent Recht geben.

Auch mich selber verstehe ich nicht als Rächerin, sondern sorge mich wegen des unbestreitbaren Weiterwirkens der alten Garde (siehe voriger Beitrag von Georg51).

Ja, ich gehe gerne sogar einen Schritt weiter und behaupte: Gnadenvolle Gerechtigkeit sollte selbst vor Schurken nicht Halt machen.

Was Not tut, ist, den noch immer gut organisierten, nach wie vor kriminell operierenden Securitate-Nachfolgeorganisationen das Handwerk zu legen, oder wenigstens spürbar zu erschweren.

Da sich offenbar keine demokratischen Initiativen für ein solches Unterfangen zusammenfinden, um auf wissenschaftliche oder auch in demonstrativer Weise qualifizierte Maßnahmen zu treffen, bleiben folgende Alternativen:

a) „Warten auf Godot“.

b) Denunzieren der Denunzianten.*

Wenn Sie ein Mittel wissen, das einen dritten Weg eröffnet und realistisch wäre, könnten wir nicht nur die altestamentarische Form der Gerechtigkeit überwinden, sondern sogar die Indolenz und die indirekte Billigung der Menschenrechtsverletzungen in Rumänien durch beiläufiges oder gezieltes Wegschauen.

* b) ist in diesem Fall m.E. besser als a)
Georg51
schrieb am 24.02.2010, 17:07 Uhr (am 24.02.2010, 17:42 Uhr geändert).
@ Frau Decker;
* b) ist in diesem Fall m.E. besser als a)

Sehr geehrte Frau Decker,
Sie haben vollkommen Recht, in Ihren Behauptungen und Ansichten, der aktuellen Lage/Beurteilungen der Zielsetzungen und Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen aus der kommunistischen Diktatur/Regierungszeit aus Rumänien.(Sie haben da gelebt und halten/vermitteln immer wieder einen nachvollziehbaren Rückblick, der auch der Realität der damahligen Zeit enttspricht.

- In unserem Falle hier,- haben wir nur das einzige Mittel auf Menschenrechtsverletzungen in Rumänien, über dieses Medium/Internet, - immer wieder hinzuweisen.


- Alle anderen Attacken/Anspielungen auf Ihre persöhnilche EiNSTELLUNGEN/Meinungen, sollten Sie möglichst distanziert betrachten.

Ihre Bemühungen werden bestimmt irgendwann eine Bestättigung/Belohnung erfahren.

Herzlichst.
Karin Decker
schrieb am 24.02.2010, 18:17 Uhr (am 24.02.2010, 18:44 Uhr geändert).
@ Georg51:

Das Internet ist freilich nur ein Ozean, in den wir elektronische Flaschenpost (die Beiträge hier, z.B.) werfen können.

Die, welche auf ihren politischen Luxuslinern vorbeikreuzen, werden kaum eine Notiz davon nehmen.

Handelte es sich nur um mein eigenes Schicksal und nur um die Opfer, die der rumänische Nationalkommunismus meiner Familie abgenötigt hat, dann würde ich mich auch gewiss nicht so eifrig ins Zeug legen, wie ich es hier seit einigen Monaten und in meinem Kampf um die Durchsetzung der Restitutionen in Rumänien seit einigen Jahren tue.

Es ist weniger der Rückblick zu einer „Realität der damaligen Zeit“ der mich bewegt und antreibt, sondern es sind die ganz aktuellen Begegnungen mit zahlreichen neuen Opfern der Restitutionsverhinderungen in Rumänien, die gravierende Menschenrechtsverletzungen in „Jetztzeit“ abbilden.

Parallel zu dieser an und für sich empörenden und in jeder Hinsicht argen Situation, in die viele unserer Landsleute durch die neosecuristische Mafia gelenkt werden, muss ich auch immer wieder erfahren, wie gut die Beziehungen zwischen den rumänischen „Korruptions-Arrangeuren“ und ihren siebenbürgisch-sächsischen oder banater-schwäbischen Partnern in Deutschland ist.

Eine weitere Entzauberung: Die Solidarität unter den Deutschen aus Rumänien ist jedenfalls nichts als eine schöne Illusion. Unterschiedliche Interessen kennen keine Solidarität.

Solche Einsichten, die auf konkreten Erfahrungen beruhen, schmerzen mich sehr und führen dazu, dass ich mich geradezu moralisch herausgefordert fühle, den Finger unentwegt in diese hässliche Wunde zu stecken, von der ich hoffe, dass sie eines Tages heilt, weil wir (Deutsche und Rumänen als Bürger der Europäischen Union) sie gemeinsam verarzten und nicht bloß mit schmutzigen Lumpen (Entzündungsgefahr!) zu bandagieren trachten.
Karin Decker
schrieb am 25.02.2010, 08:31 Uhr
„Aus Angst vor Entdeckung haben sich in Bayern schon über 1000 Steuersünder selbst angezeigt.“ (Schlagzeile von heute, dem 25. Februar 2010)

Die Selbstanzeigen der Securitate-Verbrecher lassen auf sich warten. Hat denn niemand eine CD?
gerri
schrieb am 25.02.2010, 08:49 Uhr
Hallo Frau Decker, warum sollten die sich selbstanzeigen,was bringt das ihnen was bringt das uns?
Die Geldsäcke aus Bayern haben es auch nur getan um doch noch ein bischen zu profitieren,nicht weil sie jetzt so brav geworden sind.Stellen sie sich vor wir wären alle Engel,wie langweilig wär das auf der Welt.

Gruß, Geri
Karin Decker
schrieb am 25.02.2010, 09:02 Uhr (am 25.02.2010, 09:04 Uhr geändert).
@ gerri:

Gutes Erklärungsmodell: Securitatemitgliedschaft als der besondere Kick im Leben … (Macht es allen spannend: Opfern und Tätern. – So lässt sich vieles relativieren.)
gerri
schrieb am 25.02.2010, 09:55 Uhr
Hallo Frau Decker,persönlich habe ich kein so aufregendes Leben geführt da ich das Glück hatte in einer Großstadt zu leben,Berufsschule besucht, gearbeitet, Militärdienst,danach Familie gegründet und durch Arbeit geschafft zu überleben wie alle Anderen,keine Politik gemacht. Zu den Reichen vor dem Krieg haben wir auch nicht gehöhrt,deshalb keine Enteignung keine Rußlandverschleppung,also was hat man falsch gemacht? Das einzige was ich dem rumänischen Staat vorwerfen kann, ist das man mich in den 60. Jahren nicht auf Besuch gelassen hat.Zur Polizei zitiert habe ich dann gefragt warum,die Antwort war: Ai dvstr. fug. Meine unüberlegte Antwort dem Generalen war: Ai dvstr. nu? Er sagte : Ba da. Das war alles, es passierte nichts wir sagten wohl beide was wir dachten.Unsere Landsleute brauchen im Großem -Ganzen kein schlechtes Gewissen haben,bei der Ausreise wußten die wen sie verlieren.

Gruß, Geri
Karin Decker
schrieb am 25.02.2010, 10:51 Uhr (am 25.02.2010, 11:09 Uhr geändert).
Hallo gerri,

Geschichten wie Ihre von netten „Generälen“, die freundlich und humorvoll waren, habe ich schon einige gehört. Und ich finde sie auch wichtig*, läuft man doch ansonsten Gefahr, alle die „auf der anderen Seite“ standen, zu dämonisieren.

„Das einzige, was man mit Kannibalen nicht machen darf, ist sie zu fressen.“ (Eine Argentinerin über den neu aufzubranden drohenden Konflikt wegen der Falklandinseln)

Dennoch: Das war ein gar besch… System, das man den Menschen in Rumänien (und in besonders niederträchtiger Weise den Minderheiten des Landes) zugemutet hatte, und die darauf folgende Regierung war nur dem Anschein nach ein wenig besser. Die jetzige will, so die Lippenbekenntnisse ihrer Vertreter, vieles wieder gut machen; – die Praxis sieht aber so aus, dass die meisten Schurken ihr Machtmonopol behalten und weiter machen, wie bisher.

Grüße zurück,

Karin Decker


*P.S.: Mit Anekdoten, so unterhaltsam und wirklichkeitstreu sie auch sein mögen, lässt sich aber auch die Erträglichkeit des Unerträglichen trefflich schildern.
Karin Decker
schrieb am 25.02.2010, 11:41 Uhr (am 25.02.2010, 14:19 Uhr geändert).
@ gerri:

… Sie merken an, Ihre Familie habe nicht „zu den Reichen vor dem Krieg“ gehört und Ihre Angehörigen seien deshalb keine Opfer der Russlandverschleppung gewesen. Das ist ein interessanter Aspekt. Wurde man als Deutscher in Rumänien von der Russlandverschleppung verschont, wenn man „nicht reich“ war? (Das war mir jedenfalls bislang noch nicht bekannt.)

Der „Reichtum“ meiner Familie war übrigens ein sehr relativer: Mein Urgroßvater, Dr. Josef Bacon, entstammte einer Patrizierfamilie (die sich mit ähnlichem Engagement für die Gemeinschaft ihrer Mitmenschen hervortat, wie mein Urgroßvater selber, und dadurch ihr Eigentum erworben hatte), er war Arzt geworden und besaß zwei Häuser auf der Burg von Schäßburg. In diesen Häusern wohnten, – selbstverständlich ohne Miete zahlen zu müssen –, auch einige infolge persönlicher Schicksalschläge verarmte Familienangehörige; ich erinnere mich auch an eine an Kinderlähmung erkrankte und dadurch ledig gebliebene Schulfreunding meiner Urgroßmutter. Die meisten Räume dieser Häuser hatten einfache Dielenböden. Darauf lagen Flickenteppiche. Josef Baocn war auch leidenschaftlicher Hobbyarcheologe und richtete das „Museum im Stundturm“ ein. Viele Exponate (von denen später nicht wenige gestohlen wurden) hatte er „seinem“ Heimatmuseum gespendet. Er gründete eine genossenschaftliche Bank für arme Leute (sie hieß „Pizullibank“) und ein Sanatorium in der Hargita („Szent Kereztbanya“) für tuberkulosekranke Kinder.

Darüber hinaus war er ehrenamtlich als Feuerwehrarzt, Vorstand des Roten Kreuzvereins, des Männerturnvereins, des Schäßburger Spar- und Aushilfsvereins, des Armenrates, als Direktor des Epidemiespitals und als Mitglied des Presbyteriums der evangelischen Kirchengemeinde tätig (die heute Luthers Lehre in Siebenbürgen vertreten, haben es seinen Nachkommen übel gelohnt).

So wird es mit dem „Reichtum“ vieler unserer Siebenbürger Sachsen bestellt gewesen sein, dass er ein Reichtum im Dienste der Gemeinschaft war.

Die darauf folgenden Generationen waren bereits dermaßen von der Teilung Siebenbürgens und den nationalkommunistischen Enteignungen betroffen, dass von „Reichtum“ nun wirklich nicht mehr die Rede sein konnte.

P.S.: „Dass unsere Landsleute im Großen und Ganzen kein schlechtes Gewissen zu haben brauchen“, weil sie aus dem immer menschenfeindlicheren Rumänien wegzogen, ist vollkommen richtig, und ich wüsste auch nicht, womit ich jemandem ein schlechtes Gewissen bereitet hätte, sodass Sie sich zu dieser Feststellung herausgefordert sahen.
seberg
schrieb am 25.02.2010, 11:57 Uhr
Da scheint die Flaschenpost schon wieder an den Falschen geraten zu sein

Machen Sie sich nichts draus, Geri, so ist’s halt: an die vielen kleinen Habenichtse, die den Ozean bilden, ist Frau Deckers Botschaft auch nicht gerichtet...während sie Ihnen über den Kopf streichelt (wusste Sie nicht: „da keiner Herr und keiner Knecht“...?), hat sie die Luxusliner immer fest im Blick...
Karin Decker
schrieb am 25.02.2010, 12:02 Uhr
Ja, bester seberg, sollte uns eines Tages der bundesdeutsche Staat mal „um die Ohren fliegen“, wird der jetzige Hartz-IV-Empfänger demselben nicht nachweinen müssen, wo hingegen die „Reichen“ Rotz & Wasser heulen werden …

(Wer’s glaubt wird selig; – ich werde Sie zu gegebener Stunde an Ihre Thesen erinnern.)

Um Beiträge zu verfassen, müssen Sie sich kostenlos registrieren bzw. einloggen.