Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur

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Lavinia
schrieb am 22.02.2010, 17:43 Uhr
Aus dem Interview mit Richard Wagner zum Fall Peter Grosz:

"Das rumänische Pendant zur Birthler-Behörde gibt es zwar, aber das Tempo, in dem man dort arbeitet, scheint einen berühmten Vers aus der „Siebenbürgischen Elegie“ bestätigen zu wollen: „Anders rinnt hier die Zeit“. Bedauerlich ist das geringe Interesse vieler rumänischen Kollegen an der Aufarbeitung, aber auch der Kirchen, nicht zuletzt der evangelischen Kirche Siebenbürgens. Wir jedenfalls, die Autoren der „Aktionsgruppe Banat“ und des ehemaligen „Adam-Müller-Guttenbrunn-Kreises“ in Temeswar, haben uns vorgenommen, der Problematik auf den Grund zu gehen. Wir wollen damit auch zeigen, dass man mit schmerzlichen Erfahrungen der Erinnerung umgehen lernen muss, will man der Geschichte die Wahrheit abverlangen. Es geht nicht darum, Helden zu finden, aber von den Schurken müssen die Opfer schon getrennt werden dürfen."

www.faz.net/s/RubBE163169B4324E24BA92AAEB5BDEF0DA/Doc~E0AED6102E1204D68A5519C1CB1A2A86E~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Lavinia
schrieb am 22.02.2010, 18:58 Uhr (am 22.02.2010, 19:37 Uhr geändert).
Ein gefälscher Arbeitsnachweis soll der Grund für die Aufnahme der Spitzeltätigkeit des Peter Grosz gewesen sein. Banaler geht es kaum.
Einer Tätigkeit, der er, zumindest das ist nachweisbar, bis zum Vortag seiner Ausreise nach Deutschland nachging. Er wurde auf Ortinau und Totok angesetzt, lieferte aber auch Berichte über Müller und Wagner ab.
Es gibt IM-Berichte und Treffen mit hochrangigen Securitate-Mitarbeitern aus dem Jahr 1974, als er, nach eigenem Bekunden, in Haft gewesen sein soll, 19 Monate lang.
In Deutschland kam er rund 10 Jahre früher an als Herta Müller und Richard Wagner. Wurde Lehrer, wurde verbeamtet.
Dann, die Oppenheimer Festspiele, das viele Geld. Alles futsch. Wegen ein bisschen Verrat. Und eigentlich ist ja er das Opfer. Einer fiesen Kampagne der Herta Müller und des Richard Wagner, die darauf zielt, sein so wohl geordnetes Leben zu zerstören. Sogar seine Beamten-Pension ist in Gefahr! Und bald futsch. Warum hat er aber auch nicht dafür gesorgt, dass er zumindest was Anrüchiges über diese Bösen, Bösen in der Hand hat...Und warum besorgen die Bösen, Bösen das nicht auch noch selber...gell, getkiss?!
Ich schlage vor, wir sammeln für ihn, getkiss.
Und die Kollegen, die er an die Securitate ausgeliefert hat, die bekommen ein Entschuldigungsschreiben von ihm. Er konnte halt nicht anders, er mußte es tun: "Sorry, Leute, ich hoffe, ihr habt Verständnis dafür..."
Also wirklich...was soll er denn noch tun...?
(Sagte da jemand, dass Ironie im Netz nicht ankommt...? Ach ja, das war Johann...s ;-D)
Friedrich K
schrieb am 22.02.2010, 20:33 Uhr
Aber der Hegelsche Weltgeist wird dereinst gewiss auch dich er-, aus und umfüllen, wenn und sobald du Datenmengen nicht mehr nur verschiebst, sondern sie auch verstehst...
Bankbanilein, auch wenn Sie von EDV keine Ahnung zu haben scheinen hauen sie, was wäre Anderes zu erwarten gewesen, kräftig auf den Putz; ich bin Datenverarbeiter und nicht Datenerschnüffler, Datensammler oder „Dateninterpretierer“ (das ist eher das Metier von Donna Lavinia die sich mittels google gerne profilieren „hätte mögen wollen“ und diverser Nieten aus den Fachabteilungen). Um das zu verstehen benötigt man keinen „Hegelschen Weltgeist“ was wiederum für weltfremde und realitätsverlustige Gestalten kaum begreifbar ist.

I enjoy winning!
Man spricht “Inglish”; isch bin begeisteert, Madam, isch bin hingerisseen.
Johann
schrieb am 22.02.2010, 21:06 Uhr (am 22.02.2010, 21:26 Uhr geändert).
Dafür dass Grosz in jungen Jahren in den Fängen der Securitate war, kann man Verständnis aufbringen. Genauso für die Mitgliedschaft von Wagner.
Für seine Verteidigung 30 Jahre später als Erwachsener Mensch und seit Jahrzehnten Lehrer, habe ich Null Verständnis.

"Wir haben alle für die Securitate gearbeitet - bewusst oder unbewusst." so Grosz.

Statt einer ehrlichen Entschuldigung schüttet er Kübelweise Schmutz auf Millionen Menschen, die sich im Gegensatz zu ihm "Nein" gesagt haben.

Ich gönne Richard Wagner jeden Cent, den er mit der Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit verdient.

Meiner Meinung nach ist er moralisch genauso glaubwürdig wie Grosz, nämlich gar nicht.

Solange er nicht bereit ist, seine Rolle offen darzulegen, hat er in meinen Augen keine Glaubwürdigkeit. Er gehörte zuerst freiwillig zu den Tätern, danach wurde er auch Opfer. Bei Grosz könnte es andersrum gewesen sein.

Es ist nämlich eine "List der Vernunft" (nur weil hier ständig Hegel bemüht wird), das solche verbrecherischen Systeme auch ihre Täter irgendwann mal zu Opfern machen!
Wagner ist Täter, der von Seinesgleichen auch etwas abbekommen hat und nun das Opfer spielen darf! Er gehört in den gleichen Topf wie Grosz, nach Wagner´s Diktion zu den "Schurken".

Schlesak, der selber Parteimitglied war, hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die größere Saurerei den Parteimitgliedern anzulasten ist. Diese traten in der Regel freiwillig einer Verbrecherorganisation bei, während die Spitzel in der Regel gezwungen wurden.

Adine
schrieb am 22.02.2010, 21:37 Uhr
Wieso ist Wagner Täter?
Hat er andere bespitzelt, ins Gefängnis gebracht oder?
Vielleicht war er zeitweise Profiteur, das waren genug andere auch, die sich heute schamlos als Opfer nennen.
Seit wann ist ein Parteibuch der Maßstab aller Dinge?
Über Moral sollte vorsichtig gesprochen werden.
Auch über die Moral eines Schriftstellers.
Denn auch er ist in erster Linie Mensch.
bankban
schrieb am 22.02.2010, 21:47 Uhr (am 22.02.2010, 21:49 Uhr geändert).
Die Aussage von Grosz halte ich skandalös.
Es ist bitter, zu sehen, wiewenig Skrupel, (moralische) Einsicht und Differenzierungsfähigkeit er hat.

Doch bin ich mit Johanns Verwischung von Unterschieden nicht einverstanden, dass er nämlich Wagner zu einem Täter abstempeln will. Ich muss zwar gestehen, dass mich diese peu a peu "Entlarvungen" von Wagner und Müller langsam auch anfangen zu nerven und wie ein abgekartetes Spiel vorkommen, das auf Wagner ein schlechtes Licht wirft. D.h. Wagners moralische Integrität leidet in meinen Augen dadurch, wie er diese Enthüllungen inszeniert. Das ist billig und nimmt langsam den Eindruck eines Rachefeldzuges sowie pekuniärer Vorteilshascherei an. Dennoch halte ich daran fest, dass man den Unterschied zwischen dem bespitzelten Wagner und dem Spitzel Gross nicht einebnen darf sowie auch daran, dass man die Mehrheit der apolitischen und bequemen Parteimitarbeiter nicht für größere Verbrecher halten kann/darf, als etwa jene Securitatemitarbeiter, die etwa meinen Klassenkameraden (14 Jahre alt!) blutig zusamengeschlagen haben. Wer das nicht begreift, hat nicht den Unterschied zwischen Wort und Tat am eigenen Leibe gespürt.
Karin Decker
schrieb am 22.02.2010, 22:12 Uhr (am 22.02.2010, 22:19 Uhr geändert).
Solange weder in Rumänien eine konsequente Aufdeckung (Strafverfolgung, Wiedergutmachung der begangenen Verbrechen der Nationalkommunisten, moralische Ächtung ihrer Methoden und die Restitution der durch sie gestohlenen Besitztümer) der Securitatemitarbeit betrieben wird, noch hier in Deutschland genügend ehemalige (oder noch immer für ihre Seilschaften tätige) Securitatespitzel den Mut besitzen, sich zu outen, halte ich die Vorgehensweise von Herta Müller und Richard Wagner, die Katzen einzeln aus dem Sack zu lassen, für die einzig wirksame Methode.

Niemand dieser verruchten Gauner soll sich sicher sein, dass er nach einer einmaligen Bekanntgabe einiger Securisten mit dem Schrecken davongekommen sei und getrost wietermachen könne.

Die ständige Angst, die diese Leute in Rumänien zu inszenieren wussten, möge lange über ihren Köpfen schweben; – das wird sie am nachhaltigsten für weitere Missetaten lähmen und sie am ehesten, falls sie denn ein Gewissen haben, endlich dazu bewegen, von selbst auszupacken.

Der persönliche Einzelfall mag tragisch anmuten, der Fortbestand ihrer Seilschaften und die gesellschaftlichen Auswirkungen auf Rumänien sind katastrophal.
Johann
schrieb am 22.02.2010, 22:16 Uhr (am 22.02.2010, 22:20 Uhr geändert).
du hast Recht bankban, man muss Unterschiede machen und zwar meiner Meinung nach sieht diese nach Wagner´s Diktion wie folgt aus:

1. Schurken bzw. Täterbestehend aus erstens Parteimitgliedern, zweitens hauptamtlichen Securisten und sonstigen Unterdrücker sowie drittens IM´s.
Dass sich die einzelnen Personen unterschielich mit Blut befleckt bzw. die Hände schmutzig gemacht haben, ist selbstverständlich.

Weiterhin wurden einige aus dieser Gruppe selber zu Opfern
(vgl. mein letzter Beitrag).

@Anchen
Ob Wagner mehr oder weniger Dreck am Stecken hat wie Grosz, wissen wir einfach nicht.

2. Opfern.
Zu dieser Gruppe gehören über 80 % der Bevölkerung.
Auch diese Gruppe hat kein reines Gewissen: Hab ich den genug getan, um meinem nächsten zu helfen? Wer kann von sich sagen, dass er sich nicht schuldig gemacht hat, wegen unterlassener Hilfe?

Wagner gehört eindeutig zu der ersten Gruppe, obwohl er gerne sich in die zweite "Reinschreiben" will.
Karin Decker
schrieb am 22.02.2010, 22:39 Uhr (am 22.02.2010, 22:39 Uhr geändert).
Ist Parteimitgliedschaft bereits Schurkerei, weil sie freiwillig „begangen“ wird?

Für geistig ganz freie Menschen ist ja bereits die freiwillige Zugehörigkeit zu einer Gruppe eine Form von Bündnis gegen andere und deswegen nicht redlich.

Dennoch bin ich der Ansicht, dass die Mitgliedschaft in einer diktaturstützenden Partei allein (denn so weit wollen wir mit unserer Analyse wohl nicht gehen, dass wir auch demokratische Parteien in diesem Sinne in Frage zu stellen; – obwohl sich auch dieses als lohnend herausstellen könnte), zwar alles andere als ehrenvoll, doch keinesfalls per se kriminell ist.

Es waren bereits zu viele Todfeinde von Diktaturen zunächst selbst begeisterte Mitglieder von totalitären Organisationen, als dass wir pauschal den Stab über sie brechen könnten. – Leider. Vieles wäre sonst einfacher.
Anchen
schrieb am 22.02.2010, 22:46 Uhr


@Johann

Johann schrieb:
@Anchen
Ob Wagner mehr oder weniger Dreck am Stecken hat wie Grosz, wissen wir einfach nicht.

Huch- woher weisst du das ich mitlese ?
seberg
schrieb am 22.02.2010, 23:14 Uhr (am 22.02.2010, 23:20 Uhr geändert).
Zitat Johann: „Schlesak, der selber Parteimitglied war, hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die größere Saurerei den Parteimitgliedern anzulasten ist. Diese traten in der Regel freiwillig einer Verbrecherorganisation bei, während die Spitzel in der Regel gezwungen wurden“.

Kann es sein Johann, dass du sehr großzügig mit der Wahrheit und den Tatsachen umgehst beim Interpretieren von Schlesak? Woher weißt du eigentlich, was niemand wissen kann und Schlesak auch nirgends sagt: dass nämlich die Parteimitglieder „in der Regel freiwillig einer Verbrecherorganisation“ beitraten? Dass also mit ihrem Parteieintritt die allermeisten (Regel!) auf skrupellose Art und ganz bewusst Verbrechen befürworteten?

Das hört sich wissenschaftlich gesichert und gesetzmäßig an, solche Statistiken aber gibt es nicht und kann es auch nicht geben. Du wirfst damit Gesinnungsnebelkerzen unter dem Deckmantel genauen Wissens! Das machst du immer wieder, ob bewusst oder nicht.

Man kann im Gegenteil annehmen, dass der Eintritt in die Partei – ganz im Gegensatz zum Eintritt in den IM-Verräterdienst – auch gewissenhaft und gutgläubig erfolgen konnte und möglicherweise auch sehr oft auch so erfolgte (so wie Karin Decker das auch andeutet).

Genau das jedenfalls nimmt ja Schlesak (wie z.B. auch Schlattner und Wagner) für sich – und für mich glaubhaft – in Anspruch. Du aber drehst ihm seine Worte für deine Zwecke im Mund herum...
Und du willst Wissenschaftler sein?
Lavinia
schrieb am 22.02.2010, 23:30 Uhr (am 22.02.2010, 23:32 Uhr geändert).
@ Johann, zu dem Punkt der Millionen Opfer:
Ja, das fein-säuberliche Trennen in Gut und Böse, ins Kröpfchen oder ins Töpfchen, das kennen wir aus dem Märchen. Dem bin ich allerdings entwachsen, Johannes. Für mich gibt es keine Millionen Opfer, sondern Millionen Erwachsene, die Verantwortung trugen. Auch wenn das keinem gefallen sollte. Wenn ich diese Millionen heute ihrer Verantwortung für ihr (Mit)Tun entbinde, entscheide ich mich dafür, sie ihrer Verantwortung zu entbinden, entscheide ich mich dafür, sie als unmündige Bürger zu behandeln, als machtlose Statisten, ohne jeden Einfluss. Und damit entscheide ich mich dafür, dass es wieder geschehen kann. Denn die Millionen lernen, sie können nichts dagegen tun. Nein, Johannes, jeder dieser Millionen hat damals eine Entscheidung getroffen, genauso wie jeder der Millionen jetzt eine Entscheidung für sich trifft, angesichts dessen, was heute vor sich geht. Die Entscheidung war oft die, sich unauffällig zu verhalten, sich "zu arrangieren", Die Mitgliedschaft in der Partei war oft gerade auch so ein "Arrangement". Nein, Parteimitgliedschaft macht einen nicht a priori zum Schurken. Niemand, Johannes, außer wenigen Ausnahmen, zu denen ich Herta Müller zähle, kann sich zu den Nur-Opfern zählen. Zu viele schauten weg, ließen es geschehen, arrangierten sich, je nach "Niveau"...Und das System brauchte sie alle, um zu funktionieren. Meine Meinung.
getkiss
schrieb am 22.02.2010, 23:44 Uhr (am 22.02.2010, 23:48 Uhr geändert).
@Lavinia:"Warum hat er aber auch nicht dafür gesorgt, dass er zumindest was Anrüchiges über diese Bösen, Bösen in der Hand hat...Und warum besorgen die Bösen, Bösen das nicht auch noch selber...gell, getkiss?!
Ich schlage vor, wir sammeln für ihn, getkiss."

Nun, was Sie hier unterstellen ist reiner Schmarren.
Ich habe hier niemanden als "böse" dargestellt.
Nur dass man nicht mit 2 Maß messen darf.

Es geht mir nicht über die Mitgliedschaft von Wagner in der KP, oder um das relativieren von Taten der Spitzeln.
Ich möchte nur konkret wissen, was er als KP Mitglied bei der NBZ so getan hat.
Und zwar nicht von Ihm (weil das mindestens subjektiv ist, wenn nicht schöngefärbt), sondern von objektiver Recherche dritter. Das er als KP-Mitglied im ideologischen Bereich arbeitete(das hat "die Partei" wohl so gesehen) ist doch unbestreitbar. Und das die Parteiideologie die Intellektuellen als "Transmissionsriemen" sah, auch.
Also, tun Sie nicht so, als ob es nicht klar wäre.

Und wenn Sie für jemanden karitativ tätig sein wollen, tun Sie das ruhig. Ich mache es auf meine weise, für Leute die es wirklich nötig haben.

Denn der Grund für Ihre "Besorgnis" ist bekannt. "Nur nicht die Rückkehr der "heiligen Johanna der Dissidenten" ins Paradies erwähnen..."Die selbst ja nur ein klärendes Wörtchen vermissen lässt: ist doch eh Wurscht...
Muss Sie ja nicht. Nur die Schwebe der Antwort wirft halt Fragen auf.

Sogar bankban selbst wirft ja die Frage der "Kampagne" auf.
Ich habe den Verdacht, der Gruppe geht es nicht (nur) um Aufklärung.
Wie Herbstritt darlegte, geht eine juristische Aufarbeitung nicht (mehr).Dass man sich für das erlittene irgendwie Rächen möchte, ist nur allzu menschlich...
Das könnte auch ein Grund für die "Terminierungen" sein. Einzeln kann man die Täter "richtiger Fertigmachen".
Nur vergisst man dabei das Image des "Wolfsrudels"....das dabei aufscheint.

Wie schon Schlesak schrieb, die richtigen kriminellen wären wo anders zu Suchen. Auch nicht in den Reihen der "ideologischen Werkzeuge".
Weiter oben.
Den erst diese können wirklich nicht sagen: "wir wussten nicht was wir tun". Die Gefängnisse, die Folter, der Kanal, die Verschleppungen waren geplant.
Generalstabsmäßig. Nicht weniger generalstabsmäßig als unter Stalin oder Hitler.
Da war natürlich ein Pacepa "der Verräter"....
bankban
schrieb am 23.02.2010, 08:40 Uhr (am 23.02.2010, 08:59 Uhr geändert).
@ Decker: "halte ich die Vorgehensweise von Herta Müller und Richard Wagner, die Katzen einzeln aus dem Sack zu lassen, für die einzig wirksame Methode. [...] Die ständige Angst, die diese Leute in Rumänien zu inszenieren wussten, möge lange über ihren Köpfen schweben"

Ziemlich alttestamentarisch, die Einstellung, fast wie eine Verwünschung. Hätte von Ihnen mehr Weisheit und Milde erwartet. Sollen wir denn noch in 50 Jahren den dann ca. 95 Jahre alten Wagner ertragen müssen wie er alle sechs Monate jemanden entlarvt?

Bitte, keine Missverständnisse: dass die Spitzel benannt werden, finde ich gut. Doch die Vorgehensweise finde ich schändlich, unprofessionell und denunziatorisch. Entweder man packt heute alles auf den Tisch, was man weiss und tut es nicht scheibchenweise oder wartet noch 30 Jahre bis man langsam alle Infos zusammenhat und packt sie dann aus. Der achso wertkonservative Wagner aber, der doch so gerne gegen den "Ausverkauf unserer Werte" anschreibt, agiert genauso wie die übrigen von ihm gerne als verkommen beschriebenen Medien bzw. Gesellschaft: jagt alle paar Wochen eine neue Sau durchs Dorf usw. Dieses ständige Weiden im erlittenen Unrecht lässt langsam das Gefühl entstehen, es ginge ihm um Aufmerksamkeit. Zudem scheint Wagner gar nicht zu merken, dass er selbst zu einem nachträglichen Instrument der Securitate geworden ist, indem er uns häppchenweise die Täter präsentiert so wie er selbst die Informationen ebenfalls bekommt. Zudem ist die ganze Präsentation völlig unprofessionell und unsachgemäß, denn und wenn diese Quellen nicht in den biografischen, gesellschaftlichen, mentalitätsmäßigen, mikro- und makropolitischen Kontext eingebettet werden. Ergo: Das Denunzieren der Denunzianten in dieser Form gebiert neues Denunziantentum.

In der Tat wäre es wohl das Beste, wenn (wie von getkiss vorgeschlagen) irgendein Institut ein groß angelegtes Forschungsprojekt beantragen würde. Es müsste (mit rumänischer Unterstützung, unter Einbeziehung der CNSAS und der rumänischen Forscher) eine international besetzte AG gegründet werden, die die ganzen Verwicklungen nicht nur der deutschen, sondern auch der rumänischen und ungarischen Intellektuellen aufdeckt. Der von Johann vor ein paar Tagen gesetzte Link zu der eher fehlgeschlagenen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit des BdV zeigt, dass man damit weder eine (junge, unerfahrene) Person noch nur einen einzelnen Forscher beauftragen sollte. Daher wäre eine Gruppe sinnvoll, deren Mitglieder aus verschiedenen Ländern kommen, mehrere Sprachen sprechen und lesen, gut vernetzt sind, und in die damaligen Vorgänge weder biografisch noch professionell involviert sein können.
Johann
schrieb am 23.02.2010, 09:05 Uhr (am 23.02.2010, 10:10 Uhr geändert).
@seberg
Wenn jemand hier anderen die Worte im Mund verdreht, dann bist du das, dafür bist du ja auch beruflich bestens qualifiziert.

Wo habe ich denn bestritten, dass man nicht gutgläubig in die Partei eintreten konnte?
Schlesak nehme ich dies auch ab, er ist in den 50gern beigetreten, Wagner aber erst in den 70gern. Nach dem Niederschlag des Prager Frühling hat kaum jemand (Ausnahmen dumme und weltfremde!) an die Reformierbarkeit dieses Verbrechersystems geglaubt.
Auch Parteisekretäre wurden nicht mehr ernst genommen, wenn sie an den Schmarrn glaubten, denn sie in den Versammlungen verzapften.

@Lawinia

Wieso wollen Sie unbedingt Meinungsverschiedenheiten zwischen uns aufbauen, wo es keine gibt?

Ich habe doch ausdrücklich gesagt, dass auch die Millionen, zu denen ich übrigens auch gehöre, kein reines Gewissen haben können.

Ich errinere mich, dass Sie sich wiederholt darüber beschwerten, dass andere mit Ihrem Namen Schindluder betrieben. Wie wäre es, wenn Sie dies mit meinem Namen unterlassen würden?
Wenn Sie dann noch zu einem distanzierten, gepflegten Diskurs fähig wären (z.B. ohne mich zu duzen), dann könnten wir ja auch wieder Argumente austauschen.

@bankban
Deine Überlegungen kann ich nur unterstützen!
Grosz hat Recht, was Wagner und co veranstalten, ist ein "stalinistischer Prozeß". Es trifft mit Grosz und Söllner, wie es aussieht (auf diese Einschränkung lege ich wert) zwar die Richtigen.


Ein fairer, rechtsstaatlicher Prozeß würde zig Leute jahrelang beschäftigen, um nur Grosz-Schuld herauszuarbeiten.

Wagner fehlen diesbezüglich jede berufliche Qualifikation (weder Jurist noch Historiker), ja nicht einmal die Zeit für die Lektüre der Kilometer langen Akten nimmt er sich, weil er mindestens ein Jahrzehnt dafür brauchen würde!

Daher glaube ich, dass es Wagner weder an Moral noch Wahrheit interessiert ist, wie er stetts angibt, sondern an anscheinend nur an Cahs und Rache.


P.S. Ich habe folgende Mail erhalten:
"Ein "stalinistischer Prozess" sähe aber dann doch anders aus, meinste nicht? - Prügel bis zur Ohnmacht, keine Möglichkeit der Verteidigung, der Widerrede, dafür vorgeschriebener Prozessablauf, Eingeständnis von erfundenen Ereignissen usw..."

Diese Einschränkung kann ich voll unterstützen.
Es ist also doch nur ein Hauch davon, aber viele Methoden kommen doch zum Zug.

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