Lyrik - wenn Emotionen sich zum Wort melden

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Nimrod
schrieb am 02.09.2023, 11:03 Uhr (am 02.09.2023, 11:06 Uhr geändert).
Lieber Kurt – Das Forum hier ist für mich vergleichbar mit dem Weltall. Du bist die Sonne, die fast täglich über uns strahlt. Mit deinen vielen „KuBi-kmetern“ an sprühender Phantasie erfüllst du im Thema „Lachen uch Nodinken“ den ganzen Raum und neben dir verblasst alles, fast bis zu Unsichtbarkeit. Die vielen Themen im gesamten Forum sind wie die verschiedenen Galaxien, von denen wir meistens nur sehr wenig sehen. An manchen Tagen bist aber auch du hinter Wolken verborgen und wir müssen wieder auf einen wolkenfreien Tag warten um dich zu sehen. Manche Teilnehmer im Forum sind wie die immer wiederkehrenden Kometen. Nur hier sind die Momente, an denen sie sich sehen lassen nicht berechenbar. Aber ab und zu treten sie dann gehäuft auf. Schade daß die Abstände ihres „Aufleuchtens“ so groß sind und immer größer werden. Kritisch wird es immer wieder, wenn sich manche unserer Kometen in ihrer Umlaufbahn sehr nahe kommen. Da muß man dann immer das Schlimmste, eine Kollision, befürchten. Da es jetzt wieder auf das Jahresende zu geht, dadurch die Tage kürzer und die Nächte länger werden, hoffe ich, daß wir den Sternenhimmel wieder eingehender und länger beobachten können. Vielleicht sehen wir manche Sterne und Kometen wieder etwas deutlicher, vielleicht dringt auch das Licht noch unentdeckter Sterne zu uns und überrascht uns mit ihrer Ausstrahlung. Dann dürfen wir auch im Alter wieder fragen: Weißt du wie viel Sternlein stehen, an dem blauen Himmelszelt ?
Kurt Binder
schrieb am 04.09.2023, 10:15 Uhr
Hallo, Nimrod,

den Vergleich unsres Forums mit dem Universum – eine köstliche Parabel, finde ich sehr amüsant und zum großen Teil zutreffend. Es juckt mich jedoch, natürlich ganz im Sinne Deiner Darstellung einen klitzekleinen Punkt, astronomisch konsequent etwas zu entschärfen ;-)) :

Zeigt die Sonne sich im Ganzen,
manchmal mit Protuberanzen,
hat sie dennoch auch mal Flecken,
oder will sich - ganz verstecken,
denn auch Sonnen sind nur Menschen -
(hier fehlt mir ein Reim auf –enschen)
Nimrod
schrieb am 04.09.2023, 13:01 Uhr (am 04.09.2023, 13:03 Uhr geändert).
Kurt ich helfe dir bei diesem Problem:

Denn auch Sonnen sind nur Leute,
so, das war es dann für heute !

Dann bis zur nächsten "Sonnen-Eruption" - Gruß Nimrod
Kurt Binder
schrieb am 05.09.2023, 08:46 Uhr
Lebensabend

Es ist die Wärme des Bewusstseins, mit meinen Mitmenschen in Frieden und Eintracht zu leben.

Es ist die Wärme der Zufriedenheit, mich ruhigen Gewissens nach den Mühen arbeitsreicher Jahrzehnte ausruhen zu dürfen.

Es ist die Wärme der Geborgenheit in meiner Familie, in der ich meinen Lebensabend verbringe..

Es ist die Wärme, die ich aus der Hoffnung schöpfe, in meinem Leben alles richtig gemacht zu haben.

Es ist die Wärme meines Selbstvertrauens, der Gewissheit, mich nie in mir getäuscht zu haben.

Es ist die Wärme des Abendwindes, welcher mir all diese Empfindungen zugetragen hat.
Kurt Binder
schrieb am 24.09.2023, 15:59 Uhr
Poesie im Rückblick

Es waren die kleinen Dinge,
die unser Leben lebenswert machten,
die uns die Augen öffneten,
unsre Seelen weiteten -
die uns die Fähigkeit verliehen,
das verborgene Sein
zu entdecken, es wahrzunehmen,
es zu schätzem - es zu lieben.

Es waren nicht die Fünf Sterne,
die über ‚All included’ kreisten;
nicht das Traumschiff,
das einen in die charmante Exotik entführt,
wo von Hunger geschwächte Gestalten
einen wie Götter betrachten,
und für ein Butterbrot tanzend
Lebensfreude und Glück vortäuschen,

Nein - es war das Speckbrot,
die Gurke, der Gogoschar und die Paradeis,
die uns aus der Futterdose anlachten,
und die wir nach zünftigem Wandern,
auf einem gefälltem Baum hockend
und durch die Wipfel in die Sonne blinzelnd,
mit wohlverdientem Appetit
genüsslich verspeisten.

Und es war das Gipfelkreuz
auf einer erklommenen Bergspitze,
an das wir dankend unsre Hände legten,
und das Glücksempfinden,
das uns dabei durchströmte,
andächtig genossen -
jedesmal ein Moment der Ehrlichkeit,
von uns selbst bestätigt.

So war es eben,
unser wunderbares Leben.
Kurt Binder
schrieb am 26.09.2023, 13:54 Uhr
Die etwas andre Lyrik

Tages-Höhenflüge

Es gibt nichts Schöneres,
als in der Morgenfrische
unter blauem Himmel,
bei aufgehender Sonne
die geleerte Mülltonne
von der Straße hereinzuholen!

Es gibt nichts Schöneres,
als Mittags im Küchensmog
am gedeckten Tisch,
mit einem Glas Rotwein
ein halbtotes Medium-Steak
mit hörbarem Appetit zu mampfen!

Es gibt nichts Schöneres,
als Abends im Postersessel
vor dem Fernseher,
mit drei Sorten Kartoffelchips,
sich einen klassischen Zombie-Schocker
unter die Gänsehaut gehen zu lassen!
Kurt Binder
schrieb am 29.09.2023, 11:05 Uhr
Nostalgie

Blau und Rot -
Hängepetunien
vor meinen Augen,
von Hummeln umschwärmt.

Blau und Rot -
Treue und Blut,
Symbole eines uralten Bündnisses -
die Farben meines Volkes.

Blau und Rot -
was ist bis heute anders geworden?
50 Jahre Bundesrepublik
haben mein Herz nicht verändert.
Kurt Binder
schrieb am 03.10.2023, 07:31 Uhr
Zum Tag der Deutschen Einheit

BeWandtnis
Gewissenskonflikt eines Machwerks

Es stand einst eine starrsinnige Wand,
die seit Jahrzehnten stur und unverwandt
das frisch erblühte, stolze, junge Hüben
gar wehrhaft trennte von dem Feind des Drüben.

Doch sieh, das Hüben, es begann zu darben,
und als infolgedessen Menschen starben,
ermordet von den Hütern dieser Übeln -
da kam die sture Wand alsbald ins Grübeln.

Denn statt all den verheißenen Genüssen,
erzitterte die Luft von Todesschüssen,
die Menschen, die an Glück in Freiheit glaubten,
feig hinterrücks ihr junges Leben raubten.

Und als sie sich als Trennsymbol erkannt,
in Selbstgefälligkeit total verrannt,
bemerkte sie, dass sie bis heut verstört
getrennt hat, was zusammen doch gehört.

Nun ward sie zwar des Trennens überdrüssig,
doch ohne Trennbestimmung überflüssig,
denn wollte sie als Wand so fortbestehn,
dann musste ja das Trennen weitergehn.

Lehnt sie jedoch das Trennen künftig ab,
bedeutet das für sie das Trümmergrab.
Und schwer bedrängt’ das innere Zerwürfnis
ihr dennoch starkes Existenzbedürfnis.

Doch als das Hüben immer mächt’ger grollte,
weil es partout zum besser'n Drüben wollte,
und Mauerspechte flink die Wand erklommen -
ward die Entscheidung ihr jetzt abgenommen.

Denn hämmernd schlug die Logik der Geschichte
die merkwürdige Illusion zunichte,
man könne hinter Stacheldraht und Mauern
ein Leben lang - in Freiheit überdauern!

So definiert sich jene Konstruktion
per se als zynisches Paradoxon.

Kurt Binder
schrieb am 20.10.2023, 07:35 Uhr
Die etwas zynische Lyrik

Ein Datum in Nöten

Ein Datum nahm mit Schrecken wahr,
dass es längst abgelaufen war,
und das bereits seit einem Jahr –
doch war ihm solches nicht ganz klar,
weil ja ein Datum ungebunden
meist dauert 24 Stunden.
Denn danach, das weiß jedermann,
steht schon das nächste Datum an.
Doch da es sich ja selber sah,
war es mit Sicherheit noch da!

Das war es, was es irritierte,
dass es ja dennoch existierte,
obwohl es ja vor einem Jahr,
wie schon erwähnt – verfallen war.

Gleichzeitig sein und nicht mehr sein -
das leuchtete ihm gar nicht ein,
denn das ergibt, fürchtet es schon,
ja ein Raum-Zeit-Paradoxon.

Den Käs jedoch, den dies betraf,
störts nicht in seinem Fäulnisschlaf.
Sein Duften ging in Stinken über,
und bald darauf war er hinüber,
und landete zu seiner Wonne
im duften Mief der Restmülltonne,
in der bereits seit einem Tag
das abgelauf’ne Datum lag.

So kuschelt hier, teils unversehrt,
zusammen, was zusamm’ gehört -
bis dass das Schicksal sie beneidet,
und d’nächste Leerung - wieder scheidet.
Kurt Binder
schrieb am 03.11.2023, 10:26 Uhr
Liebesflehen

Als ich Dich sah, wars mit mir aus –
ich eilte stante ped’ nachhaus,
ergriff den Griffel und Papier,
und schreibe da- und hiermit Dir.

Wenn ich gedanklich an Dich denke,
und meinen Gang schnell Dirwärts schwenke,
entbrennt, was glimmt gar schnell zum Feuer -
das ist mir selber nicht geheuer.

So wag ich’s, schüchtern Dich zu fragen:
“Oh, süße Maid, soll’n wir es wagen,
uns treu auf allen Lebenswegen
in Liebe stets zusammzulegen,
um so die vielen guten Sachen
wie andre auch, zu zweit zu machen?“

“Genug!“, ertönts hier ziemlich harsch,
“und stecken Sie sich“, meint sehr barsch
der Redakteur, „Ihr Sex-Gewimmer
und Liebesjaul’n wohin auch immer -
lass, Mann genug sein, das grausame Spiel,
denn davon hör ich viel zu viel!“

Und wirft dem flüchtend Dichter-Tropf
sein neues Smartphone an den Kopf.
Kurt Binder
schrieb am 09.11.2023, 11:49 Uhr
Korkenzieher – Saga

Ein Korkenzieher, klug gehändelt,
ward stets von links nach rechts gewendelt,
um so, wenn auch mit ein’gen Mühen,
den Korken aus der Flasch’ zu ziehen.

Dies war nicht leicht – der Kork saß fest,
doch gab er immerhin sein Best’,
damit, gemäß der Kehle Willen
ein Durstiger den Durst konnt’ stillen.

Dies aber ward dem KoZieh Leid;
er meint’, dass er im Lauf der Zeit
in dieser lebenswicht’gen Riege
bald drehbedingt den Drehwurm kriege!

Und um sein Sein zu renovieren,
begann er gleich zu protestieren,
erst schüchtern, doch dann ziemlich keck,
für einen neuen Lebenszweck,
und zwar, zu seinem Wohlergehen
sich auch mal - andersrum zu drehen!

Das Korkenzieher-Ministerium
beanstandete sein Kriterium:
Wo bliebe dann – er wisse schon,
die Korkenzieher-Tradition?
Wo er doch, nach der Kork-Zieh-Lehre,
als Spiegelbild – nur’n Trugbild wäre!

Wollt’ er das wirklich so riskieren -
und als Rechts-Links-Nix existieren?
Anstatt als Links-Rechts zu brillieren,
sich als Rechts-Links selbst zu negieren?

Der Korkenzieher kam ins Grübeln -
so wollen wir’s ihm nicht verübeln,
dass er zuletzt, das heißt am Ende,
der Wucht der Gegenargumente
erlag, und weiterhin bis künftig
(was sozusagen sehr vernünftig)
die Korken rauszog, dass es schwappt,
von links nach rechts - so wie gehabt.

So blieb er, ohn’ Erfolgsgewieher
ein klassischer Star-Korkenzieher.
Kurt Binder
schrieb am 15.11.2023, 13:16 Uhr
Dichterlos

Bedrückend, düster schleiern die Nebel,
durch die er wie in einem Alptraum irrt,
von Panik gejagt, als Freiwild gehetzt
durch den Bannwald der eigenen Ideen -
das Licht suchend.

Gespenstisch winken Zweige und Äste,
symbolhaft wie Fingerzeige, die höhnisch
auf seine Unvollkommenheit weisen.

Davon erst wachgerüttelt,
ward plötzlich er vom Wunsch beseelt,
sich frank und frei mitzuteilen,
und nicht aus alldem Geschehen
das Edle nur herauszuschälen,
das Böse ignorierend,
als gäbe es dieses nicht!

Und der Anspruch an sich selbst,
an sein ästhetisches Empfinden
und im steten Einklang mit seiner Seele,
vom Göttlichen, wie auch vom Diabolischen
freimütig zu berichten -
ward seine Religion!

Befreit, zum Himmel hoch jauchzend
betritt ein Freigeist das Licht ...
Kurt Binder
schrieb am 01.12.2023, 06:45 Uhr
Sein letzter Fall

Als Sherlock Holmes, die Supernase,
durchschritt des Lebens letzte Phase,
kam er, wie jeder brave Mann,
auch an der Himmelspforte an.

Hier wacht über die Chef - Etage
der wackre Petrus (ohne Gage).
Der prüfte erstmal ganz konkret
des Ankömmlings Identität.

Doch Sherlock hatte keinerlei
Ausweispapiere mit dabei,
nicht Führerschein, nicht MasterCard -
vergebens schien die Himmelsfahrt.

Da lenkte Petrus schmunzelnd ein,
er ließe Sherlock schon herein,
wenn er beweisen könnt, dass er
auch wirklich der wär, der er wär.

Wenn er nur binnen zweier Stunden
den Adam hätt herausgefunden,
bekäme er als Würdigung
die Aufenthaltsgenehmigung.

Bevor Holmes sich davonbewegte,
stand er kurz da und überlegte;
dann trat er ruhig in den Himmel
und mischte sich in das Gewimmel.

Die Frist war lange nicht zu Ende,
da löste sich, flott und behende,
aus dem enormen Seelenschwarm
der Holmes - mit Adam unterm Arm,
und stellte diesen ohne Worte
vor Petrus an der Himmelspforte.

„Wie hast du“, fragte der gespannt,
„den Urpapa so schnell erkannt,
so zwischen Platon, Kant und Engels,
und all den vielen andern Bengels -
und unter Jakob, Kain und Abel?“
„Nun, Adam hatte - keinen Nabel!“

So mauserte auf dieser Tour
sein letzter Fall sich zur Bravour.

Kurt Binder
schrieb am 08.12.2023, 07:07 Uhr
Im steten Wandel

Ein Ast fällt zu Boden,
lebendig vom Stamm amputiert -
schrill kreischt die Säge
den Totengesang.
Teilmanslos, versteinert
das Gesicht des Schnitters,
dem dieses ergebene Sterben
gängiger Alltag ist.

Verhäckselt, verstreut,
vergessen versinkt der Ast
in der Bedeutungslosigkeit,
als sei er nie gewesen.
Doch blühend strebte er einst
dem Himmel entgegen,
geschmückt mit saftigen,
duftenden Früchten.

Und heiß wird mir gewahr:
Auch ich bin ein Ast
am starken Stamm der Familie,
der seinen Lebenszwek,
Früchte reifen zu lassen,
zur Genüge erfüllt hat -
der nun, der ewigen Zeit leibeigen,
dem Schnitter gelassen entgegensieht.

Ein Rückblick,
der mir die Vorausschau
erträglich macht.
Kurt Binder
schrieb am 21.12.2023, 06:45 Uhr
Stille Nacht?

Ist es der Welten Leid,
das mir verwehrt,
mich am Licht zu erfreuen?

Wenn unschuldige Menschen,
die das Gestern überlebt haben,
und hoffnungslos für das Heute kämpfen,
um ihr Morgen bangen -
und ein Übermorgen Illusion ist?

Wenn die hohe Anzahl der Kriegsopfer
als Erfolg gefeiert wird?
Wenn der stumme Schrei
tausender gemordeter Menschen
unser Gewissen gleichgültig läßt?

Wenn sich Feuer und Wasser
vom Segen in Fluch gewandelt haben,
und wenn der Dunkle Dämon des Grauens
jegliches Licht im Keim erstickt -
wie darf Kaviar uns dann noch munden?

Es ist diese bange Frage,
die mich bewegt:
Was ist ein Gott, der alldas duldet?

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