30. Dezember 2019

Wie das Internet die Zivilgesellschaft verändert hat

Bereits zum zwölften Mal fand im Heiligenhof in Bad Kissingen das Internetseminar der ehrenamtlich tätigen Medienreferenten aus den verschiedenen landsmannschaftlichen Verbands- und Kultureinrichtungen statt. Das Thema lautete dieses Mal „Internet und Zivilgesellschaft“. Veranstaltet wurde das Seminar von der „Akademie Mitteleuropa“ und dem Online-Referat des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland mit finanzieller Unterstützung durch das Haus des Deutschen Ostens München.
Eine Einführung in das Seminarthema „Internet und Zivilgesellschaft“ gab Gunther Krauss am Freitagabend, dem 29. November 2019. Gesellschaftliche Veränderungen wurden im Lauf der Geschichte immer wieder durch neue Medien beschleunigt, etwa durch den Buchdruck und das Fernsehen. Das Internet erfuhr seinerseits in den vergangenen 50 Jahren eine rasante Entwicklung. Die vor 30 Jahren entwickelte Auszeichnungssprache HTML ermöglichte den Aufbau des World Wide Web (WWW) mit immer neuen Möglichkeiten der Vernetzung, die vorher utopisch erschienen. Doch mittlerweile läuft das Internet Gefahr, zwischen sozialen Netzwerken und Plattformökonomie zur Dystopie zu werden.

Damit Geräte und Programme via Internet Daten austauschen können, müssen sie sich an Standards halten. Wie wichtig es für die Entwicklung des Internets und des World Wide Webs war, dass diese Standards offen waren und von jedem eingesehen und angewendet werden konnten, legte Gunther Krauss in einem Vortrag am Samstagmorgen dar. Ein solcher offener Standard ist zum Beispiel das Domain Name System (DNS), das Domains in IP-Adressen übersetzt. Im Laufe der Zeit haben aber auch immer wieder Konzerne wie Microsoft oder Google mit proprietären Standards ihr eigenes Süppchen gekocht.
Beim zwölften Internetseminar in Bad Kissingen ...
Beim zwölften Internetseminar in Bad Kissingen wurde das Thema „Internet und Zivilgesellschaft“ erörtert.
Nicht nur US-Präsident Donald Trump, sondern auch der Opposition in Rumänien ist es gelungen, Gleichgesinnte durch Kampagnen im Netz zu mobilisieren. Auf diesen Themenkomplex ging der Onlinereferent des Verbandes der Siebenbürger Sachsen Robert Sonnleitner ein. Dabei stellte er auch die Aktivitäten des Online-Referats des Verbandes auf Siebenbuerger.de und in den sozialen Medien vor. Des Weiteren gab er Tipps, worauf man bei einer Kampagne achten und wie man Social-Media-Beiträge gestalten sollte, die von möglichst vielen Fans und Followern geteilt werden und viral gehen.

Wie man Kindern den spielerischen Umgang mit Robotern beibringt, zeigte Elfriede Ludwig, Leiterin Digitale Dienste der Stadtbücherei Frankfurt am Main. Neben Vorführungen mit dem Roboterarm Dobot bietet die Bücherei auch Begegnungen mit dem humanoiden Roboter Nao, der in Frankfurt auf den Namen Ada (nach der ersten Programmiererin Ada Lovelace) hört. Zur Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz des Roboters wurde an der Volkshochschule ein Programmierkurs eingerichtet. Leider kam Ada nicht persönlich in den Heiligenhof vorbei. Es wäre bestimmt ein toller Höhepunkt geworden.

Bei den politischen Auseinandersetzungen in Rumänien spielen die sozialen Medien eine herausragende Rolle. Die Bürgerproteste der letzten Jahre organisierten sich dabei unter anderem unter Hashtags wie #rezist und führten auch zur Gründung der USR (Uniunea Salvați România), einer bürgerlichen Partei, die mittlerweile bei den Wahlen recht erfolgreich ist. Cătălin Mureșan, der an der Gründung der Hermannstädter Filiale der USR beteiligt war, bot in seinem Vortrag einen Einblick in die Entwicklung der politischen Landschaft in Rumänien. Die USR werde, im Gegensatz zur postkommunistischen PSD, vor allem von Wählern mit hoher Internet- und Facebook-Affinität gewählt.

Nicht nur die rumänische Gesellschaft, sondern auch die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft hat sich durch die Vernetzung via Internet verändert. Anhand von praktischen Beispielen zeigte Hans-Detlev Buchner, dass heutzutage vieles möglich sei, was vor einigen Jahren noch als Utopie (da ist sie wieder!) erschien. Die Live-Übertragungen des Sachsentreffen 2017 in Hermannstadt zum Beispiel, die via Facebook ein breites Publikum erreichten, wären ohne die neuen Technologien nicht realisierbar gewesen. Die junge Generation der Siebenbürger Sachsen erreicht man heute jedenfalls am besten übers Internet.

Im Internet und insbesondere in den sozialen Medien werden Texte, Musik, Bilder trotz Urheberrechtsschutz kopiert, geteilt und großen Nutzergruppen zugänglich gemacht. Um dem entgegenzuwirken, hat das Europaparlament eine neue EU-Urheberrechtsrichtlinie beschlossen, die allerdings einen Upload-Filter erfordert, der programmiertechnisch nicht umsetzbar ist. Neben diesem, im Laufe des Jahres 2019 kontrovers diskutierten Thema, präsentierte Günther Melzer in seinem Vortrag noch etliche weitere Fakten und Kuriositäten des Urheberrechts.

Einen Überblick über die Initiativen im Fremdrentenrecht bot Herta Daniel, Ehrenvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Im Besonderen ging sie auf die Resolution der Landsmannschaft der Banater Schwaben, der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland und des Verbandes der Siebenbürger Sachsen zur Beendigung der Spätaussiedlerbenachteiligung im Rentenrecht ein, die von einer Unterschriftensammlung begleitet wurde. Neben den herkömmlichen Unterschriftenlisten gab es auch online auf Siebenbuerger.de die Möglichkeit, die Resolution mit einer Unterschrift pro Mailadresse zu unterstützen. Obwohl über 7.000 Online- und 30.000 Offline-Unterschriften gesammelt wurden, zeigte sich Frau Daniel enttäuscht über die eher geringe Mobilisierung der Jugend.

Über die Umweltzerstörung in Rumänien sowie den Protest dagegen wusste der Umweltaktivist Hans Hedrich aus „dem dreisprachigen Schäßburg/Sighișoara/Segesvár“ (Zitat Hans Hedrich) einiges zu erzählen. Ereignisse wie das Goldprojekt in Roșia Montană und die Sondierungen für die Schiefergasförderung in Meschen (Moșna) und Pungești haben starke Proteste provoziert und zur Entstehung einer gut vernetzten Umweltschutzbewegung geführt. Zurzeit richten sich die Proteste vor allem gegen die illegale Abholzung der Wälder. Hedrich veröffentlicht seine Aktivitäten, Recherchen und Standpunkte im Blog www.neuerweg.ro.

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch das mittlerweile traditionelle Mitternachtsbüfett mit siebenbürgischen Spezialitäten. Zum ersten Mal wurde bei diesem Seminar mit Rainer Lehni ein Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen als Teilnehmer begrüßt, der aber auch schon vor seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden des Öfteren am Seminar teilgenommen hat. Erstmalig war aber die Ehrenvorsitzende Herta Daniel als Referentin dabei.

Eine weitere Premiere: Die Vorträge der vier Gastreferenten Elfriede Ludwig, Cătălin Mureșan, Herta Daniel und Hans Hedrich können Sie auf YouTube unter https://www.youtube.com/SiebenbuergerDE ansehen. Dem Video des Vortrags von Herta Daniel zum Thema Fremdrente wäre übrigens eine weite Verbreitung im Kreis unserer Landsleute zu wünschen.

hdb

Bildergalerie:

Zwöftes Internetseminar in Bad Kissingen

Schlagwörter: Internetseminar, Verband, Rente, Social Media, Zivilgesellschaft, Datenschutz, Webseite, Video, Internetseminar, Siebenbuerger.de, Bad Kissingen, Heiligenhof, Online-Referat, Digitalisierung, Internet, AK Internet

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