7. Februar 2018

Landsleute in Kanada: Chor und Blaskapelle pflegen alte Traditionen

Der nachfolgende Beitrag gibt Einblick in die kulturellen Aktivitäten des Transylvania Chor Kitchener und der Transylvania Blaskapelle.

Transylvania Chor Kitchener

Der Chor des Transylvania Clubs ist weiterhin aktiv. Zurzeit sind es etwa 40 Sängerinnen und Sänger, die montagabends zu ihren Proben antreten. Chorleiter ist Dieter Conrad, der aus dem Saarland stammt und eine Karriere als Chor- und Kapellenleiter in der kanadischen Armee und bei verschiedenen Chören absolviert hat. Am Klavier begleitet wird der Chor von Andrea von Weyhe, die über den Baltenclub zu uns gefunden hat. Obwohl die Mehrzahl der Mitglieder aus den Reihen der Transylvania-Sachsen stammt, wurden gerade in den letzten Jahren viele Mitglieder aus zwei anderen Clubs in der deutschen Gemeinde von Kitchener Waterloo angeworben, die zum Teil nicht einmal deutsch sprechen, aber sich in der Sangesgemeinschaft des Chores wohlfühlen.

Der Chor singt bei allen Clubveranstaltungen, zu denen er vom Clubvorstand gebeten wird (Trachtenball, Muttertag), aber auch bei anderen Anlässen im Landkreis Waterloo, so zum Beispiel in Altenheimen, der Pilgerkirche, und am Christkindlmarkt, auch beim Heimattag, wenn er in Ontario ausgetragen wird. Durch die Mitgliedschaft im deutsch-kanadischen Sängerbund kann der Chor an Festen bei andern Chören teilnehmen, was natürlich vom Kalender und von den Reisekosten (Bustransport) abhängig ist. Einmal im Jahr veranstaltet der Chor ein Konzert, zu dem andere Chöre des Sängerbundes und unsere Schweizer Nachbarn aus nahegelegen Dörfern alle zwei Jahre eingeladen werden. Dieses Konzert wird an einem Samstagnachmittag durchgeführt als Zugeständnis für unser alterndes Publikum, das nicht in der Dunkelheit fahren kann oder will. Dem Konzert geht immer ein Schnitzelessen voran, das von Chormitgliedern und Clubhelfern unter der Leitung von Frau Hensel vorbereitet wird. Es erfreut sich großer Beliebtheit. Die einzigen Beschwerden, die in den letzten zwei Jahren geäußert wurden, waren, dass die Portion zu groß war! Anschließend gibt es zum Nachtisch zum Kaffee eine Auswahl von köstlichem Kleingebäck, das die Damen des Chors (und auch ein paar Männer) selbst backen. So etwas Leckeres kann man in keiner kanadischen Bäckerei kaufen, und das Publikum kommt auch schon deshalb.
Auftritt des Transylvania Chor Kitchener. Foto: ...
Auftritt des Transylvania Chor Kitchener. Foto: Alfred Löwrick
Dieses Jahr waren Chöre aus St. Catharines (Heidelberg-Rheingold) und Stratford (Teutonia) und auch aus Kitchener (der Männerchor und der gemischte Chor Concordia) mit dabei. Da jeder Chor sein eigenes Lieder-Repertoire hat, genoss das Publikum ein abwechslungsreiches Programm. Leider scheinen sich die jüngeren Generationen nicht zu deutschen Volks- oder Kunstliedern bzw. zur Chormusik hingezogen zu fühlen. Die Halle füllt sich dennoch. Bei vielen Liedern singt oder klatscht das Publikum mit. Die vertrauten Klänge rufen bei unserem Publikum nostalgische Erinnerungen hervor. Wenn dann zum Abschluss alle Chöre zusammen auf die Bühne treten, um gemeinsam drei Lieder zu singen, ist das wegen der über 100 Sänger ein einzigartiges Erlebnis, das man nur bei Chorfeiern erleben kann.

Der Transylvania Chor feierte dann mit vier anderen Chören das 50. Jubiläum des Teutonia Stratford Chores und nahm an einem Chorfest und Picknick in Exeter teil. Zu beiden Gelegenheiten kam man auch mit Kirchenchören in Verbindung und pflegte nicht nur die Liebe zum Gesang, sondern auch die Freundschaft und ­Kameradschaft untereinander. Es ist dieser gesellige Aspekt, der allen Chormitgliedern Motivation zum Weitermachen gibt, selbst wenn unser fortschreitendes Alter bei vielen jetzt deutliche Spuren und Herausforderungen hinterlässt.

Transylvania Blaskapelle

Die Blaskapelle des Transylvania Clubs Kitchener spielt nun schon seit 1951 in der Tradition der deutschen Dorfkapellen bei vielen Veranstaltungen in unserer Gemeinde, und einige von Ihnen werden sie auch kennen von ihren Touren, die sie in Österreich und Deutschland gemacht haben, zusammen mit der Jugendtanzgruppe. Obwohl der Kern der Kapelle, die sich schon seit Jahren als Hofbräu Kapelle bezeichnet (sicher weil sie zu verschiedenen Oktoberfest-Veranstaltungen aufspielt), noch immer aus Siebenbürger Sachsen besteht, hat sie nach einem Zusammenschluss mit der Jim Glasser/Al McTavish Lion’s Band viele Musikanten aus der Gemeinde und von benachbarten Schweizer Siedlungen erhalten, ohne die sie nun nicht mehr zu denken wäre.

Zum Höhepunkt des Jahres gibt die Kapelle alljährlich ein Blaskonzert, das immer ausverkauft ist. Seit Andrea Emrich die Leitung der Kapelle übernommen hat, hat sie für diese Konzerte recht anspruchsvolle Musik ausgewählt, die die Qualität der Aufführungen und damit den Genuss für das Publikum weiter erhöht haben. Im letzten Jahr war die Musikauswahl geprägt von Stücken, die in den Ländern ihren Ursprung hatten, durch die unsere Landsleute auf ihrer Flucht und dem Weg nach Kanada gezogen sind. Heuer waren es Stücke aus Operetten und Filmen aus dem Donautal von Russland und Ungarn bis nach Wien. Darunter waren zum Beispiel „Heimat, deine Sterne“, „Geschichten vom Wienerwald“, „Tanzen möcht ich“. Das Publikum war begeistert!

Es gab zusätzlich mehrere bemerkenswerte Ereignisse: Nach über 50 Jahren gab Mathias Wolf seinen Platz in der Kapelle auf, und nach über 30 Jahren hat auch Johann (Hans) Schmidt sein letztes Konzert gegeben. Beide wurden für ihren Einsatz geehrt. Ihren Beitrag zu unserer Kultur muss man noch mehr bewundern, wenn man bedenkt, dass beide auch weiterhin im Chor singen, soweit es ihnen physisch möglich ist. Einen besonderen Platz im Konzert hatte das Gedenken an den unvergleichlichen Leonhard Cohen mit seiner Melodie „Hallelujah”.

Am Rande sei auch bemerkt, dass unser Chormitglied und Akkordeonspieler John Kreutzer das Konzert umso mehr genoss, weil es fast seine gesamte Familie einschloss: Tochter Andrea als Leiterin, Schwiegersohn Dave als Veranstaltungsleiter (der übrigens während des Oktoberfests in der preisgekrönte Kapelle „Wildbahn“ spielt unter dem Leiter John Frim, bei der auch Mathias’ Sohn Karl, Johns Tochter Christa und Enkel Joshua mitspielen), Enkelin Katelyn als Miss Transylvania, und Enkelsöhne Thomas und Joshua in der Kapelle. Es ist bewundernswert, wie viel musikalische Begabung die Familien Kreutzer, Wolf und Schatz in das Kulturleben unseres Verbandes einbringt. Wir können für unsere Zukunft nur hoffen, dass sie Nachahmer finden, sodass diese Hingabe auch von anderen mitgetragen wird.

Die Hofbräu Kapelle wurde 2008 beim Tag der deutschen Pioniere im Kitchener Rathaus vom Deutsch-Kanadischen Kongress für ihren Beitrag zur deutschen Kultur geehrt. Ich hoffe, dass sie noch lange Jahre weiterbesteht. Die von ihnen produzierten CD’s begleiten mich auf allen langen Autofahrten.

Gerhard Griebenow

Schlagwörter: Kanada, Chor, Blaskapelle, Brauchtum, Kultur

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