24. September 2009

19. Sachsentreffen in Birthälm: "Selbstbewusstsein im Wandel"

Unter dem Motto „Selbstbewusstsein im Wandel“ fand das diesjährige Sachsentreffen am 19. September in Birthälm statt. Die Festrede hielt Dr. Harald Roth. Der siebenbürgische Historiker sprach über das Selbstbewusstsein, respektive das Selbstverständnis der Sachsen im Laufe der Jahrhunderte. Mit der Honterus-Medaille wurde der Pädagoge Friedrich Philippi insbesondere für seine Tätigkeit als Leiter der Schulkommission des Siebenbürgenforums ausgezeichnet. Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland war bei diesem 19. Sachsentreffen durch den Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius, auch Vorsitzender der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen, vertreten.
Bereits am frühen Morgen herrschte im Zentrum des ehemaligen Bischofssitzes geschäftiges Treiben. Die Handarbeitskreise der Foren und der Kirchengemeinden bauten die Stände auf, die Gäste kauften Abzeichen und Plakate. Richtig los ging es dann mit dem Festgottesdienst in der Burgkirche, die Ortspfarrer Ulf Ziegler mit einem Grußwort eröffnete. Bischof D. Dr. Christoph Klein begrüßte ebenfalls die Gäste und erklärte zum diesjährigen Motto: „Wir müssen die Veränderungen verdeutlichen“. Dann segnete er das Fest. In der Begleitung der Organistin Liv Müller sang der Petersberger Chor. In der Predigt sprach Dr. Daniel Zikeli, Stadtpfarrer in Bukarest, über die Wirtschaftskrise und die Sorgen, die das Leben der Menschen belasten. Wenn man aber Luft hole, so Zikeli, und sich auch Zeit für einen einsamen Freund oder den kranken Nachbarn nehme, könnte man auch die Sorgen einmal abschütteln. Erst in der Begegnung mit anderen merke man, dass das Leben lebenswert ist. Für diese Begegnung mit den anderen wären auch die vielen Gäste nach Birthälm gekommen. Dies in einer so großen Anzahl, dass sich die Kirche als zu klein erwies, einige keinen Sitzplatz fanden und stehen mussten.
Dr. Daniel Zikeli, Stadtpfarrer in Bukarest, ...
Dr. Daniel Zikeli, Stadtpfarrer in Bukarest, hielt die Predigt beim Festgottesdienst des 19. Sachsentreffens in Birthälm. Foto: Erhard Graeff
Nach dem Gottesdienst begrüßte Dr. Paul Jürgen Porr im Namen des für die Organisation des Birthälmer Treffens verantwortlichen Siebenbürgenforums die Gäste. Der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen erwähnte die Schwierigkeiten in diesem Jahr. Trotz finanzieller Probleme sei auch diesmal die Ausrichtung des Festes sehr gelungen. Und „trotz aller Schwierigkeiten haben die Sachsen ihr Selbstbewusstsein behalten“, so Porr. Der Abgeordnete der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament, Ovidiu Ganț, betonte: „Ich will Ihnen nicht den Tag verderben und über Politik sprechen, aber in Bukarest muss auch unsere Stimme gehört werden. Und eine Stimme muss klar und laut sagen: Niemand darf – und kann es auch nicht – uns bevormunden.“

Die rumänische Regierung war vertreten durch Dr. Zeno Pinter, der erklärte: „Unser Selbstbewusstsein darf auch in einer Zeit des Wandels nicht leiden. Kirche, Schule, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und politisches Leben, das alles führt zu einem gesunden Selbstbewusstsein.“

Der Bundes- und Föderationsvorsitzende Dr. Bernd Fabritius überbrachte die Grüße der Sachsen aus der ganzen Welt und nannte das Sachsentreffen in Birthälm einen „Höhepunkt“ der traditionellen Treffen. Auf die rhetorische Frage, ob, da die Siebenbürger Sachsen überall in der Welt verstreut lebten, nun „die ganze Welt unsere Heimat wird“, antwortete Dr. Fabritius: „Nein, ich denke, dass sich der Begriff Heimat im 21. Jahrhundert mit dem Verschwinden der Bedeutung von geographischem Raum von einer geographischen Zuordnung immer mehr zu einer Gemeinschaftszuordnung, zur Heimat in der Gemeinschaft entwickelt.“ Trotz der Diaspora ihrer Mitglieder „hört unsere Gemeinschaft keinesfalls auf zu bestehen“, betonte Fabritius, sie entwickele sich lediglich weiter. Ein guter Beweis dafür sei die am Vorabend in Hermannstadt eröffnete Niederlassung der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen. Grußworte sprachen auch Vertreter des Hermannstädter Kreisrates, der Deutschen und Österreichischen Botschaft sowie Vertreter der verschiedenen Forumsverbände.
In der Mittagszeit erfreuten sich die Teilnehmer an den kulinarischen Angeboten und tauschten sich in der Begegnung mit Landsleuten aus. Die Burzenländer und die Bistritzer Blaskapelle spielten dabei heitere Lieder auf dem Birthälmer Hauptplatz.
Das kulturelle Rahmenprogramm bot eine Ausstellung sowie ein Mundart-Theaterstück. Die aus Nordrhein-Westfalen angereiste Theatergruppe Wiehl-Bielstein führte das sächsische Lustspiel „Af Amwiejen“ („Vorsicht Sackgasse!“) von Wilhelm Meiterth auf. Die aus ganz Siebenbürgen kommenden Mitglieder der Theatergruppe spielen seit zwanzig Jahren. Auf der improvisierten Bühne zeigten sie das einfache, be- scheidene und ungetrübte Leben der Eheleute Herbert, die einen rasanten materiellen Aufschwung erleben.
Währenddessen wurde in der Schule die Ausstellung „Denkmalschutz und Dorfvitalisierung in sächsischen Ortschaften – 10 Jahre Mihai-Eminescu-Trust“ eröffnet. Die Vizepräsidentin der Stiftung, Caroline Fernolend, berichtete den Gästen über die große Herausforderung, das Dorfbild auch nach der Auswanderung der Sachsen zu erhalten, und über die Zukunftshoffnungen: „Auch wenn kein Sachse in Deutsch-Weißkirch mehr leben wird, wird die Kultur wei- terleben, denn die da Lebenden identifizieren sich inzwischen mit der deutschen Kultur, und durch den hier betriebenen sanften Tourismus leben sie auch davon.“

Im Beisein des Autors Timo Hagen stellte Dr. Harald Roth das Buch „Kleiner Kunstführer – Deutsch-Weißkirch“ vor, das demnächst im Buchhandel erhältlich sein wird. Der Historiker sprach auch über die Kunstführer-Reihe, die vom „Deutschen Kulturforum östliches Europa“ herausgegeben wird.
Schwungvolle Tanzdarbietungen vor historischer ...
Schwungvolle Tanzdarbietungen vor historischer Kulisse: Das 19. Sachsentreffen fand wieder in Birt­hälm, dem früheren Bischofssitz, statt. Die Kirchenburg gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Foto: Ruxandra Stănescu
Die siebenbürgisch-sächsischen Trachten und Tänze rückten in den Mittelpunkt des Geschehens, als am Hauptplatz, nach dem Umzug, Gruppen aus Schäßburg, Hermannstadt, Bistritz, Sächsisch-Reen, Neumarkt, Malmkrog, Kronstadt und Zeiden auftraten.

Die diesjährige Festrede hielt Dr. Harald Roth. Im Kulturhaus bemerkte der Historiker, dass das Jahr 2009 reich an Jubiläen sei. Das sei „auch bei den Sachsen“ der Fall, so Dr. Roth: „Ihre spezifischen Gedenktage sind 20 Jahre seit der Forumsgründung, 40 Jahre seit der Gründung des Kulturrats, 60 Jahre seit jener des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, 90 Jahre seit dem Anschluss an Rumänien. All dieser Ereignisse gedenken wir in diesem Jahr, und natürlich der europaweit und global relevanten wie etwa des Beginns des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren, der auch für die Sachsen den schmerzlichsten Einschnitt ihrer Geschichte zur Folge hatte.“

Der Historiker Dr. Harald Roth während seines ...
Der Historiker Dr. Harald Roth während seines Festvortrages in Birthälm. Foto: Erhard Graeff
Als zukunftsweisenden Schritt bewertete der Historiker die am Vortag in Hermannstadt eröffnete Forumsniederlassung der Föderation: „So haben die – heute mit vollem Recht wieder sehr selbstbewussten – Sachsen in Siebenbürgen die Chance, selber zum Motor zu werden und ihre früheren Landsleute weltweit auf ihre Ursprünge zu verweisen. Auch das ist eine jener wundersamen Aussichten, die die Geschichte für die Sachsen immer wieder bereithielt.“ Es werde in Siebenbürgen weiterhin eine sächsische Gegenwart geben, „eine Gegenwart mit einer sächsischen Geschichte“, beendete Dr. Roth seinen Vortrag. Das zahlreich erschienene Publikum spendete dem Festredner großen Applaus.

Anschließend wurde dem Schulpädagogen Friedrich Philippi die Honterus-Medaille verliehen in Würdigung seiner erfolgreichen Tätigkeit als Leiter der Schulkommission des Siebenbürgenforums. Dr. Paul Jürgen Porr las die von Martin Bottesch verfasste Laudatio vor, da der Kreisratsvorsitzende Hermannstadts terminlich verhindert war.

Mit der Honterus-Medaille in Birthälm geehrt: ...
Mit der Honterus-Medaille in Birthälm geehrt: Friedrich Philippi. Foto: Erhard Graeff
Wie in der Laudatio ausgeführt wurde, habe es, als der Vorstand des Siebenbürgenforums im Frühjahr dieses Jahres über die Verleihung der Honterus-Medaille beriet und der Name Friedrich Philippi genannt wurde, sogleich allseitige Zustimmung gegeben. Dabei sei Friedrich Philippi nicht nur als einer der berühmtesten Geographielehrer in Hermannstadt vorgestellt worden, sondern auch als Leiter der Schul- kommission des Siebenbürgenforums, als Leiter der deutschen Vortragsreihe im Rahmen der Hermannstädter Volksuniversität, als Mitglied des Bezirkskonsistoriums von Hermannstadt und Bezirkskirchenkurator. Die größte Herausforderung sei jedoch im Herbst vergangenen Jahres mit der Wahl zum Landeskirchenkurator auf ihn zugekommen. Porr trug weiter vor: „Friedrich Philippi ist in allem, was er macht, gründlich. Er weiß, dass etwas als Ganzes nur dann Wert hat, wenn es im Detail richtig ist. Und die Arbeit im Kleinen scheut er nicht, sei sie auch noch so umfangreich. Trotz der Arbeit am Detail verliert Friedrich Philippi die großen Zusammenhänge nicht aus dem Auge. Nur so ist sein Einsatz in den weltlichen und kirchlichen Strukturen unserer Gemeinschaft zu verstehen.“

Bischof D. Dr. Christoph Klein gratulierte Philippi dazu, das weltliche Leben so gut mit dem religiösen verbunden zu haben.

Friedrich Philippi bedankte sich in knappen Worten und machte seiner alten Lehrerkarriere – 44 Jahre hat er in Hermannstadt unterrichtet – Ehre: Mit einem spannenden, mitunter heiteren Vortrag sprach er über eine seiner Passionen, die wohl kaum Zukunft hat: die Haussprüche. Minutenlanger Applaus war die Folge. Viele Saalgäste nahmen sich Zeit, dem Geehrtem auch persönlich zu gratulieren. In heiterer Stimmung endete das offizielle Programm des 19. Sachsentreffens in Birthälm.

Ruxandra Stănescu

Schlagwörter: Sachsentreffen, Birthälm, Forum, Föderation

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