10. März 2009

BdV-Präsidentin Erika Steinbach verzichtet auf Sitz im Stiftungsrat

Der Bund der Vertriebenen (BdV) verzichtet darauf, seine Präsidentin Erika Steinbach (CDU) für den Beirat der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ zu nominieren. Nach harscher Kritik an ihrer Person hatte Frau Steinbach dem BdV-Präsidium angeboten, sie vorläufig nicht für das Gremium zu benennen.
In einer Pressemitteilung vom 4. März 2009 kündigte der Vertriebenenverband an, einen der ihm zugestandenen drei Sitze in dem 13-köpfigen Stiftungsrat demonstrativ unbesetzt zu lassen. Mit dieser Entscheidung wolle der BdV „die nicht durch uns verursachte Blockade auflösen“. Das BdV-Präsidium mit seiner Präsidentin Erika Steinbach wolle „nicht der billige Vorwand dafür sein, das Stiftungsgesetz nicht in die Tat umzusetzen und so die Stiftung auf den letzten Metern noch zu verhindern“. Zugleich appellierte der BdV an die Bundesregierung, das Benennungsverfahren zügig einzuleiten und das – von Erika Steinbach gemeinsam mit dem SPD-Politiker Peter Glotz im Jahre 2000 initiierte – Dokumentationszentrum in Berlin baldmöglichst zu verwirklichen. Nach Steinbachs Rückzug erhofft sich das Präsidium ein Ende der Medienkampagne in Polen gegen die BdV-Präsidentin. In Polen werden Steinbach revisionistische Bestrebungen vorgeworfen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zollte Steinbach „Respekt und Achtung“ für ihre Entscheidung, die die Möglichkeit eröffne, dass das Gedenken an die Vertreibung für alle Menschen in Deutschland sichtbar werden könne. Dies sei ein Signal dafür, dass das Projekt im Geiste der Versöhnung, der Verständigung und im Einvernehmen realisiert werden könne, erklärte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg. Wie Steg bekannt gab, hat Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) das Benennungsverfahren für den Stiftungsrat am 3. März offiziell eröffnet. Das Kabinett soll im April entscheiden.

Warschau hat Steinbachs Verzicht begrüßt. „Das ist eine gute Nachricht für Polen und ein sehr gutes Omen für die künftigen polnisch-deutschen Beziehungen“, wurde der polnische Parlamentspräsident Bronislaw Komorowski von der polnischen Nachrichtenagentur PAP zitiert. Polens entschiedene Ablehnung Steinbachs wird vor allem damit begründet, dass die CDU-Bundestagsabgeordnete 1991 im Parlament nicht für die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze gestimmt und sich gegen den EU-Beitritt Polens ausgesprochen hat. Ferner wird Steinbach vorgeworfen, sich nicht zu distanzieren von an Polen gerichteten Entschädigungsforderungen deutscher Vertriebener.

In Deutschland wurde die Entscheidung Steinbachs weitgehend mit Zustimmung aufgenommen. Wie CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla betonte, zeige die Vertriebenen-Präsidentin mit ihrem Verzicht auf einen Sitz im Stiftungsrat „menschliche Größe und politische Weitsicht“. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, gab kund, dass er „erleichtert“ sei. Die SPD-Spitze hatte die BdV-Präsidentin nachdrücklich zu einem Verzicht aufgefordert. Die CSU nahm Steinbachs Rückzug mit Bedauern zur Kenntnis. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer kritisierte die Einmischung der polnischen Regierung scharf. Seehofer will der Vertriebenenpräsidentin Steinbach den Bayerischen Verdienstorden verleihen, die höchste Auszeichnung des Freistaats. Auf Oppositionsseite fand die Personalentscheidung einhellige Zustimmung. So begrüßte der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende Guido Westerwelle Steinbachs Verzicht. Der Grünen-Politiker Volker Beck nannte ihn einen „überfälligen Schritt“.

Christian Schoger

Schlagwörter: BdV, Zentrum gegen Vertreibungen

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