5. Februar 2008

Führungswechsel im Landesverband Bayern

Der Landesverband Bayern – mit rund 16 000 Mitgliedern (oder 43 Prozent) stärkste Landesgruppe des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. – hat eine neue Vorsitzende: Herta Daniel. Die Landeshauptversammlung des Landesverbandes Bayern wählte am 27. Januar in München die Diplom-Chemikerin als Nachfolgerin von Dr. Bernd Fabritius, der seit Mai 2000 Landesvorsitzender war. Fabritius wurde im November 2007 zum Bundesvorsitzenden des Verbandes gewählt und gab sein Amt als Landesvorsitzender weiter, um eine Interessenskollision zwischen Land und Bund zu vermeiden.
Als Herausforderungen und Aufgaben der nächsten vier Jahre sieht die neue Landesvorsitzende Herta Daniel die Zukunftssicherung, die synergische Einbindung der jungen und älteren Generation in die Verbandsarbeit und die Werbung neuer Mitglieder, um den Prozess der sinkenden Mitgliederzahlen umzukehren. Sie legt Wert auf eine Arbeitsweise, die darauf beruht, auch unterschiedliche Meinungen in fruchtbaren Diskussionen zu erörtern, zu einem Konsens verbindlich zusammenzufassen und somit tragfähige Beschlüsse zu erreichen.

Herta Daniel, geborene Voik, wurde am 13. August 1952 in Hermannstadt geboren, studierte von 1971 bis 1975 Chemie in Klausenburg und ist zurzeit Abteilungsleiterin und Prokuristin einer Pharma-Firma in Geretsried. Die Diplom-Chemikerin ist auch ehrenamtlich vielseitig engagiert: als Vorsitzende der Kreisgruppe Bad Tölz-Wolfratshausen, als Kulturbeirätin der Stadt Geretsried, stellvertretende Vorsitzende der bayerisch-siebenbürgischen Gesellschaft und neuerdings als Mitglied des Vertriebenen- und Aussiedlerbeirates des bayerischen Sozialministeriums.
Der neue Vorstand des Landesverbandes Bayern, von ...
Der neue Vorstand des Landesverbandes Bayern, von links: Ute Schuller, Dankwart Gross, Hermine Schatz, Harry Lutsch, Herta Daniel (Landesvorsitzende), Dr. Bernd Fabritius (Bundesvorsitzender), Christa Wandschneider, Werner Kloos, Andreas Roth, Annemerie Kremer und Heike Kraus. Nicht auf dem Bild: Ortwin Schuster, Doris Hutter, Roswitha Kepp, Horst Göbbel, Walter Klemm und Otto Deppner. Foto: Petra Reiner
Pfarrer Günther Hauptkorn hatte die Jahreshauptversammlung im Mathildensaal mit einer Andacht eröffnet. Das Gleichnis vom Sämann (Lukas, 4-15) aufgreifend, wünschte er, dass das Wirken unserer Gemeinschaft auf fruchtbaren Boden fallen möge. Für den verstorbenen Johann Schuller, stellvertretenden Landesvorsitzenden, wurde eine Gedenkminute eingelegt.

Tätigkeitsbericht des scheidenden Landesvorstands

Der scheidende Landesvorsitzende Dr. Bernd Fabritius dankte für den außerordentlichen Einsatz der Vorstandsmitglieder. Der Landesverband Bayern habe Wesentliches angestoßen, was Eingang gefunden habe in die neue Satzung und die Neuwahlen des landsmannschaftlichen Verbandes. Vom Verbandstag in Bad Kissingen seien neue Impulse auch für die grenzüberschreitende Gemeinschaft ausgegangen. Gräben, die es früher zwischen den Siebenbürgern in der alten und neuen Heimat gegeben habe, „gehören nun definitiv der Vergangenheit an“, betonte Fabritius. Ziel des 2004 gewählten Landesvorstandes sei es gewesen, die Förderung der Landesgruppe Bayern auf allen Ebenen zu betreiben. Das sei weitgehend erreicht worden, und der Landesverband stehe im öffentlichen Leben so gut da wie noch selten. Als Beispiele nannte Fabritius den Vertriebenenbeirat des Sozialministeriums, in dem drei Siebenbürger Sachsen mitwirken, und die Anerkennung als verlässliche Partner des BdV-Landesverbandes. Verbandsintern sei es gelungen, mit den anderen Landesgruppen und Heimatortsgemeinschaften eng zusammenzuarbeiten sowie einen Solidarfonds für die kulturelle Arbeit der Kreisgruppen ins Leben zu rufen. Mit dem Landesverband der Banater Schwaben wurde kürzlich ein „Arbeitskreis für politische Integration“ gegründet, um politische Anliegen gemeinsam wahrzunehmen. Die von dem Landesverband organisierten Multiplikatorenseminare seien gut angekommen, sinnvoll sei auch das im Landesvorstand eingerichtete Seniorenreferat, das im Dienst unserer älteren Landsleute stehe. Nicht zuletzt habe der Landesverband Bayern entscheidend zur Siebenbürgisch-sächsischen Kulturwoche 2007 in Hermannstadt beigetragen.

Jugendarbeit ist von entscheidender Bedeutung

Nach Ansicht von Dr. Bernd Fabritius sei es wichtig, alle Bereiche des Kulturlebens abzudecken, nicht nur die Brauchtums- und Trachtenpflege, um vor allem der Jugend vielfältige Identifikationsmöglichkeiten zu bieten und der Assimilation entgegenzuwirken. Die Jugendarbeit sei von entscheidender Bedeutung für unsere Zukunft, denn die junge Generation solle unsere Eigenart übernehmen und weitertragen. Fabritius habe versucht, das Bewusstsein für die Jugendarbeit in die Kreisgruppen hineinzutragen, was nur zum Teil gelungen sei. „Wir müssen es aber schaffen, sonst erledigt sich unsere Gemeinschaft biologisch von selbst“, mahnte der scheidende Landesvorsitzende.

Herta Daniel, stellvertretende Vorsitzende, bezeichnete die letzte Legislaturperiode als erfolgreich. Sie hat den Landesverband beim BdV vertreten, am Erfahrungsaustausch mit der Landesgruppe Baden-Württemberg teilgenommen, intensive Gespräche mit Kreisgruppen geführt und ist seit kurzem im Vertriebenenbeirat des Sozialministeriums aktiv.

Der stellvertretende Landesvorsitzende Karl-Christian Schuller erwähnte in seinem Bericht, dass viele Führungskräfte aus der Wirtschaft, mit denen er beruflich zusammenkomme, sehr positive Erfahrungen mit Siebenbürger Sachsen gemacht hätten.

Mit Kritik nicht gespart

Hannelore Scheiber, stellvertretende Landesvorsitzende, bezeichnete die Änderungen der Satzung, des Namens und den personellen Wechsel an der Spitze des Verbandes als sehr wichtig und begrüßenswert. Sie sparte nicht mit Kritik und regte im Wesentlichen an, das Niveau der kulturellen Veranstaltungen anzuheben, die Kräfte der unterschiedlichen siebenbürgischen Einrichtungen zu bündeln und die Basisarbeit zu verbessern. Verbandsintern mahnte sie eine offene und ehrliche Kommunikation an, um Verletzungen zu vermeiden. Wie Scheiber darlegte, sei sie als frühere Moderatorin des Trachtenumzuges in Dinkelsbühl verletzt worden und warte deshalb auf ein Zeichen der Versöhnung.

Aktive Vereins- und Kulturarbeit

Kulturreferentin Doris Hutter dankte den Kreisgruppen für die Unterstützung der kulturellen Arbeit. Bayernweit seien viele siebenbürgische Gruppen kulturell aktiv und in den letzten Jahren neue Formationen hinzugekommen; die jährlichen Chortreffen in Bayern bezeichnete Hutter als erfolgreich.

In ausführlichen Berichten und Diskussionsbeiträgen wurde deutlich, dass viele Kreisgruppen eine aktive Vereins- und Kulturarbeit entfalten. Zudem wurden zahlreiche Anregungen gemacht, wie beispielsweise die Kreisgruppen und Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD) im Bereich der Jugendarbeit besser zusammenarbeiten, die kulturelle Gastauftritte in anderen Kreisgruppen durch den Landesverband gefördert, Kommunalpolitiker auf Siebenbürgenreisen eingeladen oder EU-Fördergelder für den Kultur- und Jugendaustausch beantragt werden könnten. Die Kreisgruppen sehen sich in der Pflicht, ihre Jugendgruppen finanziell zu fördern, während die jungen Leute freilich die Jugendarbeit selbst mit Leben füllen wollen. Der 24-jährige Maschinenbaustudent Andreas Roth wies auf die Bedeutung der Familien hin. Wenn dort Siebenbürgisches vorgelebt und Mundart gesprochen würde, seien die jungen Leute eher bereit, in siebenbürgischen Gruppen mitzumachen.

Neue Gliederungsordnung verabschiedet

Die Delegierten verabschiedeten eine neue Gliederungsordnung, die gegenüber der Fassung vom 18. Juli 2004 vornehmlich redaktionelle Anpassungen enthält, die sich aus der neuen Satzung des Bundesverbandes ergeben. Eine inhaltliche Änderung wurde im Artikel 10 vorgenommen: Die Kreisgruppen müssen künftig dem Landesvorstand neben dem Prüfungsprotokoll auch den Kassenbericht zukommen lassen.

Ehrungen und Danksagungen

Nach der Vorstellung des Kassenberichts 2007 durch Schatzmeister Matthias Wieserner wurde der Vorstand einstimmig entlastet. Als letzte Amtshandlung zeichnete der Landesvorsitzende Bernd Fabritius verdienstvolle Mitglieder des Landesvorstandes und langjährig tätige Kreisvorsitzende mit dem Silbernen Ehrenwappen des Verbandes aus: Susanne Proske, Harald Haldenwang, Michael Schnell, Ute Schuller, Christa Wandschneider, Robert Sonnleitner, Wilhelm Weber, Hans-Ulrich Konnerth. Weitere Ehrungen wird der neue Vorstand bei nächster Gelegenheit Simon Penteker und Franziska Schöpf persönlich überreichen.

„Wir von der Basis sind mit der Arbeit des Landesvorstandes sehr zufrieden“, betonte Hermine Schatz. Horst Göbbel dankte Dr. Bernd Fabritius für den neuen Schwung in Land und Bund, der seit 2007 deutlich spürbar sei, und für seinen Einsatz in zig Feldern. Er scheide aus dem Amt des Landesvorsitzenden bei einem gut bestellten Feld. Fabritius gab diesen Dank an alle Mitglieder des scheidenden Landesvorstandes weiter.

Neuer Vorstand gewählt

Unter der Wahlleitung von Bernd Fabritius wählten die Delegierten den neuen Vorstand. Mit rund 73 Prozent der Stimmen wurde Herta Daniel als Landesvorsitzende gewählt. Stellvertretende Landesvorsitzende sind Professor Ortwin Schuster (Ergolding), der bereits bayerischer Landesvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender war, sowie Andreas Roth (München) und Harry Lutsch (Waldkraiburg). Neue Schriftführerin ist Annemarie Kremer (Kissing) und Schatzmeister Dankwart Gross (Kempten). Referenten sind Doris Hutter (Kultur), Christa Wandschneider (Frauen) und Ute Schuller (Jugend). Als Beisitzer wurden von der Vorsitzenden ernannt und von den Delegierten bestätigt: Roswitha Kepp, Heike Kraus, Werner Kloos und Horst Göbbel. Als Berater fungieren Hermine Schatz, Walter Klemm und Otto Deppner. Rechnungsprüfer sind Dr. Franz Gadelmaier und Thomas Depner, Ersatzrechnungsprüfer Helmut Proske und Kurt Wolf. Robert Sonnleitner stellte sich nach achtjähriger Amtszeit als Internetreferent nicht mehr zur Wahl. Das Referat soll vom geschäftsführenden Landesvorstand neu besetzt werden.

Der Bundesvorsitzende Bernd Fabritius zeichnete sodann die scheidenden Mitglieder des Landesvorstandes mit Ehrenurkunden aus: Karl-Christian Schuller, Matthias Wieserner, Jochen Fabritius, Jürgen Scheiber und Frank Krestel. Sie haben „beispielhaft zur Festigung und Entwicklung der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft“ beigetragen, hieß es in den Urkunden. Hannelore Scheiber lehnte die Ehrung mit dem Hinweis auf eine fällige Entschuldigung ab.

Schließlich wurde über die Förderung der Kultureinrichtungen in Gundelsheim am Neckar diskutiert und – einen Beschluss des Verbandstages aufgreifend – eine Empfehlung an die Kreisgruppen ausgesprochen, jährlich eine Spende in Höhe von etwa einem Euro pro Mitglied an die Geschäftsstelle abzuführen. Die Spenden werden in München gesammelt und für die Einrichtungen in Gundelsheim weitergeleitet.

Siegbert Bruss

Fotoalbum: Die Landeshauptversammlung 2008 des Landesverbandes Bayern

Schlagwörter: Bayern, Neuwahlen

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