16. Februar 2006

Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Jahresempfang des BdV in Berlin

Für Dr. Angela Merkel ist es schon Tradition, am Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen teilzunehmen. Im letzten Jahr war sie als Oppositionspolitikerin gekommen, diesmal durfte sie als Bundeskanzlerin die Grüße der gesamten Bundesregierung überbringen. Die CDU-Politikerin sei sich treu geblieben, was heute nicht selbstverständlich sei, betonte BdV-Präsidentin Erika Steinbach in ihrer Begrüßungsansprache. Rund 400 Gäste aus Politik und dem öffentlichen Leben bereiteten der Bundeskanzlerin mit starkem Applaus einen herzlichen Empfang im Opernpalais in Berlin.
In ihrem Rückblick auf das vergangene Jahr stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel fest, dass Deutschland mit seinen östlichen Nachbarn durch gemeinsame Mitgliedschaften in der EU und NATO so eng verbunden sei wie nie zuvor. Fast alle Herkunftsgebiete der deutschen Heimatvertriebenen gehörten inzwischen zur Europäischen Union. Das eröffne die Chance gemeinsamer Zukunftsgestaltung über verschiedenste Wege und schaffe vielfältige Kontakte. Beim Zusammenwachsen bestünden allerdings noch Probleme, die man gemeinsam lösen müsse. Dazu gehörten auch Fragen, die aus der Vergangenheit herrühren, wie die der Vertreibung. Deshalb habe sich die neue Bundesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung dazu bekannt, auch in Berlin ein sichtbares Zeichen zu setzen und den Nachbarn jeden Schritt zu erklären, den man unternehmen wolle. Dies sei zwar ein mühsamer Prozess, aber die Nachbarn seien offensichtlich bereit, diesen Weg mitzugehen und die bestehenden Schwierigkeiten auszuräumen.

„Ich will ausdrücklich sagen, wenn es um das sichtbare Zeichen in Berlin geht, dann ist das nicht nur die Aufgabe des BdV, dann ist das unser aller Aufgabe“, betonte die Bundeskanzlerin. Sie würdigte das ehrenamtliche Engagement der Landsmannschaften und des Bundes der Vertriebenen, die sich nach 1945 erfolgreich für die Integration der Vertriebenen und heute ebenso erfolgreich für die Integration der Spätaussiedler einsetzten. Der Bund der Vertriebenen sei dabei ein wichtiger Partner der Bundesregierung, sagte die CDU-Vorsitzende.

Sie wünschte dem Bund der Vertriebenen Kraft und Erfolg für seine Vorhaben „in einer Zeit, in der wir uns über unser Werteverständnis klar werden müssen, um in einen Dialog mit anderen Kulturen auch eintreten zu können, unsere Vergangenheit in den Blick zu nehmen und daraus Kraft für die Zukunft zu schöpfen.“

BdV-Präsidentin Erika Steinbach hatte als Gastgeberin des traditionellen Neujahrsempfangs diplomatische Vertreter aus 18 Ländern sowie zahlreiche Vertreter der Kirche und Politik, darunter die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel begrüßt. Die BdV-Präsidentin hob den kulturellen Reichtum unseres Landes hervor, der über die Jahrhunderte auch in den deutschen Siedlungsgebieten Ost-Mitteleuropas entstanden sei. Dieses kulturelle Erbe habe über unmenschlichen Mauern und Grenzen hinweg, trotz unterschiedlicher Gesellschaftssysteme, unsere gemeinsame nationale Identität getragen. Die deutschen Heimatvertriebenen sind leibhaftige Träger des ostdeutschen Kulturerbes, gerade auch der Volkskultur. Deshalb sei es so wichtig, dieses Wissen auszuschöpfen und lebendig zu erhalten.

Steinbach dankte den Landsmannschaften und Landesverbänden, dass sie mit der Gründung der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ Anteil nehmen am Leid anderer. Es müsse eine Solidarität und keine Konkurrenz der Opfer geben.

Am 2. September 2006 wird Bundespräsident Horst Köhler als Festredner zum „Tag der Heimat“ erwartet. In diesem Rahmen soll die höchste Auszeichnung des BdV posthum an Peter Glotz verliehen werden. Zuvor wird die Ausstellung „Erzwungene Wege“ des Zentrum gegen Vertreibungen im Berliner Kronprinzenpalais stattfinden.
Herzlicher Empfang für Bundeskanzlerin Angela Merkel (rechts) durch BdV-Präsidentin Erika Steinbach. Foto: Bildschön
Herzlicher Empfang für Bundeskanzlerin Angela Merkel (rechts) durch BdV-Präsidentin Erika Steinbach. Foto: Bildschön


Die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen war durch ihre Stellvertretende Bundesvorsitzende Karin Servatius-Speck vertreten. In der Arbeitsgemeinschaft der Landsmannschaft mit Vertretern der Landesverbände des BdV hatte man in einer dem Empfang vorausgehenden Sitzung ein Konzept verabschiedet, das der neuen Regierung unter Berufung auf bisherige Zusicherungen vorgelegt werden soll. Im Bereich der Kulturförderung der Vertriebenen und Aussiedler fordern die vereinigten Landsmannschaften dabei einen Kurswechsel ein, der dem Wesen und Inhalt des Paragraphen 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) gerecht werden soll. Die Kulturförderung der Vertriebenen und Aussiedler war durch eine „Neukonzeption“, durch einen beispiellosen Kürzungsmarathon (45 Prozent), in den letzten Jahren nahezu zum Erliegen gekommen.

Auch die personelle Besetzung im Kulturstaatsministerium stimmt zuversichtlich. Nachfolger von Dr. Knut Nevermann als Leiter der Abteilung Kultur und Medien beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ist Prof. Dr. Hermann Schäfer, der „das notwendige Interesse und Fingerspitzengefühl mitbringt, um die unter historischen Aspekten besonders wichtige Förderung der Kultur nach Paragraph 96 zu vertreten“.

Walter Stratmann (DOD)


Schlagwörter: BdV, Politik

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