22. Mai 2018

Aussiedlerbeauftragter Bernd Fabritius: „nachhaltig kämpfender Partner an Ihrer Seite“

Die Bundesregierung wird die Arbeit der Vertriebenen und Aussiedler in Deutschland und der deutschen Minderheiten in den Heimatländern weiterhin nach Kräften und ganz beherzt fördern. Diese Zusage aus dem Koalitionsvertrag bekräftigte der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Dr. Bernd Fabritius, in seiner Festrede beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen am 20. Mai 2018 in Dinkelsbühl. Er übermittelte nicht nur als erster Siebenbürger Sachse Grüße seitens der Bundesregierung, sondern kündigte als „nachhaltig kämpfender Partner an Ihrer Seite“ auch eine Reihe konkreter Maßnahmen an. So werden die Mittel für deutsche Zwangsarbeiter aufgestockt, nachdem bis Ende letzten Jahres doppelt so viele Anträge eingegangen sind als ursprünglich erwartet. Die Förderung der deutschen Minderheit in Rumänien wird ebenso fortgesetzt wie die der kulturellen Maßnahmen in Deutschland. Dazu gehört als „Projekt mit Leuchtturmwirkung“ der Um- und Ausbau von Schloss Horneck zu einem Kultur- und Begegnungszentrum. Zudem wird sich Dr. Bernd Fabritius für die Beseitigung der „eklatanten Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen der Spätaussiedler im deutschen Rentenrecht“ einsetzen. Die Festrede des neuen Aussiedlerbeauftragten wird im Folgenden ungekürzt wiedergegeben.
Sehr geehrte Frau Herta Daniel, liebe Bundesvorsitzende, bevor ich die Grüße der Bundesregierung überbringe, erlaube ich mir ganz herzlich zu gratulieren, und zwar dafür, dass der Rat der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen gestern einstimmig die Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen zur Föderationspräsidentin gewählt hat. Ich gratuliere herzlich und wünsche eine glückliche Hand in diesem wichtigen Amt.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Laschet, ein herzliches Willkommen auch Ihnen. Die Siebenbürger Sachsen haben heute überzeugend den Beweis dafür angetreten, dass für den Patenministerpräsidenten die Sonne scheint, der seine Siebenbürger Sachsen besucht.

Hohe Ehrengäste, liebe Landsleute, ich danke herzlich für diese Einladung. Es ist für mich eine ganz besondere Freude und Ehre, heute hier anlässlich des 68. Heimattages der Siebenbürger Sachsen als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten zu Ihnen sprechen zu dürfen!
Der neue Aussiedlerbeauftragte der ...
Der neue Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Bernd Fabritius, setzt sich kämpferisch für die Anliegen der Aussiedler ein, hier bei seiner Festrede am 20. Mai in Dinkelsbühl. Foto: Petra Reiner
In den letzten Jahren war ich selbst Gastgeber des Heimattages, heute bin ich erstmals in dieser neuen Aufgabe hier. Deswegen hat dieser Heimattag für mich eine ganz besondere Bedeutung, die mich auch berührt. Zum ersten Mal überbringt ein Landsmann Grüße der Bundesregierung und unserer Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Das ist doch ein gutes Zeichen für uns alle! Wir alle Siebenbürger Sachsen sind angekommen!

Ich überbringe Ihnen auch einen herzlichen Gruß unseres neuen Bundesinnenministers Horst Seehofer. Sie wissen, das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat ist in vielen Bereichen zuständig für die Anliegen aller Siebenbürger Sachsen in Siebenbürgen und Deutschland. Es ist sozusagen „Ihr“ Ministerium.

Es freut mich auch, dass ich die Tradition der Anwesenheit des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten auf dem Heimattag der Siebenbürger Sachsen fortsetzen und mit Ihnen zusammen dieses Fest der Gemeinschaft begehen darf.

Sie wissen, wie sehr ich gerade den Heimattag schätze. Er hat sich zu einem für jeden Teilnehmer lohnenden Höhepunkt im Jahresverlauf entwickelt, es ergeben sich Gelegenheiten, beste Kontakte zu pflegen, neue Themen anzusprechen und selbstverständlich kommt auch das gemeinsame Feiern nicht zu kurz.

Die Bedeutung des Heimattages in Dinkelsbühl

Die vielen Besucher aus Deutschland, aber auch aus Rumänien – ich habe mich sehr gefreut die Tanzgruppe des Brukenthal-Gymnasiums in Hermannstadt, meiner eigenen Schule, zu sehen – und aus Übersee belegen, welche nationale und internationale Bedeutung dieses Treffen inzwischen erlangt hat. Sie treffen sich hier, auch um sich über die Zukunft Ihrer – „unserer“ – Landsleute in Deutschland und in Siebenbürgen auszutauschen; dieser Heimattag ist daher neben einem „Ort der Selbstvergewisserung“ auch eine Brücke zwischen den beiden Ländern.

Seit weit mehr als 60 Jahren finden die Heimattage in Dinkelsbühl statt und machen damit diesen schönen Ort, lieber Herr Oberbürgermeister, zu einem Zentrum des siebenbürgisch-sächsischen Lebens nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Ich möchte auch dem Landesverband Bayern, der in diesem Jahr Mitausrichter ist, und – stellvertretend für alle fleißigen Helferinnen und Helfern – insbesondere der Kreisgruppe Dinkelsbühl-Feuchtwangen für ihren Einsatz auch im Namen der Bundesregierung ganz herzlich danken. Es ist ein Dienst für die gesamtdeutsche Gesellschaft, den Sie leisten, ein Dienst, der die Förderung dieser Kultur für uns alle im Blick hat.

Einen ganz besonderen Dank möchte ich an dich, liebe Herta Daniel, richten. Mit dir durfte ich seit vielen Jahren die Geschicke der Siebenbürger Sachsen lenken. Und ich freue mich sehr, dass du ganz speziell meine Gastgeberin bist. Liebe Landsleute, das ist schon ein Applaus wert. Herta Daniel hat eine Aufgabe übernommen, um die man sie vielleicht beneidet, um die sie aber nicht zu beneiden ist. Es sind sehr viele wichtige Sachen, die du, liebe Herta Daniel, für die Siebenbürger Sachsen erledigst, und dies ist Anerkennung und vielen, vielen Dank wert.

Bundesregierung fördert kulturelle Maßnahmen

„Kultur schafft Heimat und Zukunft“ – das ist der diesjährige Wahlspruch.

Kultur ist ein Bindeglied, sozusagen die Klammer für das Vergangene und das, was morgen passiert, es ist das, was uns verbindet. Wir alle leben und pflegen unsere in Jahrhunderten gewachsenen Traditionen, wir halten die Erinnerung an das Vergangene und das, was uns prägt, lebendig, wir fördern gemeinsam das Kulturgut. Dies gilt gerade auch für diejenigen, die ihre Heimat verloren haben und die das schmerzt.

Kultur hat auch eine hohe politische Dimension. Durch die Förderung von kulturellen Maßnahmen gerade für die Vertriebenen und Spätaussiedler dokumentiert die Bundesregierung, dass dieses kulturelle Erbe sehr wertvoll ist und daher gepflegt und für die kommenden Generationen erhalten werden muss.

Schloss Horneck als Projekt mit Leuchtturmwirkung

Diese Förderung ist in der letzten Wahlperiode gerade für die Siebenbürger Sachsen ganz konkret geworden. Ich nenne nur ein paar Beispiele. Die Fortsetzung der institutionellen Förderung des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim, die Förderung des Umbaus von Schloss Horneck zu einem Kultur- und Begegnungszentrum – ein Projekt mit Leuchtturmwirkung –, oder die Einrichtung der neuen Stelle einer Kulturreferentin für die Siebenbürger Sachsen – das alles sind Beispiele für eine beherzte Förderung und ein Bekenntnis zu Ihren Anliegen.

Die Bundesregierung will damit eine ungebrochene Verbundenheit mit den Menschen ausdrücken, die die Folgen des Zweiten Weltkrieges auch in Siebenbürgen in voller Härte zu spüren bekamen und ihre Heimat verlassen oder unter unmenschlichen Bedingungen hinter dem Eisernen Vorhang zurückbleiben mussten.

Einsatz für zusätzliche Mittel für deutsche Zwangsarbeiter

Ich bin deswegen sehr froh, dass der Deutsche Bundestag 2015 die im oder nach dem Zweiten Weltkrieg als Zivilisten zur Zwangsarbeit verpflichteten Menschen durch eine Anerkennungsleistung in ihrem Sonderschicksal gewürdigt hat.

Die Summe von 2.500 Euro kann natürlich auf keinen Fall das Leid dieser hartgeprüften Menschen aufwiegen. Für viele ist es aber eine symbolische Geste von großer Bedeutung. Ich kenne die Kritik, Sie haben Recht: Die Anerkennungsleistung kam sehr spät, für viele Menschen zu spät. Aber Ende 2017 hatten letztlich jedoch mehr als doppelt so viele Betroffene die Anerkennungsleistung beantragt. Ich sehe das als positives Zeichen, dass wir noch viele Menschen erreicht haben.

Ich kann Ihnen versprechen. Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass zusätzliche Haushaltsmittel bereitgestellt werden – man muss die 50 Millionen Euro verdoppeln, so viele Anträge wurden gestellt. Ich werde mich dafür einsetzen, dass selbstverständlich für jeden Betroffenen, der einen Antrag gestellt hat, diese Anerkennungsleistung auch kommt. Ich kann Ihnen die Botschaft unserer Bundeskanzlerin Dr. Merkel mitbringen, dass sie sich dafür einsetzen wird, dass so schnell wie möglich – auch durch Einstellung neuer Mitarbeiter – die Bescheide, die noch ausstehen, an die Betroffenen zugestellt werden können. Man muss wissen, dass in den letzten zwei Monaten die Hälfte der Anträge eingegangen ist – über 20.000 in der letzten Antragszeit – das ist natürlich ein Antragsrückstau, den man abarbeiten muss. Aber Sie haben unsere Zusicherung, dass wir das ganz deutlich machen wollen.

Historische Ereignisse zeigen, dass die Siebenbürger Sachsen anerkannt sind

Zum Gleichen gehört auch der vor drei Jahren ins Leben gerufene Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung am 20. Juni eines jeden Jahres. Wir haben lange gemeinsam für diesen nationalen Akt des Gedenkens an die Opfer unserer jüngeren Geschichte gekämpft. Es freut mich, dass in jedem Jahr die obersten Vertreter unseres Staates an diesem Festakt teilnehmen. In diesem Jahr wird Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel zu den Gästen sprechen. Im letzten Jahr hat mit Staatspräsident Klaus Johannis das erste ausländische Staatsoberhaupt die Hauptrede bei dieser Veranstaltung gehalten. Das sind historische Ereignisse, die uns Siebenbürger Sachsen zeigen, dass wir anerkannt sind.

Ich erwähne ganz kurz die Stiftung „Flucht, Vertreibung und Versöhnung“, die in Zukunft mit einer über Jahre hin entwickelten Ausstellung auf das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen und auch der Heimatverbliebenen hinweisen möchte.

Koalitionsvertrag stärkt Arbeit der Vertriebenen und der deutschen Minderheiten

Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung trägt die Überschrift „Ein neuer Aufbruch für Europa“. Ausdrücklich werden dort die deutschen Volksgruppen und Minderheiten als „Band der Verbindung zwischen Deutschland und seinen Partnerländern“ gewürdigt. Die Regierungsparteien verpflichten sich darin, weiterhin die Arbeit der Vertriebenen und die Arbeit der deutschen Minderheiten in den Heimatländern – ich nenne sie die Heimatverbliebenen – nach Kräften und ganz beherzt zu fördern. Diese Zusage kann ich Ihnen aus Berlin mitbringen.

Das Bundesministerium des Innern fördert die deutsche Minderheit in Rumänien bereits seit 1992 in einem erheblichen Umfang. Alleine im letzten Jahr waren es mehr als zwei Millionen Euro für Einzelprojekte und Hilfen. Ich werde sie nicht alle aufzählen, kann Ihnen aber versichern, dass wir weitermachen in der gleichen Art und Weise.

Vorkonsultationen zur Deutsch-Rumänischen Regierungskommission

Im Juni dieses Jahres werden wir die 21. Deutsch-Rumänische Regierungskommission in Berlin abhalten und über die geplanten Fördermittel für 2018 und deren Verwendung beraten. Zu diesem Zweck haben wir – und ich verspreche Ihnen, dass das Tradition bleibt – die Vertreter der Deutschen aus Rumänien in Deutschland und die Vertreter der deutschen Minderheit in Rumänien zu Vorkonsultationen getroffen, weil es in meiner Sicht unerlässlich ist, dass man in der Regierungskommission nicht übereinander, sondern miteinander spricht, und alles was ansteht, im Vorfeld in Beratungen mit einbezieht. Das ist nach meiner Ansicht Grundlage einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben. Die enge Einbeziehung gerade der Siebenbürger Sachsen ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Die Regierungskommission bleibt auch für mich das selbstverständliche Forum, die Anliegen in einer Regierungsdebatte auf den richtigen Weg zu bringen.

Verständigungspolitische Maßnahmen für ein friedliches Miteinander in Europa

Einen Bereich möchte ich ganz besonders ansprechen. Das Bundesministerium des Innern fördert verständigungspolitische Maßnahmen der Vertriebenenorganisationen für ein friedliches Miteinander in Europa. Das entspricht dem Wesen der deutschen Heimatvertriebenen. Diese Veranstaltungen, die die Teilnehmer länder- und generationenübergreifend mit der gemeinsamen Geschichte aus verschiedenen Perspektiven vertraut machen und dabei helfen sollen, Vorurteile abzubauen, tragen in einem ganz erheblichen Maße zum gegenseitigen Kennen- und Verstehenlernen bei. Sie wenden sich ganz besonders an die junge Generation, von der wir heute sehr viele Beispiele gesehen haben, die in Tracht und sehr modern und zukunftsorientiert aufgetreten sind. Ich bin sicher, dass das eine sehr wichtige Investition ist, die letztlich unser Europa ein Stück weiter voranbringt.

Benachteiligungen der Spätaussiedler im deutschen Rentenrecht müssen beseitigt werden

Liebe Frau Daniel, ich teile die Besorgnis und die Beschwerde, die Sie namens der Siebenbürger Sachsen zu den – aus meiner Sicht – eklatanten Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen der Spätaussiedler im deutschen Rentenrecht formuliert haben. Ich bin selbst der Meinung, dass es sich um eine Generationenungerechtigkeit handelt und es eine Verpflichtung der Bundesregierung ist, die Benachteiligungen kurzfristig zu beseitigen.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass ein großer Teil der Koalitionsparteien, es sind ja drei an der Zahl, dieses Ziel bereits vor der Wahl als ein wichtiges Ziel ihrer Politik versprochen hat. Nun, ein Koalitionsvertrag ist immer ein Konsens, eine Einigung mehrerer Parteien, ein Geben und Nachgeben. Aber ich kann Ihnen versprechen, dass ich das als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen als eine meiner Hauptaufgaben sehe, die Formulierung des Koalitionsvertrages nur als Arbeitsauftrag zu verstehen, an dessen Ende die Beseitigung der Benachteiligungen stehen muss.

Sie, liebe Siebenbürger Sachsen aus dem „Land des Segens, Land der Fülle und der Kraft“, haben in Wort und Tat bewiesen, wie man Verständigung zwischen den Völkern Europas lebt. Ich kann nur mit allem Nachdruck dazu auffordern, dieses segensreiche Wirken beherzt fortzusetzen. Sie haben in der Bundesregierung, im Bundesinnenminister und in mir als dem neuen Beauftragten für die Anliegen der Spätaussiedler und der nationalen Minderheiten einen nachhaltig kämpfenden, beherzten, treuen Partner an Ihrer Seite.

Mit diesem Versprechen, meine Damen und Herren, wünsche ich uns allen einen schönen Heimattag mit vielen schönen Gesprächen und frohe Pfingsten ganz im Geiste der Pfingstbotschaft, die wir heute in so wunderbarer Interpretationen nahegebracht bekommen haben. In diesem christlichen Sinne: „Erhoald ech der Härr, olles Geadet, hieschen Foistdoch!“

Schlagwörter: Heimattag 2018, Bernd Fabritius, Fremdrentengesetz, Aussiedlerbeauftragter, Vertriebene und Aussiedler, deutsche Minderheit

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