14. November 2017

Verbandsarbeit am Kraftort

Wünschen wir uns denn nicht inständig mehr, vor allem junge Mitglieder im Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland? Und, nicht minder, motivierte ehrenamtlich Aktive; eine noch stärkere öffentliche Präsenz; perspektivisch eine gute Zukunft? Was aber tun wir hier und heute dafür? – Wir bündeln die Kräfte in unserer „Sachsenburg“ am Neckar, treffen uns dort zum Erfahrungsaustausch und sammeln dabei wertvolle fachliche Informationen für unsere Vereinsarbeit. So geschehen bei der Tagung des Bundesvorstands mit den Kreisgruppenvorsitzenden am 4. und 5. November auf Schloss Horneck in Gundelsheim. Dieser traditionell in der Mitte einer Legislaturperiode, also zwei Jahre nach dem letzten bzw. vor dem nächsten Verbandstag angesetzte Termin dient der Halbzeitbilanz sowie der Konzentration auf neue Perspektiven. Im Fokus des Wochenendes stand die Vereinsarbeit in ihrer gesamten Bandbreite. Die intensive Arbeitstagung bot den rund 100 Teilnehmern neben Fachreferaten auch interaktive Gruppenarbeit und durchgängig reichlich Möglichkeit zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch.
Mit der Wahl des Tagungsortes wollte unser Verband die Bedeutung von Schloss Horneck als Sitz der zentralen Kultureinrichtungen der Siebenbürger Sachsen nachdrücklich betonen. Das unterstrich die Bundesvorsitzende Herta Daniel in ihrer Begrüßungsansprache Samstagmittag in der unmittelbar neben Schloss Horneck gelegenen Deutschmeisterhalle, mit der das straff geplante Programm startete. Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius ergriff seinerseits das Wort, um das Hauptmotiv der Zusammenkunft auf den Punkt zu bringen („Wir wollen miteinander ins Gespräch kommen.“) und unter den Anwesenden namentlich Dr. Stefan Cosoroabă als Vertreter der Heimatkirche und den Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen, Martin Bottesch, willkommen zu heißen.
Tagung des Bundesvorstands mit den ...
Tagung des Bundesvorstands mit den Kreisgruppenvorsitzenden am 4. und 5. November in Gundelsheim: Gruppenbild der Tagungsteilnehmer vor der Schlosskulisse. Foto: Christian Schoger
Ehe der Vorsitzende des Vereins Siebenbürgisches Kulturzentrum „Schloss Horneck“ e.V., Dr. Konrad Gündisch, zu einer Führung durch das Schloss einlud, trug er grundlegende Daten der Schlossgeschichte vor und informierte über die aktuelle Projektentwicklung. Verbandspräsident Fabritius dankte ihm „im Namen des Bundesvorstands und aller Landsleute“ für seinen herausragend wichtigen Einsatz. Die Teilnehmer der anschließenden Schlossbesichtigung folgten mit neugierig flanierenden Blicken und aufnahmebereiten Smartphones den historisch fundierten Ausführungen des „Schlossherrn“ Konrad Gündisch (so etikettierte ihn das Namensblatt auf seinem Sakko), bis hinauf in den Festsaal „Johannes Honterus“ im zweiten Obergeschoss.
Gestenreich erläutert „Schlossherr“ Dr. Konrad ...
Gestenreich erläutert „Schlossherr“ Dr. Konrad Gündisch den Führungsgästen architektonische Details des Festsaals „Johannes Honterus“. Foto: Christian Schoger
Unsere bilderbedürftige (mitunter -süchtige) Zeit begehrt doch immerzu ein Ereignis, uns selbst zu vergegenwärtigen: War die beim obligatorischen Gruppenbild vor dem Portal eng zusammen stehende Gemeinschaft womöglich schon der symbolstärkste Moment des Treffens? Oder war es, kurz darauf, der emsige Pulk von Landsleuten auf seinem Streifzug durch die einstige Residenz der Deutschmeister, heute zentraler kultureller Identifikations-, ja Kraftort für uns Siebenbürger Sachsen? Schwer zu entscheiden.

Erfahrungsaustausch im Stuhlkreis


Der Samstagnachmittag stand ganz im Zeichen des Erfahrungsaustauschs, der aus Gründen der Effizienz in Gruppenarbeit praktiziert wurde. Dazu versammelten sich sechs zuvor festgelegte Gruppen mit ihren jeweiligen Moderatoren in verschiedenen Räumen des Schlosses. Die Besetzung der Arbeitsgruppen erfolgte nach strukturellen Kriterien (monozentrische, polyzentrische, zersiedelte Kreisgruppen). Im Stuhlkreis erörterte man alle Aspekte der Kreisgruppenarbeit, von organisatorischen Fragen über attraktive Programmgestaltung und Mitgliederwerbung bis hin zu Jugend- und Öffentlichkeitsarbeit.

Nach einer kommunikativen „Aufwärmphase“ brachten die Kreisgruppenvorsitzenden die vielfältigen Herausforderungen und drängendsten Probleme, mit denen sie vor Ort, an der Basis, konfrontiert sind, offen zur Sprache, ebenso probate Lösungsansätze. Ungeachtet der in jeder Kreisgruppe spezifisch gelagerten Bedingungen ließen sich durchaus Parallelen erkennen.
In Gruppenarbeit praktizierter Gedanken- und ...
In Gruppenarbeit praktizierter Gedanken- und Erfahrungsaustausch: Die Teilnehmer der von Ingwelde Juchum moderierten Gruppe 6 saßen im Stuhlkreis im Fürstenzimmer. Foto: Christian Schoger
Nach über zweistündiger, in weiten Zügen vernunftorientiert-sachlich, doch ebenso leidenschaftlich geführter Debatte wurden die Ergebnisse schriftlich zusammengefasst für die nachfolgende Präsentation. Hierzu fanden sich alle Tagungsteilnehmer wieder in der Deutschmeisterhalle ein. Gruppe für Gruppe berichtete nun über die jeweils behandelten Themenschwerpunkte und stellte geeignet erscheinende Handlungsoptionen zur Diskussion.

Gruppe 1 (Leitung: Bundesfrauenreferentin Christa Wandschneider) befasste sich vorwiegend mit dem Mitgliederschwund und ortete Lösungsmöglichkeiten in aktiver Mitgliederwerbung, verstärkter Jugendarbeit und zielgruppengerechter Öffentlichkeitsarbeit.

Gruppe 2 (Werner Kloos, Landesvorsitzender in Bayern) empfahl im Rahmen der Mitgliederpflege besonderes Augenmerk auf die Zielgruppe der 40- bis 50-Jährigen zu legen, und die Verbandsmitgliedschaft durch „projektbezogenes Engagement“ (etwa durch Gründen von Kulturgruppen) attraktiver zu gestalten.

Für Gruppe 3 (Rainer Lehni, Stellvertretender Bundesvorsitzender und Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen) stellte die Vorsitzende der Kreisgruppe München, Astrid Weber, die erarbeiteten Ergebnisse vor. Grundsätzlich wichtig sei „mehr Austausch und bessere Vernetzung mit benachbarten Gruppen und insbesondere generationenübergreifenden Kulturgruppen, darüber hinaus das konsequente Nutzen Sozialer Medien wie Facebook und Twitter.
Lebhafte Debatte in der Deutschmeisterhalle: Bei ...
Lebhafte Debatte in der Deutschmeisterhalle: Bei der Präsentation der Ergebnisse des Erfahrungsaustauschs meldet sich der Vorsitzende der Kreisgruppe Wolfsburg, Gerhard Schunn, zu Wort. Seine Devise: „Wir teilen beste Erfahrung!“ Foto: Christian Schoger
Gruppe 4 (Volkmar Gerger, Landesvorsitzender in Niedersachsen/Bremen) wies auf die Notwendigkeit eines möglichst zentralen Raumangebots (Vereinsheim) hin, rief zu entschlossenem Fortführen des ehrenamtlichen Engagements auf, plädierte für eine intensivere Jugendarbeit und vordringlich für eine enge Zusammenarbeit mit den Heimatortsgemeinschaften.

Schwerpunktthema von Gruppe 5 (Doris Hutter, Stellvertretende Bundesvorsitzende) war die Mitgliederwerbung. Unter Einsatz aller verfügbaren Informations- und Kommunikationsmittel (Siebenbürgische Zeitung, Internet, Broschüren und Flyer etc.) gelte es die Bewusstseinsbildung zu fördern hinsichtlich der Vorteile einer Verbandsmitgliedschaft. Weitaus öfter als bisher sollten Gliederungen des Verbandes im gesamten Bundesgebiet den Verbandspräsidenten Dr. Bernd Fabritius als Rentenrechtsexperten einladen, um Informationsveranstaltungen zur Rente anzubieten.

Die Resultate von Gruppe 6 (Ingwelde Juchum, Landesvorsitzende in Hessen) präsentierten Ursula Meyndt, Vorsitzende der Kreisgruppe Bad Tölz – Wolfratshausen, und Reinhardt Helwig, Vorsitzender der Kreisgruppe Böblingen. Danach empfehle sich in der Jugendarbeit ein projektorientiertes Zusammenarbeiten mit der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD); es gelte den Kindern und Jugendlichen konkrete Aufgaben zu stellen. Leistungsschwächere kleine Kreisgruppen seien gut beraten, Veranstaltungsangebote in Kooperation mit benachbarten (größeren) Kreisgruppen zu organisieren.

„Wir müssen strampeln!“


Infolge der zahlreichen Wortmeldungen zu den geäußerten Ideen und Anregungen entwickelte sich ein höchst lebendiger Erfahrungsaustausch. Die intensive Arbeitsatmosphäre nutzend, wurde die Tagung nach dem gemeinsamen Abendessen noch bis gegen 22 Uhr mit den ersten Kurzreferaten fortgesetzt. Bernd Fabritius behandelte die Themen „Auflösung – Zusammenführen von Kreisgruppen“ sowie „Die Vergütung von Kulturgruppenleitern im Verband“. An letzterer Thematik entspann sich eine leidenschaftliche Kontroverse. Fabritius erläuterte den pauschalen Auslagenersatz anhand von Fallbeispielen und verwies auf das für Vereine relevante Informationsangebot der Website www.deutsches-ehrenamt.de. Der Verbandspräsident riet zu prinzipieller Zurückhaltung bei der finanziellen Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeiten. Es wurde auch der gegensätzliche Standpunkt vertreten, dass angesichts der nachlassenden Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement eine moderate finanzielle Entlohnung als legitimes Anreizmittel für das Ausüben ehrenamtlicher Leitungsfunktionen gerechtfertigt sei. Grundsätzlich sollen Ehrenämter in unserem Verband, so der Tenor der Diskussion, unentgeltlich ausgeübt werden, auch wenn den Ehrenamtlichen fraglos ein hohes Engagement abverlangt wird. (Für Heiterkeit sorgt ein fabelhafter Rekurs: Volkmar Gerger erzählt von zwei Fröschen, die in den Rahm fallen und verzweifelt um ihr Leben strampeln, bis sich der Rahm in Butter verwandelt und sie gerettet sind. Hierauf erwidert Bernd Fabritius pfiffig: „Wir müssen Sahne zu Butter strampeln!“)

Schließlich nahm noch der neu gewählte Bundesjugendleiter der SJD, Dr. Andreas Roth, die Gelegenheit wahr, sich und die Jugendorganisation kurz vorzustellen. Ebenfalls frisch im Amt, verfolgte auch die Vorsitzende des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, Ilse Welther, die Tagung.

Vereins- und Steuerrecht, Presse- und Kulturarbeit


Der Reigen der Kurzreferate mit anschließender Fragerunde fand Sonntagvormittag seine Fortsetzung, nach einer von Pfarrer Dr. Stefan Cosoroabă gehaltenen morgendlichen Andacht. Bundesvorsitzende Herta Daniel begrüßte Pfarrer Hans Ehrlich als Vertreter der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD (Hilfskomitee).
Eingespieltes Tandem: Bundesvorsitzende Herta ...
Eingespieltes Tandem: Bundesvorsitzende Herta Daniel neben dem Verbandspräsidenten Dr. Bernd Fabritius. Foto: Christian Schoger
Den nachfolgenden Referenten war es aufgegeben, den Tagungsteilnehmern in konzentrierten Beiträgen Wissen und nützliche Hinweise zu vermitteln. Bundesrechtsreferent Dr. Johann Schmidt sprach über den „Zweigverein als Eingetragener Verein; Personenvereinigungen als Verbandsmitglieder“. In ihrem Referat „Allgemeine Handreichungen – Handwerkszeug“ thematisierte Herta Daniel die Vorbereitung von Wahlen und Mitgliederversammlungen, Einladungen, das angemessene Verhalten gegenüber Ehrengästen, Ehrungen etc.

Im umfangreichsten Themenblock des Vormittags informierte die Steuerberaterin Gwendoline Roth über Kassenabrechnungen allgemein sowie über Kassenprüfungen und die Zusammenarbeit mit dem Finanzamt. Die Referentin gab den Kreisgruppenvorsitzenden viele praktische Empfehlungen an die Hand. Nutzbare Hilfestellung bot auch Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster mit seinem Beitrag „Wo können Zuschüsse für Kulturarbeit beantragt werden?“ Dabei wurde die lokale Ebene (Kreise und Gemeinden, Vereinsförderungen) ebenso angesprochen wie Landes- und Bundesförderungen. Bundesgeschäftsführer Erhard Graeff befasste sich mit dem Mitgliederverwaltungsprogramm. Unter dem Titel „Siebenbürgische Zeitung 2.0 – Medienarbeit im digitalen Wandel“ zeigte der stellvertretende Chefredakteur Christian Schoger die aktuellen redaktionellen Gestaltungsbereiche auf, verbunden mit praktischen Hinweisen für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kreisgruppen.

Den Schlusspunkt der Tagung setzte Dr. Bernd Fabritius mit seinem Kurzreferat zum Thema „Unser Verband in vernetzten Strukturen“ (Bund der Vertriebenen, Union der Vertriebenen und Aussiedler sowie Demokratisches Forum der Deutschen in Siebenbürgen). Die Bundesvorsitzende Herta Daniel schloss in ihren Dank für den bemerkenswerten Gedankenaustausch alle Tagungsteilnehmer, Gäste und Referenten inbegriffen, mit ein und stellte zufrieden fest: „Die Vielzahl der Fragen belegt Ihr Interesse an unserer Verbandsarbeit.“ Im Falle weiterhin bestehenden Informationsbedarfes, etwa in Kassenfragen, erwäge der Verband das Anbieten von Fortbildungsveranstaltungen.

Christian Schoger




Siehe dazu auch die Bildergalerien:


Tagung in Gundelsheim: Gedankenaustausch mit den Kreisgruppenvorsitzenden


Tagung mit Kreisgruppenvorsitzenden in Gundelsheim

Schlagwörter: Tagung, Kreisgruppenvorsitzende, Bundesvorstand, Schloss Horneck, Gundelsheim, Herta Daniel, Bernd Fabritius, Gündisch, Ehrenamt, Mitgliederwerbung, Öffentlichkeitsarbeit, SJD, HOG

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