1. April 2017

Bundeskanzlerin spricht bei Jahresempfang des BdV

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hatte ihre Ansprache beim Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen (BdV) am 28. März in der Katholischen Akademie Berlin auf besondere Art angekündigt: Bereits einige Tage vor dem Termin hatte sie in ihrem Podcast „Die Kanzlerin direkt“ geantwortet, sie freue sich auf den Jahresempfang. Ihre Teilnahme habe für sie „schon eine gewisse Tradition als Bundeskanzlerin“. Das Schicksal der Millionen deutschen Vertriebenen sei neben dem Zivilisationsbruch der Nationalsozialisten „eben auch Unrecht“ gewesen, erklärte sie dort. Vor diesem Hintergrund seien die Charta der deutschen Heimatvertriebenen von 1950 sowie der Einsatz der Vertriebenen und Aussiedler für Deutschland und Europa „wegweisend“. Im Video betonte sie außerdem die wichtige verständigungspolitische Rolle der Vertriebenen, ihrer Verbände, aber auch der deutschen Minderheiten in den Heimatgebieten.
In einer kurzen Betrachtung des Heimatbegriffes stellte sie heraus, mit wie viel Einsatz sich die Vertriebenen nach dem Krieg eine neue Lebensgrundlage erarbeitet hatten. Ähnliches Engagement sollten auch heutige Flüchtlinge zeigen, die in Deutschland aufgenommen werden: „Ihr müsst eure Herkunft nicht vergessen, aber wir erwarten von euch, dass ihr euch mit ganzer Kraft auch in die neue Heimat einbringt, in die neue Situation einbringt, nicht nur die Gesetze achtet, sondern auch für das Wohl des Landes einen Beitrag leistet“, so die Bundeskanzlerin im Interview.

Mit ihrer Ansprache beim Jahresempfang, die mit starkem Applaus bedacht wurde, nahm Angela Merkel den Faden ihres Podcasts quasi wieder auf. Mehrfach wurde ihre Verbundenheit mit den berechtigten Anliegen der deutschen Heimatvertriebenen und Spätaussiedler sowie ihre Wertschätzung des Engagements der Vertriebenen und ihrer Verbände deutlich – u. a. als sie zusicherte, „dass die Bundesregierung auch weiterhin ein offenes Ohr für die Belange des BdV und seiner Mitglieder haben wird“.
BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB begrüßt ...
BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB begrüßt Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel MdB beim diesjährigen BdV-Jahresempfang. Foto: Peter-Paul Weiler/BdV
Überblicksartig schnitt die Bundeskanzlerin die derzeit wichtigen vertriebenenpolitischen Fragen an. Merkel freute sich, dass die symbolische Anerkennung für zivile deutsche Zwangsarbeit gut angenommen werde, und äußerte die Hoffnung, bei der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ würden die Bauarbeiten vorangehen: „Wir wollen nach so vielen Jahren ja einmal etwas sehen.“ Bewahrt und gestärkt werden müsse auch das gemeinsame kulturelle Erbe, gab die Kanzlerin zu verstehen und veranschaulichte dessen ungebrochene Bedeutung am Projekt „Kant-Jahr 2024“ anlässlich des 300. Geburtstags des großen Königsberger Aufklärers Immanuel Kant. Ebenso habe die Bundesregierung Identität und Lebensperspektiven der deutschen Minderheiten in ihren Heimatgebieten im Blick und werde diese weiterhin unterstützen.

BdV-Präsident Fabritius spricht Altersarmut bei Spätaussiedlern an: „Korrektur überfällig“


Viele dieser Themen hatte zuvor auch BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB in seiner Begrüßung der Gäste gestreift. Für den Verband betrachtete er es als „Zeichen der Wertschätzung unseres Wirkens als deutsche Heimatvertriebene, als Aussiedler und Spätaussiedler“, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jubiläumsjahr erneut Zeit für den Jahresempfang genommen hatte. 60 Jahre werde der BdV am 27. Oktober 2017 alt und reiche nach wie vor „als überparteilicher Verband ganz selbstverständlich jedem die Hand, der bereit ist, mit uns in einen sachlichen Dialog einzutreten“. Darauf weise auch das dies-jährige Leitwort „60 Jahre Einsatz für Menschenrechte, Heimat und Verständigung“ hin. Auf zwei Themen legte Fabritius einen besonderen Fokus: Zum einen ging er auf die Zwangsarbeiterentschädigung ein. Diese sei „das Ergebnis langjähriger Bemühungen aus unseren Reihen“. Ausdrücklich ermutigte der BdV-Präsident alle Betroffenen, noch bis zum 31. Dezember 2017 ihre Anträge zu stellen. Zum anderen sprach das erhöhte Risiko der Altersarmut bei Spätaussiedlern an. Dieses betreffe überwiegend die Deutschen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion und sei eine Folge ungerechter Entscheidungen der 1990er Jahre. „Eine Korrektur ist überfällig, dafür setzen wir uns ein“, so Fabritius.

Prominente Gäste des Empfangs waren in diesem Jahr u. a. die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Prof. Monika Grütters MdB, der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Dr. Nikola Eterović, der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Roland Jahn, die Direktorin der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“, Dr. Gundula Bavendamm, die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Prof. Dr. Beate Rudolf, die Vorsitzende der Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN, BdV-Ehrenpräsidentin Erika Steinbach MdB, der Vorsitzende des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, Klaus Brähmig MdB, sowie viele weitere Vertreter des Diplomatischen Corps und der deutschen Minderheit in Polen. Den Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland vertrat, neben BdV-Präsident und Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius, auch die Bundesvorsitzende Herta Daniel.

Die Gäste freuten sich über die Möglichkeit guter Gespräche und eines offenen Meinungsaustausches.

Marc-P. Halatsch


Schlagwörter: BdV, Empfang, Berlin, Bundeskanzlerin, Merkel, Bernd Fabritius, Herta Daniel, Flucht und Vertreibung, Spätaussiedler, Zwangsarbeiter, Entschädigung

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