14. November 2013

Tagung des Bundesvorstandes mit den Kreisgruppenvorsitzenden

Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. hat seine Präsenz in der Öffentlichkeit in den letzten Jahren auf örtlicher und bundesweiter Ebene deutlich verstärkt. Wie dieser Prozess gelaufen ist und künftig gestaltet werden kann, wurde auf der Tagung des Bundesvorstandes mit den Kreisgruppenvorsitzenden am 2. und 3. November auf Schloss Schney in Lichtenfels erörtert. Neue Chancen für die öffentliche Präsenz der Siebenbürger Sachsen ergeben sich durch das Mandat von Dr. Bernd Fabritius als Bundestagsabgeordneter. Der Bundesvorsitzende dankte den Kreisgruppen für ihre Basisarbeit im Bereich der Kultur- und Jugendarbeit. Es sei wichtig, die Jugend für die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft zu begeistern, um eine „Musealisierung“ unseres lebendigen Kulturlebens zu verhindern.
Die Siebenbürger Sachsen werden immer wieder als Beispiel für gelungene Integration, als fleißige, loyale Bürger, als Träger und Vermittler einer jahrhundertealten Kultur, als Brückenbauer in einem vereinten Europa gesehen. Dieser gute Ruf ist das Ergebnis der Verbandstätigkeit vor allem auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Ein Umdenken hat offensichtlich nach 1996 stattgefunden. Die starken Kürzungen der Renten für Spätaussiedler haben die Siebenbürger Sachsen stark getroffen, die ihre Anliegen seither offensiver in die Politik und Öffentlichkeit hineintragen. Das geschieht auf Bundesebene, aber auch auf lokaler Ebene, wo immer mehr Kulturgruppen, Trachtenträger und Tanzgruppen an Umzügen und anderen Großveranstaltungen teilnehmen. Öffentlichkeitsarbeit – im weitesten Sinne – wird also auf allen Ebenen betrieben und ist Ausdruck einer gelungenen Integration und aktiven Teilhabe an der Gesellschaft.

Die Tagung des Bundesvorstandes mit den Kreisgruppenvorsitzenden, die jedes vierte Jahr zwischen den Verbandstagen stattfindet, bot einen regen Gedanken- und Erfahrungsaustausch. Aus den Referaten und Diskussionsbeiträgen der 100 Teilnehmer ging hervor, dass sich die Kreisgruppen für den Erhalt der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft einsetzen, in die bundesdeutsche Gesellschaft einbringen und sich gleichzeitig zu ihrer Heimat Siebenbürgen bekennen.
Bernd Fabritius eröffnete die Tagung in ...
Bernd Fabritius eröffnete die Tagung in Lichtenfels. Foto: Siegbert Bruss
Der Bundesvorsitzende Dr. Bernd Fabritius begrüßte als neue Amtsträger Dr. Konrad Gündisch, Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates e.V., und Hans Gärtner, Vorsitzender des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, sowie den wieder gewählten Bundesjugendleiter der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD), Elmar Wolff. Bernd Fabritius erinnerte an den Beschluss des Verbandstages 2011 in Gundelsheim, einen konstruktiv-kritischen Dialog mit Rumänien zu führen. Dieser Weg habe Früchte getragen. In enger Zusammenarbeit mit dem Forum und der Kirche setze sich der Verband für die Kulturgutsicherung und den Muttersprachunterricht in Siebenbürgen ein und finde dabei gute Rahmenbedingungen und Minderheitenrechte vor. Die Aufrechterhaltung einer deutschen Kultur werde als gemeinsame Aufgabe gesehen, man verstehe sich als grenzüberschreitende Gemeinschaft. Bei der Restitution sei ein ständiges Auf und Ab zu verzeichnen. Die 2012 von der Regierung Ungureanu beschlossene Entschädigung zu lediglich 15 Prozent des Marktwertes wurde abgewendet. Ein neues Gesetz sehe die Entschädigung nach dem aktuellen Marktwert vor, was ein Teilerfolg sei. Aber der Aufschub der Entschädigung um mehrere Jahre sei negativ. Offen sei auch die Forderung unseres Verbandes, die Antragsfristen für im Ausland lebende Personen zu öffnen.

Im Bereich der Wiedergutmachung für politische Opfer wurde auf Intervention unseres Verbandes hin das Dekret 118/1990 durch das Gesetz 211/2013 in Rumänien ergänzt, das eine Entschädigung auch für ausländische Staatsbürger ermöglicht. Die Verbandsspitze hat drei Gesprächstermine in Bukarest wahrgenommen, damit das Gesetz tatsächlich umgesetzt wird. Russlanddeportierte u.a. können Anträge auf Entschädigung per Post bei der zuständigen Kreisbehörde in Rumänien einreichen.

Es ist ebenfalls dem Einsatz des Verbandes zu verdanken, dass Rentner in Deutschland heute frei entscheiden können, ob sie die Rente für ihre Arbeitsjahre in Rumänien entweder auch von dort oder nur aus Deutschland beziehen.

Dass der Bundestag um einen Siebenbürger Sachsen reicher geworden sei, bewertete Dr. Bernd Fabritius als „Erfolg der gesamten Gemeinschaft und der Arbeit an der Basis“, weil die Siebenbürger Sachsen konstruktive Lösungsansätze anböten und dafür geschätzt würden. Dieses Bundestagsmandat sei kein Ziel, sondern vielmehr ein Mittel – ähnlich dem Pflug und der Egge eines Bauern –, „das wir mit Leben füllen müssen“. Die Frage, ob ein Bundestagsmandat und die Verbandsleitung vereinbar seien, bejahte Bernd Fabritius eindeutig. Es sei so gewollt. Von der Verbandssatzung her und zeitlich sei das Mandat mit seiner Rechtsanwaltskanzlei in München und dem Amt des Bundesvorsitzenden sehr gut vereinbar. Bernd Posselt, Europarlamentarier, und Erika Steinbach, MdB, hätten das als Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft bzw. als Präsidentin des Bundes der Vertriebenen vorgemacht. Bernd Fabritius betonte, dass sein Wahlkreis „die Zielgruppe der Aussiedler und Vertriebenen“ sei und dass er für sie ein Bürgerbüro in München, nahe der Bundesgeschäftsstelle, eröffnet habe. „Ich kann Arbeit in Vollzeit für die Siebenbürger Sachsen und andere Aussiedler leisten. Ich werde dieses Mandat in den nächsten vier Jahren so gut nutzen, wie ich kann, und hoffe auf Ihre Unterstützung!“

Hans Georg Richter präsentierte die neue Software für Mitglieder- und Beitragsverwaltung, die eigens für den Verband entwickelt wurde und eine moderne Datenverwaltung mit einem aktuellen Datenbestand bietet. Die Landes- und Kreisgruppen können das Programm und ihre Daten aufgrund eines Zugangsschlüssels nutzen.

Kurz vor dem Abschluss steht auch der neue Ausweis, den alle Hauptmitglieder und die gemeldeten Familienmitglieder erhalten werden.

Bundesjugendleiter Elmar Wolff präsentierte die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD) als „Interessenvertretung junger Siebenbürger Sachsen in Deutschland“ und bot an, SJD-Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche in allen interessierten Kreisgruppen durchzuführen. Auf diese Weise wolle man gemeinsam Interesse für das Siebenbürgisch-Sächsische wecken.

Über die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes sprach Siegbert Bruss, Chefredakteur der Siebenbürgischen Zeitung. In einem Vortrag mit dem Titel „Warum braucht es Online-PR? Nachrichtenverbreitung 2.0“ verdeutlichte Robert Sonnleitner, Bundesreferent für Internet und Online-PR des Verbandes, wie Verbandsnachrichten über verschiedene Kanäle verbreitet werden. Der Entwicklung hin zu Social Media tragen die vier Webmaster Rechnung, indem sie die Seiten von Siebenbuerger.de auch für mobile Geräte gestaltet haben. Die Zugriffszahlen können sich sehen lassen: Siebenbuerger.de zählt zurzeit 9800 Benutzer, davon 1975 Premium-Benutzer, der kostenlose Siebenbuerger.de-Newsletter wird monatlich an 6400 Abonnenten versandt, und ebenso viele Fans zählt die Facebook-Seite von Siebenbuerger.de. Robert Sonnleitner und Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster riefen alle Kulturgruppen auf, sich über kostenlose „Visitenkarten“ auf Siebenbuerger.de zu präsentieren. Der Bereich soll aufzeigen, wie lebendig unser Kulturleben ist, und den Austausch zwischen den Kultur- und Kreisgruppen fördern.

Praktische Handreichungen für die Kreisverbände boten die Stellvertretenden Bundesvorsitzenden Herta Daniel und Alfred Mrass, die zugleich Vorsitzende der Landesgruppen Bayern bzw. Baden-Württemberg sind. Herta Daniel wies auf das „Handbuch für den Kreisvorsitzenden“ hin, das 1992 in einer gedruckten und 2006 in einer Online-Version erschienen ist. 2010 wurde es überarbeitet, abrufbar in einer aktualisierten Fassung unter www.siebenbuerger.de/bayern/handbuch/. Besonders anschaulich war die Darstellung der Struktur des Verbandes nicht nur anhand einer Graphik „an der Wand“, sondern auch personifiziert durch die anwesenden Vorsitzenden auf Bundes- und Landesebene sowie die Vorsitzenden der dem Verband beigetretenden Personenvereinigungen. Laut Herta Daniel könne man die drei Hauptelemente der verbalen Kommunikation (Sagen – reflektierend Zuhören – Fragen) einsetzen, um eventuelle Konflikte zu lösen. Ergänzend zum Handbuch lieferte Alfred Mrass viel praktisches Wissen und Anregungen für die Kreisgruppenarbeit aus einem anderen Werk, dem „Praxisheft für den Kreisgruppenvorsitzenden“. Es enthält Handreichungen zu den Mitgliederversammlungen, Aufgaben und Tätigkeiten der Kreisgruppen, Argumentationshilfen, um neue Mitglieder zu gewinnen, und vieles mehr.

Wilhelm Jakob Hermann, Vorsitzender der Kreisgruppe München, berichtete über eine Befragung in seiner Kreisgruppe. Viele Rückmeldungen der Mitglieder ergaben wertvolle Hinweise für die künftige Arbeit.
Die Tagung in Lichtenfels ermöglichte einen ...
Die Tagung in Lichtenfels ermöglichte einen intensiven Ideen- und Erfahrungsaustausch zwischen dem Bundesvorstand und den Vorsitzenden der Kreisgruppen. Foto: Siegbert Bruss
Den Sonntag eröffnete Dekan i.R. Hermann Schuller, Vorsitzender der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD, mit einer kurzen Andacht. Da der 31. Oktober nur in wenigen Landeskirchen gesetzlicher Feiertag ist, wird in den übrigen Kirchen am darauffolgenden Sonntag Reformationsfest (Reformationsgedenken) gefeiert. In diesem Sinne wies Dekan Schuller auf den eigentlichen Grund der Reformation und der dazugehörigen Kirchen hin (1. Kor. 3,11).

Anschließend sprach Pfarrer Dr. Stefan Cosoroabă über die Zusammenarbeit der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) mit dem landsmannschaftlichen Verband. Zusammenarbeit entstehe nur deshalb, weil wir eine gemeinsame Vergangenheit hätten. Aber die Geschichte habe uns geteilt, und mit der Aussiedlung seien oft tragische Schicksale verbunden. Die Seelenzahl der EKR sei von 200 000 in den siebziger Jahren auf heute 12 000 gesunken. Die Heimatortsgemeinschaften und das Hilfskomitee bezeichnete Cosoroabă als „natürliche Partner der Landeskirche“, die Beziehung zwischen EKR und Verband sei eine „strategische Partnerschaft“ und bedürfe der Gesamtschau. Das frühere „Container“-Denken sei im Zeitalter der EU und der mobilen Welt von einem „Netzwerk“-Denken abgelöst worden. „Wo Gleiches getan wird, etwa bei Kronenfesten in Kerz und Augsburg, gibt es eine gute Möglichkeit des Zusammengehens“, sagte Cosoroabă.

Eine Fülle von Tipps zum Thema „Motivation für das Ehrenamt“ lieferte die stellvertretende Bundesvorsitzende Doris Hutter. Wichtig seien das Wir-Gefühl, ein gutes Arbeitsklima im Team und das Zugehen auf Landsleute: „Wir haben so viele hilfsbereite Leute, die wir abholen und ansprechen müssen, damit sie sich in unseren Kreisgruppen einbringen.“ Doris Hutter empfahl den Kreisgruppen, auch auf die bundesdeutsche Öffentlichkeit und Politik zuzugehen, um wahrgenommen zu werden und um uns in das Leben der Städte und Gemeinden besser einzubringen. „Kronenfeste sind bei uns Siebenbürger Sachsen der große Renner“, so Hutter, denn sie bieten die gute Mischung für Auftritte der Kulturgruppen, Gemeinschafts- und Brauchtumspflege und Ehrengäste, die man teilhaben lässt an unserem Fest. Des Weiteren empfahl Hutter, Vereinsheime zu mieten oder eigene aufzubauen, so wie das in Augsburg, Ingolstadt, Landshut, Böblingen u.v.a. bereits der Fall sei.

Aus den vielen Diskussionsbeiträgen seien hier nur wenige beispielhaft erwähnt. Die Frage, ob ehrenamtliche Arbeit durch eine pauschale Aufwandsentschädigung unterstützt werden sollte, wurde mehrheitlich verneint. Wichtiger als eine geringe Pauschale sei eine Vision, ein bewusster Einsatz für die Ziele der Gemeinschaft. Inge Alzner, Vorsitzende des Kreisverbandes Nürnberg, sagte, dass das Ehrenamt ihr Leben bereichert und tolle Erfahrungen geboten habe, etwa einen Besuch bei Bundespräsident Joachim Gauck.

Hans Gärtner, Vorsitzender des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, würdigte die außerordentliche Arbeit der Kreisgruppen und erklärte, dass der HOG-Verband für jede Zusammenarbeit mit dem Verband offen sei.

Reinhold Sauer regte an, in einer künftigen Tagung auch Probleme der kleineren Kreisgruppen zu erörtern. So sei die Kreisgruppe Wiesbaden in den letzten Jahren von 125 auf 80 Mitglieder geschrumpft. Mit ähnlichen Problemen sind auch andere Gliederungen vor allem in den nördlichen Bundesländern konfrontiert.

Bundesvorstandssitzung

Am Freitagnachmittag und Samstagvormittag, vor der Tagung, fand ebenfalls auf Schloss Schney die Herbstsitzung des Bundesvorstandes statt. Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius nahm unter anderem Stellung zur Einladung der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, sich zum Gesamtkulturerbe zu bekennen (vgl. SbZ Online vom 10. März 2013). Es sei eine moralische Verpflichtung, dieser Bitte nachzukommen, da dieses Bekenntnis auch in der Satzung des Verbandes verankert sei, betonte Fabritius.

Benjamin Józsa, Geschäftsführer des Siebenbürgenforums, berichtete, dass Gassondierungen durch Explosion (Fracking) in der Nähe von Kirchenburgen durchgeführt werden. Dadurch werde die denkmalgeschützte Substanz beschädigt. Zudem missachte die Firma „Prospecțiuni“, die diese Explosionen durchführe, auch die Eigentumsverhältnisse. Sowohl das Forum als auch die evangelische Kirche hätten sich dezidiert gegen diese Verstöße ausgesprochen.

Des Weiteren plante der Bundesvorstand die Kulturmaßnahmen und den Haushaltsplan für 2014. Im Rahmen des Kulturaustauschs der Föderation der Siebenbürger Sachsen wird der Verband 2014 eine Kulturgruppe, bestehend aus der Jugendtanzgruppe der Siebenbürger Sachsen Nürnberg, dem Kinderblasorchester „SBS Youngster-Band“ aus Sachsenheim und der Band „Schlager-Taxi“, in die Vereinigten Staaten und nach Kanada entsenden.

Der Bundesvorstand genehmigte die Anpassungen, welche die SJD in ihrer Jugendordnung eine Woche zuvor während des Jungsachsentags in Wiehl beschlossen hat. Genehmigt wurden auch drei Beitritte von Vereinen zum Verband der Siebenbürger Sachsen: der Siebenbürger Blaskapelle Kreis Böblingen, der Michael Schmidt Stiftung mit Sitz in Bukarest und des Vereins „Radio Siebenbürgen e.V.“ mit Sitz in Ulm.

Siegbert Bruss


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Verbandstagung mit den Kreisgruppenvorsitzenden in Lichtenfels

Schlagwörter: Bundesvorstand, Kreisgruppenvorsitzende, Tagung

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  • 20.11.2013, 12:19 Uhr von Administrator: Die letzten Kommentare beziehen sich nicht mehr auf den Bericht über die Tagung der ... [weiter]
  • 20.11.2013, 11:58 Uhr von Duval: Ihr bekommt das schon in Ordnunk ! [weiter]
  • 20.11.2013, 11:54 Uhr von orbo: Bernd Fabritius' Informatiosnreise in Siebenbürgen ist durchaus begrüßenswert. Es darf also darauf ... [weiter]

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